Beiträge von Appius Decimus Massa

    Drei Schriftrollen hatte sich eingefunden, wurden zwischenzeitlich ins Officium gereicht. Im Vorzimmer war niemand. Ich überflog sie schnell.


    " Hier wäre noch eine Einladung zur Hochzeit von Procurator ab Memoriam Gaius Pompeius Agrippa und Iunia Axilla für dich und zwei weitere für einen Verwandten des Pompeius, Marcus Pompeius Agrippa. Sowie für...." Ich räuspete mich. " Decimus Massa..." Das Hauptschreiben legte ich ihm vor, die zwei kleineren behielt ich in der Hand. " Zur Ergänzung, es handelt sich um Marcus Pompeius Agrippa, Tiro bei der Marineinfanterie."




    Praefectus Classis Tiberius Octavius Dragonum
    Classis Misenensis
    Misenum



    Iunia Axilla Octavio Dragono s.d.


    Ich weiß, dass wir einander unbekannt sind, und dennoch richte ich diese Zeilen mit einer Bitte an dich, werter Octavius.
    Am dreizehnten Tag vor den Kalenden des Dezember (19.11.) werden der Procurator ab Memoria Gaius Pompeius Imperiosus und ich in der Casa Iunia in Rom Hochzeit feiern. Nun ist es so, dass ein Verwandter meines Mannes, Marcus Pompeius Agrippa, sich wohl nach Misenum zur Classis begeben hat und dort gerade ein Tironat durchläuft. Ich weiß, es ist ungewöhnlich, einem Mann in Ausbildung Urlaub zu gewähren, dennoch würde ich dich bitten, ihn frei zu stellen, so dass er zu den Hochzeitsfeierlichkeiten anwesend sein kann.
    Das gleiche würde ich auch für einen Mann namens Decimus Massa erbitten, der dein Optio ist. Zwar verbinden weder meinen Mann noch mich verwandtschaftliche Bande mit diesem Mann, doch habe ich ihn als guten Gesprächspartner kennengelernt und würde mich freuen, wenn ich seine Freundlichkeit durch solch eine Einladung vergelten könnte.


    Ich würde auch dich sehr gerne einladen, nur weiß ich nicht, ob das Verbot, das Pomerium zu betreten, nur für Befehlshaber der Legionen oder auch diejenigen der Classis gilt.


    Wenn du also gewillt bist, einem der Männer oder auch beiden frei zu geben, so lass ihnen doch bitte anliegende Briefe bei der Postverteilung aushändigen.


    In der Hoffnung auf dein Einverständnis


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    Für den Tiro sah es schlecht aus, bis jetzt hatte kaum oder noch nie ein Tiro für Angelegenheiten irgendwelcher Art frei bekommen. Ich machte mir ebenfalls keine Illusionen, ich war für einen Teil der Ausbildung zuständig.


    " Er ist zwar nicht der schnellste, aber aus ihm wird ein guter Marineinfanterist. Meine Fürsprache hat er. Wäre ein kleiner Ansporn, so zu sagen." Mehr konnte ich nicht tun.

    " Regredite!!! " Der Tiro bekam einen kräftigen Schlag gegen Oberarm. Dafür hatte mein Optiostab noch nie herhalten müssen. " Hier in Misenum scheint man die Kommandos schlechter zu verstehen, als in Nikopolis!" Ich zweifelte keinen Deut daran, dass sie eindeutig waren.
    " Dieser Tiro hat sich für sein Vortreten aus der Formation ohne Befehl eine Belohnung verdient. 1 Woche lang füllst du mit dem Contubernium zu dem du gehörst, jeden Morgen vor Dienstbeginn, das leere Fass mit Wasser bis zum Rand auf."


    " Jetzt nochmal für alle! Wie seit ihr angetreten? IN DUOS ORDINES. Was ist das vordere Glied ? DER TIRO! Das hintere Glied? Stellt das GEPÄCK dar. Was heißt das ? Der Vordermann hat seinen Hintermann zu tragen. HUCKEPACK !!! Wie weit hat der *Tiro* zu tragen? BIS ZUM MAL! Was geschieht dort? Es wird GEWECHSELT! Wie oft ? 2 MAL das Ganze!" Wenn sie es jetzt nicht gefressen hatten, wurde das heute ein langer Tag.

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    Iunia Axilla .....Dass sie wohl etwas lauter gesprochen hatte, merkte Axilla erst, als sie ein paar Blicke auf sich fühlte. War ja nicht unbedingt alltäglich, dass eine Frau so vehement das römische Militär verteidigte. Allerdings hatte sie wohl nun genug Wein intus, um sich nicht in ein schamhaftes Lächeln zu retten, sondern mit aufrechter und stolzgeschwellter Brust gerade dazusitzen und kein As darauf zu geben, was die anderen denken mochten...


    Die Stimmung wollte ich ihr mit meiner Erzählung nicht trüben. Allein die Reaktion auf das was ich erzählt hatte, erstaunte mich, machte mich verlegen und Stolz zugleich. " Für viele sind diese Dinge alltäglich geworden und sie empfinden es als eine Selbstverständlichkeit täglich auf diese Produkte aus fernen Provinzen zugreifen zu können. Sie wissen nicht, wollen es nicht wissen, was damit verbunden ist, das all diese Dinge hier in Rom auf den Märkten angeboten werden können. " Ich sah sie bewundernd an. " Du bist eine der wenigen, die wissen was wir tun, zum Wohl und zum Ruhm Rom's leisten. Dein Vater war Tribun, ich nehme an, er hat viel davon berichtet. Du hast es nicht nur so daher geredet. Dein Mann ist ebenfalls Militär? " Ihre Wangen hatten Farbe bekommen. Ein Sklave brachte auf meinen Wink, verdünnten Wein und Wasser, Brot und ein paar Kleinigkeiten. Es war nicht meine Absicht sie betrunken zu machen. Sie hatte bisher noch nichts gegessen. Ich hatte nicht gesehen, dass sie sich von den angebotenen Speisen bringen ließ. " Bei deinem Sachverstand und der Sicht der Dinge, hätte ich es wahrscheinlich besser getroffen, dir von unserer Taktik bei der Verteidigung des Wüstencastells und der Schlacht an der Oase zu berichten. Für dich wäre das interessanter gewesen. Wenn du möchtest..." Es war selbstredend, dass ich ihr es aus dieser Sicht erzählen würde, wenn sie es wollte. Der Praefect fiel mir erst jetzt auf. Auf die Kline neben mir weisend. " Nimm ruhig bei uns Platz Praefect."

    Mit einem Lächeln registrierte ich die Wünsche von Sevilla und Secundus. Ja das machte den Marktbesuch zu einem Fest. Bienenwaben mit goldgelbem Honig gefüllt. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Ich sah mich um. Da auf der anderen Seite war ein Händler der Bienenwachs und Honig in Töpfen anbot. Bienenwaben ? Ob er die hat, werden wir dann sehen, wenn die Stoffsuche erfolgreich war.
    Stoffe einkaufen, war ich das je auf einem Markt ? Interessiert sah ich Venusia beim Aussuchen der Stoffe zu. Ihre Hände und ihre Augen prüften geschickt den Stoff, sortierten , verwarfen, bis sie das richtige gefunden zu haben schien. Ihr fragender Blick, ich wusste erst nichts damit anzufangen. Ah, es ging um die Stoffe. Unerfahren im Stoffe aussuchen, griff ich danach, nicht kratzig, das was Kinder nie mochten. Dick genug für den Winter. Ich nickte. " Für meine Begriffe sehr guter Stoff. Das Gelb und Grün für Sevilla? Das hell- und Dunkelblau für Secundus? Ich gebe zu, ich bin kein Experte auf dem Gebiet." Ich sah zu den Kindern. " Oh,für mich Stoff. Ein dickere Tunika und ein Untertunika. das wäre nicht schlecht. Hier ist es kälter als in Alexandria." Ihr suchender Blick. " Hell oder dunkel für dich ?" Wie von selbst begann ich die Stoffe zu befühlen. Es hatte was, den Stoff selber auszusuchen. Ein hellgrüner sah ganz vernünftig aus, fühlte sich gut an. " Wäre der was für deine Mutter?" Mit dem nötigen ernst wandte ich mich an Sevilla. " Was würde mir stehen, was meinst du Sevilla? " ich hatte den hellgrünen und einen dunkelblauen Stoff in der Hand.

    Eine Regung, Zuwendung. Ihr Griff nach meiner Hand, kein Wort. Damit hatte ich nicht gerechnet. Immer noch unschlüssig blieb ich stehen, folgte mit meinen Blicken ihrem Tun. Die Hand pochte, ich war geneigt sie wegzuziehen, biss die Zähne zusammen. Ein kurzes Zucken trotz ihrer Vorsicht beim Entfernen der Scherben. Es brannte wie Feuer. Es bereitete mir Mühe dabei einen klaren Gedanken zu fassen. Vor was oder wem musste sie sich so schützen? Ich hielt ihre Hand fest, nur so, dass sie für einen Augenblick nicht weiter machen konnte. " Vor was musst du dich so schützen?" Was hast du schon alles tief in dir begraben Seiana? Was hat dich so werden lassen? dachte ich bei mir. Nicht nur die Hand, besonders das was ich sah und spürte schmerzte. Sie wollte sich nicht helfen lassen. Nur manchmal ging es nicht alleine. Besonders in der Intrigenhölle Rom's nicht. " Du kannst nicht ewig so weiter machen." Die Hand brachte mich um. Ich zuckte wieder ungewollt.

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    Iunia Axilla .... “Aber da du die Blemmyrer erwähnst: Du warst auf dem Militärzug dabei? Ich hab nur immer wieder kleinere Berichte gelesen durch meine Arbeit in der Acta, aber noch nie mit jemandem gesprochen, der wirklich da war.“ Gut, Caius Columnus, der sich bitterlich beschwert hatte. Aber der übertrieb meistens schamlos und hatte von Militärdingen keine Ahnung. “Wie war es dort unten? Also, ich meine: Wirklich, nicht das, was Rom zu hören bekam.“ Ihr Blick war offen und ohne Arg, sie dachte sich nichts dabei, danach zu fragen. Als sie klein war, war ihr Elternhaus voll von diesen Geschichten gewesen, zumindest wenn ihr Vater da gewesen war. Und das waren die glücklichsten Tage ihres Lebens gewesen.




    Ein Kompliment über mein Aussehen von einer Frau. Gut, wann nutzte ich meine Zeit um mit Frauen ins Gespräch zu kommen, nie. Ja, Seiana...Seiana war Familie. Wer noch? Die rüstige Germanica. Eine gestandene Römerin. Und ? Da hörte es schon auf. Woher sollte es kommen? Ich war das zweite mal hier in Rom und wieder nur für ein paar Tage. Da ergab sich kaum etwas. Weder flüchtig noch tief. Ich registrierte ihre Blicke, die an meiner Kleidung entlang wanderten. In ihrem Kopf arbeitete es, das war deutlich zu sehen. Sie hatte mindestens die Hälfte meiner Ausführungen zum Kampf nicht mitbekommen. Das Muster hatte es ihr angetan. Weinlaub....ja wie konnte ich das nur übersehen. Dionysos. Was für rauschende Feste. Bei dem Gedanken legte sich ein feines Lächeln auf mein Gesicht. Dachte sie etwa gerade daran? Ich musterte sie eingehender. Ja was war denn das? Weinlaub und Efeu im Haar eingebettet. Eine gelungene Frisur. Sie wollte damit nicht etwa eine kleine Andeutung machen und ich aß hier Austern. Meine Bemerkung dazu war ihr sicher nicht entgangen, fatal.


    Und was passierte? Schon begann ich jedes Wort von ihr als Anspielung auszulegen. Eine Dame sollte des Nachts nicht usw. ....Appius finde wieder zu klarem Verstand. Nicht auf Seiana's Hochzeit. Was willst du ausgerechnet mit einer Frau, dieser Frau. Sag nicht dir ist danach. Sie wäre einen Versuch wert. Ich weiß wo das endet. Lass die Finger davon.


    Wie froh war ich, dass sie das Thema wechselte. Zwar nicht das erfreulichste, aber es gab wenigstens keine Verstrickungen in meinen Gedanken. " Wie es wirklich war? Bist du sicher es hören zu wollen. Nicht das du schreiend hinaus rennst, weil es zu barbarisch ist, was ich erzähle." War sie sich bewusst, was sie zu hören bekam? Ich ließ mir kräftigeren Wein nachschenken, trank. Ohne Wein war es schwer. Ihren Becher ließ ich gleich mit auffüllen. "Trink lieber vorher einen Schluck."


    Ich begann zu erzählen. Die erste Begegnung mit den Blemmyrern, das blutige Handgemenge, die ersten schmerzlichen Verluste. Der Kampf am Wüstencastell, wie wir ihre Tiere abschlachteten um nicht überrannt zu werden. Die Verfolgung und endlich die Schlacht. Bluttriefend, im Rausch, Massen von Toden, verstümmelt, entstellt. Meine Rolle dabei ließ ich tunlichst aus dem Spiel. Ich erzählte es, als wäre ich dicht dabei gewesen. So war es erträglicher und wühlte mich nicht zu sehr auf und ich war ziemlich sicher, es war nicht das, was sie hören wollte. Ein großer Schluck Wein beendete meine Erzählung.

    Wie auf jedem Markt, man drängte sich durch die mit Ständen zugebauten Straßen und Gassen. Venusia hatte anscheinend sehr klare Vorstellungen, was sie kaufen wollte. Sie gab die Richtung vor. " Stürzen wir." ich folgte Venusia und den Kindern. Es war ein wahres Schauspiel wie sich die Kinder benahmen. Kinder und Marktbesuche, ein kleines Abenteuer. Sehen und Staunen, Tuscheln und Lachen. Ich ließ die drei nicht aus den Augen, hier trieb sich genug Gesindel herum." Nach was willst du zuerst sehen? " So wie es aussah hatte sie die Stände mit Stoffen ins Auge gefasst, zielstrebig ging sie darauf zu. Ich hätte es mir denken können. Sie hatte im Hortus so etwas erwähnt. Wobei ich gleich Stoff für mich mitnehmen könnte, dann musste ich nicht immer bei Serapio borgen. Ein Gutes hatte es, suchte ich selber Stoff, blieb mir die Warterei erspart.

    Die Haare raufend saß ich am Tisch, die Tabulae vom census vor mir. Es hatte lange gedauert, eh ich sie gefunden hatte. Erst einmal machte ich eine Kopie für mich fertig. Sie blieb hier im Regal des Vorzimmers, falls irgendwer eine Frage haben sollte. Zu den Tabulae des census machte ich gleich eine Tabula mit den derzeitigen Änderungen in der Besetzung einiger Posten der classis fertig.
    Im Materiallager war ich nicht weit gekommen. Es lag keine genaue Auflistung der Lagerbestände vor. Das bedeutete im Nachgang, dass eine Zählung des Invetars fällig wurde. Der Winter kam, die beste Zeit für deratige Aktionen. Je mehr Legionäre dazu herangezogen werden konnten um so schneller war alles erledigt. Ich klemmte mir die Tabulae unter den Arm und betrat das Officium des Praefecten.


    Sim-Off:

    Antwort im Officium erfolgt wegen der Übersicht erst, wenn der Anschlag abgehandelt ist.

    Die Frage war schnell und präzise zu beantworten. " Es ist Tiberius Octavius Dragonum, ehemaliger Präfect der XXII. Deiotariana, die derzeit in Nekopolis, bei Alexandria stationiert ist. Er hat den Feldzug gegen die Blemmyrer geführt und erfolgreich für Rom beendet." Es erleichterte ordentlich, dass ich der Germanicerin offensichtlich nicht die Zeit für wichtigeres stahl und eine kleine Abwechslung bedeutete. " Ich finde es keine Verschwendung. Das Alter besitzt Erfahrungen die nicht zu unterschätzen sind. Man hat im Falle am Dienst an Rom nur zu wenig Zeit um aus diesen Erfahrungen, im Gespräch miteinander, zu schöpfen." Die alte Germanicerin gefiel mir, sie war ohne Schnörkel, kam auf den Punkt und ließ sich nichts vormachen. " Sobald sich wieder eine Gelegenheit für einen Rom-Besuch ergibt, würde ich eine Besuch bei dir einplanen, wenn es dir recht ist und deine Zeit es erlaubt." Ein Gespräch ohne Verpflichtungen war wirklich mal eine Abwechslung und tat mir gut. Gleichzeitig lernte ich andere Gens ein bisschen näher kennen. Was von Vorteil sein konnte und auf alle Fälle nicht schadete.

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    Iunia Axilla “Ich sagte doch, der Secutor würde gewinnen. Mit Schwert und Schild ist dieser fast ein Soldat, wenn auch nicht ganz. War der Kampf wenigstens spannender als der erste, so dass es sich trotz verlorener Wette für dich gelohnt hat?“


    " Nicht erkannt ist gut. Mit Hellblauer Tunika wäre das nicht passiert und Massa ist passend, Axilla." Erstaunlich, dass sie sich die Einzelheiten gemerkt hatte. Lächelnd trank ich vom Wein und schlürfte eine Auster. Viel war an den Meerestieren nicht dran. Der Teller mit den leeren Muschelschalen stand nicht lange. Einer der Sklaven meinte es gut mit mir und reichte einen weiteren mit sechs Austern darauf. " Ich heirate heute zwar nicht und hätte es ganz bestimmt nicht nötig, aber Schaden tut es auch nicht." murmelte ich vor mich hin und nahm den Teller entgegen. Meine Blicke gingen zu Axilla, die unruhig in ihrem Korbsessel hin und her rutschte. Sehr bequem waren die Dinger nie gewesen. Eine kleine Folter darin zu sitzen. Nach einer weiteren ausgeschlürften Auster beugte ich mich zu ihr und sprach mit gesenkter Stimme. “ Diese Sessel sind die reinste Folter.” ich richtete mich wieder auf. “ Die besagten Wettschulden. Dieser Retiarius, was für eine Niete, Fehlinvestition, da waren die Blemyrer besser. Wie kann man seinen Dolch verlieren, schwachsinniges Fischfutter.” knurrte ich. “ Er war nicht eine Sesterze wert, dieser Versager. Nicht sehr viel spannender als der erste Kampf.” Wie hatte ich mich von seinen ersten Aktionen hinreißen lassen können. Das Gefühl von Euphorie wich der Nüchternheit die Wette gegen eine Frau verloren zu haben." Willst du deinen Gewinn heute oder wann wäre es passend? Dich mit 100 Sesterzen bei Nacht durch Rom gehen zu lassen ist nicht die beste Variante."

    Hatte sein Kopf nicht eben noch bei mir gelegen. Im Halbschlaf das Laken neben mir zerwühlend murmelte ich schlaftrunken. " Faustus...?" Es war früh am Morgen, zu früh für einen klaren Kopf nach der gemeinsam durchlebten Nacht. Die letzte gemeinsame auf lange Zeit. Keiner konnte sagen, wann ich wieder nach Rom kam.Der Winter brachte den Drill auf dem campus mit sich. Die Legionäre hatten keine Zeit zum einrosten. Im Frühjahr mussten sie voll einsatzbereit sein. Ein Grollen ging durch meine Kehle. Ein Bad zum munter werden brauchte ich. " Runa!" rief ich. "RUNA !" wo steckte die Germanin. Sie sollte mich morgens wecken.

    Da war noch der Punkt mit der Ausbildung für den seemännischen Dienst.

    " Ja, Praefect eine Sache wäre da. Es geht um die Ausbildung des seemännischen Dienstes. Der Tribun hat zur Zeit keinen Optio an Land, der das übernehmen könnte. Er hat den Vorschlag gemacht die Ausbildung auf den Winter zu verlegen. Die Flotte bezieht dann ihr Winterquartier und es wären genügend Männer frei."


    Ein akzeptabler Vorschlag in meinen Augen. Vor allem effektiv.

    Die Theorie alleine nützte nichts. Das wäre Zeitverschwendung alles zweimal zu durchlaufen. Eine Planänderung bei der Werbung der Rekruten für den Seemännischen Dienst. Im Winter werben, ausbilden und im Frühjahr der Abschluss mit der ersten Fahrt auf einem Schiff der Flotte. " Ich werd's dem Praefecten sagen und ihm gleich deinen Vorschlag für den Winter unterbreiten." Mit vorschriftsmäßigem Gruß verabschiedete ich mich und verließ das Officium des Tribuns Hadrianus.

    Meine Unfähigkeit mit Frauen umzugehen machte aus einer harmlosen Unterhaltung eine mittelschwere Katastrophe. Ausgerechnet bei Seiana. Das neugewonnene, zerrann vor meinen Augen. Ich musste es aufhalten, aber wie. Wütend über meine Unfähigkeit, griff ich nach dem Becher und drückte mit aller Kraft zu, bis er in meiner Hand zersprang. Scherben klirrten, fielen zu Boden, Blut tropfte. Unbewegt starrte ich auf das Blut, den zerbrochenen Becher, spürte nichts. In mir herrschte Leere und dann kam sie wieder diese unbändige Wut. Warum warf sie mich nicht raus ? Ich hatte unsichtbare Grenzen übertreten. Sie in die Enge getrieben. “ Seiana.” murmelte ich. Die Stille machte mich wahnsinnig. Ich stand auf trat zu ihr. Meine Arme waren wie Blei. Sollte ich....nein. Sie ließe sowieso nicht zu, dass ich sie berührte. Wollte ich das ? Frauen waren nicht meine Stärke. Ob sie es jemals wurden? Die Chance mit Neriman hatte ich wahrscheinlich leichtfertig verspielt. Ich spürte ihr Amulett auf meiner Brust. Ein unangenehmes Kribbeln lief über meinen Rücken. Was ich im nächsten Moment tat oder sagte, war schon fast nicht mehr von Belang. “ Faustus hat von einer anderen Seiana gesprochen, sie vergöttert, sie geliebt, ja mehr geliebt als..... “ das Ende des Satzes verschluckend. “Du bist so kühl, unnahbar, aber Verletzlicher als du denkst. Du weißt es selber aber verdrängst es. Du zerstörst dich selbst. Tue es nicht. Faustus braucht dich.” meine Hand hielt auf halber Strecke inne, sank wieder nach unten. Unentschlossen, was ich tun sollte stand ich da. Das Blut tropfte von meinen Fingern. Langsam drang der Schmerz in mein Bewusstsein vor. Eine ordentliche Tracht Prügel und ich hätte gewußt woran ich bin. Aber so....

    Wüsste man nicht, was für Arbeit dahinter steckte. Ein schneller Aufstieg würde man sagen. So einfach war das aber nicht abzuhandeln. So einfach und emotionslos wie Seiana es erzählte. Ohne Ausschmückungen, Episoden, die damit verknüpft waren. So einfach war der Weg nicht gewesen, dass konnte sie mir nicht weiß machen. Es war eben nicht ihr Stil großes daraus zu machen, sie hielt es im Kleinen, machte es belanglos. Nur der, der sich mit ihr beschäftigte, die Dinge versuchte zu erfassen, zu hinterfragen, versuchte sie zu verstehen, dem erschloss sich zu einem kleinen Teil, dass was sie geleistet hatte und immer noch leistete.


    " Es ist erstaunlich wie einfach und belanglos es aus deinem Mund klingt. So als wäre das mit zwei, drei Artikeln getan." Ich sah auf ihre Hände. " Du leitest die Acta Diurna, ein Instrument der Macht. Eine Position in der man nicht nur Freunde hat." Das sie vorsichtig sein musste, brauchte ich ihr nicht zu sagen, das wusste sie allein.


    "Warum stellst du es so bedeutungslos dar? Lass es mich versuchen zu deuten." Ich richtete mich etwas im Sessel auf. Sah ihr direkt in die Augen. " Es könnte jemanden veranlassen dir ein Kompliment zu machen. Du kannst mit Komplimenten, die dich und deine Arbeit angehen nicht wirklich umgehen. Sie bringen dich aus dem Konzept, dem Konzept immer und überall die Kontrolle zu haben. Du unterdrückst deine Gefühle. Ab und zu solltest du ihnen nachgeben. Lächle einfach mal ganz ungezwungen." Um es gleich aus zu probieren ob ich richtig lag, versuchte ich es. " Du hast wunderschöne Augen, unergründlich tief. Man könnte sich glatt darin verlieren. Ich würde es....." Ich löste nicht einen Moment meinen Blick von ihr. " aber erstens steht es mir nicht zu, zweitens würde mir Faustus den Kopf abreißen... " dabei musste ich Lächeln... "und es gibt noch so viel mehr Gründe. Die lassen wir heute aus dem Spiel. " entspannt setzte ich mich wieder bequemer und lächelte sie an. " Für viele bist du ein unnahbares, kühl analysierendes Wesen ohne jedes Gefühl. Genau das, was man auf diesem Posten erwartet. Sie machen sich nicht die Mühe den Menschen hinter dieser Maskerade zu sehen." Was redete ich da. Traf das Sprichwort zu? Kinder und Betrunkene sagten immer die Wahrheit? War das wirklich die Wahrheit? Mein Blick fiel auf den leeren Becher. Ich widerstand dem Drang nachschenken zu lassen. " Entschuldige..., alles dummes Geschwätz, zu viel Wein... es ist besser zu gehen, bevor du mich der casa verweist. Ich würde es dir in diesem Moment nicht Mal übel nehmen."

    Ich hatte noch Zeit zum frisch machen gefunden. Der Tag erinnerte mich sehr an meine Kindheit in Piraeus. Einmal in der Woche Nachmittags holte uns unser Vater ab und ging mit uns auf den Mercatus. Einmal in der Woche, frei vom Training, der schönste Tag für mich.
    Im Atrium auf und abgehend, wartete ich auf Venusia und ihre Kinder. Mein cingulum klimperte bei jedem Schritt. Eine Tunika aus feiner Wolle über der Untertunika aus Leinen reichte heute. Der Himmel sah nicht aus, als wollte er es regnen lassen.
    Geduldig wartete ich auf das Erscheinen Venusia's. Meine Mutter sagte immer, *Eine Frau hat nie pünktlich zu sein. Sonst denkt man am Ende noch, sie legt auf ihr Aussehen keinen Wert.* Mit diesen Worten im Hinterkopf fiel es mir nicht schwer ein paar Schritte mehr im Atrium zu gehen. Hinsetzen kam nicht in Frage, dazu war ich zu aufgeregt. Mir war es wichtig, dass dieser Nachmittag angenehm für alle verlief.

    " Deswegen.., nutzten wir zusammen die paar Stunden. Ich werde mich für heute verabschieden. Ihr habt vermute ich mal, einiges für Morgen vorzubereiten. Dabei möchte ich euch nicht aufhalten." Die Verabschiedung war kurz, wir sahen uns ja Morgen wieder. " Vale Bene kleine Domina Sevilla. Vale Bene, Venusia. Morgen zur Hora octa." Erinnerte ich unnötiger Weise. Die Vorfreude war Venusia und Sevilla anzusehen. Im Gehen überlegte ich was ich den Kindern und Venusia für eine kleine Freude machen könnte. An der Tür drehte ich mich nochmal um und winkte.

    Die Kline neben Iunia Axilla war frei. Es war kein wichtiger Platz, genau das was ich suchte. Abseits vom großen Rummel. Von hier konnte man das Geschehen verfolgen, ohne das man hineingezogen wurde. Die Bemerkung des Praefecten Urbi zu den Austern, brachte mich zum Grinsen. Ein Spruch lag mir auf den Lippen, hier in der Gesellschaft weniger angebracht. Ich unterließ es, malte mir das Ergebnis in Gedanken aus.


    Ein Wink, der Teller mit 6 Austern vor mir verlangte nach dem entsprechenden Getränk. Ein nicht zu intensiver heller Wein. Der Abend würde zeigen, was an der Kraft der Austern wirklich dran war. Genug Auswahl war vorhanden.


    Ein Seitenblick zur Iunia. Sie sah blass aus. Nachdem was Serapio über sie geäußert hatte, wunderte es mich, dass sie hier war. Alles was sich hier versammelt hatte, war auf Einladung da, folglich hatte Seiana sie eingeladen. Das Verhältnis der beiden konnte demnach nicht so schlecht sein. Gut, ich hatte damit nichts zu tun und es lag mir fern, als Außenstehender ein Urteil darüber zu fällen.


    Ein weiterer Wink und ein Sklave stellte ihr einen Teller mit Obststücken hin und zwei Becher, einen mit verdünntem Wein , einen mit vollmundigem Fallerner. " Unsere erste Begegnung wurde etwas abrupt beendet, Axilla, oder ist dir Iunia Axilla lieber ? Ich habe übrigens Wettschulden bei dir. Decimus Massa zur Erinnerung. Unsere Begegnung war nur kurz." Ein freundliches Lächeln in ihre Richtung. Den Groll den Serapio gegen sie hegte, konnte ich nicht teilen. Die Geschichte war lange vor meinem Erscheinen auf dem Pflaster Roms. Einer zwanglosen Unterhaltung stand von meiner Seite her nichts im Wege, es hing von ihr ab, ob es dazu kam.

    Tante Lucilla hatte als Pronuba das ihrige zur Verbindung der beiden Heiratswilligen getan. Der Aeditus folgte mit der Opferung eines Schweins und der Organschau. Die Zeichen schienen gut auszufallen. Was war anderes zu erwarten. Um den Segen der Götter zu dieser Verbindung vollkommen zu machen, fehlten nur noch die Kinder.


    Seiana und Kinder, schwer vorzustellen. Die Mutterinstinkte erwachten sicher auch in ihr, wenn es erst einmal so weit war. Für sie wird es eine riesige Umstellung. In gewisser Weise war ich froh beim Militär meinen Dienst zu tun. Ich musste mir über eine Heirat keinen Kopf zerbrechen. Zumindest jetzt noch nicht. Ich konnte mich getrost anderen Dingen widmen.


    Nach dem Ende des Opferns sah ich mich um. Ich brauchte Runa. Hinter einer Säule entdeckte ich sie und ging zu ihr. Heute war ihr Tag. Sie war das Hochzeitsgeschenk für Seiana. " Runa, komm her. Ab heute wirst du zu Decima Seiana gehören. Sie ist nicht einfach. Sei ihr Schatten, pass auf sie auf. Was sie sagt ist ab sofort für dich bindend. Sie ist ab heute deine Herrin." Ich griff sie sanft am Oberarm und nahm sie mit zum Brautpaar. Abwartend blieb ich ich in der Nähe stehen, bis der Reigen der Gratulation begann.

    " Seit ihr von allen Göttern verlassen? Wer hat euch heimgesucht, dass ihr nicht einmal die einfachsten Kommandos beachtet und meinen Ausführungen Folge leistet. Das Ganze von vorn, aber so wie ich es befohlen habe !!!"
    Ich war stink sauer. Hatte ich mich so undeutlich ausgedrückt? Mein Befehl war eindeutig gewesen.


    " Milites ! cursim! in duos ordines venite !"


    " Nochmal ! Das vordere Glied ist *Tiro*, das hintere Glied ist *Gepäck*. Es wird Huckepack getragen bis zum Mal. Dort wird getauscht. Das Ganze zwei Mal ! Ich hoffe diesmal ist es zu euch durchgedrungen, was gemeint ist. Noch Fragen dazu??"


    So was hatte ich in Alexandria nicht erlebt. Waren hier alle schwerhörig oder war die Aufgabenstellung zu kompliziert gewesen? Sollte sie s gewesen sein, dann hatte ich so einiges vor mir.