Beiträge von Appius Decimus Massa

    Die Idee mit dem abklappern der Tavernen in Hafennähe war demnach gar nicht so schlecht gewesen. Ich nickte dem jungen Legionär zu. Das mit dem Vermögen von Tarpa interessierte mich weniger. Darum konnten sich andere kümmern. Nur der Sachverhalt, dass Tarpa es nicht mitgenommen hatte war wichtig.


    „ Tarpa hat sein Vermögen hier gelassen? Das passt überhaupt nicht zum Desertieren." Ich überlegte wie man die Sache am besten anging. " Die Tavernen und Lupanare in Hafennähe sind der nächste Anlaufpunkt, wenn sie nur einen Ausflug für eine Stunde machen wollten. Wir sollten uns dort umsehen und umhören. Zwei, vom Charakter so unterschiedliche Legionäre, müssen aufgefallen sein und wenn es eine Streiterei oder Schlägerei war. Wir sollten vorsichtshalber Paarweise auf die Suche gehen. Wer weiß was auf uns zu kommt.“


    Was da auf uns wartete, ich wollte nicht weiter spekulieren. Vom verheulten bis zum toten Legionär war alles möglich.

    Nervosität ? Seine linke Hand, unruhig, rastlos auf seinem Knie. Sein Eingeständnis mir gegenüber, dass er mich in seiner Nähe haben wollte. Deswegen der Denkanstoß? Ich legte meine linke Hand auf seine, hielt sie fest. „ Nicht ganz selbstlos......dann wird es dir nichts ausmachen, wenn ich ein Versetzungsgesuch zu den CU schreibe? Muss ich es direkt an den Praefecten richten?“ ich lächelte verschmitzt. „Vergiss nicht, ich BIN Verus Neffe. Alleine das es zutrifft wird reichen. Ich muss mich nicht Mal verstellen. Ich sehe schon, ein hartes Brot werde ich da haben.“ Leicht wurde es nicht, hatte er nie behauptet. Und einen gewissen Reiz hatte es, ein paar Steine in den Weg gelegt zu bekommen.



    Seine Hand fühlte sich warm an. Ich dachte an unser letztes nächtliches Zusammentreffen. Sein Lächeln lenkte mich von meinen Gedanken ab. Was hatte er denn noch, das ihn so aufmunterte.


    „ Deine Schwester will heiraten?“ es klang gespielt entrüstet. „ Kann sie nicht warten, bis ich mir ein Bild von ihr gemacht habe?“ ich schüttelte sichtlich empört den Kopf, zog die linke Augenbraue hoch. „ Bist du sicher, dass der Quintilier gut genug für sie ist?“ dann lachte ich. „ Du hast sicher Erkundigungen über ihn eingeholt und bist zufrieden. “ Ich rutschte etwas mehr auf sein Bett, lehnte mich seitlich an die Wand. „ Rom.“ Flüsterte ich und sah verträumt vor mich hin.

    " Sprich dich aus. Hier reißt dir keiner den Kopf ab." immer diese pauschalen Beschwichtigungsversuche.


    Was sollte ich anderes sagen. Der junge Legionarius in seiner Art, ich musste ebenfalls lächeln. Er wollte seine Kameraden nicht verraten, aber sein Gewissen.... ich kannte das von mir selber.


    " Also was hast du noch zu sagen." ich stand gespannt da. Den anderen ging es wahrscheinlich genauso. So wie es aussah, waren wir kurz vor der Auflösung unseres Falles, mit den zwei verschwundenen Legionären.

    „ Gut, Uniformen sind hier zur Zeit keine Seltenheit. Immerhin ist hier eine ganze Legion unterwegs.“ Bemerkte ich beim Gang zu dem jungen Legionarius.


    Der junge Legionär meldete sich vorschriftsmäßig, wich dabei unseren Blicken aus.


    „ Sehr viel zu tun Legionär? Kommt ihr gut mit dem Verladen voran? Wie fühlst du dich? Endlich geht’s wieder nach Hause. Sind bestimm alle hier froh drüber.“ versuchte ich ein Gespräch mit ihm zu beginnen, ihm die Nervosität wenigstens ein bisschen zu nehmen.


    „ Was verladet ihr denn gerade?“ Mein Blick hing an dem Wagen hinter ihm. „ Was hast du hier auf dem Wagen ? Ist was besonderes dabei?“ Hatte er was zu verbergen? Gleich erfuhren wir es. Sagte er nichts und versuchte sich raus zu reden, dann sollten wir die Wägen unter die Lupe nehmen. Es war reine Spekulation, aber die Vermutung das bei den Wägen etwas war, lag nach der Beurteilung seines Verhaltens sehr nahe.

    Den Worten Jasims war nichts hinzu zufügen. Ich wusste was es bedeutete, wenn der Präfect diesen Wunsch geäußert hatte. Er hatte es aus reiner Vorsicht getan. Viele der Männer unterschieden nicht zwischen Blemmyern und den anderen Wüstenvölkern. Für sie waren es alles Barbaren, die ihre Kameraden getötet hatten. Dazu die ganze Zeit ohne Frauen ... Sein Wunsch, Schutz für beide Seiten. Die Befindlichkeiten zweier Menschen spielten in dem Falle keine Rolle. Das Wohl der Mehrheit hatte Vorrang. Dementsprechend waren Befehle an die Wachen ausgegeben worden. Wie immer, verlassen des Lagers nur mit Genehmigung. Ich dachte fieberhaft nach. Es gab keinen Grund das Lager zu verlassen, keinen plausiblen. Da draußen war die Wüste, da gab es nichts und das Lager der Nomaden, war erst recht ausgeschlossen. Keiner wollte Ärger riskieren.


    Ich hielt Neriman’s Hand ganz fest, sah ihren traurigen Blick. Es tat weh, mehr als der Stich eines Galdius und gleich belog ich mich selber. Ich sah in ihre Augen, lächelte. „ Neriman, die Zeit wird vergehen. Du wirst einen jungen Mann kennenlernen. Er wird dir alles das schenken, was du dir wünschst. Ich werde eine unter deinen vielen Erinnerungen bleiben und eines Tages werden wir uns vielleicht wieder sehen.“ Ganz hatte ich den Gedanken an ein Wiedersehen nicht aufgegeben.
    Jasim übersetzte das was ich sagte.


    „ Begleite sie bitte bis zum Lager. Ich kann nicht mit.“ Sagte ich ihm zum Schluß. Er nickte. Meine Fingerspitzen berührten noch einmal ihr Gesicht. Ich ließ ihr Hand los, drehte mich weg und ging. Im Vorbeigehen, legte ich Abay die Hand auf die Schulter. „ Ich danke dir und pass auf Neriman auf. Die Götter mögen euch und eure Familien beschützen.“ Ohne mich umzusehen verließ ich die drei.


    Die nächsten Tage bis zum Abmarsch vergrub ich mich in Arbeit. Neriman’s Tuch legte ich sorgfältig zusammen und verstaute es ganz unten in meiner Tasche. Diese Erinnerung ging niemanden etwas an. Ihr Amulett trug ich, neben Fortuna, auf meiner Brust. Es sollte mich auch in Zukunft beschützen, ich vertraute darauf.

    Etwas entrückt sah ich zu den Legionären, die offensichtlich darauf warteten, wie es weiter ging. Ohne festes Ziel musterte ich einen nach dem anderen. Ich holte tief Luft, sah zu dem jungen Legionär, der schnell den Blick abwandte, als er merkte, dass ich ihn ansah. Er war nervös, rührte sich nicht von der Stelle, während die anderen ihre Arbeit machten, beobachtete jeden unserer Schritte. Ich hatte die ganze Zeit schon ein Gefühl ständig beobachtet zu werden. Hatte es aber als belanglos abgelegt, schließlich beobachtete mich fast jeder aus der Gruppe mit denen ich das Verschwinden ermittelte und wartete auf meine Entscheidungen. Meine Überlegungen wurde durch die Bemerkung von Sactativir unterbrochen.


    „Ohne Wasser, ohne Lebensmittel, ohne Geld, ohne ihre Habseligkeiten ? Hier am Rande der Wüste zu desertieren?“


    Ich schüttelte verneinend den Kopf. Es passte nicht. Mein Blick ging zufällig zu dem jungen Legionär und wieder senkte er schnell seinen Blick, als er meinen bemerkte. Viel zu auffällig, ich ging auf ihn zu.


    „ Fangen wir am besten mit dem jungen Legionär, der bei den Wägen steht, an. Ein nervöser, junger Legionär. Ungefähr so nervös, wie ich vor meinem ersten Tavernenbesuch.“

    Das er sich nach Rom versetzten lassen wollte, war zu erwarten. War es das? Es berührte mich unangenehm, versetzte mir einen Stich. Die Familie brauchte ihn in Rom, daran gab es keinen Zweifel. „ Je schneller du gesund wirst um so eher kommst du nach Rom.“ Bestätigte ich sein Ansinnen. „ Wird der Praefect dich gehen lassen?“ ein leiser Zweifel lag in meiner Stimme. Plötzlich ging es um mich. Die Stadtkohorten. Mein Gesicht schien alles auszustrahlen nur keine Begeisterung. Bisher war ich offen zu Serapio gewesen, warum sollte ich es ändern. Ich sah zur Luke hinaus. „ Man sagt, eine Versetzung zu den Stadtkohorten kommt einer Degradierung gleich.“ Mehr als ein verkrampftes Lächeln brachte ich nicht zustande. „ Nach der Sache mit Livianus. Wird es schwer. Ich habe dann vielleicht das Glück nach 20 Jahren treuem Dienst an Rom als einfacher Legionär, als der ich dort hin versetzt wurde, in den Ruhestand zu gehen. Falls mir nicht vorher ein Dieb den Schädel einschlägt.“ Mit der Hand auf die Bettkante aufgestützt sah ich Serapio an. „ Meinst du ich nütze der Familie als einfacher Legionär bei den Kohorten?“



    Wiederum im Zentrum des Imperiums, in Rom zu sein, das war etwas, was sich viele wünschten und nie erreichten. In der Nähe MEINER Familie. Alexandria gegen Rom tauschen, obwohl ich dort schlechtere Aussichten auf meine angestrebte Laufbahn hatte? Weg vom Meer, von Vertrautem? Weg von..... ich biss die Zähne zusammen. Meine Kieferknochen traten vor. Warum musste ich plötzlich so viele Entscheidungen treffen, deren Tragweite ich heute, schon in Anbetracht dessen, das ich erst 19 war, nicht abschätzen konnte.

    Es war nicht mehr aus dem Optio heraus zu bekommen. Seine Laune war in den Fluten des Nil’s versunken. Der Blick Sactativir’s machte mir klar, dass es reichte.


    „ Danke, für die Hilfe Optio. Wir werden deine Leute so kurz wie nur möglich beanspruchen. Einen nach dem anderen.“


    Die Männer aus dem Contubernium waren die letzte Möglichkeit, etwas über den Grund des Verschwindens der beiden heraus zu bekommen. Ich hatte eine schlechtes Gefühl. Die Zeit lief uns davon. Ich bekam immer mehr den Eindruck, es war eine Flucht Hals über Kopf oder ...Ja oder.


    „ Irgendwas ist faul an der ganzen Sache.“ sagte ich mehr zu mir.

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    Der Wachposten besah sich den Knaben, verzog keine Mine, als dieser sein Anliegen vorbrachte.
    " Einen Termin... beim Praefecten...." wiederholte er.


    Ein musternder Blick. " Irgendwelche Waffen dabei?" Er wartete die Antwort nicht ab. " Arme zur Seite, ich muss dich auf ebensolche kontrollieren."


    Mit routinierten Griffen war der Mann im nu abgetastet. " In Ordnung." Er nickte einem Legionär zu, der im Hintergrund stand . " Der da bringt dich zum scribae des Praefecten."

    Der Legionär nahm den Mann ins Schlepptau und betrat mit ihm den Amtssitz des Praefecten.

    Sei es wie es sei. Ich hatte zwar daran gedacht, dass er bei den Legionären nachgefragt hat wo die zwei stecken, da sie nicht pünktlich von der Pause zurückkamen, aber was soll's.


    "Das ist mir bewußt. Es ging mir mehr darum, ob der Optio , vielleicht weiß, wer sie als Letztes von den Legionären gesehen hat. Du hast doch die Legionäre nach dem Verbleib der zwei gefragt? Hat einer was dazu gesagt?"


    Falls er was hatte, sparte uns das Zeit und wir konnten gleich bei dem Legionär mit der Befragung anfangen.


    "Wenn du uns da weiter helfen kannst. Das würde uns ein ganzes Stück weiter bringen, Optio. Ich wollte bei dir nicht den Eindruck erwecken, dass du deinen Pflichten nicht nachgekommen bist. "

    Mich machte stutzig, dass sich schon so lange fehlten und er nichts unternommen hatte. Das war unverständlich. Mir war auch nicht klar warum sie hier in Syene desertierten. Hier war Wüste ringsum. Der Weg nach Alexandria war am kürzesten über den Nil. Wo wollten sie hin? Was für einen Grund hatten sie zu desertieren und das alles ohne ihre Sachen, nur mit dem was sie auf dem Leib trugen.



    „ Du hast mich falsch verstanden. Jeder Optio kennt seine Schmuckstücke. In welche Kategorie fielen die zwei? Und wieso hast du nicht eher etwas unternommen. Sie sind demnach schon sehr lange weg. Vielleicht können uns die Legionäre aus ihrem Contubernium weiterhelfen.“

    Mich interessierte seine Reaktion auf die Anmerkung mit ihren Kameraden. Hatte einer von ihnen mitbekommen, wie die zwei verschwunden waren? Was er Anlass dafür war , alles Hals über Kopf stehen und liegen zu lassen.

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    „ Nnnneiinnn, wo denkst du hin. Wer erzählt denn so was.“ Der Wachposten tat ganz erschüttert. „Alles total überzogen. Du bekommst sogar regelmäßig Geld, wenn du zu uns kommst.“ War der Junge wirklich so naiv? Das Schulterklopfen nahm der Wachposten gelassen hin. „Moooment. Nicht ganz so schnell. Wir wollen keinen Übervorteilen.“


    Er durchsuchte den Neuankömmling. „Hat nichts dabei was stechen täte. Sehr schön. Der Legionär da bringt dich zur Principia.“


    Ein kräftig gebauter Legionär trat an sie heran. „Na Kleener, komm mal mit.“ Sie gingen durch das Lager bis zur Principia, betraten den Innenhof. Er klopfte an die Tür. „ Das ist das Rekrutierungsbüro. Das letzte Mal, dass jemand für dich klopft. Geh rein, wenn du aufgefordert wirst.“

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    Heute war wieder einer dieser Tage, an dem die Zeit träge dahin floss. Immer der gleiche Trott, kaum etwas Sehenswertes. Auf sein Scutum gestützt, sah er den Civis auf sich zu kommen. Wieder einer der sich den Weg nach Alexandria nicht gemerkt hat. Der Posten rückte seinen Cassis nach hinten und kratze sich an der Stirn. Gespannt wartete er auf das Ende der Stammelei. " Das hast du schön gesagt." ein breites Grinsen folgte. " Du willst zur Legion, hier ist die Legion. Trägst du Waffen bei dir?" Der Wachposten gab seine lässige Haltung auf und musterte den jungen aufmerksam.

    Das war nicht viel. Ich überlegte. Sie hatten bei dem Verstauen der Ausrüstung auf die Schiffe geholfen.


    „ Wann hast du das Fehlen der zwei bemerkt oder wann wurde es dir gemeldet. Und was genau haben sie von ihrer Ausrüstung da gelassen. Eine Tabula um alles aufzulisten wäre dazu sehr gut. Verschafft einen schnelleren Überblick, was sie mitgenommen haben.“



    Der Albinier war an der Hand verletzt. Der Hinweis war im Moment nicht so sehr von Bedeutung. Ich behielt es als kleine Notiz im Hinterkopf. Es konnte im weiteren Verlauf doch noch relevant sein. Ansonsten ist keiner der beiden aufgefallen. Die Frage waren, die üblichen Rangeleien. Es war abzuwarten, was die Befragung der Kameraden aus dem contubernium der beiden zu Tage förderte.


    " Wie war eigentlich dein Verhältnis zu den beiden? Kanntest du sie näher?"

    Der Stoß ins kalte Wasser. Der Sprung in die Brandung, die Flucht nach vorn. Eins davon war es. Mit wem rede ich zuerst? „ Zuerst mit dem Optio.“ Kam es mir in den Sinn. Er kannte sich mit der Truppe aus, war bei Ausbildung, Exerzieren und Diensteinteilung beteiligt.


    „ Sind die zwei Legionäre in letzter Zeit aufgefallen. Gab es Ausgewöhnliche Vorkommnisse, Auseinandersetzungen mit Gleichgestellten oder Vorgesetzten, Befehlsverweigerungen. Wie verstanden sie sich im Allgemeinen mit den Kameraden. Haben sie irgendwelche Äußerungen gemacht, die darauf hindeuteten, dass sie desertieren wollten. Sachen beiseite geschafft.“


    Ich ließ ihm Zeit zu überlegen. Es war wichtig und konnte die ersten Anhaltspunkte liefern.


    „ Was hatten sie zum Zeitpunkt ihres Verschwindens für eine Aufgabe zugeteilt bekommen. Haben sie die schon öfter übernommen. Gab es in letzter Zeit Aufgaben, die sie freiwillig übernommen haben. “


    Mal sehen was dem Optio so alles einfiel. Wenn uns das nicht sonderlich weiter brachte, musste das Contubernium ran.

    „ Sehr verschiedene und ich will in nächster Zeit nichts von dieser anderen Welt hören oder sehen. Frauen im speziellen. Man hat nur Probleme. Ich drängte die Gedanken an Neriman zur Seite. Es gab wichtiger Dinge, die meine Zukunft betrafen, wie ich dann hören musste. Ich brauchte einen klaren Kopf.


    „ So eine Bitte hätte ich nie in Erwägung gezogen. Wie stünde ich dann vor dir und der Familie da. Der Familie die ich nicht kenne. Es bedrückte mich, dass ich keinen Bezug zur Familie hatte. Serapio war der einzige Anhalt. Seine Anschuldigungen gegenüber Verus waren enorm. Wie sollte ich mich dahingehend verhalten. Ich wusste nichts von der Vergangenheit Verus, von Serapio oder irgendeinem aus der Familie. Hätte ich nicht selber nach dem Tod meiner Mutter in die Familien-Rolle gesehen, ich wüsste nicht mal, dass es einen Onkel gibt.
    Die Acta, gelesen? Verschlungen hatte ich sie. Das mit seiner Schwester, ich hatte gemischte Gefühle. Warum tat Verus so etwas? Trotzdem hatte ich nicht das Recht ihn zu verurteilen, ohne seine Seite gehört zu haben.


    2 Fakten waren mir bisher aufgestoßen. Er wohnte nicht in der Familien-Villa und er hatte kaum Interesse an mir , seinem Neffen, gezeigt. Er war erstaunt, dass ich existiere. Hatten mein Vater nie mit ihm gesprochen? Ich kam mir wie ein Fremder vor.


    „ Das sind schwere Anschuldigungen und sie treffen vielleicht zu. Trotzdem kann ich nicht über ihn urteilen, ohne seine Seite gehört zu haben. Ein Brief wird nicht viel bringen, er hat auf meinen letzten schon nicht geantwortet. Ich stecke wirklich in einem Dilemma.“Meine Finger vergruben sich in meinen Haaren. Eins spürte ich deutlich, heute musste ich eine Entscheidung fällen. Egal wie sie ausfiel, sie würde meine Zukunft bestimmen. Ich sah Serapio an. „ Die Vergangenheit kenne ich nicht. Das was jetzt ist, ich nehme es als gegeben hin. Die Zukunft der Familie findet mit mir statt. Du kannst auf mich zählen, auch wenn ich mich damit gegen Verus entscheide.“ Ich hielt Serapio meine linke Hand hin.

    Die Worte, ich verstand ihren Sinn nicht. Langsam dämmerte es, er meinte seine ganze Art und Weise, die er mir gegenüber in der Wüste an den Tag gelegt hatte. „ Es war alles so....“ ich suchte nach den passenden Worten. „Du hast doch gewusst, dass ....“ Hatte er das? So wie er sich bei mir entschuldigte, hatte er das nicht. „ ....das es nicht geht.“ Sagte ich leiser und sah auf meine Hände. „ Ich habe versucht es ihr zu erklären und mich von ihr verabschiedet. Ob sie es verstanden hat, ich weiß es nicht.“ Mit etwas festerer Stimme um mir selber einzureden, dass es richtig war, „ Sie gehört in die Wüste, es ist ihr zu Hause. Ich gehöre in die Legion.“ Es musste so richtig sein. „Du hattest Recht, ich hätte auf dich hören sollen.“


    Konnten wir nicht von etwas anderem Reden? Ich musste mich von dem Thema ablenken. Es beschäftigte mich immer noch zu sehr. „Decimus Verus scheint einigen Einfluss in Rom zu haben. Durch ihn hätte ich vielleicht auch als Centurio in der Legion anfangen können. “ sagte ich nachdenklich. Es war bei einem Brief geblieben. „ Hast du Post von ihm bekommen? Ich hatte ihm geantwortet aber...“ ich zuckte mit den Schultern. Es konnte die unterschiedlichsten Ursachen haben, dass er nicht antwortete. „ Vielleicht hat er viel Arbeit und bisher keine Zeit gefunden zu antworten.“ So konnte es noch zig tausend andere Gründe geben, warum er nicht schrieb. „ Ich könnte ja noch einen Brief schreiben und ihn mal indirekt Fragen...“ ich schüttelte den Kopf ohne den Satz zu beenden. Alleine der Gedanke, einen Rang durch betteln beim eigenen Onkel zu erhalten widerstrebte mir. Hätte ich es nicht anders gekannt, wäre das normal für mich gewesen. So wie es jetzt aussah, musste ich ein bisschen was tun dafür. Warum nicht, hatte noch keinem geschadet. „ Hast du überhaupt von jemandem was gehört.“ Mich dürstete nach Neuigkeiten. „ Du hast doch eine Schwester in Rom. Seiana, heißt sie, glaube ich.“ Ich konnte mir das bei Serapio nur schwer vorstellen. Er und eine Schwester.

    Das war eine Überraschung. Ich hatte mich auf Säcke schleppen und Fässer rollen eingestellt. Die Aufgabe war vollkommen anders geartet. Ich trat in die Mitte. Was hatten wir als offensichtliche Fakten. Ich räusperte mich." Ja also...." Mein cingulum musste daran glauben. nervös rückte ich es zurecht.


    „Die beiden Legionäre sind seit 18 Jahren in der Legion, es fehlen ihnen nur noch 2 Jahre um den Dienst regulär quittieren zu können. Welchen Grund haben sie, alles so kurz vor Schluss in den Wind zu schlagen? Wir sollten feststellen, wann, wo und mit wem sie zuletzt gesehen worden sind. Welche Legionäre regelmäßigen Kontakt mit ihnen hatten. Ob es etwas Ungewöhnliches gab bevor sie verschwunden sind.


    Mir ist auch noch aufgefallen,Tricostus , seine Vergehen, Alkoholmissbrauch, gewalttätig, Schmuggel. Wogegen Tarpa ein fast unbeschriebenes Blatt ist. Er scheint mir mehr Mitläufer zu sein. Was sie dazu bewogen hat zu desertieren, ist noch reine Mutmaßung, solange wir keine weiteren Hinweise haben. Wir sollten uns als Erstes in der 3. Kohorte umhören. Insbesondere in ihrem Contubernium und ihrer Centurie. Dort wäre am ehesten mit den ersten Fakten zu rechnen.


    Schaden könnte es nicht zeitgleich in den hafennahen Tavernen Erkundigungen einzuziehen, ob dort Legionäre auffällig geworden sind. Das wären meine Ausführungen dazu.“


    Ich trat zurück. Das war so das Erste was mir dazu einfiel. Ich hatte nicht viel Zeit gehabt mir Gedanken zu machen. Vielleicht hatten die anderen noch Ergänzungen oder bessere Vorschläge.

    Ein Befehl wie viele andere. Ich sollte mich sofort an der Hafenmauer einfinden. Irgendwo war Not am Mann. Es fehlten viele Leute, also war der Befehl reine Routine. Ein paar Fässer oder Säcke waren noch nicht verstaut, dem Centurio ging es zu langsam, irgend so etwas musste es sein.
    An der Hafenmauer entlang laufend, einem Sackträger ausweichend, beobachtete ich die Matrosen auf den Schiffen, die Sklaven, wie sie die Waren unter Deck brachten. Der Nil führte gut Wasser, die Zeit musste genutzt werden, wurde der Fluß übermächtig, wurde es zu gefährlich ihn zu befahren.


    Das östliche Ende der Hafenmauer kam in Sicht. Ein Centurio stand und wartete. Das musste der Befehlsausgeber sein. Ich blieb vor ihm stehen, nahm Haltung an und grüßte nach Vorschrift.


    „ Legionarius Appius Decimus Massa, 2. Kohorte, 2. Centurie meldet sich wie befohlen am Ende der östlichen Hafenmauer.“


    War ich an der falschen Adresse, kaute er mich ordentlich durch, spuckte mich wieder aus und gab mir vielleicht einen kleinen Hinweis, wo ich mich zu melden hatte.