"Schlaf gut mein Freund." entgegnete der Iunier seinem Kumpanen und legte die behelfsmäßige Decke, bestehend aus einem Offiziersmantel, noch einmal ein klein wenig zurecht ehe er sich vorsichtig erhob und nach draußen trat. Die kalte Luft biss sich in seinem Rachen fest und erschöpft fuhr sich der Iunier durch die Haare und schaute über die Landschaft, welche der Schnee und das Eis fest im Griff hatten.
Wie gerne hätte er jetzt ein heißes Bad, vielleicht sogar mit Seiana an seiner Seite? Oder ein warmes Bett und eine gute Mahlzeit. Sicher, seit den Tagen als Miles war er wohl etwas weicher geworden, damals hätte er jetzt noch einen Gewaltmarsch bis Mogontiacum hinlegen können und hätte dann noch eine Nacht in der Taverne durchgezecht, jetzt reichte schon eine Nacht außerhalb der Komfortzone welche man als Kommandeur genoss und er fühlte sich als müsste er schon mal ein Plätzchen im Familiengrab reservieren. Aber vielleicht war es auch einfach den besonderen, und dazu noch ungewohnten, Umständen geschuldet. Die Kälte fuhr in die Knochen, der Kopf fühlte sich schwer und dumpf an und die Nase lief Marathon, wieder einmal merkte er dass sein hispanischer Körper noch ein wenig mit Germanien haderte.
Es verging einige Zeit bis die Männer alles nötige zum Aufbruch beisammen hatten. Ein paar Dörfer weiter hatten sie einen Kahn organisieren können welcher sie, natürlich nicht ganz umsonst, nach Mogontiacum schippern würde. Auf einem Nachbargehöft konnten sie einen Bauern auftreiben welcher Licinus mit einem Ochsenkarren zum Steg bringen würde, allein diese Strecke würde lange dauern, und Kraft kosten, denn der Karren war auch nur bedingt schneetauglich.
In weiteren umliegenden Höfen hatte man hier und da immer mal wieder ein wenig Proviant abzwacken können, denn durch den harten Wintereinbruch waren die meisten Landwirte nicht unbedingt glücklich darüber Teile ihrer Vorräte aufgeben zu müssen. Aber nun hatten sie alles beisammen, einen Karren, ein Boot, etwas Getreide, etwas Bier, eingelegtes Gemüse und etwas Dörrfleisch. Nicht gerade ein Fest für den Gaumen, aber die Fahrt nach Mogontiacum über den Rhenus würde ja keine Ewigkeit dauern.
Es war schon früher Vormittag, die Sonne, oder zumindest dieses leuchtende Ding dass ab und an mal aus dem unwirtlichen Grau über ihnen hervorstach, näherte sich dem Zenit als Seneca den Iulier weckte, "Iulius, es geht los. Erschreck dich nicht, die Milites werden dich jetzt auf den Karren legen." sagte der Iunier und gab sogleich das Kommando für die Männer welche den Iulier weitestgehend ohne allzu große Probleme auf den wartenden Karren ablegten und sich selbst auf die Pferde schwangen, oder sich ebenfalls auf den Karren setzten um ihn mehr Bodenhaftung zu verleihen.
Die alte Bauernfamilie, noch immer bemüht um einen guten Eindruck, stand zur Verabschiedung vor der Tür und gab den Männern noch wenig Brühe mit, welche natürlich schnell erkalten würde, aber es war ja der Wille der zählte. Seneca selbst hatte einige Sesterzen auf dem kleinen Tisch liegen lassen welche die Unannehmlichkeiten mehr als entschädigen würden.
Der Tross setzte sich in Bewegung und bereits nach kurzer Zeit ahnte man wie die Reise wohl verlaufen würde: Schlecht.
Immer wieder mussten die Männer vom Karren steigen und den Wagen anschieben, ziehen, runterdrücken, oder über Hindernisse hinwegzerren. Aber nach einer Weile, und Seneca war noch nie so froh gewesen ein Schiff zu sehen, erreichten sie den Steg. Schnell wurde die Fahrt bezahlt, die Tiere sowie das Gepäck verladen, und vor allem das iulische Paket sicher verstaut. Bald darauf setzte sich der Kahn in Bewegung und eine Last fiel von Seneca ab, von jetzt an gab es nur noch den Rhenus um den er sich Sorgen machen müsste, sicher, wenn irgendwas passieren würde dann würde Licinus wohl jämmerlich ertrinken, aber immerhin waren die Gefahren um ein vielfaches simpler geworden. Mit einem Stück Brot in der Hand, den Mantel eng um sich geschlungen lehnte er sich zurück und starrte auf das Ufer des Rhenus welches langsam an ihm vorbeizog.