Beiträge von Aulus Iunius Seneca

    "Die Apicia?" fragte Seneca und dachte an die guten alten Tage zurück als er seine Männer das ein oder andere Mal aus einer Schlägerei zerren musste, und an die vielen redseligen Abende in den Hallen der alten Taverne...
    "Nun ich will guten Wein und kein blaues Auge, lass uns in diese Uva Bacchi." stimme er seinem Vetter zu, und da waren sie auch schon.. Avianus du Fuchs.. Dachte er sich, während er die Schenke betrat. Nett sah es aus, ein wenig höherwertiger als die üblichen Spelunken in den Städten, und während er die Auslage musterte, suchte er ohne zu zögern einen Tisch in der Ecke. Ein wenig abgeschieden war er, in einer Ecke, aber so das man den Raum gut einsehen konnte, und die Bedienung einen nicht übersah..
    "Der Abend geht auf mich Avianus." sagte er knapp grinsend und fuhr fort, "Keine Widerrede."
    Und dann kam auch schon die Bedienung, "Genug von eurem besten Wein! Dazu noch Oliven, Brot, Wurst, und was ihr so an kalten Speisen habt." orderte Seneca und legte schon mal ein paar Münzen auf den Tisch, "Wir beide haben das bitter nötig denke ich." scherzte er zu seinem Cousin und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück...

    Es war ein schöner Abend, für Rom, es stank an jeder Ecke, überall wurde man angebettelt und obwohl der Himmel noch recht hell war, waren die Gassen teils stockduster. Aber es war ein milder Abend, und natürlich freute sich Seneca auch mehr über die Gesellschaft als über die äußeren Umstände, und wer konnte einem guten Wein schon widerstehen?
    "Nur was trinken, vielleicht was essen." entgegnete Seneca grinsend und fuhr ebenso scherzhaft fort, "Früher hätte ich sicherlich noch das ein oder andere Lupanar aufgesucht, aber das ist vorbei mein Lieber. Also, wo trinkt man denn mittlerweile in Rom?"

    "Ein Ausflugsschiff?" hakte Seneca nach und grinste dabei breit auf seiner Kline liegend, "Vom Rücken der Pferde aufs Wasser, können deine Füße dich überhaupt noch tragen Tribunus?" scherzte der Iunier und ließ sich seinen Becher füllen, immerhin hatte er für einen Teil der Verpflegung gesorgt.
    Dann wandte er sich an den Iulier, "Vielleicht reise ich nach Rom, die Familie besuchen, oder ich entspanne in den Albaner Bergen, ein wenig Zeit abseits der Pflicht. Was planst du Iulius?" fragte er und trank nun einen Schluck aus dem Becher, bevor er ihn wieder sachte auf den Tisch stellte..

    "Nun, vielleicht mögen sie keinen Wein und keine Gesellschaft." kommentierte Seneca das Gesagte süffisant, wohlwissend das die meisten Offiziere wohl bei ihren Familien sind, "Oder vielleicht hatten sie auch Angst vor dem Prätorianer." fuhr er scherzhaft fort und trat hinein ins Triclinium, wo er den Rest der Rasselbande begrüßte, "Salve die Herren! Ich hoffe der Abend verlief soweit erfreulich, ich denke das haben wir uns verdient." grüßte er die Anwesenden und suchte sich eine freie Kline.

    Seneca hatte einige Briefe geschrieben.. An die Familie in Rom, alte Freunde in Tarraco, und natürlich hatte er auch lange an Seiana gedacht, bevor er sich entschloss wieder unter den Stab zu gehen, heute Abend in äußerst erfreulicher und entspannter Mission.
    Mit einer Kanne besten Falerner als kleines Gastgeschenk klopft Seneca an die Türe des Iuliers.

    Immer noch wie im Rausch sah er nur sie im Tunnelblick, Seiana, seine Frau, Ehefrau, was für eine Vorstellung! Wenn gleich auch noch immer so unwirklich, und wenn er eins gelernt hatte, dann war es erst an etwas zu glauben wenn es tatsächlich soweit ist..
    "Ja, genau, die Planungen für unsere Hochzeit, woran dachtest du?" fragte Seneca grinsend zurück, denn dass sie an ihren Bruder und ihren Vater dachte, ahnte er in diesem Moment nicht. Wenn er es geahnt hätte, bei den Göttern, wäre er noch nervöser geworden. Mit ihrem Bruder wäre er sicherlich noch klargekommen, aber ihr Vater, der große Livianus, Seneca graute es vor diesem Tag, vor allem wegen Silanus, der ihm wohl ähnlich wie Axilla tödliche Blicke zuwerfen würde.. Aber er beschloss diese Gedanken zu verdrängen, sie zählten schlicht nicht, was zählte waren Seiana und Silana, in diesem Moment, auch wenn er ein stolzer Vater war, hatte Seiana die Nase noch weiter vorn.
    Schön war es dann doch Seiana Lächeln zu sehen, und noch schöner war es dass sie auf seinen Vorschlag einging und nicht direkt mit dem organisieren beginnen wollte.
    Es war keineswegs so dass Seneca weniger Begeistert von der Hochzeit war, ER hatte ja das alles erst angeleiert, aber er hatte auch seine Liebe lange nicht gesehen, und der Ernst des Lebens und die Planung würde die beiden noch früh genug überfordern..
    "Ich dachte mir ein wenig Wein, ein Essen, Zeit mit meiner Liebsten. Wir haben Zeit und uns, mehr brauche ich nicht um einen schönen Abend zu verbringen. Ich kann dir all die langweiligen Geschichten aus Mantua erzählen." entgegnete Seneca nun etwas neckisch, und führte Seiana an der Hand als ob er wüsste wo er hingehen würde, was natürlich nicht ganz der Fall war, wie er bald auch selbst feststellen musste, da er keine Ahnung hatte wo er all diese herbekommen sollte.. Außer seiner Liebsten natürlich, die würde er so schnell nicht mehr loslassen, aber ansonsten musste er sich darauf verlassen dass er souverän wirken würde, während Seiana sich aufgrund seiner völligen Ahnungslosigkeit um die Verpflegung kümmerte.

    "Für mich ist es ebenso neu.", entgegnete Seneca weiter lächelnd noch immer in der Nähe ihrer Lippen, "Aber umso mehr freue ich mich darauf diese Erfahrung mit dir zu machen." fuhr er fort, und hielt ihre beiden Hände, "Das bedeutet natürlich eine ganze Menge Arbeit die auf uns zukommt. "...und einige ziemlich unangenehme Situationen für beide Seiten. Alte Gräben mussten irgendwie, wenn auch nur notdürftig, zugeschüttet werden, und alte Schatten mussten übersprungen werden, denn diese beiden Familien würden bald durch eheliche Bände verbunden sein, wenn auch beide Ehepartner nicht unbedingt im Zentrum der Familien standen.
    "Ich werde nach Mantua schreiben um einige Zeit frei zu bekommen, ich denke wenn ich von einem besonderen Anlass spreche, werde ich mich einige Zeit freistellen lassen können. Natürlich nur wenn es dir recht ist, aber ich denke wir sollten gemeinsam voran gehen." schlug er nun vor. Immerhin konnte er schwer erwarten dass Seiana alles alleine regeln würde, und das wollte er auch gar nicht..
    "Aber eventuell sollten wir die Organisation erst einmal beiseite lassen. Heute gehört der Abend ganz allein meiner Verlobten." sagte er nun mit einem charmanten Lächeln und schickte sich an sie erneut zu küssen.

    "Gern." entgegnete Seneca aufgeweckt und freute sich auf den Abend. Endlich mal ein wenig Gesellschaft am gefühlten Rand der zivilisierten Welt, und zu einem Becher Wein, sagt niemals so schnell sein..
    "Ich werde in deiner Unterkunft dazu stoßen, ich muss noch ein paar Briefe schreiben nach Rom. Ich klopfe später einfach vorbei wenn das in Ordnung ist." versicherte er ihm und freute sich endlich mal einen Abend unter gleichgesinnten verbringen zu können.

    "Avianus.. Ich helfe wo ich kann, du bist mehr als ein Cousin, mehr ein Bruder den ich nie hatte." sagte Seneca nun und meinte es durchaus ernst, auch weil Avianus in diesem Moment den Großteil seiner Familie für ihn ersetzte..
    "Wenn ich dir noch irgendwie behilflich sein kann, sag Bescheid. Und danke.." erwähnte er nochmal, schließlich hatte er Verständnis für ihn, "Du solltest zu ihr gehen. Ich werde noch einige Tage in Rom sein, vielleicht können wir ja ein wenig um die Häuser ziehen?" fragte er noch kurz. Alles wichtige war gesagt, nun mussten beide ihren Weg finden.

    Ohne auch nur den Hauch eines Widerstandes ließ sich Seneca von Seiana hochziehen und schloss sie strahlend in seine Arme. Mit ihrem Gesicht an seiner Brust atmete er einmal tief aus, so dass sein Brustkorb spürbar flacher wurde, und die ganze Anspannung und Angst in einem Hauch von ihm abfiel..
    "Du machst mich wahnsinnig." flüsterte Seneca, wenn auch nur deshalb weil er durch die ganze Warterei und die Angst sie würde ihn ablehnen kein gerades Wort sprechen konnte, "Du machst mich zum glücklichsten Wahnsinnigen im Imperium." fuhr er flüsternd fort, und strich mit seiner Hand über ihr Haar..
    "Seiana.. Mein Verlobte...Seiana.." sagte er zu sich selbst, laut genug dass sie es hören konnte, immerhin war sie ihm sehr nahe. Lächelnd wie ein Honigkuchenpferd stand Seneca inmitten des Raumes und malte sich die Zukunft aus, die sich in seinem Kopf plötzlich von einem fahlen Blau-Grau zu einer hellen, in ein warmes Orange-Gelb getünchten Utopie wandelte, denn egal was passieren würde, sie würde bei ihm sein..
    "Ich.. Ich weiß nicht was ich sagen, ich kann es nicht beschreiben." und tatsächlich fehlten ihm die Worte. Nach all der Zeit, nach all den Hochs und Tiefs, hatten sie endlich zueinander gefunden, "Danke. Danke dass du mich so etwas fühlen lässt." sagte er nun während er ihr Gesicht mit seinen Händen umschloss, und vielleicht war es das Glücksgefühl, und dass dieses sich ein Ventil suchte damit er nicht platzte, aber er konnte sich einen kleinen Scherz dann doch nicht verkneifen, "Aber du hättest dir ruhig weniger Zeit lassen können."

    Jetzt wo es raus war, und Seiana ein wenig mehrdeutig antwortete, war Seneca doch ein wenig enttäuscht. Er hatte natürlich nicht damit gerechnet dass sie ihm um den Hals fällt und 'Ja, ja, eine Millionen mal ja' schrie, aber er war ein wenig gekränkt dass sie nach all der Zeit noch immer Vorschläge unterbreitete wie sie es in diesem Moment getan hatte..
    Doch Seneca versuchte seine Enttäuschung zu verbergen, trotz ihrer Antwort gab es in diesem Moment keinen Platz für derlei Gefühle, und wieder musste der Iunier sich als Motivator versuchen.
    "Seiana, ich liebe dich. Ich liebe dich mehr als ich es jemals für möglich gehalten hätte." begann der Tribun zu erklären, und griff nach ihrer Hand, "Es gibt in Iudäa ein Meer dessen Wasser noch nicht einmal eine Maus versinken lässt." sprach er nun, und kurz wirkte diese Information weit aus dem Kontext gerissen, "Für mich bist du wie dieses Wasser. Ich versinke niemals wenn du bei mir bist. Wann immer ich zweifelte, ob als Gefangener nach dem Krieg, oder fernab der Heimat in Mantua, habe ich an dich gedacht, und hielt durch ohne die Hoffnung zu verlieren." erklärte er und lächelte nun leicht weil ihm die Worte einfach von den Lippen gingen..
    "Ich will keine Jüngere, ich will keine Andere." fuhr er fort, "Ich will es nicht einfach, und ich will es nicht unkompliziert. Ich will nur dich, nur uns. So wie ich es immer wollte." beendete er seine kleine Ansprache, und hoffte dass er Seiana nun überzeugt hatte ihm endlich die Qual des Wartens zu nehmen. Es gab wohl wenige Fragen wo das Warten auf die Antwort Sekunden wie Stunden erschienen ließen, aber die die er ihr stellte, gehörte definitiv dazu.
    Noch einmal küsste er seine verdutzte Hoffentlich-bald-Braut auf die Stirn, und hoffte sie damit zum einlenken bewegen zu können, denn je länger er wartete, desto mehr Gedanken machten sich in seinem Kopf breit, ein Phänomen das beide gut kannten, aber nicht unbedingt mochten.

    "Ich bin kein Experte im Recht.. Aber ist es nicht entscheidend wie du sie freilässt?" sagte Seneca, der sich weder mit dem Freilassen von Sklaven, noch mit den juristischen Gegebenheiten wirklich gut auskannte..
    Aber Avianus brachte gute Argumente, ihre Vergangenheit hier in Rom war ein großer Knackpunkt bei dem ganzen..
    "Du hast wahrscheinlich recht Cousin, aber was gedenkst du zu tun? Ich meine, sie hat dir ihr Schicksal anvertraut." sagte Seneca und blickte ein wenig nachdenklich, "Es ist eine schwierige Situation, aber irgendein Schicksalsbund scheint zu bestehen, ihr findet sicherlich eine passende Lösung."

    Ein wenig erleichtert war Seneca schon nach den Worten seines Vetters. Sicher, er hätte Seiana so oder so gefragt, aber mit Avianus im Rücken war das ganze nochmal ein wenig anders, immerhin hatte er zum ersten mal so eine Art Zustimmung oder zumindest Toleranz erfahren was diese Sache anging..
    "Es freut mich das zu hören Avianus. Du wirst sie mögen, wenn ihr euch dann mal kennenlernt." entgegnete Seneca mit einem Lächeln, "Ich denke sollte sie zustimmen, dann kannst du sie kennenlernen." fuhr er fort und lehnte sich entspannt zurück, noch immer mit einem Lächeln.
    Natürlich drängten sich sofort weitere Fragen auf, sollte er Avianus alles erzählen? Silana? Eine Entscheidung die es gut abzuwägen galt..
    Er entschied sich vorerst dagegen. Das wäre zu viel des Guten an einem Tag gewesen, und Seneca wollte Avianus Verständnis auch nicht überstrapazieren..
    "Nun, gut dass das raus ist." befand er und wechselte das Thema, "Du und Sibel. Gibt es da gar keine Möglichkeit? Die Verleihung des Bürgerrechtes durch irgendwen vielleicht?" hakte Seneca nach, immerhin war er länger nicht in Rom gewesen, und wusste nicht zu wem Avianus einen Draht hatte..

    "Ich kenne sie Avianus, du brauchst mir nicht erklären dass sie vom Stand her eine der wohl bedeutensten Frauen in Rom ist." entgegnete Seneca, und das war ihm durchaus bewusst, aber das war für ihn auch nicht der Punkt, "Darum geht es mir jedoch nicht Avianus. Ich bin an einem Punkt an welchem ich nicht nach einer guten Partie schauen muss. Diese Sache hat nichts politisches, kein Kalkül, auch wenn das Umfeld natürlich jedes Recht hat sich Gedanken zu machen." versuchte Seneca diplomatisch auszudrücken, auch wenn es im Grunde hieß "Mir egal, aber ich gebe mir Mühe."
    Als Avianus auf Silanus zu sprechen kam, griff Seneca seinen Gedanken noch einmal auf, "Natürlich sorgt sich Silanus um sein Verhältnis zum Decimus. Aber ich denke diese Verbindung birgt viele Chancen für unsere Häuser, und er sollte uns eine Chance geben."

    Seneca grinste nur als Seiana über Silana sprach. Es tat gut zu hören wie sie sich entwickelte, gedieh und immer größer wurde und lernte. Seneca hatte sich immer gefragt warum Väter sich unbedingt einen Sohn wünschten.. Abgesehen von der Funktion des Stammhalters natürlich, war Seneca auf Silana mindestens genauso stolz wie er auf einen Silanus wäre, auch wenn er sie zu selten zu Gesicht bekam.
    "Warum sollte es mir langweilig werden? Die Gesellschaft hier ist um Längen besser als in Mantua, und als Prätorianer unter Vescularius habe ich noch immer keinen leichten Stand im Lager." entgegnete er, halb im Scherz und halbernst. Vor allem in der Anfangszeit hatte er hart daran zu knabbern gehabt dass ihm der Stempel des "Feindes" aufgedrückt wurde, und selbst die einfachen Ränge nur wenig getan haben, um diese Haltung irgendwie zu kaschieren.
    Als er etwas unbeholfen von der Zukunft anfing, merkte er wie sich Seiana verkrampfte. Zunächst hatte er es gar nicht bemerkt, aber plötzlich wurde sein Griff um ihre Schulter etwas lockerer, und das wunderhübsche Lächeln wich aus ihrem Gesicht, und sie blickte ihn an.. Hatte er was falsches gesagt? Ahnte sie etwas und wollte es unterbinden oder flüchten? Nun wurde auch Seneca nervöser, sein Blick wich ihrem kurz aus, um sie dann wieder anzublicken, und der Iunier musste schlucken..
    "Ich...", stockte er und rang um die passenden Worte. Wie vernichtend wäre es wenn sie ihm nun eine Abfuhr erteilen würde? Wenn sie noch nicht bereit war, und lieber die Zeit alleine hier auf ihrem Landgut verbringen wollte? Fragen über Fragen schossen ihm durch den Kopf, und er musste seine linke Hand festhalten, damit diese nicht vor Nervosität zitterte, denn er hatte so lange an diesen Moment gedacht, sich so viele Situationen ausgemalt, und war irgendwie stets dezent pessimistisch gewesen, denn Glück war nicht unbedingt das was die beiden gepachtet hatten..
    "Naja wir.. Also.. Ich will dass du meine Frau wirst." zwang er es heraus und schob dann direkt etwas nach, "Wir kennen uns so lang, haben ein Kind, ich bin mittlerweile kein kleiner Optio mehr. Ich möchte mit dir glücklich werden Seiana, es geht mir nicht um deinen Einfluss oder deine Familie, es ging mir nie darum, es geht mir nur um dich, und Silana. Wie oft saß ich Abends in Mantua und habe nur an dich gedacht, jede Nacht, und ich glaube..".. und schon verließ ihn der spontane Mut wieder, genauso schnell wie er gekommen war, ".. Naja also, ich finde wir sollten tun was für uns zwei.. drei.. am besten ist."
    Er hatte ein wenig Angst vor ihrer Reaktion, auf der anderen Seite musste es ja auch was gewesen sein an das sie zumindest einmal gedacht hatte...

    Seneca wandte sich ein wenig, wägte ab was er erzählen sollte und was nicht, und wie viel Avianus wohl verkraften würde an Informationen. Zuvor musste sich Seneca allerdings noch einmal rückversichern, und dafür sorgen dass Avianus nicht plaudern würde..
    "Avianus, ich zähle auf dein Schweigen. Als ehemaliger Prätorianer, mein Cousin und Freund, vertraue ich auf deine Diskretion." nagelte der Iunier ihn kurz fest mit ernstem Blick, bevor sich seine Mimik wieder lockerte..
    "Ihr Name ist Decima Seiana, du kennst sie sicherlich, zumindest vom Hören. Sie leitete die Acta Diurna, war verheiratet mit dem Praefectus Praetorio, und ihr Bruder sollte auch bekannt sein." fing Seneca recht nüchtern an, um ein wenig emotionaler zu werden, "Sie ist perfekt Avianus, einfach perfekt. In jeder Beziehung. Sie nimmt mich an wie ich bin. Bevor und nach meinen Beförderungen. Sie ist klug, gebildet, charmant. Ich kann dir sagen, sie beeindruckt mich immer wieder aufs neue." Senecas Augen mussten leuchten als er von ihr berichtete, und ein Lächeln machte sich in seinem Gesicht breit, an diesem Tag wie am ersten auch, er war mit sich und ihrer Sache im reinen..
    "Allerdings, wie ich auch hat auch sie eine Vergangenheit. Sie und Axilla hatten Streit um einen Mann. Und ihr Bruder, naja, es ist ein wenig Verworren. Eine Iunia starb in Aegyptus, und ihr Bruder wurde verdächtigt, oder so ähnlich, ich weiß es nicht, all das geschah bevor ich nach Rom kam." erklärte er nun wieder ernst, mit den Händen gestikulierend, "Das hat natürlich mein Verhältnis zu Axilla und Silanus belastet." erklärte er weiter. Diesen Umstand bedauerte er natürlich sehr, wie gerne hätte er einmal alle Iunii an einem Tisch, in fröhlicher Runde, wie in alten Zeiten..
    "Diese Sache ist sehr prekär. Ich hoffe dass sich alles irgendwann zum guten wendet."

    Dafür nicht, ich tue was ich kann, und eine Akte einzusehen ist nun wirklich keine Rede wert." entgegnete er, er müsste es sich allerdings irgendwo notieren, denn er würde es garantiert wieder vergessen wenn er die Reise nach Mantua hinter sich hatte...
    Als Avianus fragte ob er sich setzen konnte, schreckte Seneca kurz auf, "Oh ja sicher. Sicher, setz dich!" sagte er und deutete auf den Sessel gegenüber. Nachdem er kurz abgewartet hatte dass Avianus sich gesetzt hatte, lehnte er sich erneut vor, die Hände sich gegenseitig festhaltend, etwas nervös hob er die Stimme, "Ich habe dir ja von meiner Liebschaft erzählt nicht wahr?" fragte er kurz rhetorisch und fuhr fort, "Nun, ich bin Ritter, Tribun, habe Rang und Stand. Ich bin das Versteckspiel überdrüssig, und werde sie fragen ob ich sie zur Frau nehmen kann.", soweit zum ersten Part, und eigentlich wollte Seneca die Medizin in einem Rutsch schlucken, seine Tochter, Seiana, und so weiter.. Doch er entschied sich erst einmal nur den eigentlich Kern der Nachricht zu vermitteln, und die Reaktion abzuwarten.

    "Eine verzwickte Lage. Eine Vestalin, das ist immer schwierig." befand Seneca, und beschrieb damit nur was offensichtlich war, "Und dieser Soldat war Hadrianus denkst du? Oder stochern die Ermittlungen im dunkeln?" diese Geschichte war tatsächlich mehr als mysteriös, ein Mörder der sich nach der Tat selbst erdolchte? Welche Motive könnte er gehabt haben? Wenn man ihn bezahlt hätte, was hätte er davon gehabt? Wurde womöglich seine Familie bedroht?
    Sofort begann der Prätorianer in Seneca zu rätseln, auch wenn er natürlich nicht annähernd so viele Informationen über die Geschehnisse hatte wie Avianus, "Sobald ich wieder im Lager bin werde ich dir sämtliche zur Verfügung stehenden Informationen über den Hadrianus zukommen lassen." versicherte er seinem Cousin und dachte dann nach, "Vielleicht kannst du mit ihr Reden wenn der Tempel geöffnet wird." schließlich stand die Vestalia bevor, wann wenn nicht dann?
    "Im übrigen muss ich mit dir etwas besprechen. Es hat nichts damit zutun, aber du bist der einzige in der Familie dem ich in dieser Sache Vertrauen kann und der mich nicht sofort erwürgt." sagte er etwas scherzhaft, und beugte sich ein wenig nach vorne..

    "Ein Gerücht sagst du?" hakte Seneca skeptisch nach.. Für ein Gerücht würde er die Akte des Primus Pilus nicht aufrollen, es sei denn es war etwas wirklich ernstes.
    "Aber dieser Mord, erzähl mir mehr davon, ist der Centurio ein Verdächtiger gewesen?" fragte Seneca etwas skeptisch und konnte das große und ganze noch nicht so recht erkennen, und das obwohl er Jahre bei den Prätorianern verbracht hatte.
    "Der Primus Pilus ist seit einiger Zeit tot, das genau Datum kenne ich leider nicht, es muss irgendwann im Winter gewesen sein, wenn es dir hilft lass ich dir alles verfügbare Zusammentragen. Passt das irgendwie mit deinen Anhaltspunkten zusammen?" noch immer etwas irritiert ob des Zusammenhangs, ein Gerücht und ein Mord, wartete er neugierig die Reaktion Avianus' ab.

    "Dieses ganze Eltern sein. Wir sollten das noch einmal üben denke ich. Aber sie ist wunderbar, und so aufgeweckt.", schwärmte der Iunier ein wenig und grinste dabei. Er war froh dass Seiana wieder Lächeln konnte, wenn auch verhalten, aber es war ein Anfang, und es machte ihn unendlich froh dass sie nicht mehr ganz so verloren wirkte wie noch vor einiger Zeit in Rom..
    "Die frische Luft, die Landschaft, du hast es wirklich gut hier. Ich wünschte ich könnte dir hier dauerhaft Gesellschaft leisten, stattdessen schlage ich mich in Mantua mit Lappalien und dem Lagerdienst herum.", befand er und während sie sich an ihn anlehnte, legte er seinen Arm um ihre Schultern.. Seiana, und Seneca, sie waren hier, zusammen, ein wunderbares Gefühl.. Ihren kleinen Scherz mit den Soldaten nutzte Seneca natürlich postwendend aus, "Nein, nur mit einem." neckte er sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn..
    "Allerdings hat der auch genug womit er dich beschäftigen könnte." fuhr er etwas scherzhaft fort, und baute sich damit direkt die passende Überleitung, "Ich habe nachgedacht Seiana, über uns, irgendwie..." begann er recht ernst und merkte dabei gar nicht wie bedrohlich diese Sätze klingen konnten, "Ich meine ich bin Tribunus, Eques. Vielleicht ist es an der Zeit.. Naja du weißt schon.. Ich bin dieses Versteckspiel einfach ein wenig Überdrüssig. Vielleicht ist es auch nur die Zeit in Mantua, wo ich sehr viel nachgedacht habe, aber ich finde wir sollten unsere nächsten Schritte planen.. Natürlich nur wenn du willst."
    Der große Tribun, der mächtige Soldat mit dem Gladius in der Hand, und dem Herz eines Löwens, wurde ganz schnell zu einem Miezekätzchen wenn er seiner Liebe gestehen musste worüber er die vergangenen Wochen gebrütet hatte.
    Gespannt blickte er sie an, sie war noch immer in seinen Armen und er war ein wenig größer sodass der Blick auf ihr Gesicht schwer fiel, aber dennoch versuchte er eine Reaktion zu erahnen.