Beiträge von Aulus Iunius Seneca

    Das Licht der Kerzen füllte den Raum mit einem sanften orang-roten Licht, und ließ die Konturen und Schatten in der frisch eingerichteten Unterkunft tanzen. Seneca blickte hinaus ins Lager, als er in seinem Arbeitszimmer in der zweiten Etage seines Hauses saß, und einige Briefe nachhause schrieb, immerhin gab es ein wenig was zu berichten, und er wollte den nächsten Boten nach Rom auf keinen Fall verpassen...
    Er nahm sich ein wenig Papyrus, schaute hinauf zum Himmel, trank einen Schluck Wein, den kräftigen, keinen verdünnten, und begann zu schreiben..


    Ad Decima Seiana
    Casa Decima
    Roma


    Liebste Seiana,


    verzeih diese doch recht offene Art zu Schreiben, und dich zu kontaktieren, jedoch weiß ich beim besten Willen nicht wie ich dem Boten anweisen soll diesen Brief in unser kleines Refugium zu senden, und hoffe dass dich dieses Schreiben noch versiegelt und angetastet erreichen wird.


    Das Lagerleben hier in Mantua ist ruhig, ruhiger als der Dienst in Rom, und die Soldaten scheinen fähig, jedoch teilweise etwas undiszipliniert, auch wenn der Eindruck täuschen könnte.


    Noch immer lastet an mir der Makel des Vescularius, und die Tatsache dass ein solcher Mann nun eine gewisse Verantwortung übernimmt, scheint einigen Milites sauer aufzustoßen, auch wenn es natürlich niemand offen zeigt.


    Ich vermisse dich. Ich dachte erst ich vermisse Rom, vermisse all die Menschen, den Trubel, das Spektakel, doch letztendlich komme ich zu dem Entschluss dass nur du es bist die mir hier fehlt.


    Ich bewohne nun ein äußerst stattliches Haus direkt in der Lagermitte, bei Sonnenaufgang hat man aus der zweiten Etage einen herrlichen Blick auf die Sonne die über den Lagermauern langsam aufgeht und ich wünsche mir jeden Tag dass du bei mir wärest, doch außer dem Wunsch bleibt mir nicht viel mehr.


    Sofern es deine Zeit erlaubt, und du einen guten Grund finden würdest gen Norden zu reisen, würde ich mich über einen Besuch freuen.


    In Gedanken stets bei dir,


    AIS.


    Einmal tief ausgeatmet rollte Seneca seinen ersten Brief zusammen, und versiegelte ihn mit einem neutralen Siegel, nur zur Sicherheit, bevor der sich den weiteren Briefen widmete..


    Ad Lucius Iunius Silanus
    Casa Iunia
    Roma


    Werter Onkel,


    ich freue mich dir mitteilen zu können dass ich meinen Dienst bei der Legio I in Mantua angetreten habe, und auch wenn ich durchaus noch einige Gewohnheiten der Garde vermisse, habe ich mich recht gut eingelebt.


    Ich hoffe in Rom geht alles seinen gewohnten Gang und Axilla und ihre Kinder, sowie Avianus sind wohlauf, grüße sie bitte recht herzlich von mir, und sage ihnen, dass ich die Götter jeden Abend um Schutz für sie bitte.


    Wenn es deine Zeit zulässt würde ich mich freuen wenn du dich für Avianus so stark machen könntest wie du es auch für mich getan hat. Er ist ein fähiger Soldat, weiß Verantwortung zu übernehmen, und könnte der Garde als Offizier dienlicher sein als er es jetzt als einfacher Miles ist. Bei Bedarf kann ich ihm eine Empfehlung schreiben.


    Was gibt es neues bei dir? Ich freue mich von dir zu hören und verbleibe mit den besten Grüßen und Wünschen,


    Gezeichnet


    Aulus Iunius Seneca


    Nun kam das Siegel der Iunii auf den Brief, bevor auch dieses Schreiben beiseite gelegt wurde.

    Seneca war nicht wirklich zufrieden mit der Antwort des Optios. Es mangelte ihm an Respekt, eine Tatsache, die es bei der Garde niemals gegeben hätte..
    "Es freut mich ebenfalls Optio.", knurrte der Iunier deshalb zurück und beschloss ein Auge auf den Mann zu haben, denn das konnte nicht schaden.

    "Das würde ich liebend gern.." sagte Seneca und blickte auf seinen treuen Begleiter welcher angelehnt an einer Wand stand, "Aber ich bin dein Cousin, und nicht dein Centurio, auch wenn ich mich in beiden Rollen recht wohlfühle." grinste der Iunier und griff wie üblich zum Wein, "Trink, der muss weg. Man hält mich sonst für verrückt wenn ich eine halbvolle Amphore nach Mantua bringen lasse." erklärte sich der ex-Centurio und hob den Becher an..
    "Erzähl mir was, wie läuft es mit den Frauen Avianus?" hakte Seneca grinsend nach, immerhin hatte er seinen Vetter in letzter Zeit mehrfach und mit wechselnden Damen in Verbindung bringen können..

    Die Helferlein trugen alles mögliche nach und nach in das doch recht anschauliche Haus des neuen Tribuns Iunius Seneca. Möbelstück nach Möbelstück, klein, groß, einige neue Stücke vom Markt, denn irgendwie musste man den neuen Mehrwert an Platz ja auch mit Leben füllen.
    Im kleinen Flur direkt an der Porta wurden die Gäste bereits mit den Emblemen der ersten Legion und auch mit kleineren der Prätorianer und der Urbaner begrüßt, um Senecas Werdegang zu verdeutlichen. Neben einem simpel eingerichteten Schlafzimmer, dem Bad und einem Arbeitszimmer, empfing der Tribunus von nun an Besucher in einem von Sitzmöglichkeiten gesäumtem Raum, welchen ein großes Familienwappen der Iunii zierte..

    Die Kisten waren gepackt, alle Habseligkeiten schon so gut wie verstaut.. Nach der Beförderung ging alles sehr schnell, und allzu viel Besitz hatte Seneca ebenfalls nicht angehäuft, sodass wenige Stunden nach dem Erhalten des Marschbefehls bereits alles so gut wie fertig war.
    Eine letzte Nacht und einen letzten Becher Wein für der Iunier in der Castra Praetoria zu sich nehmen, als es gerade an der Tür klopfte..
    "Immer herein!" rief der Iunier, warum versteift antworten, wenn er die meisten Männer sowieso bald nicht mehr sehen würde.

    Legiopolizeidienst.. Patroullien in Mantua.. Oh Rom wie sehr vermisste Seneca es schon. Aber auf der anderen Seite wusste der Iunier dass dies eben genau sein Aufgabengebiet war, hier war er stark, hier konnte er glänzen, und deshalb gefiel ihm der Vorschlag eigentlich, nur klang das hier in Mantua noch etwas provinziell.
    "Die Aufgaben klingen gut, ich freue mich dass ich diese Arbeit übernehmen kann Praefectus." antwortete Seneca und freute sich schon auf die größeren AUßeneinsätze welche angesprochen wurden.

    Seneca wusste Seianas Reaktion erst einmal nicht so wirklich einzuordnen, doch ihre Anmerkung dass die Familien befreundet waren, ließ ihn die Situation erst einmal übergehen.. "Nun, mein Onkel Silanus ist auch fest davon überzeugt dass die Decimi und die Iunii befreundet sind.." merkte er etwas scherzhaft an, "Ich bin froh dass er mir geholfen hat." fuhr Seneca fort und lächelte ein wenig verträumt als er die Decima so ansah..
    Was sie jedoch danach sagte ließ ihm kurz das Herz in die Hose rutschen, ein Grundstück? Von ihr an ihn? Wie sollte das unbemerkt über die Bühne gehen, wie sollte er es annehmen? Sie tat zu viel für ihn..
    "Seiana ich..." der Iunier rang nach Worten, "Du musst nicht... Also.. Ich meine wie.." stammelte der Ritter in Spe vor sich her bevor sie anblickte, "Ich danke dir. Wirklich, danke, ich liebe dich." sagte er ruhig und voller ernst, bevor er dann zum Haken an der Sache kam, "Aber wie soll es keiner bemerken? Es werden doch Fragen zu uns aufkommen?"

    "Du hast deinen Centurio gehört Optio Tiberius Verus." sagte Seneca zufrieden, immerhin griff der Optio bei seiner Einheit durch, auch wenn die Verfehlung nun keine allzu große war, die Strafe jedoch angemessen, "Wenn ich mich vorstellen darf, der Form halber, ich bin Tribunus Angusticlavius Aulus Iunius Seneca." bemerkte Seneca beiläufig und war auf die Reaktion gespannt..

    Seneca blickte die Männer nun etwas ernster an. Nicht dass er böse oder sauer war, er hatte einfach den Abstand zu den Mannschaften zu waren, wollte sich bewusst distanzieren, obwohl es ihm schwer fiel da er selbst den Rängen entsprang..
    "Da wo ich herkommen ist Entspannung etwas anderes. Leiser, vor allem." merkte Iunier an und schaute auf das aufgewühlte Wasser welches unruhig am Beckenrand brandete, "Wie ist dein Name Optio?"

    Seneca wollte gerade antworten als eine Horde Milites mit ihrem Optio hineinstürmte, und wirkte, als wären es übermütige Halbstarke in den Thermen Roms.
    Natürlich erwartete Seneca eine Ranggerechte Begrüßung, jedoch bemerkte er im selben Moment dass er gänzlich ohne Kleidung und folglich auch gänzlich ohne Rangmerkmale war.
    Also blickte er den Centurio an und schaute sich dann das Treiben erst einmal stumm an.

    "Ich bedauere deinen Verlust, auch wenn er höchst tugendhaft und ehrenvoll fiel." entgegnete Seneca und bekundete damit seine Anteilnahme, wenn auch recht militärisch..
    "Im Kampf muss ein Offizier schnell handeln. Es kommt nicht darauf an richtig oder falsch zu agieren, sondern der Situation mit Moral entgegenzutreten. Bewertungen im Nachhinein führen meist nur zu Schuldgefühlen Hadrianus." erklärte Seneca und verschwieg dass er selbst oft genug wach gelegen hatte, und sich gefragt hatte wie viele seiner Männer aufgrund seiner Entscheidungen umkamen..
    "Rückblickend betrachtet verlief für meine Centurie alles recht gut. Wir hatten einige Verluste bei der Überquerung des Flusses zu beklagen. Wir versuchten letztlich die Mauern Vicetias zu erstürmen um die Ballisten außer Gefecht zu setzten, verkeilten uns aber nach der Erklimmung so sehr im Gedränge auf der Mauer dass es nicht vor und nicht zurück ging, bis die Reserve letztlich ausblieb und wir uns eilig zurückzogen." ließ der Iunier die Schlacht nochmal Revue passieren und dachte an die Gefallenen, und auch die Verwundeten, welche teilweise den Dienst quittieren mussten, "Viele andere Centurien hatten weniger Glück, aber den Göttern sei Dank ist diese Zeit vorbei."

    "Nun, auch vor Salinator war ich bereits Teil der Garde.." entgegnete Seneca, auch wenn der Giftmord am Kaiser ebenfalls kein rühmliches Kapitel in der Vita der Prätorianer, und damit auch in seiner war, "Aber ich hoffe dass so etwas wie Vicetia nie mehr vorkommen wird. Ein grausames Schauspiel war dieser Bürgerkrieg." fasste Seneca zusammen und bemerkte die Narbe seines Gegenübers nur am Rande, immerhin hätte diese von sonst wo sein können, "Wie hat deine Einheit denn die Schlacht erlebt? Hattet ihr viele Verluste?" fragte der Iunier, denn jetzt im nachhinein konnte man ja mal darüber reden.

    "Das kann ich mir vorstellen, man hört ständig von kleineren oder auch größeren Übergriffen auf die Grenzposten." befand der Iunier und war eigentlich recht zufrieden damit nicht im kalten, feindlichen Germania dienen zu müssen..
    "Nun das erwarte ich auch, ich kann nur Leute empfehlen die auch den Ansprüchen genügen, schließlich ist ja auch mein Name im Spiel." scherzte Seneca schelmisch, obwohl es doch einen wahren Kern hatte, immerhin wollte er vor allem seinen Onkel nicht in Verlegenheit bringen..
    "Bei den Urbanern dient ich recht kurz, und nur als einfacher Soldat. Meine gesamte Offizierslaufbahn verbrachte ich bei der Garde, erst als Optio im normalen Wachdienst und Gardedienst, und später als Centurio auch mit einigen Missionen betraut welche eine gewisse Diskretion benötigten." erzählte Seneca und ging nicht ins Detail, geheim blieb geheim, und außerdem war die Salinator-Ära sowieso eine Zeit über die man ungern sprach..

    "Nun, bisher war ich immer in Rom, fern der Heimat in Hispania, aber im Kreise meiner Familie und..."..denen die ich liebe... aber das verschwieg der Tribun und fuhr einfach fort, "..meine Zeit hier ist sicherlich nicht so begrenzt wie du denkst. Es ist schon Glück dass ich Tribunus wurde, ich entstamme den einfach Rängen der Urbaner, und allein dem Zuspruch meines Patrons und meines Onkels welcher im Palast arbeitet, verhalf mir überhaupt in den Ritterstand." erklärte der Iunier und stellte somit klar dass dies keineswegs ein Teil einer politischen Karriere war, und er durchaus Erfahrung vorzuweisen hatte..
    "In Germanien also? Furchtbar frisch dort oben, ich war vor nicht allzu langer Zeit dort. Aber ich bin sicher dass die Garde einen fähigen Mann benötigen könnte. Wenn ich mich hier ein wenig eingelebt habe, und du mich überzeugen kannst, und davon gehe ich in ein wenig Vorschussvertrauen aus, kann ich ja mal sehen ob ich nicht eine Empfehlung nach Roma schicke, die Garde sucht stets die fähigsten Leute." machte er dem Mann ein wenig Hoffnung, immerhin kannte er tatsächlich die Tribuni und Silanus im Palast, welcher sich um derlei Angelegenheiten kümmerte.

    Nun plauderten sie also doch! Seneca blickte auf und suchte den Blick den Offiziers während er seine Lippen abwägend hin und her bewegte..
    "Nun, es ist etwas lebendiger in Roma, aber welche Stadt könnte schon mit Rom mithalten?" fragte er etwas rhetorisch, denn kaum eine Stadt reicht auch nur annähernd an die Größe Roms heran, "Aber die Männer scheinen fähig, die Legio in einem guten Zustand, und es ist weniger die Stadt sondern die Menschen die ich vermissen, wie das immer so ist." fuhr er fort und grinste kurz, denn als Soldat kannte der Hadrianus sicher seine Probleme, "Du hast schon immer bei der ersten gedient Centurio?" fragte Seneca dann um nicht immer nur über sich selbst zu plaudern..

    Es waren nun einige Tage ins Land gezogen seitdem Seneca seinen Dienst hier in Mantua angetreten hatte, und auch wenn es nicht ganz so schlimm und öde war wie er es befürchtet hatte, war es doch auch nicht annähernd zu schillernd und unterhaltsam wie Roma, zweifelsohne die Perle des Imperiums.
    Vieles fehlte ihm, sein Onkel Silanus, Axilla, sein Cousin Avianus bei den Prätorianern, ach, seine ganze Centurie fehlte ihm, auch wenn sie ein Sauhaufen innerhalb einer Elite-Einheit waren, er hatte sie doch gerne geführt.
    Doch am meisten fehlte ihm Seiana, und seine Tochter, obwohl er sie schon lange nicht mehr gesehen hatte, hatte er doch oft an sie gedacht, und er hoffte dass ein heißes Bad zumindest ein wenig Platz im Kopf schaffen würde.
    Nachdem er sich also seiner Kleidung entledigt hatte, ließ er sich ins Wasser gleiten, und bemerkte erst kurz darauf dass ein bekanntes Gesicht ebenfalls den Weg hierher gefunden hatte..
    "Centurio Hadrianus." grüßte er den ihm noch recht unbekannten Mann, und erst einmal keinerlei Anstalten weitere Worte mit ihm zu tauschen, sondern seufzte erst einmal vor sich hin während er etwas nachdenklich auf die Wasseroberfläche starrte..

    "Deine Loyalität in allen Ehren Centurio, Verfehlungen dieser Art sind in der Armee nicht zu tolerieren." gab Seneca zähneknirschend zurück, und gab dem wankenden Centurio dann einen kleinen Tipp, der ihm zumindest eine Menge Ärger mit der ganz oberen Etage ersparen würde..
    "Bald werden einige Männer hier sein die jeden in Gewahrsam nehmen der sich noch innerhalb dieser Mauern befindet." erklärte der Iunier während mittlerweile die meisten Akteure entweder sich windend auf dem Boden befanden, oder sich so eng verkeilt hatten, dass es weder vor noch zurück ging, "Also wenn du dir und deinen Männer einen Gefallen tun willst, dann schaff sie hier raus, ich weiß ja nicht wie das hier gehandelt wird, aber bei den Prätorianern hätten wir bitter für sowas büßen müssen."

    Sim-Off:

    :D


    Seneca konnte kaum fassen was er hier gerade zu sehen bekam, scheinbar hörte die Zivilisation in Richtung Norden schon kurz hinter Rom auf zu existieren und er war unwissenderweise schon längst im Land der Barbaren angekommen, und nun offensichtlich auch noch mitten im Geschehen..
    "Centurio, dieses Verhalten ist ungeheuerlich, ich verlange sofort eine Erklärung!" entgegnete der Iunier ungeachtet dessen dass sein Offizier ihn gerade vor einer Menge Kopfschmerz bewahrt hatte, kurz bevor er darauf hingewiesen wurde dass sein Scriba offenbar in einem hitzigen Gefecht war..
    "Vitamalacus!" entfuhr es Seneca während er nun selbst einen der Angreifer von seinem Schreiberling hinunterzerrte, und dieser ihn ängstlich anblickte, "Geh sofort zum Castellum und hol einige Männer, los!" brüllte der Iunier den Mann an und wandte sich dann wieder dem Centurio zu, welcher offensichtlich eins, zwei, drei, gefühlt, dutzend Becher Wein zu viel intus hatte, und sich scheinbar von einem Stabsoffizier nicht beeindrucken ließ.