"Und doch schaffen wir es immer wieder uns durchzukämpfen.", entgegnete Seneca und versuchte nun seltsamerweise seine Cousine aufzuheitern..
"Nein... Nein das kann nicht jeder.", antwortete Seneca mit einem angedeuteten Lächeln, auch bei ihm wollte sich die Laune nicht wirklich heben, zu viel lag im Unklaren, einen Zustand den Seneca hasste..
"Das ist lieb von dir Axilla, wer weiß wann ich das nächste Mal was richtiges zu Essen bekomme..", fuhr er fort, und dachte schon wieder an das Säbelrasseln welches den kommenden Krieg ankündigte, aber lohnte nicht davon zu sprechen, und so würden sich beide wohl um ihre Probleme kreisend Gesellschaft leisten, auch wenn keiner so wirklich wusste, mit was sich der Andere rumschlägt..
Beiträge von Aulus Iunius Seneca
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Seneca saß einfach nur dort, starrte ins leere, manch einer hätte meinen können dass er weggetreten wäre, aber in seinem Kopf rasten die Gedanken. Viel zu viel war geschehen in letzter Zeit, Wahrheiten kamen ans Licht, freudige Ereignisse, viele schreckliche, und natürlich sie.
Er blickte einfach nur in die Ferne, welche bereits an der nicht allzu weit entfernen Wand in der Barracke endete.
Seine Cousine, Axilla, hatte ein Kind zur Welt gebracht, einen Pompeius, aber dennoch schien der Kleine ein echter Iunier zu sein, zumindest schien Seneca schon die ein oder anderen Züge erkannt zu haben. Doch was er nicht überwinden konnte, war das pochen des Gewissens in seinem Kopf welches ihn immer schmerzlich daran erinnerte, dass er nicht öfters für seine Cousine da war, sowie es sich eigentlich für den einzigen männlichen Iunier in Rom gehört hätte. Auf der anderen Seite hatte er endlich einmal ein wenig Zeit mit seiner anderen Cousine Serrana verbracht, ihren Nachwuchs kennengelernt, mit seiner Rüstung ordentlich Eindruck geschunden, und die familiären Bande gestärkt.
All das wurde von den Ereignissen der Zeit überschattet. Die Prätorianer hatten versagt, der Kaiser wurde ermordet, und ein kollektives Schuldgefühl war im Lager zu spüren, vor allem aber bei den bemitleidenswerten Kameraden welche Wachdienst an der kaiserlichen Villa hatten. Salinator hatte sich auf den Thron gesetzt, ob legitim oder nicht, darüber spalteten sich im Lager die Gemüter, alles schien unklar zu sein in diesen Tagen, die Zukunft, welche man vorher zumindest erahnen konnte, schien verhüllt, alles war wage, und unsicher, einen Zustand den gerade die Prätorianer hassten.
Ein Krieg drohte, kein "normaler" Krieg, bei denen es das Imperium zu verteidigen galt gegen irgendwelche Barbaren aus dem Norden oder dem Osten, sondern ein Krieg in welchem Brüder gegeneinander kämpfen würden, Römer sich gegenseitig töten würden, und das Schicksal des Imperiums entscheiden würden, und die Prätorianer würden das letzte Bollwerk Roms sein, und für einen Kaiser kämpfen welchen sie selbst nicht zu hundert Prozent unterstützten.
Senecas Augen verharrten immer noch an der gleichen Stelle wie vorher, er war erstarrt während um ihm herum das rege Treiben seinen Lauf nahm, wie an jedem Tag im Castellum. Seite um Seite arbeitete er seine Geschichte durch, vor seinem inneren Auge erschienen die Gesichter welche ihn in den letzten Wochen und Monaten begleitet hatten, die Senatoren welche er festgenommen hatte, ihre Gesichter nachdem sie im Carcer saßen, kaum als dieselben Personen zu erkennen, seine Cousinen, Axillas strahlen im Beisein ihres Sohnes, Serranas besorgter Blick als er ihr riet die Stadt zu verlassen, und natürlich sie.
Seiana, wäre er nicht in seiner eigenen Stille gefangen gewesen, wäre ihm wohl ein dümmliches Grinsen über das Gesicht gehuscht während sie sich wie so oft in seinen Gedanken aufhielt. Er hatte nichts vergessen, ihren Geruch, ihre Stimme, ihr Blick, alles war da, alles war präsent, und doch schmerzte der Gedanke an sie, er vermisste sie, hatte Sehnsucht, und trotzdem waren die Erinnerungen an sie noch gegenwärtig genug um eine Menge positive Emotionen mitschwingen zu lassen.
Und so saß er dort, weiterhin still, weiterhin starr, bis eine anfangs leise Stimme immer lauter wurde, und in aus seinen Gedanken riss.."Optio?... Optio!", Seneca blickte den Miles emotionslos an, "Optio, du wirst auf dem Exerzierplatz erwartet.",
Seneca rang sich ein leichtes Lächeln ab, nickte und erhob sich, "Ist gut, danke Miles.", der Mann nahm Haltung an, Seneca verließ die Barracke, doch seine Erinnerungen nahm er mit.. -
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"Ich verstehe, es ist schon gut.", sagte Seneca erhob sich und knuffte seine Cousine kurz in die Seite, "Wir haben es nicht gerade einfach oder?", scherzte Seneca, was blieb den Beiden noch übrig als über ihre vermeintlichen Probleme zu Lachen? Als sie dann fragte ob er zum Essen bleiben würde, nutzte Seneca die Vorlage für einen weiteren Scherz, "Kommt ganz drauf an ob du selbst kochst, oder kochen lässt.", witzelte Seneca. Eigentlich war ihm nicht zum Lachen zumute, und immer wieder pochten Erinnerungen an Seiana in seinem Kopf, aber das half ihm nicht, und das half seiner Cousine nicht, sodass er es einfach zur Seite schob.
"Ich bleibe gerne zum Essen, es ist wohl alles besser als den Fraß der bei uns in der Castra auf den Tisch kommt." -
Seneca wusste nicht so recht ob er Lachen oder Weinen sollte, wer war dieses Mädchen, diese Vestalin welche einfach mal so vorbeispazierte und der kaiserlichen Garde, der besten Einheit im Reich, so sagt man zumindest, Befehle erteilte?
"Der Dienst beinhaltet jedenfalls nicht eindeutig schuldige Männer einfach laufen zu lassen.", konterte Seneca ihrer sehr einseitigen Aussage, bevor er Zeuge eines altbekannten, weiblichen Phänomens wurde. Ihre Stimmung kippte ins Gegenteil um, und das Blut auf ihrer Kleidung war wohl nur einer von den vielen möglichen Impulsen welche diese Reaktion hätten auslösen können. Als sie dem Mann mit dem Tod bedrohte, und dann auch noch so "ausdrücklich", war die Verwirrung komplett. Der Iunier blickte seine Männer an, und deutete mit seinem rechten Mundwinkel ein Grinsen an, bevor er sich wieder an die Priesterin wand, "Ja...", antwortete ihr in einem etwas ironischen Tonfall, "Wir hatten sowieso vor ihn mitzunehmen.", ergänzte Seneca und blickte den Mann an, "Du hast in der Hand wie das abläuft, bist du kooperativ wirds nicht ganz so unangenehm, machst du so weiter werden die Götter dir hoffentlich gnädig sein.", harschte Seneca den Kerl an und bemerkte erst hinterher die Ironie, schließlich stand ja gerade eine Frau im Dienste der Götter vor ihnen.. -
Jetzt stand sie da, und wiederholte wie so oft das Credo der Iunier. Das man nicht zurückweicht, alles erträgt und stets Standhaft bleibt. Und auch Seneca lebte mit diesen Vorsätzen, er kannte es ja auch nicht anders, aber wenn sie unter sich waren, alleine, so hätte man Schwäche zeigen können, es bemerkte ja keiner, außer den Iunii selbst,
"Ich weiß dass du alles ertragen kannst, aber wir sind eine Familie, in unseren Adern fließt das gleiche alte Blut Axilla, vor mir musst du keine Geheimnisse haben.", sagte Seneca welcher immer noch saß, "Aber ich will dich nicht drängen, heute wurden schon so schwere Wahrheiten aufgedeckt, aber eine weitere könnte mich nicht mehr beeindrucken.", scherzte er noch ein wenig ironisch, schließlich war ihm noch immer nicht wirklich nach Lachen zumute, aber wer wusste schon wann er Axilla wiedersehen würde? Der Krieg zog bedrohlich am Horizont auf und Seneca wusste nicht wie viel Zeit noch blieb bevor es losgehen würde.. -
Seneca musste sich ein kurzes Lachen bei der knappen und trockenen Antwort seines Miles schon verkneifen, immerhin hatten wohl die meisten Anwesenden schlimmeres erlebt, er schaute den Soldaten kurz an, und wandte sich dann an die Vestalin, "Wir führen hier nur unseren Dienst aus, dieser Mann hetzt gegen den Kaiser, beschmiert die Wände mit reißerischen Parolen, wir waren noch sehr milde mit ihm.", erklärte der Iunier der jungen Priesterin, während seine Männer den Kerl weiter festhielten..
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Seneca wusste nicht so genau wie er mit der Umarmung seiner Cousine umgehen sollte, es war ungewohnt dass sie ihn tröstete, er war immer derjenige der sie hatte trösten müssen, und er fühlte sich recht wohl in dieser Rolle, dass es nun umgekehrt war, war seltsam, nicht unangenehm, aber einfach neu.
Zaghaft blickte er sie an, und strich dann kurz über ihre Haare, nur um ihr zu zeigen dass er ihr zuhörte. Aber ihre Worte, woher sollte sie das wissen? Gab es jemanden bevor er in Rom eintraf? Oder war es dieser Kerl der sich in den Tod gestürzt hatte? Letztlich hatte sie selten wirklich gut über ihn gesprochen, weswegen er das schon einmal ausschloss, irgendwas lag da im Argen, aber sie wollte nicht so recht mit der Sprache rausrücken. Für einen kurzen Moment übertünchte dieses vermeintliche Geheimnis seine eigenen Sorgen, und als ihre Stimme wegbrach, wurde sein Verdacht nur noch verstärkt, sodass er sie erst einmal aussprechen ließ, dann aber selbst das Wort ergriff, "Ich war glücklich Axilla, und wie glücklich ich war, alles an ihr war...Wenn du sie richtig kennen würdest...", es brachte nichts sich weiter zu rechtfertigen, sie würden sich nur im Kreis drehen, "Ich werde zurecht kommen, ich muss. Aber was ist mit dir? Du hast doch nicht nur so viel Mitgefühl mit mir sodass du mehr leidest als ich oder?", fragte Seneca gerade heraus, es wurmte ihn immer wenn er etwas nicht wusste, und gerade wenn es seine Cousine belastete wollte er die Wahrheit kennen, auch wenn das wieder bedeutete seine eigenen Probleme zurückzustellen, so sah er das als seine Pflicht an. -
Aus dem Kerl war scheinbar nicht viel rauszuholen, zumindest nicht jetzt jetzt... Als sein Blut zu Senecas Füßen landete, blickte kurz hinunter, aber es kümmerte ihn nicht weiter, er hatte schon schlimmeres gesehen.
"Wie ist dein Name? Antworte gefälligst!", sagte er harsch, und hätte ihm am liebsten das dümmliche Grinsen aus dem Gesicht gezaubert, aber soweit war es noch nicht gekommen, ein wenig Menschlichkeit steckte noch unter der Rüstung, und außerdem kam natürlich ausgerechnet in diesem Moment eine Vestalin vorbei, und natürlich musste diese auch noch stehen bleiben, denkbar ungünstig für weitere Handlungen..
Seneca wandte sich kurz ab und blickte sie an, eine seltsame Konstellation, er, blutbefleckt, mit einer Meute Soldaten. Vor ihm ein ramponierter Kerl, welchem ein recht unschönes Schicksal blühte, und eine junge Vestalin, welche zu einem wirklich unpassenden Zeitpunkt vorbeikam und welche auch noch stehen blieb.
Wortlos blickte der Iunier sie an, er wusste auch nicht so recht was er hätte sonst tun sollen.. -
Erneut verwirrte Axilla ihren Cousin, aber Seneca beschloss sie später nochmal darauf anzusprechen, letztendlich brachte es wohl niemanden weiter, hier aneinander vorbei zu sprechen, und über zwei Dinge gleichzeitig zu reden, aber aufgeschoben war nicht aufgehoben, er machte sich innerlich eine Notiz, aber dann kam sie wieder auf Seiana zu sprechen..
"Ich wünschte du könntest mich verstehen Axilla, das wünschte ich wirklich...", entgegnete ihr Seneca und wusste nicht so recht was er mit seinen Händen anfangen sollte, "Und ich weiß auch nicht wie das weitergehen soll, aber ich kann sie nicht einfach vergessen, ich weiß du willst mich beschützen Axilla, und ich danke dir dafür, aber ich weiß was ich tue, wer könnte Geheimnisse besser verbergen als ein Prätorianer? Ich habe diese Tugenden verinnerlicht, und sie hat viel mehr zu verlieren, tu mir einen Gefallen, und sprich sie niemals darauf an Axilla, niemals..", forderte er, denn letztlich wusste schon wieder eine Person zu viel von ihnen, auch wenn es die Person war welche ihm am nächsten stand, so hatte sich das Risiko erhöht, und die Folgen waren nicht absehbar, "Sie ist nicht so wie du denkst Axilla, aber das ist auch nicht wichtig, ich wollte es dir nur erzählen, weil ich dir vertraue, du musst versuchen es für dich zu behalten..", sagte er nun deutlich ruhiger, und ließ sich wieder in seine Sitzgelegenheit fallen, wo sein Blick direkt wieder auf den Boden fiel.. -
Er stand vor der Villa und plötzlich öffnete sich die Türe und da war sie. Sie kam heraus, und er wusste dass es nun galt, er musste sich jetzt zusammenreißen. Sie kam auf ihn zu und blieb in einiger Entfernung stehen, es waren wohl nur eine Armlänge, vielleicht ein wenig mehr, aber es wirkte doch als würde der Rhenus vor ihren Füßen fließen. Ihre Worte klangen gleichsam kühl und belanglos, aber es war ihre Stimme welche er genoss, und doch musste er sich bemühen ebenfalls so neutral wie möglich zu wirken..
"Ich habe für die Gastfreundschaft zu danken.", sagte Seneca ernst, während er ihr allerdings tief in die Augen blickte, und einen seiner Mundwinkel leicht zu einem Lächeln deutete.
Ihr nächster Schritt überraschte ihn allerdings, er war so gar nicht dass was er von ihr, oder besser gesagt von ihrer Maske erwartet hatte. Die Sklaven gingen hinein, sie kam näher, Seneca ging einen Schritt auf sie zu, immer noch etwas unterkühlt, immer bereit seine eigene Fassade wieder hochzuziehen, und sich wieder in seinem Panzer einzuigeln.
Dann sprach sie seinen Namen aus, seine Fassade bröckelte, spätestens als sie seine Wange berührte schloss er seine Augen, und griff nach ihrer Hand, welche auf seiner Wange lag, "Seiana.", sagte er leise, "Mach dir keine Sorgen um mich.", er blickte ihr tief in die Augen, "Ich vergesse dich nicht, du wirst von mir hören.", ein letztes Mal küsste er sie, ein letztes Mal, hoffentlich nicht zum allerletzten Mal, schmeckte er ihre Lippen.
"Du solltest jetzt wohl reingehen.", sprach er nochmals voller bedauern, während er sich langsam von ihr löste. Er zog sich die schwarze Kapuze seines Umhangs tief ins Gesicht, sodass bis zu seinem Mund nur noch ein Schatten auf seine Mine fiel, was wohl auch besser war, er wollte nicht dass sie seinen Blick so sieht. Noch einmal rang er sich ein Lächeln ab, schwang sich auf sein Pferd, und ritt los, ohne zurückzusehen, aber mit ihr in seinen Gedanken. -
Seneca hielt es nun nicht mehr im Sitz, auch er erhob sich, unruhig, weniger wütend auf seine Cousine als auf die ganze Situation, weil er nicht gut darin war mit so etwas umzugehen, er konnte Männer in Schlachten und Missionen kommandieren, aber seine Gefühle zu erötern, sie Verteidigen? Das war nicht sein Element. Aber zunächst sagte Axilla etwas, was ihn völlig verwirrte, wortlos legte er seinen Kopf schief, aber bevor er nachhaken konnte, schimpfte Axilla bereits weiter..
"Was weiß denn ich ob sie es weiß? Ich denke schon, wir sind uns der Situation bewusst Axilla, ich werde nicht um sie werben, aber ich kann sie nicht vergessen.. Es geht einfach nicht!", und sie sprach weiter, also sprach auch er weiter, "Sie wird nichts erzählen, sie hat doch viel mehr zu verlieren. Ich bin ein guter Soldat, verdammt nochmal, ich mache keinen Fehler, aber sie und ich das war etwas besonderes Axilla..", er lächelte kurz und sprach weiter, ruhiger, resignierend, "Es war anders mit ihr, ich war glücklich verstehst du? Ich weiß doch wie hoffnungslos das ist, aber ich kann nichts dagegen tun..", dann kam er nochmal auf Axilla zurück, "Aber was meinst du damit, du wärst nicht mehr in Rom?", fragte er sie, teilweise wohl auch um das Thema abzulenken, aber auch weil er ahnte, dass da was im Busch war.. -
"Das kann ich nicht Axilla!", entgegnete ihr Seneca, er bemühte sich weiterhin leise zu sprechen, doch würde er sich selbst nicht der nötigen Diskretion bewusst sein, wäre es wohl deutlich lauter geworden..
"Ehrlich gesagt glaube ich dass ich sie besser kenne!", antwortete er nun wild gestikulierend, "Und ich weiß nicht wie es gehen soll verdammt! Aber hätte ich dich belügen sollen? Was wenn du es irgendwann durch Zufall erfahren hättest, wäre das besser gewesen?", er wollte sich eigentlich zurückhalten, die Situation nicht eskalieren lassen, aber dafür war es wohl zu spät..
Sie stand auf, lief herum, auch Seneca wurde unruhiger, "Glaubst du sie hat ihn aus Liebe geheiratet?", entgegnete er ihr energisch, er kannte ja schließlich alle Zusammenhänge aus erster Hand, und auch wenn sie wohl ein wenig älter war, vielleicht ein paar Sommer, so war das seine geringste Sorge, "Ich weiß nicht was du machen sollst, aber was soll ich denn machen? Ich brauche dich..", Seneca wusste ebenfalls nicht so recht wie er die Situation jetzt retten könnte, aber sein Mundwerk war sowieso wieder schneller, "Ich bin mir der Gefahr bewusst, aber ich kann nicht... Ich kann sie nicht einfach so vergessen.." -
Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte gedacht dass sie nun ihr Temperament entfacht, ihre Wut rauslässt, ihn anschreit, wenn nicht mehr, aber es geschah fast nichts, und das war das schlimmste. Seneca blickte seine Cousine an, ernst, aber dennoch wollte er es einfach nicht bereuen,
"Axilla, es ist einfach geschehen, wenn du sie erst kennen würdest du...", er stockte, denn es war wohl ein denkbar schlechter Zeitpunkt zum Schwärmen, "Ich hätte es dir nicht sagen sollen, aber wen sonst habe ich zum Reden?", sagte er resignierend, er wusste dass er seine Cousine geschockt hat, verletzt hat, und das die Iunier und die Decimer nicht viel verband, abgesehen davon dass diese Faktoren wohl sowieso nie eine Rolle spielen würde..
"Ich wollte dich nicht enttäuschen, aber ich, naja du weißt doch wie das mit den Gefühlen ist..", ihr Schweigen war unerträglich, weswegen Seneca die Stille mit Worten zu füllen suchte, aber er fand keine, und fuhr sich stattdessen mit der Hand über die Stirn, atmete tief ein, und war zumindest froh dass die Katze schon mal aus dem Sack war. -
Er schloss die Türe hinter sich, wie das Tor zu ihrer eigenen Welt schloss sie sich leise, und nun stand er einsam und alleine auf dem Flur. Kurz atmete er tief ein und einmal wieder aus. Dann ging er langsam in sein Zimmer, und ohne umschweife begann er auch gleich sich komplett einzukleiden.
Das schwarz der Prätorianer übertünchte wieder seine einfach Tunika, ein Umhang, welcher ihn vor der Kälte und dem Staub schützte, Teile seiner Rüstung, denn in diesen Zeiten wusste man nie wer da wo auf einen lauerte und natürlich sein Gladius. Ein Panzer, welcher Schutz vor Gefahren bot, aber welcher ihm nun auch half seinen Gemütszustand zu verbergen.
Gänzlich eingekleidet, seine Habseligkeiten verpackt, machte sich Seneca auf zu seinem Pferd, er wurde bei seiner Einheit erwartet, aber er würde sie mitnehmen, zumindest in seinen Gedanken.Wenig später.
Ohne großes Aufsehen zu erregen, verließ Seneca sein Zimmer, er fühlte eine innere Leere, noch fühlte er keinen Schmerz, nur dass etwas fehlte war ihm völlig bewusst, während er sich an den Geschmack ihrer Lippen erinnerte. Er sagte fast kein Wort zu den Sklaven und ließ sich ohne umschweife zu seinem Pferd bringen, verstaute seine Sachen, richtete sich noch einmal den Umhang.
Jetzt war er da der Moment des Abschieds, und er musste so tun als ob sie sich kaum kennen würden, müsste ihr versichern dass er einen umfassenden Bericht abgeben würde, ihr für die Bewirtung danken, und dann einfach davonreiten, als hätten sie nie etwas so vollkommenes geteilt, und als hätte es diese Nacht nie gegeben.
Unruhig wartete Seneca vor dem Landsitz, immer wieder beruhigte er sein Pferd, obwohl er selbst eigentlich beruhigenden Zuspruch benötigt hätte und nicht der Gaul, welcher wie in Fels in der Brandung einfach nur da stand.
Würde sie sich überhaupt verabschieden? Letztlich stand ja auch sie vor der gleichen Aufgabe wie er, alles zu verbergen, sich wieder hinter die Maske zu flüchten, welche sie zuvor noch abgelegt hatte. Er war gespannt, konzentriert, und bedrückt zugleich. -
Seneca nickte ernst als Axilla ihm das Versprechen abgab, sicher, sie hatte ihm ein monumentales Geheimnis erzählt, aber er wollte einfach nur für sich hören dass sie ihm versprach es niemandem zu erzählen, um sein eigenes Gewissen zu beruhigen.
"Es ist Seiana.", sagte Seneca knapp ohne seine Cousine auch nur ansatzweise anzuschauen, konsequent auf seine Füße starrend, "Decima Seiana.", Seneca lächelte kurz als er ihren Namen erwähnte, verkniff es sich allerdings schnell wieder, sodass es wohl mehr ein Schnauben als ein Lächeln war... "Ich weiß dass du mir jetzt den Kopf abreißen willst Axilla, aber so verrückt es auch klingt, es schien richtig, ich bereue es nicht, irgendwie...", versuchte er sich noch zu erklären, wappnete sich aber innerlich bereits für den Sturm.. -
Ein letztes Mal schloss er die Augen und ließ sie auf ihn wirken. Ein letztes Mal, wohl für eine lange Zeit, oder aber auch zum allerletzten mal, was er nicht hoffte, was er gar fürchtete. Ihr Kopf auf seiner Schulter, dieses vertraute, diese Wärme, all das schien sich ihm langsam zu entziehen, so sehr er sich innerlich auch dagegen wehrte.
Sie entfernte sich von ihm, erhob sich, und er schaute sie nur an, und ließ alles über sich ergehen. In diesem Moment war sie kaum mehr auszumachen, seine Hoffnung, und doch war er Jemand der sie schnell wieder entflammen konnte, sobald er wieder ins Grübeln geriete, oder ins Schwärmen, was ihr wohl gerechter wäre.
"Sicher.", sagte er leise, und griff nochmal sanft nach ihrer Hand, während auch er sich langsam erhob. Noch einmal küsste er sie, ganz zart, noch einmal sah er ihr in die Augen. Dann streifte er sich seine Tunika über, immer noch fiel es ihm schwer sie nicht anzusehen, aber er wusste gleich würde der Moment kommen in der er keine andere Wahl mehr hatte. Stumm stand er im Zimmer, blickte sie an, zwang sich ein leichtes Lächeln ab, fuhr ihr noch einmal ganz kurz über die Wange.
Dann ging er zur Tür, ergriff sie, stockte noch einmal kurz um sie sich noch einmal anzuschauen.
"Irgendwie...", sagte er leise, öffnete sachte die Tür, warf einen prüfenden Blick auf den Flur, und schlich dann in sein Zimmer... -
Ihre Worte, ihre Berührungen, alles an ihr machte ihn glücklich. Auch wenn sie es vermutlich nur aus der Situation heraus sagte, es war der Grashalm den er gesucht hatte, dieses kleine Leuchtfeuer was er brauchte.
Er küsste sie, berührte sie, nahm alles genau auf, ihr Blick, ihre Lippen, ihren Atem. Er lächelte ein wenig als er so über ihr lag, sie anblickte, innerlich waren ihnen wohl die Ausmaße ihrer Liebschaft noch gar nicht eindeutig bewusst, aber was sollte es schon, wo der Wille ist, da ist auch ein Weg. Senecas Vater sagte einst, dass alles was verloren werden auch gewonnen werden kann, getrenntes wieder zusammengefügt, etwas kaputtes wieder repariert werden kann, ein Credo welches Seneca schon oft Mut gemacht hat, vielleicht war er gar nicht mal tapferer als andere Soldaten und ist deshalb zu den Prätorianern gekommen, vielleicht war es einfach sein bedingungsloser Optimismus, sein Glaube dass auch die kleinste Chance ergriffen werden müsste, aber es passte wohl nicht zur Situation von seinem Vater zu erzählen, hier gab es nur sie und ihn, und leider die Zeit die wie Wasser zwischen seinen Fingern zu zerrinnen schien.
"Irgendwie...", hauchte er ihr ins Ohr bevor er sie sanft am Hals küsste, bevor er sie weiter liebte.
Als sie ihn nach der verbleibenden Zeit fragte, wurde Seneca stiller, er blickte kurz nach Draußen, eigentlich wollte er seinen Blick nicht von ihr abwenden, aber die Sonne schien richtend am Himmel zu stehen, und war bereit ihr Urteil zu fällen. Er blickte sie wieder an, ernüchternd, mit einem Blick der wohl nicht falsch zu verstehen war, seine Einheit erwartete ihn bald wieder in Rom, auch wenn sein Herz wohl vor den Toren der Stadt zurückbleiben würde..
"Es.. Es ist bald soweit.", antwortete Seneca ihr leise, fast schon resignierend, denn nun würde die erste Prüfung bald schon bevorstehen, die Zeichen für sie standen schlecht, aber wie sagte schon sein Vater? Alles was verloren werden kann, kann auch gewonnen werden... -
Endlich mal wieder ein wenig Beschäftigung, der Wachdienst war langweilig genug gewesen, sodass eine Hausdurchsuchung, so seltsam das auch klingen mag, eine willkommene Abwechslung darstellte.
Seneca hörte den Befehlen des Tribunus zu, eine Ehre dass er seine Truppe ausgewählt hatte, scheinbar steckte doch was bestimmtes hinter dem Befehl zum Wachdienst, aber dafür war nun keine Zeit. Auch er zog seinen Helm nochmal fest, und sagte dann nur knapp,
"Zu Befehl Tribunus.", dann nahm er seine zehn Pappenheimer und gab eindeutige Handzeichen, auf welche sie zum Hinterausgang rückten, wo sie warteten, vielleicht würden die Kameraden vorne ja ohne Umschweife hereingelassen, andererseits, würden sie die Tür so oder so öffnen müssen, also kann man es auch gleich selbst machen, weswegen sie nur noch auf den Zugriff an der Vordertür warteten.. -
Als sie seinen Namen sagte, erwartete er so viel. Viele schöne Worte aus ihrem Mund, aus ihrem Herzen, aber es folgte nichts. Nichts was ihm hätte Hoffnung machen können, nichts was ihm sein Leiden hätte erträglicher wirken lassen nur eine unerträgliche Stille, die schon alles aussagte was er erwartet hatte. Er war hin und her gerissen, sicher war es viel verlangt, zu viel, für einen Soldaten lohnt es sich für die Ehre und das Vaterland zu kämpfen, für einen Prätorianer für den Kaiser, aber für Menschen? Was blieb ihnen übrig als für das zu kämpfen was sie liebten, für das was ihnen wirklich etwas bedeutete? Seneca lebte nun in Gestalt aller drei Personen, kämpfte, aber die größte Schlacht würde er wohl ohne Schild und Schwert schlagen müssen.
Sie kam ihm wieder näher, so nahe wie letzte Nacht, zuerst versuchten Senecas Melancholie und seine Trauer noch Widerstand zu leisten, aber dieser war schnell gebrochen, er liebte sie erneut, küsste sie mit unbändiger Leidenschaft, berührte sie, spürte sie, und schien der Zeit wieder einiges gestohlen zu haben, weiterhin auf der Flucht vor der Welt, vor dem was unausweichlich schien..
Und wieder wurde der Moment des Abschieds verschoben, diese Szene welche Seneca schon im Kopf durchgespielt hatte, er würde sich anziehen, sein Pferd satteln, die Sklaven wären wach, in einem unbeobachteten Moment würde er sie noch einmal küssen, und dann davonreiten, nicht zurücksehen, aber in Gedanken immer noch bei ihr sein. Doch je mehr sie sich an ihn schmiegte, je mehr er sie spürte umso bewusster wurde ihm dass sie nun noch hier waren, dass sie in diesem Moment nur ihm gehörte, er schaute sie an, und ließ sich gänzlich auf sie ein.