Beeindruckt beobachtete sie Aretas bei der Arbeit, wie geschickt er die Balken bearbeitete. Das war nicht das Handwerk eines Tischlers, woher wußte er, wie man das machen musste? Chio half unterdessen so gut sie konnte, sortierte Steine und Ziegel, reichte ihm die Latten, fegte zwischendurch den Dreck weg. Die Zeit verging eher schweigsam. Jeder hing seinen Gedanken nach. Sie sollte ihm bis morgen Zeit geben. Im Grunde wußte sie, er hatte sich schon entschieden. Wenn sie ehrlich war, es gab keine andere Möglichkeit. Dieser seltsame Mensch hatte dafür gesorgt, vor ihm mussten sie sich in Acht nehmen. Seufzend kehrte sie die Überreste eines Ziegels zusammen, der Aretas ausgekommen war. "Du musst vorsichtiger sein, wir haben nicht so viele." Wann immer es ging, suchte Chio seine Nähe. Bald würde er gehen und sie alleine sein. Wielange dauerte so eine Dienstzeit in der Legion. Chio wußte nichts darüber, es gab nie Grund, sich dafür zu interessieren. "Die Dienstzeit in der Legion, wielange muß man sich dort verpflichten?" Eine eher beiläufig gestellte Frage, trotzdem hatte sie Angst vor der Antwort.
Beiträge von Chiomara Minor
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Irgendwie musste sie sich ablenken. Heute war der Tag, an dem Aretas zur Legion ging. Sie sah sich um, wünschte sich, er würde zurückkommen. Konzentrier dich.. Gemüse, Obst ... Wieder ein Blick durch die Straßen, während sie zum Markt ging. Honig, sie brauchte Honig für Aretas. Oder auch nicht. Egal, sie wußte ja nicht, wann er wiederkommen würde, und dann hätte sie welchen. Und einen Becher. Einer war ihr heute morgen aus der Hand gefallen, als es an der Tür klopfte. Wobei, hämmern mußte man das eher nennen als klopfen. Der Schreck war ihr in die Glieder gefahren. Aretas war schließlich auf dem Weg zur Legion. Wenn man ihn nun erkannte? Oder er seine Geschichte nicht glaubwürdig rüberbrachte. Zum Glück war es dann doch nur der Nachbarsjunge.
Der Markt war erreicht, die ersten Einkäufe schnell erledigt. An einem Stand mit Schmuck blieb sie stehen. Richtigen Schmuck hatte sie noch nie besessen. Nicht solchen, der so wundervoll in der Sonne glänzte, mit Steinen, die glitzernd bunte Lichter auf die Planen der Stände warfen. Da war so einiges, das ihr gefallen würde. Vielleicht, wenn tatsächlich alles gutging, konnten sie sich eines Tages auch so etwas leisten. Noch reichte ihr Geld gerade für das Nötigste.
Chio ging weiter. Stoffe, Gewürze... darauf musste sie verzichten. Ein Becher, der günstigste wanderte in ihren Korb. Wieder kam sie an den Stand mit dem Schmuck. Sehnsüchtig lag ihr Blick auf einigen Stücken. Dabei trug sie das kostbarste Schmuckstück schon an ihrem Handgelenk.
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Chio nickte freundlich. Überlegte, ob sie dem Gast etwas anbieten sollte. Da er aber ohnehin wenig für Freundlichkeiten übrig zu haben schien, ließ sie es. Seinen Worten nach wollte er Aretas sicher eine Stelle anbieten. Das wäre großartig. Wenn die Bezahlung stimmen würde, dann wäre das Thema Legion vom Tisch. Seiner Kleidung nach war er nicht arm, allerdings gefiel ihr nicht, wie abschätzig er sich in ihrem Haus umsah.
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Es war warm, weich, genießerisch schmiegte sie sich an seine Brust. Die Culina? Chio öffnete überrascht die Augen. Draussen wurde es allmählich Morgen, im Dämmerlicht konnte sie erkennen, dass sie wieder im Bett lag, in Aretas Armen. Er musste sie zurückgeholt haben. Sein Versprechen... vielleicht sollte sie ihm einfach mehr vertrauen. Vorsichtig setzte sie sich auf, sah ihm beim Schlafen zu, strich mit sanften Fingern liebevoll über seine Wange. Wenn wir doch nur wirklich frei sein könnten...
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Aufgewühlt lag sie neben ihm. Ein Moment größter Verletzlichkeit.. Er hatte verstanden, ihr Vertrauen gegeben und sanft über die Schwelle getragen. Mitgenommen in eine Welt, in der nichts mehr wichtig war, nur sie beide. Erschöpft, glücklich... sein Versprechen nur leise gemurmelt. Er war eingeschlafen, ließ sie alleine, gerade jetzt. Erinnerungsfetzen veränderten den Augenblick. Faustina hätte sie nie alleinegelassen. Bei dem Gedanken wurde ihr Herz schwer. Vorsichtig hob sie Aretas Arm und schlüpfte aus dem Bett. Ihr Ziel die Küche. Tränenfeucht waren ihre Augen, als sie sich dort auf den Boden setzte, den Rücken an die Wand gelehnt. Über ihr schimmerten die Sterne. Durch das fehlende Dach träumte sie sich dorthin. Tausend Gedanken, Fragen schwirrten ihr noch durch den Kopf, bis ihr schließlich die Augen zufielen und sie dort einschlief.
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Sie hatte Angst, mehr Angst, als sie zugeben wollte. Angst um ihn, Angst vor der Zukunft. Bei der Legion würde er vielleicht mehr Geld verdienen, aber zu welchem Preis. Er wollte frei sein, bei der Legion würde er nicht mehr sein als ein Sklave, nur diesmal für einen anderen Herren und das für lange Zeit. Wenn er allerdings dort ebenso störrisch war wie bei Faustina... darüber wollte sie lieber nicht nachdenken. Erst recht nicht darüber, was es bedeuten würde, hier alleine zu leben, ohne ihn. Die Casa wieder aufzubauen, ihre Aufgabe. Seufzend sank sie mit ihm aufs Bett, sah ihm dabei tief in die Augen. Er wollte sie beruhigen, es gelang ihm nicht wirklich. "Die Angst wird uns immer begleiten, egal, wohin wir gehen. Wir werden nie wirklich frei sein." Sie konnten nur hoffen, niemals erkannt zu werden.
Er begann sie zu küssen. Küsse, die sie sanft erwiderte. Seine Hände auf ihrem Körper wischten beinahe alle trüben Gedanken beiseite. "Ich habe nur einen Wunsch, lass mich niemals alleine." Ihr Herz schlug schneller bei seinen Berührungen, ihre Finger vergruben sich liebevoll in seinem Haar. Es war wie damals auf der Wiese, nur war er ihr mittlerweile vertrauter. "Bitte, versprich es mir.. " Seine Küsse, seine zärtlichen Berührungen nahmen ihr den Atem, trugen sie davon. Er nahm sie mit auf eine Reise, deren Ziel sie noch nicht kannte. Ihre Bedenken schmolzen allmählich, während er immer fordernder wurde. Leidenschaftlich kam ihr Körper seinem immer näher, ihre Hände ebenfalls forschend auf der Suche. Sie wollte ihn spüren, erkunden, ihm nahe sein. Das Chaos der Gefühle... sie wollte ihm gehören, für immer. Eine kleine Unsicherheit hielt sie noch zurück, bewirkte, dass sie reglos das Unvermeidliche erwartete. Wenn diese letzte Grenze überschritten war, würde nichts mehr so sein wie vorher.
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Sie verstand kein Wort, sah ihn nur fragend an. Dann endlich kam die Erklärung. Nach Hause geschickt, entlassen, das war es also, was ihm zu schaffen machte. Sie beobachtete ihn, folgte ihm mit ihrem Blick, während er auf und abging und seiner Wut freien Lauf ließ. Wenigstens das Werkzeug... dachte Chio. Damit konnte man etwas anfangen. Trotzdem war sie schockiert. Wenn der Kerl tatsächlich dahinterstecken sollte, dann würde Aretas nirgends Arbeit finden. Sie sah zu ihm hoch, als er sich wieder zu ihr setzte. Was er dann von sich gab, schockierte noch mehr. Allerdings wußte sie nicht, was schlimmer war, Rom oder die Legion. Sie schwieg, lange, dachte über alles nach, schüttelte dann resigniert den Kopf. "Das geht nicht, wir können nie wieder nach Rom zurück. Und die Legion..." Sie wollte es nicht sagen. "Vielleicht ist es wirklich die einzige Möglichkeit." Die Wahl war einfach zu begrenzt. In Rom verlor sie ihn sicher an den Tod, hier an die Legion und wenn irgendjemand dahinterkam, trotzdem an den Tod. "Aber wie kannst du glauben, ich bräuchte keine Angst zu haben? Du weißt genau, dass du damit dein Leben aufs Spiel setzt, auch wenn es keinen Krieg gibt. Und ich werde alleine sein." Nun stand auch noch ihr Ruf auf dem Spiel, ans Heiraten wollte sie gar nicht denken. Traurig lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter.
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Der Schutt und Dreck in den meisten Räumen war beseitigt, doch die Casa glich immer noch eher einer Ruine als einem gemütlichen Zuhause. Wenigstens eine Arbeit hatte Aretas gefunden. Davon konnten sie das Haus nicht wieder aufbauen, aber immerhin reichte es zum leben. Chio hatte sich in der Zwischenzeit mit einer der Frauen aus der Nachbarschaft angefreundet. Von ihr lernte sie kochen, im Gegenzug frisierte sie ihr die Haare. Ein wenig Abwechslung von der Arbeit zuhause und wenn Aretas unterwegs war.
Chio war gerade dabei, das Gelernte am heimischen Herd auszuprobieren, da hörte sie das Scheppern, als das Werkzeug in die Ecke flog. Aretas? Suchend ging sie durch die Casa, viele Möglichkeiten gab es nicht. Es war immer noch nur der eine Raum, der wirklich bewohnbar war. Dort saß Aretas auf dem Bett und sah alles andere als glücklich aus. "Servius?" Sie mochte den Namen noch immer nicht, aber sie hatte sich angewöhnt, ihn so zu nennen, auch zuhause. Chio setzte sich zu ihm und nahm seine Hände vom Gesicht. "Was ist los? Ist was passiert?"
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Naturtalent... wenn er wüßte. Aber er muß ja nicht alles wissen. Chio nahm sich den anderen Löffel und ließ sich Zeit mit essen. Ihr blieb auch nur zuzuhören, während er von seinem Tag erzählte. Erste Erleichterung machte sich breit, als er meinte, sie hätten ihm den Römer abgenommen, nur sein "aber", das gefiel ihr ganz und gar nicht. Und tatsächlich... er musste ablehnen, oder wurde abgelehnt. Sie hätte ja damit rechnen müssen, wenn sie an damals bei der Wache dachte, oder an Faustina. Diplomatisch war er noch nie, wahrscheinlicher war da eher der Elefant im Porzellanladen.
Sie wartete geduldig, vielleicht gab es doch noch bessere Nachrichten. Nein, lesen und schreiben war wirklich nicht sein Ding. Chio zuckte erschrocken zusammen, als er laut wurde. Dann kam die Krönung. Die Legion. Also keine guten Nachrichten mehr, im Gegenteil. Sie wollte ihm Vorwürfe machen, ihm die Legion ausreden. Ein Klopfen... sie erwiderte seinen Blick ängstlich. Wer sollte sie denn besuchen, sie kannten hier kaum jemanden. Chio stand auf und blieb abwartend zurück, lauschte angestrengt. Männerstimmen. Leider war nichts zu verstehen. Er kam mit seinem Gast zurück, stellte sie vor. Chio lächelte zurückhaltend. Noch hatte sie keine Ahnung, wer ihr da gegenüberstand.
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Es war nur ein halber Tag, trotzdem hatte er ihr gefehlt. Glücklich lächelnd lehnte sie sich an ihn, legte ihre Hände auf seine. Zu seiner Frage schwieg sie. Sollte er es ruhig glauben. Sie wollte ihm damit eine Freude machen, offensichtlich war es ihr gelungen. Auch der Honig war nicht unbemerkt geblieben. "Hee, hier wird nicht genascht." Mit einem vorwurfsvollen Blick nahm sie den Topf vom Herd, stellte ihn auf die Truhe. "Wenn du deine Löffel holst, können wir essen."
Chio sah sich um. "Ich hätte gerne mehr geschafft, aber die Frauen am Brunnen haben mich länger aufgehalten als ich dachte. Dein Onkel muss wirklich ein furchtbarer Mensch gewesen sein." Sie stellte noch den Honig dazu. Seine letzte Bemerkung... irgendetwas stimmte nicht. "Was ist los? Ist in der Stadt etwas passiert? Hat man dir deine Geschichte nicht geglaubt? Wissen sie, dass..." Sie durfte es nicht mehr aussprechen. Ihr Herz schlug plötzlich viel schneller. Unsinn, dann wäre er nicht hier.
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Morgen der Tag sieht besser aus, vielleicht wird es aber auch unser letzter sein. Mit diesem Gedanken schlief sie ein und träumte deshalb schlecht. Von wilden Tieren, Aretas am Kreuz, Menschen, die sich lachend um sie scharten und verhöhnten... Schweißgebadet wachte sie mitten in der Nacht auf. Aretas lag neben ihr, sein leiser Atem beruhigte. Schlafen konnte sie dennoch nicht mehr. Als die Sonne das erste Licht über die Erde schickte, stand sie auf und ging in den Garten. Auch in einem verwilderten Garten konnte man wunderschöne Blumen finden. Chio wollte sie schon pflücken, dachte dann aber daran, dass sie nichts besaßen, um sie ins Wasser zu stellen.
Wasser, ihre erste Aufgabe. Wenn sie wenigstens einen Krug hätten, so mußte sein Wasserschlauch genügen. Sie zog sich ihre schöne, grüne Tunika über und war weg, noch bevor Aretas wach wurde. Als sie wieder zurückkam, war er längst weg. Sie wollte sich eigentlich beeilen, doch die Frauen am Brunnen waren tatsächlich so neugierig wie Aretas meinte. Gut, dass sie sich ihre Geschichte so gründlich zurechtgelegt hatte. Nun war sie ganz offiziell Aretas Zukünftige und er freier Bürger, der Neffe, der zu seinem Onkel zurückkehrte. Auch vom Unglück in ihrer culina musste sie erzählen und davon, wie sie das alles wieder aufbauen wollten. Chio hörte die schlimmen Geschichten über die Seuche und erfuhr von Aretas "Onkel". Wäre er tatsächlich sein Onkel gewesen, würde Chio sich Sorgen machen. Servius... sie musste ihn zukünftig immer so nennen und er musste erfahren, wie sie sich nun nannte.
Es würde noch dauern, bis er zurückkam. Chio nutzte die Zeit, schob den Schutt in der Küche grob mit dem Besen auf einen Haufen zusammen. Schwerstarbeit, die sie nicht gewohnt war. Mit bloßen Händen befreite sie den Herd von Holz, Schindeln und Dreck. Er sah mitgenommen aus, aber man konnte ihn noch benutzen. Es durfte nur nicht regnen. Dann wischte sie die Truhe ordentlich sauber, entstaubte das Bett und am Ende war wenigstens dieser eine Raum bewohnbar. Zufrieden ging Chio zurück in die Küche, entfachte das Feuer im Herd. Holz gab es ja genug. Und bis Aretas zurückkam, erfüllte der Geruch von frischem puls den Raum und sogar ein wenig Honig stand daneben.
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"He, was heißt hier, den Magen verderben? Vielleicht bin ich ein Naturtalent." Übermütig piekte sie ihm in die Seite. "So schwer kann das nicht sein, du kannst das doch auch." Und er konnte das gut. Ein einziges Mal hatte er für sie gekocht, besser hätte es die Köchin auch nicht hinbekommen. Damals war für sie die Welt noch in Ordnung, nun waren sie hier und mussten sich eine neue Identität schaffen. Dazu einen neuen Namen... auf die Schnelle fiel ihr keiner ein.
In der Zwischenzeit lenkte Aretas sie ohnehin ab, indem er vor ihr salutierte. Die Legion... da konnten sie doch auch gleich zurück nach Rom gehen. Andererseits, so schlecht war er gar nicht, er durfte nur keine Unsicherheit zeigen. Trotzdem blieb ihre Angst davor, entdeckt zu werden. Wenigstens gab er der Stadt den Vorzug. "Du warst sehr gut." Lächelnd gab sie ihm einen Kuss. "Ich hoffe nur, du tust das richtige." Was das richtige war, erfuhr man nur leider immer erst hinterher.
Sein Brot landete auf dem Boden. Es war egal. Dann überraschte er sie mit der nächsten Idee. "Du traust mir nicht zu, kochen zu lernen, aber ich soll backen und das dann auch noch verkaufen? Und wie hast du dir das vorgestellt, wir brauchen keine Küche? Wir müssen doch trotzdem etwas essen." Chio packte Käse und Brot weg und ging noch einmal durch, was am nächsten Tag zu tun war. "Gut, ich gehe dann morgen Wasser holen und versuche, hier Ordnung zu schaffen, und du versuchst, Arbeit zu bekommen." Sie sah sich noch einmal in dem Chaos um, dann schnappte sie sich ihren Besen und machte sich daran, das Bett und den Platz drumherum vom Dreck zu befreien. Sie war müde und wollte bald schlafen gehen.
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Meinen Wohnort bitte auch in Mantua ändern, Danke!
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Ja, den Göttern opfern war bestimmt keine schlechte Idee, auch wenn es wieder einiges kosten würde. Chio seufzte. So würden sie nicht lange über die Runden kommen mit dem, was sie hatten. Schon gar nicht, wenn ihnen immer wieder Steine in den Weg gelegt würden wie gerade hier geschehen, im wahrsten Sinne des Wortes. Diesen Schutthaufen konnten sie nicht mehr im Garten vergraben, aber vielleicht ein paar Steine und Bretter retten. Alles Dinge, über die sie sich nie zuvor Gedanken machen musste.
Aretas erzählte ihr von den Bewohnern, die hier gelebt hatten. Traurig, dass eine ganze Familie ausgelöscht wurde. Und trotzdem, wenigstens das waren gute Nachrichten. Damit mussten sie keine Angst haben, dass man sie von hier vertreiben würde. Dann ließ er sich Zeit, bevor er weitersprach. Chio konnte das Knirschen zwischen seinen Zähnen hören, als er am Brot kaute. Schuldbewußt sah sie ihm dabei zu. Hätte sie die Lebensmittel nur nicht in die Küche gebracht, aber wer hätte das schon ahnen können.
Tapfer biss auch sie in ihr Stück Brot und verschluckte sich fast dabei. Die römische Legion? Ungläubig starrte sie ihn an. Hatte sie das richtig gehört? "Zur Legion? Das ist doch nicht dein Ernst?" Er sah nicht aus, als würde er Witze machen. "Das geht nicht, du bist ein ... Sklave." Das Wort sprach sie nur ganz leise aus, als könnten sie belauscht werden. "Das ist viel zu gefährlich. Wenn das jemand herausfindet... Dann vielleicht besser bei der Stadt." Auch, wenn sie das ebenfalls für eine schlechte Idee hielt. Wieso kam er nur immer auf diese absurden Ideen.
Wenigstens die Geschichte mit dem Vormund und der geplanten Heirat machte Sinn. Chio nickte. "Ja, das werde ich schaffen. Und woher stammt deine Zukünftige? Bin ich die reiche Tochter des Hauses, die du dir wegen ihrer Mitgift geangelt hast und die nun mit dir im Haus deines Onkels leben soll?" Sie nahm das Thema nicht ganz so ernst und griff grinsend nach dem Trinkschlauch. Da war noch etwas, über das sie sich schon länger Gedanken machte. Sie konnte nicht kochen. Dafür gab es immer eine Köchin, hier nicht. Seufzend nahm sie einen Schluck, reichte ihn dann zurück. "Schade, dass ich das nicht bin. Was meinst du? Soll ich mir auch eine Arbeit suchen, in einer Küche vielleicht? Das Geld könnten wir gut brauchen und kochen lernen würde ich dabei auch."
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Sie zitterte am ganzen Körper, als ihr bewußt wurde, dass sie vor kurzem noch genau dort gestanden hatte. Unter all dem Schutt läge sie begraben, hätte Aretas sie nicht gerufen. "Ich glaube, du hast mir das Leben gerettet." Chio setzte sie sich zu ihm. Vor ihnen lag das ganze Ausmaß des Schadens. Und nun? Ein Zimmer nehmen? Die verwöhnte Leibsklavin wollte das auf alle Fälle. Keine zugige Ruine, kein Dreck, keine Arbeit. Andererseits, hier wäre sie die Hausherrin, und sie konnten das Geld für andere Dinge ausgeben. Die Herrin des Hauses, Chio malte sich in Gedanken aus, wie es hier einmal aussehen könnte, während Aretas schon aufzugeben schien. Dabei war er es doch, der unbedingt hierherkommen wollte.
Aretas stand auf, Chio beobachtete ihn beim Ausbuddeln. Es war nicht viel, was übrigblieb. "Warte... " Sie wischte die Truhe sauber, dass er Brot und Käse darauf aufschneiden konnte. "Das muß als Tisch reichen, hast du das Messer?" Der Appetit war ihr gründlich vergangen, aber essen mussten sie. Chio kaute lustlos an einem Stück Brot. "Du willst wirklich ein Zimmer nehmen? Das ist bestimmt teuer. Hier haben wir doch auch ein Zimmer. Ein Bett, ein Tisch und wenn wir den Schutt beiseite räumen, auch einen Herd. Wenn du Arbeit hast, können wir die Wand und das Dach reparieren lassen." Sie war so in Fahrt, dass sie überhaupt nicht daran dachte, dass vielleicht noch jemand Ansprüche an die Casa stellen könnte.
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Während Aretas noch einmal unterwegs war, räumte Chio die Einkäufe weg und sah sich im Haus um. Es gab keinen Raum, der besser aussah als der andere. Das würde ja ewig dauern, bis hier alles sauber und repariert war. Resigniert seufzend hob sie ein paar Scherben vom Boden auf. Wo sollte sie nur anfangen. Vielleicht in der Küche? Kochen und essen mussten sie, also war das das naheliegendste. Außerdem konnte Aretas dann in Ruhe das Bett reparieren.
Chio schnappte sich den neuen Besen und ging in die Küche. Einer der Balken über ihr ächzte gefährlich. Mit der Hand wischte sie über den Herd und die feine Ascheschicht nebelte sie ein, dass sie husten musste. Hier würde sie wohl eine Weile beschäftigt sein. Chio kehrte grob die Scherben auf einen Haufen, wischte alle Oberflächen gründlich ab und fegte, bis ihr der Schweiß auf der Stirn stand. Draussen im Garten baute sie aus Scherben und Dreck einen kleinen Schuttberg. Den konnte Aretas später entsorgen, oder sie vergrub das alles in den Blumenbeeten, die leichteste Lösung. Sie war fast fertig, als sie Aretas rufen hörte. Mit ihren dreckigen Händen wischte sie sich übers Gesicht, nahm den Besen mit und ging zu ihm.
Im Atrium fielen ihr sofort die beiden Hocker auf. Die wären ja nun nicht unbedingt nötig gewesen, wo ihr Geld doch ohnehin knapp war. Als sie jedoch das Bett sah, war sie wieder besser gelaunt. "Das sieht ja aus wie neu. Und die Matratze ist auch schon drin. Dann müssen wir wenigstens nicht auf dem Boden schlafen." Ein bisschen übertreiben durfte man schon und weil ihr nach der vielen Arbeit danach war, umarmte sie ihn glücklich, drückte ihm einen Kuss auf mit ihren rußgeschwärzten Lippen. "Ich mache hier auch gleich noch sauber, die Küche ist fast fertig. Dann können wir uns etwas zu essen machen." Bei dem Gedanken meldete sich lautstark ihr Magen. "Aber sag mal, wieso hast du denn die Hocker gekauft. Die brauchen wir doch nicht unbedingt." Vorwürfe wollte sie ihm keine machen, aber neugierig war sie schon. Und während sie noch auf seine Antwort wartete, zuckte sie erschrocken zusammen. Ein ohrenbetäubender Lärm, ein Krachen wie der Donner bei einem Gewitter erschütterte die kleine Casa. Chio wirbelte herum. Das kam aus Richtung der culina.
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Ohje, das wurde ja immer mehr. Wenigstens die Löffel mussten sie nicht kaufen. Aber das war längst nicht alles, nur das Allernötigste. Chio versuchte zwar, überall den günstigsten Preis rauszuschlagen, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass sein Geld immer weniger wurde. Wie sollten sie nur die nächsten Tage, Wochen über die Runden kommen, wenn er keine Arbeit fand? Das war wieder einer der Momente, in denen sie sich fragte, wie sie ihr Leben in Wohlstand aufgeben konnte für das hier. Aber für ein Zurück war es nun zu spät. "Was ist, wenn du keine Arbeit findest? Wovon sollen wir dann leben?" Besen und Wein überließ sie Aretas, die restlichen Nahrungsmittel nahm sie noch mit. Vollbepackt ging es zurück in ihr neues Zuhause.
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Der Markt... auch, wenn er nicht groß war, hier fielen sie wenigstens nicht auf. Jeder hatte das gleiche Ziel, Einkäufe tätigen. Ein kleines Paradies für Chio. Besser wäre es allerdings, wenn sie mehr Geld hätten oder Aretas wenigstens Arbeit. Während sie schon davon träumte, sich schöne Stoffe zu kaufen, zählte Aretas auf, was unbedingt nötig war. So richtig hörte sie nicht zu. "Ich wüßte noch so einiges, aber dafür fehlt uns noch das Geld." Aretas kaufte ein, was er für nötig hielt, Chio half ihm beim tragen. Sie hatten alles, wollten schon wieder gehen, da erinnerte sie ihr Magen mit lautstarkem Grummeln an etwas sehr wichtiges. "Warte, wir brauchen noch etwas zu essen. Und Wein?" Sie dachte an die dreckigen Räume, wo sollten sie da essen? "Hast du in dem Haus irgendwo einen Besen gesehen? "
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Aretas ließ sie einfach stehen. Geduldig wartete sie, versuchte, etwas von dem Gespräch mitzubekommen, aber die Männer waren zu weit weg, dass sie etwas verstehen konnte. Chio war nicht wohl dabei, weder dabei, alleine herumzustehen, während Aretas wegen Arbeit nachfragte, noch dabei, dass das Soldaten waren. Nervös trat sie von einem Bein aufs andere, bis er endlich wieder zurückkam. Glücklich sah er nicht aus. "Keine Zeit? Er muss doch wissen, ob sie Arbeiter brauchen... " Aretas ab keine Antwort, wollte weiter zum Markt. Auch gut, weg von den Soldaten und beim Einkaufen konnte sie wenigstens selbst etwas tun.
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Natürlich wollte sie mit rein. Dicht hinter ihm folgte sie ins Innere. Es sah fürchterlich aus. Scherben knirschten unter ihren Schuhsohlen, der Boden war überzogen von Sand und Asche und die Balken unter dem vom Feuer beschädigten Dach schienen der Last nur noch bedingt standzuhalten. Trotzdem hatte es seinen Charm und wenn das alles hergerichtet und sauber war, könnte es tatsächlich ein Zuhause werden. Sie schämte sich für den Gedanken, doch insgeheim wünschte sie, der Junge hätte recht.
Jeder Raum wurde in Augenschein genommen, der Garten könnte tatsächlich etwas Pflege gebrauchen. "Ich würde gerne hier bleiben. Und das mit dem Garten bekomme ich hin, wenn du es schaffst, das Haus wieder herzurichten." Hatte sie vor der Stadt noch Bedenken gehabt, ob es richtig war, wegzugehen, war sie jetzt ein wenig zuversichtlicher, was ihre Zukunft anging. "Hier lässt es sich bestimmt gut leben." Obwohl es komisch war, mit ihm zusammenzuleben, ganz alleine. Als jung vermähltes Paar... Besser nicht darüber nachdenken. "Lass uns gehen, ich hoffe, du findest schnell eine Arbeit. Und dann muss hier dringend saubergemacht werden. Ich will nicht im Dreck schlafen heute Nacht."