Hoffentlich kam dieser Termin nicht allzu bald. Alleine schon bei dem Gedanken, in wenigen Wochen schon verheiratet zu sein, verursachte der Flavia regelrechte Bauchkrämpfe. Sie schwor sich, die letzten Tage der Freiheit ausgiebig zu nutzen. Womit, wusste sie zwar selbst noch nicht so genau, aber das war ja auch in gewisser Weise nebensächlich.
So nickte Domitilla zustimmend bei dem Vorschlag, die Auguren zu befragen und lächelte, um ihre Bedenken zu verschleiern. „So soll es geschehen!“ Wenn diese Vereinigung von den Göttern abgesegnet war, dann bestand vielleicht doch noch die Möglichkeit, dass sie einigermaßen annehmbar wurde. Hätte ihr doch nur jemand zur Seite gestanden! Eine Matrone vielleicht, die wusste, worauf sie sich einließ, sobald sie den Bund fürs Leben eingegangen war. Vielleicht sollte sie ihrer Mutter schreiben und sie bitten, nach Rom zu kommen. Allerdings hatte sich Horatia Lepida , ihre Mutter, vor Jahren schon geschworen, freiwillig keinen Fuß mehr über eine flavische Schwelle zu setzen. Es würde also schwierig werden, Domitillas Mutter als Ratgeberin zu gewinnen.
Wäre doch nur noch die gute Almathea am Leben! Die Flavia hatte schon lange nicht mehr an ihre alte Kinderfrau gedacht, die bei dem entsetzlichen Unfall in den Bergen den Tod gefunden hatte. Und natürlich stand es außer Frage, dass sie sich einer gewöhnlichen Sklavin offenbarte.
Offenbar hatte sich die Flavia so sehr in ihre eigenen Gedankengänge verheddert, so dass ihr gar nicht sofort dieses abrupte Schweigen auffiel, welches sich zwischen ihnen eingeschlichen hatte. Womöglich plagten den Tiberius ähnliche fundamentale Fragen, denn auch für ihn war es ja das erste Mal, verheiratet zu werden. Auch wenn er dergleichen wohl niemals aussprechen würde. Außerdem stand ihm im Gegensatz zu ihr die Möglichkeit eines Besuches in einem Lupanar offen.
Doch schließlich gelang es dem Tiberius doch noch den Faden wieder zu finden und er sprach das bevorstehende Opfer an, welches ja der ursprüngliche Grund ihrer Zusammenkunft gewesen war.
„Ach ja, das Opfer! Nun, erwähnte ich bereits, dass es ganz in der Nähe des Dorfes meiner Retter ein kleines Heiligtum gab? Es war der Fortuna gewidmet. Die Leute des Apennin sind einfache Menschen. Es sind Bauern, die Fortuna regelmäßig um eine gute Ernte oder sie um die glückliche Niederkunft ihres Viehs bitten. Als ich mich damals wieder von den Verletzungen erholt hatte aber noch unter Gedächtnisverlust litt, erachtete ich es als sinnvoll, ebenfalls Fortuna für meine Rettung zu danken. Am Tag, bevor ich das Dorf verließ, schwor ich der Göttin ihr am Jahrestag meiner Rettung ein großes Opfer darzubringen, sofern sie mich sicher nach Rom bringt. Wie man sieht, bin ich zu meiner Familie zurückgekehrt. Nun liegt es bei mir, den Schwur einzuhalten.“