Beiträge von Flavia Domitilla

    Während sich nun Candace ans Werk machte und den Rücken ihrer Domina mit Öl einrieb, lauschte diese dem Treiben nebenan. Nicht jede der Frauen, die die Thermen besuchten, hatte das Glück von einer ihrer Sklavinnen begleitet zu werden, die sich dann um alles kümmerte, auf das der Entspannung nichts mehr im Wege stand.


    Da war diese junge Mutter zum Beispiel, die mit ihren beiden quengelnden Kindern die Thermen besuchte und zwar ganz ohne Sklavin! Ein ziemlich mutiges Unterfangen! Natürlich war es ausgeschlossen, dass sie tatsächlich etwas Ruhe fand, während die beiden Kleinen herumnörgelten, weil sie unbedingt im Wasser spielen wollten und es ihre Mutter ihnen nicht erlaubte. Glücklicherweise hielten sie sich nicht lange im Tepidarium auf und gingen gleich weiter zum Caldarium.


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    Ein paar Bänke weiter saßen zwei jüngere Frauen, die sich angeregt hinter vorgehaltener Hand über eine gewisse Varia Pontia unterhielten, die offensichtlich verheiratet war und nun von einem anderen Mann schwanger war. Es war kaum unausweichlich, den beiden beim Lästern zuzuhören. Dabei schaukelten sie sich in ihrer Boshaftigkeit gegenseitig immer höher.
    „Stell dir vor, ihr Mann hat immer noch keinen blassen Dunst davon.“ „Du meinst, weil es nicht von ihm ist? Ach, der tut doch nur so, damit es kein großes Aufsehen gibt, dieser Schlappschwanz! “ „Meinst du wirklich? Na, ich weiß nicht! Er erzählt überall herum, das Kind sei von ihm! Aber wer rechnen kann, weiß genau, dass er gar nicht der Vater sein kann, weil er zu der Zeit ja gar nicht zu Hause war!“ „Das ganze Viertel weiß doch, dass Varia Pontia allen Männern schöne Augen macht. Das sagt ja auch schon der Name… Varia wie variabel!“ Das Kichern der beiden erregte nun auch die Aufmerksamkeit einiger anderer Damen, die sich teils etwas pikiert zeigten oder aber interessiert zuhörten.


    Die Flavia indes interessierte sich nicht sonderlich für solche Geschichten. Erstens genoss sie die wohltuende Massage ihrer Sklavin, zweitens war sie noch unverheiratet und drittens konnte sie noch darauf hoffen, mit einem Mann die Ehe einzugehen, dem sie vielleicht so etwas wie Zuneigung und Achtung entgegenbringen konnte. Sie hatte da sogar schon jemand im Auge. 8)


    Während andere junge Damen bereits schon in ihrer Kindheit Kontakt zu anderen jungen Damen pflegten, war dies Domitilla stets verwehrt worden. Lediglich Amalthea, ihre Kinderfrau und all die anderen Sklaven ihrer Mutter waren ihre ständigen Begleiter in ihrer Kindheit gewesen. Daran hatte sich auch wenig geändert, nachdem ihr Vater sie zu sich nach Ravenna geholt hatte.


    Nun, da sie nach Rom gekommen war, war sie recht bald der Langeweile anheimgefallen. Als einzige Frau in einem reinen Männerhaushalt vermisste sie einen adäquaten Ansprechpartner für gewisse Dinge. Dinge, über die sie wohl kaum mit ihren Neffen oder Coussins sprechen konnte, die sie doch kaum kannte.
    So entschloss sie sich kurzum, die öffentlichen Thermen aufzusuchen. Selbstredend hatte das Balneum in der flavischen Villa seine besonderen Reize, doch die Thermen erschien Domitilla als der geeignetste Ort, an dem sich eine junge Dame ihres Standes problemlos mit anderen Frauen treffen konnte, um vielleicht freundschaftliche Kontakte zu knüpfen. Und selbst, wenn dem nicht so sein sollte, war es doch eine willkommene Abwechslung, sich den ganzen Vormittag dem Müßiggang hinzugeben. Zudem war es ihr erstes Mal, was dem Ganzen noch ein besonderes Fluidum verlieh.


    In bester Laune und in Begleitung ihrer Leibsklavin Candace und einiger Custodes hatte sie sich am Morgen auf den Weg gemacht. Während die Custodes vor den Pforten des Bades den Vormittag verbringen mussten, steuerte die Flavia zielstrebig das apoditerium, wo ihre Sklavin sie entkleidete. Candace verstaute die Kleidung ihrer Herrin in einer dafür vorgesehenen Nische.
    Dem Frigidarium stattete sie nur einen kurzen Besuch ab, um es sich anschließend im Tepidarium auf einer Bank bequem zu machen, damit ihre Sklavin sie massieren konnte. Ja, so lebte es sich gut!



    Sim-Off:

    Verehrte Damen, ihr seid alle ganz herzlich eingeladen, euch dazu zugesellen! :)


    Bildquelle: Wikipedia

    Vielleicht lag es an der Unbedarftheit der jungen Flavia, der sich in ihrem bisherigen Leben noch nicht oft die Gelegenheit geboten hatte, mit männlichen Standesgenossen, die nicht zu ihrer Familie gehörten, in solch einer vertrauten Umgebung Zeit zu verbringen. Keinen Moment hätte sie daran gezweifelt, dass daran etwas verwerfliches sein könnte. Wäre jedoch Amalthea, ihre alte Kinderfrau, die unglücklicherweise vor zwei Jahren bei Domitillas Unfall ums Leben gekommen war, hier gewesen, hätte sie sicher sofort Lunte gerochen und die junge Flavia sofort dezent darauf hingewiesen. So jedoch tappte Domitilla weiterhin im Dunkeln und erfreute sich an dem leckeren Imbiss und der charmanten Gesellschaft des Claudiers.


    Ein kleines Schlückchen des Falerners sollte schließlich einem weiteren Bissen des exorbitanten Mahls einen angenehmen Abgang verhelfen. Doch etwas… nein eigentlich nicht etwas… vielmehr seine Frage verursachten eine Aspiration, die augenblicklich mit einem lauten Prusten einherging und der Flavia eine rötliche Gesichtsfärbung verlieh.
    Hatte sie soeben recht gehört? Oh ja, sie hatte! Wäre doch nur jetzt ihre Kinderfrau hier! Sie hätte gewusst, was zu tun war und wie eine Dame von Stand reagieren musste. Die junge Flavia hingegen schien recht überfordert mit dieser Sache. Verlegen lächelte sie. Nun war sie es, die sich verunsichert nach ihrer Sklavin umschaute. Doch die saß ein paar Tische weiter und unterhielt sich mit Centhos Sklaven.
    Glücklicherweise war es dann der Claudier selbst, der sich zur Raison rief und es der Flavia ersparte, sich gleich dazu zu äußern.
    „Nun ja, außer meinem Vater selbst gibt es wohl niemanden, den du niederringen müsstest. Aber ich kann dich beruhigen, mein Vater weilt in Ravenna und wird voraussichtlich erst in einigen Tagen von meiner Rettung erfahren. Und mir wäre es ein Vergnügen, dich ein weiteres Mal zu treffen,“ entgegnete sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte.
    Ihren Vater vorzuschicken war sicher ein guter Schachzug gewesen. Weitaus besser, als ihn mit einem Verlobten zu konfrontieren, der sie vor zwei Jahren hatte heiraten wollen und der mittlerweile, wenn ihr die Götter wohlgesonnen waren, an Altersschwäche gestorben war. Und was war mit Laenas? Der, der sie damals gerettet hatte und in den sie sich in den zwei Jahren ihrer Absenz verliebt hatte? Laenas war wohl das Ideal eines Liebhabers, der allerdings, aufgrund des Standesunterschiedes, wohl unerreichbar für sie war.

    Offenbar war Centho nicht nur ein angenehmer Begleiter, er verfügte ebenso über Humor, was Domitilla sehr gefiel. Die meisten Männer in ihren Kreisen, die sie bereits kennengelernt hatten, nun ja es waren noch nicht sehr viele, legten auf Humor nicht sehr viel wert, was sehr schade war, wie sie fand.
    Doch mit ihrem Bericht hatte sie ihn wohl sehr bewegt, so las sie es zumindest in seiner Miene. Vielleicht fand sie ein paar Worte, die ihn wieder beruhigten.
    „Ich schätze, da hast du recht, zumal ich anfangs mein Gedächtnis verloren hatte. Doch die Menschen dort nahmen mich auf, wie eine Tochter. Stell dir vor, ich habe dort auch Ziegen gehütet und gelernt, wie man die Tiere melkt. Die Leute haben daraus einen äußert schmackhaften Käse hergestellt.“ Genau das war das Stichwort! Denn just in diesem Moment trat der Wirt mit seinen umfangreich bestückten Platten an ihren Tisch. Er hatte sich wohl bei der Zusammenstellung selbst übertroffen. Die vielen Leckereien waren ganz nach der Devise „das Auge isst mit“ kunstvoll garniert. Außerdem verführte der Duft des frischen Brotes, der Wurst und des Käses regelrecht zum Zugreifen. Auch Domitilla würdigte die Anstrengungen des Wirtes mit einem wohlwollenden Nicken.
    Schließlich bediente sie sich und nahm sich von jedem etwas. Solch leckere Häppchen hatte sie wohl zuletzt in dem kleinen Dorf im Apennin genossen. „Meine Güte, ist das lecker!“ war ihr erster Kommentar, nachdem sie vom Käse, dem Schinken und dem frischen Brot gekostet hatte.


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    Candace


    Ein paar Tische weiter, an dem Candace und Dracon saßen, schien die flavische Sklavin nun endlich langsam aufzutauen. Ihr Gegenüber hatte sich nun auch der Suppe angenommen und während der claudische Sklave aß, beobachtete sie ihn still weiter. Er war ganz anders als die beiden Custodes, die ihre Domina begleitet hatten und die inzwischen auch an einem der anderen Tische Platz genommen hatten und lautstark ihre Suppe schlürften.
    Als Dracon nun an ihre knappe Äußerung anknüpfte, ließ sie ihren Blick von ihm ab und sah recht verlegen aus, so als ob man sie bei etwas Verbotenem erwischt hatte.
    „Nein, du machst mir keine Angst. Es ist nur so…“ wieder sah sie zu Domitilla hinüber. „Ich bin erst seit ein paar Tagen die Leibsklavin der Domina. Vorher war ich eine einfache Sklavin, die nur ab und zu die Herrschaften bei Tisch bedienen durfte.“ Candace bediente sich wieder mit der Suppe, nachdem er die Schüssel wieder zu ihr geschoben hatte.
    „Nun ja,“ begann sie wieder von neuem, nachdem sie wieder einige Löffel der Suppe gegessen hatte. „Ich kenne die Domina noch nicht so gut. Außerdem habe ich Angst, dass ich etwas falsch mache, weil für mich alles noch so neu ist… Aber ich glaube, sie ist ganz nett… Nun ja, aber heute ist sie, glaube ich, nicht sehr zufrieden mit mir.“ Sie hatte Domitilla als resolute Domina erlebt, an dem Abend, als sie in der Vila eingetroffen war. Doch ab und zu hatte sie für ihre Sklavin auch ein gutes Wort gefunden.
    Allerdings war Domitilla heute wohl nicht so gut auf ihre Sklavin zu sprechen, denn bisher waren ihre Händlerempfehlungen nicht gut angekommen. Doch ausgerechnet Dracon rückte nun noch mit einen Tipp heraus, wo man gute Kleidungkaufen konnte. Das musste sich Candace unbedingt merken. Wenn er damit ein genauso gutes Händchen hatte, wie mit der Auswahl der Taberna, dann musste sich Candace keine Sorgen machen.
    „Danke für deinen Hinweis, vielleicht kann ich die Domina damit etwas besänftigen,“ meine sie dann lächelnd. Noch immer wirkte sie etwas verlegen, was einfach wohl daran lag, dass sie bisher mit fremden Sklaven wenig zu tun hatte. Doch eine Bemerkung hatte Candaces Aufmerksamkeit erregt. „Morrigan, ist das auch eine Sklavin?“, fragte sie neugierig. Vielleicht war sie seine Freundin. Manchmal geschah es eben auch, dass Sklaven sich verliebten…
    Doch Dracons Frage, Domitillas Verhältnisse betreffend, riss sie wieder aus ihren Gedanken. „Nein, meine Domina ist weder verheiratet noch verlobt. Warum fragst du?“ Die Sklavin war dabei gewesen, als Domitilla einen Brief an ihren Vater verfasst hatte, in dem sie ihr Bedauern darüber bekundete, da wohl die Verlobung mit einem gewissen Tarquitius Imbrex aufgelöst sei.

    Der erste Schreck, welcher in die junge Flavia gefahren war, als sie Gracchus Minors Worten lauschte, hatte sich gesetzt. Natürlich hatte ihr erster Gedanke der Schwester gegolten. Auch wenn es ihr nur kurz gegönnt gewesen war, etwas Zeit mit ihr verbringen zu können, so war sie doch noch die einzige ihrer Geschwister, die ihr geblieben war. Daher war sie so erpicht darauf, zu erfahren, welches Los ihr zugefallen war. Dass auch sie gezwungen war, zu fliehen, linderte nur unwesentlich ihre Sorge. Viele neue Fragen bauten sich vor ihr auf, die allerdings der junge Gracchus Minor nicht zu beantworten vermochte.


    „Das ist ja schrecklich!“ entfuhr es ihr schließlich und bedachte den jungen Flavius mit einem bedauernden Ausdruck. „Dann habt ihr alle so viel durchmachen müssen! Während ich…“ Nachdenklich ließ sie ihren Satz unvollendet im Raum verklingen. Ein wenig plagte sie das eigene Gewissen, da sie selbst den Bürgerkrieg und dessen Auswüchse in ihrem Unterschlupf kaum wahrgenommen hatte. Was wohl ihrem Vater in Ravenna zugestoßen war, in dieser dunklen Zeit.
    „So werde ich mich mit meinen Fragen an deinen Vater wenden.“ Es fiel ihr schwer ihre sorgenvollen Gedanken beiseite zu schieben und ihren beiden Verwandten ein einigermaßen aufmunterndes Lächeln zu schenken. Letztendlich war der Tyrann gestürzt und getötet worden.

    Die Mundwinkel der jungen Flavia verzogen sich zu einem Lächeln, als ihr Neffe sie in wohltemperierter Lautstärke begrüßte. Sie nickte ihm freundlich zu und fügte ein flüsterndes „Danke!“ bei. „Das wird ein bewegender Augenblick werden, nicht wahr!“, meint sie schließlich noch. Schlussendlich würde Gracchus Minor nach dieser Zeremonie kein Kind mehr sein und Domitilla harrte bereits erwartungsvoll auf deren Beginn. Von ihrem Platz aus hatte sie einen recht guten Ausblick auf das nun gleich beginnende Geschehen.


    Inzwischen hatte sich auch Fusus Bruder, Scato eingefunden und nahm nur unwesentlich entfernt auf einem der Stühle Platz. Zwar hatte Domitilla noch keine Gelegenheit, sich mit ihm näher zu unterhalten, doch nickte auch sie ihm höflich zu. Gewiss würde sich noch eine Gelegenheit finden, ihn näher kennenzulernen.


    Schließlich eröffnete der Vater des jungen Flaviers die Zeremonie, indem er alle Anwesende begrüßte. Zweifelsohne musste Gracchus sehr stolz auf seinen Sohn sein. Nur nebelhaft waren ihre Erinnerungen an ihn. Damals war sie selbst noch ein Kind gewesen, unwesentlich älter, als Gracchus Minor heute.
    Doch ihr Augenmerkt richtete sich nun zur Hauptperson - dem Jungen, der heute zum Manne werden sollte. Gespannt verfolgte sie, wie der junge Flavius das Wort ergriff und sich an die Laren wandte.

    Da sie die ersten Jahre ihres Lebens fernab ihres Vaters, in der sicheren aber abgeschotteten Obhut ihrer Mutter aufwuchs, für die alles Flavische einem roten Tuch glich, hatte Domitilla wenig bis gar keine Gelegenheit erhalten, bei einem Fest wie diesem teilzunehmen. Selbst die Liberalia ihres eigenen Bruders war sie damals ferngeblieben, da es die Feindseligkeiten ihrer Eltern nicht zugelassen hatten. Daher maß sie diesem Tag ein ganz besonders großes Interesse bei.


    Ihre Leibsklavin hatte sich allergrößte Mühe damit gegeben, ihre Herrin standesgemäß herzurichten. Eine nicht allzu opulente Tunika in blau-grün hatte sie gewählt, welche exzellent mit ihrer Frisur und der nicht zu sehr aufdringlich wirkenden Kosmetik, harmonierte. Auch für ein passendes Geschenk hatte Candace gesorgt, welche die Leibsklavin, die ihre Herrin in gebührendem Abstand begleitete, vorerst noch bei sich behielt.


    Gerade noch rechtzeitig betrat Domitilla das Atrium. Die meisten der Anwesende waren Fremde für sie. Recht unauffällig versuchte sie ihren Blick schweifen zu lassen, um nicht doch vielleicht ein ihr bekanntes Gesicht zu entdecken. Schließlich entdeckte sie Fusus, jenen Neffen, welche sie erst kürzlich hatte kennenlernen dürfen und entschloss sich kurzerhand, sich zu ihm zu gesellen.

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    Candace


    Noch ein- zweimal gingen Candaces Blicke zu ihrer Domina, bevor sie sich tatsächlich auf Dracon einlassen konnte. Als sie Platz nahm ging er los, um etwas zu trinken zu holen. Sie blickte ihm nach. Dracon war ganz anders, als die meisten Sklaven, die sie kannte.
    Als er mit zwei Bechern zurückkehrte, lächelte sie ihm verlegen zu und bedankte sich leise. Vorsichtig nippte sie an dem Becher. Der verdünnte Wein schmeckte ihr.
    Statt ebenfalls Platz zu nehmen, fragte Dracon sie schließlich, ob sie auch etwas essen wolle. Sie nickte. Doch bevor sie das tat, schnellte ihr Blick noch einmal zu ihrer Herrin, die sich allerdings bereits angeregt mit dem Claudier unterhielt.


    Dracon, der im Gegensatz zu der flavischen Sklavin geradezu vor Selbstsicherheit strotzte, fackelte nicht lange. Er kam mit einer dampfenden Schüssel zurück, deren Duft ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen lief. Dankend nahm sie einen Löffel entgegen und, nachdem sich Dracon gesetzt hatte, begann sie recht bedacht sich einen Löffel Eintopf aus der Schüssel zu nehmen und diesen dann zum Mund zu führen. Nach dem dritten Löffel hielt sie inne und musterte den Sklaven. „Warum isst du nicht? Der Eintopf schmeckt sehr gut!“ Auffordernd schob sie die Schüssel zu ihm hin und schenkte ihm ein weiteres zaghaftes Lächeln.


    „Du bist sehr nett,“ begann sie nach einer Weile. „Und dein Dominus ist auch sehr freundlich.“


    ~~~


    Der Flavia imponierte die Freigiebigkeit, mit der Centho den Schankwirt überraschte. Er bestellte für alle Anwesenden und zwar nur das Beste! Dies musste in der Tat ein Glückstag für den Wirt sein. Daher gab er sich auch besonders viel Mühe mit allem. Der kleine Gruß aus der Küche war da nur der Anfang eines kleinen aber feinen kulinarischen Abenteuers.


    „Der Wein ist ausgezeichnet!“ , meinte die Flavia, nachdem sie den ersten Schluck genommen hatte. Auch das Brot und die Oliven trafen voll ihren Geschmack. Ein solch einfaches, aber dennoch schmackhaftes Mahl hatte sie nicht mehr erlebt, seitdem sie nach Rom zurückgekehrt war. Doch die Krönung des Ganzen war die nette und zuvorkommende Gesellschaft, die sie in dem Claudier fand.


    „Nun, ich denke, so fremd wie du glaubst, bist du mir gar nicht mehr, schließlich haben wir uns beide in die Höhle dieses Löwen… äh Scharlatans gewagt.“, entgegnete sie ihm grinsend und trank noch einen Schluck vom Falerner. Schließlich begann sie ihm von dem zu erzählen, was ihr damals zugestoßen war.


    „Ein schreckliches Unwetter hat mich ins Exil gezwungen. Vor mehr als zwei Jahren. Mein Vater wollte mich zu unseren Verwandten nach Baiae senden. Mein Reisewagen kam von der Straße ab, alle meine Sklaven waren auf der Stelle tot nur ich überlebte schwerverletzt. Ein Hirte fand mich. In seinem Dorf, mitten im Apennin wurde ich aufgenommen. Die Leute dort waren sehr freundlich und hilfsbereit. Sie sorgten für mich und pflegten mich wieder gesund. Nun ja, dann kam der Bürgerkrieg… Da ich dort sicher war, blieb ich dort, bis sich die Wogen wieder glätteten.“ Ein wenig Wehmut war zumindest aus den letzten ihrer Worte herauszuhören. In dem kleinen Bergdorf tickten die Uhren eben doch anders…
    "Aber wie steht es mit dir? Du erwähntest, dass auch du Rom für längere Zeit fern geblieben warst.", fragte sie, da sie sich natürlich auch brennend dür ihn interessierte.

    „In der Tat!“,pflichtete die junge Flavia ihrem Verwandten bei und begann zu berichten: „Eine wahre Odyssee! Ich erwachte erst einige Tage später aus einer Ohnmacht. Die Schmerzen waren furchtbar, ich hatte einige Knochenbrüche. Doch am gravierendsten war der Verlust meines Gedächtnisses. Jener Hirte brachte mich in sein Dorf und die Leute dort, es waren recht einfache Menschen, pflegten mich gesund und gewährten mir für die die folgenden Monate Zuflucht. Nur flüchtig habe ich von den Ereignissen des Bürgerkrieges gehört.“ Eine kleine Pause nutzte Domitilla, um einen Schluck verdünnten Wein zu sich zu nehmen. Dabei blickte sie kurz in die beiden Gesichter ihrer Zuhörer, bevor si e fortfuhr. „Nun da ich vom Ende der kriegerischen Auseinandersetzung erfuhr, dachte ich, es wäre an der Zeit, wieder zu meiner Familie zurückzukehren.“ Nun ja, das Ende ihrer Geschichte hatte sie leicht zu ihren Gunsten umgestaltet, damit keinerlei Fragen offen bleiben mussten, weshalb sie nicht schon früher zurückgekehrt war.


    Fusus indes konnte mit einem weitaus weniger spektakulären Report aufwarten. Dennoch fühlte sie sich an ihre eigene familiäre Situation erinnert. Auch ihre eigene Mutter, bei der sie die ersten dreizehn Jahre ihres Lebens verbracht hatte, konnte den Flaviern wenig Sympathie entgegenbringen, weshalb sie praktisch nichts über die Familie ihres Vaters gewusst hatte, als er sie daraufhin nach Ravenna zu sich geholt hatte.


    Als sich nun Gracchus Minor zu den Geschehnissen in Rom äußerte, konnte man die Flavia dabei beobachten, wie ihr Unterkiefer sich langsam der Schwerkraft beugen musste und sie ihn schließlich mit offenen Mund musterte, als er geendet hatte. Fusus´ Nachhaken schließlich ließ sie schließlich das aussprechen, was sich in ihr unweigerlich aufgedrängt hatte. „Und meine Schwester…? Was ist mit meiner… Schwester?“

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    Candace


    Etwas wehmütig hatte Candace den Laden des Meisters verlassen. Sie hatte schon so viel von Chanelix gehört. Heute war sie nun zum ersten Mal in diesem Laden gewesen und fand es einfach nur aufregend, auch wenn sie mit den seltsamen Kreationen Lagerfrieds wenig anfangen konnte.
    Draußen vor dem Laden aber wartete bereits der Sklave des Claudiers, dem sie wieder nur ein verlegenes Lächeln zuwarf. Da die Domina in ihrer Nähe war, wagte sie es nicht, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Vielleicht aber ergab sich doch noch eine Möglichkeit… Schließlich war auch ihr sein Interesse an ihr nicht verborgen geblieben.
    Als sich nun die Flavia mit dem Claudius zu einer Taberna begab, die der claudische Sklave zuvor entdeckt hatte, heftete sich die Leibsklavin wieder an die Fersen ihrer Herrin. Sie war gespannt, ob Domitilla diese Art von Lokalität zusagte, da sie in Sachen Komfort doch sehr zu wünschen übrig ließ.


    ~~~


    Domitilla ließ sich von ihrem Begleiter führen. Offensichtlich hatte sein Sklave bereits einen passenden Ort ausfindig gemacht, wo man sich von den Strapazen des Einkaufens etwas erholen konnte und ganz nebenbei auch einen kleinen kulinarischen Leckerbissen zu sich nehmen konnte.
    Centho war auf ihre kleine Anspielung eingegangen und fand dies sehr bemerkenswert, denn gleich darauf erfuhr sie, dass auch er erst kürzlich wieder in Rom eingetroffen war. Eine Tatsache, die auch Domitilla neugierig werden ließ.
    „In der Provinz?“, echote sie. „Nun, in gewissem Sinne war ich auch in der Provinz… allerdings recht unfreiwillig… zu Beginn jedenfalls… doch dann… “ Ihr Blick schien etwas entrückt, als sie wieder an ihre Zeit in dem kleinen Apenninendorf dachte.


    Der Sklave hatte inzwischen in einer Taberna für sie Platz geschaffen, so dass für den Claudius und sie ein Tisch frei wurde. Eine weitere Sitzmöglichkeit ergab sich an einem benachbarten Tisch für die beiden Sklaven und so gab sie Candace lediglich mit einem Blick zu verstehen, dass sie sie für eine Weile entbehren konnte.
    Daraufhin zog die Leibsklavin sich etwas zurück und näherte sich dem claudischen Sklaven, dessen Namen sie soeben erfahren hatte. Erst nachdem ihre Herrin Platz genommen hatte, setzte auch sie sich, in der Hoffnung vielleicht mit Dracon ein paar Worte wechseln zu können. Ihre Scheu hielt sie allerdings davon ab, den Anfang zu machen.


    Den Claudier schienen Zweifel zu beschleichen, ob dies der geeignete Ort für eine Dame wie sie war. Damit hatte er sicher nicht unrecht, denn wohl nur wenige Patrizier verirrten sich hierher.
    „Oh, warum nicht? Eine willkommene Abwechslung… und wenn die Taberna so bekannt ist, dann werden sicher auch wir etwas finden, was uns munden wird,“ erwiderte sie auf Centhos Erklärungsversuche. Wahrscheinlich wäre sie selbst niemals auf die Idee gekommen, eine solche Lokalität überhaupt in Erwägung zu ziehen. Doch zu dem überkandidelten Laden, dem sie soeben gerade entkommen waren, war dies nun das krasse Gegenteil... aber bekanntlich zogen sich Gegensätze ja an.
    Domitilla nahm Platz und schaute sich vorsichtig um, wo sie denn hier gelandet war. Gleichsam erinnerte sie das, was sie mit ihren Augen einfing, an die Einfachheit ihres einstigen Domizils im Apennin.

    Auch Domitilla gab der Sklavin das Glas zurück, dessen Inhalt sie nicht gekostet hatte. Glücklicherweise unternahm der Claudier keinerlei Überredungsversuche, in diesem Laden länger verweilen zu wollen. Stattdessen machte er einen wahrhaft vortrefflichen Vorschlag, der der jungen Flaiva im Hinblick auf die abgemagerten Sklavinnen geradezu entgegen kam.
    „Eine gute Idee!“ Kurzum bot sie ihm ihren Arm an, damit er sie hinausbegleiten konnte. „Und bitte nenne mich Domitilla,“ fügte sie noch lächelnd hinzu. Ein Mann von seinem Stand musste sie nun wirklich nicht Domina nennen.


    „Den Göttern sei Dank!“, rief sie aus und atmete befreit durch, als die wieder draußen auf der Straße waren und einen Imbissstand ansteuerten. Einkaufen in Rom war zu etwas vollkommen ungewohntem geworden, an das sich die Flavia erst wieder gewöhnen musste. Doch vorerst wollte sie von irgendwelchen Modekrationen oder exklusiven Läden nichts wissen. Vielmehr wollte sie sich nun ihrer zuvorkommenden Begleitung widmen. „Du musst mich entschuldigen, für mich ist die Stadt noch so neu,“meinte sie nach einer Weile. "Wenn man bedenkt, wo ich die letzten zwei Jahre verbracht habe...", fügte sie nachdenklich hinzu...

    Mit der ungewohnten Titulierung konnte sie sich im Augenblick zumindest abfinden. Geschah es doch aus einer neckischen Anwandlung heraus, derer sich Fusus bediente um auf ihre Nachfrage einzugehen. Doch zukünftig wollte sie gerne darauf verzichten, so angesprochen zu werden, zumindest von Fusus, der nur wenige Jahre jünger als sie selbst war. Was den jungen Gracchus Minor betraf, so würde es sich wohl nicht vermeiden lassen, obgleich sie auf eine freundschaftlich geprägte Beziehung für die Zukunft hoffte, in der solche Titulierungen nicht unbedingt von Nöten waren.
    „Aha, mit anderen Angelegenheiten. Nun sicher wird sich eine Gelegenheit ergeben,“ entgegnete sie ihm freundlich.


    Eigentlich hatte sie es noch etwas aufschieben wollen, über das zu berichten, was ihr widerfahren war. Doch als Fusus sie nun darauf ansprach, konnte sie dies nicht länger hinauszögern. Offenbar wusste hier niemand etwas über ihren Unfall und ihr Verschwinden. Sie schob es auf die Ereignisse, die Rom und somit auch die Flavier heimgesucht hatte. Der Bürgerkrieg hatte das Augenmerk der Familie sicherlich abgelenkt.
    „Nun, bis vor zwei Jahren lebte ich bei meinem Vater in Ravenna. Dann, als die politische Situation zu eskalieren drohte, veranlasste er meine Reise nach Baiae zu unseren Verwandten dort,“ begann sie, vermied es aber tunlichst, die anvisierte Hochzeit mit einemFreund ihres Vaters zu erwähnen.
    „Unterwegs, wir befanden uns mitten in den Bergen, geriet mein Reisewagen in ein schweres Unwetter. Der Wagen wurde von einer Schlammlawine davon gerissen. Alle meine Sklaven waren tot. Ich selbst wurde schwer verletzt von einem Hirten gerettet und überlebte so. Anfangs hatte ich meine Erinnerungen verloren, was sich später sogar als Segen herausstellte. So überstand ich dort ganz unbehelligt den Bürgerkrieg.“ Der Blick der jungen Flavia ging zu ihren beiden Verwandten und musterte diese nachdenklich.
    „Es wundert mich, dass wohl niemand über mein Verschwinden unterrichtet wurde… was ist denn in der Zwischenzeit den Flaviern während des Bürgerkrieges widerfahren?“, fragte sie vorsichtig.

    Das Leuchten in Domitillas Augen erlosch recht schnell wieder, denn nur ein Blick genügte, um ihr deutlich zu machen, dass die Kreationen des berühmt berüchtigten Meisters nicht ihrem Geschmack entsprachen. Dennoch war sie fasziniert von der Art, wie er sich präsentierte. Die schwarze Binde, die seine Augen verbargen, ließen sie darauf schließen, dass er blind sein musste. Aber dieser Umstand verwirrte sie noch mehr.


    „Weshalb träg er den diese Binde um die Augen?“ wandte sie sich im Flüsterton zu Candace. „Ist er etwa blind?“ Das hätte eventuell auch erklärt, warum seine Kleider so "farblos" waren.
    Candace, die von Lagerfried vollkommen begeistert schien und kaum ihre Augen von ihm lassen konnte, fiel es sichtlich schwer, ihre Aufmerksamkeit nun auch noch mit Domitilla teilen zu müssen. Doch als gute Sklavin wusste sie recht schnell wieder, ihre eigenen Bedürfnisse, sofern diese überhaupt vorhanden waren, wieder ganz hinten anzustellen. „Nein, nein, Domina. er ist nicht Blind. Man behauptet, seine Augen wären irgendwie… äh magisch. Deshalb trägt er diese schwarze Stoffbinde.“
    Aha, magisch also… Domitilla wusste nicht recht, was sie von dieser Aussage halten sollte, widersprach es doch allen Gesetzmäßigkeiten der Natur des Menschen. Kurzzeitig sann Domitilla darüber nach, was geschehen würde, wenn man ihm die Binde abnahm. Wahrscheinlich gar nichts! Denn dieser seltsam aufgeblasene Stutzer schien nun wirklich nichts mit einer Medusa gemein zu haben.


    Inzwischen waren die Sklavinnen zurückgekehrt und drückten dem Claudier und der Flavia jeweils ein Gläschen in die Hand, in dem sich verdünnter Wein befand. Außerdem reichte eine weitere Sklavin den Herrschaften ein Schälchen, welches mit süßem orientalischem Gebäck bestückt war. Die Flavia lehnte dankend ab, da sie dieses klebrige Süßzeug nicht mochte. Obschon ihre Sklavin wohl gerne zugegriffen hätte.


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    Lagerfried


    „DarficheuchetwasganzAußergewöhnlicheszeigen? MeineneusteKreation. InLutetiaistdas“LeDernierCri!“ Daraufhin klatschte er dreimal in die Hände und schon erschienen einige weitere hübsche Sklavinnen, denen man, wie es schien, den letzten drei Monaten das Essen verweigert hatte. Jede von ihren trug eine schwarz-weiße Tunika, die sich im Prinzip alle auf unbestimmte Weise glichen.


    „Die sind ja alle nur schwarz-weiß!“, bemerkte Domitilla in leicht ungehaltener Weise. „Hast du nichts Buntes?“ Offenbar war Domitilla in die gleiche böse Falle getappt, wie die Kundin vor ihr. Die Physiognomie des Modegenies begann sich bedenklich zu verändern. „Buntes!“, wiederholte er abschätzig. „Buntes,Buntes,Buntes! WarumwollendieLeuteimmernurBuntes! SchwarzundWeißsinddieneuenFarben!“ Die Flavia wirkte sichtlich konfus und da ihre Kauffreudigkeit in diesem Laden rapide abnahm, wandte sie sich zu ihrem Begleiter, der bislang seltsam ruhig geblieben war. „Oh bitte Claudius, lass uns gehen!“

    Domitilla hing an den Lippen des Claudius. Mit ihm im Schlepptau, würde sie sicher endlich fündig werden. Im Grunde hasste sie diese Odyssee, ständig von einem zum anderen Laden zu ziehen und unzählige Kleider anzuprobieren. Wie einfach und doch so effektiv war doch Leben gewesen, welches sie noch bis vor kurzem geführt hatte! Ein Leben irgendwo in den Bergen, fernab von Rom und all seinen Verpflichtungen…


    „Gut, dann lass uns schnell zu Chanelix gehen!“ Die warnenden Worte ihres Begleiters ignorierte sie geflissentlich. Geld war nicht das Problem…


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    Lagerfried


    Nur wenige Schritte weiter hatte das gallische Traditionshaus Chanelix vor einigen Jahren auch in Rom ein Ladengeschäft eröffnet. Gelegentlich beehrte der verehrte Kreateur Lagerfried höchstpersönlich den Laden mit seiner Anwesenheit. Nach dem Ende des Bürgerkrieges war es besonders in Rom von Nöten gewesen, dort das Geschäft wieder anzukurbeln. Daher hielt er sich auch dieser Tage in Rom auf, um dort seine neueste Kreation an den Mann, beziehungsweise an die Frau zu bringen. Nicht nur für seinen Kundinnen, in der Hauptsache für sein Personal waren die Tage seiner Anwesenheit im wahrsten Sinne des Wortes spannend.
    Der mit Extravaganz gesegnete Germane, der ständig in einer schwarz-weißen Tunika steckte und seine Augen mit einem schwarzen Tuch verbunden hielt, war mittlerweile auch in Rom Kult geworden.


    Als nun die Einkaufsgesellschaft den Laden betrat, war der Maestro gerade damit beschäftigt, mit einer Kundin über deren Verständnis von Mode zu diskutieren. “Neinneinneinneinnein, dasgehtjagarnicht, dasistja furchtbar, furchtbarfurchtbaristdas. Absolutundiskutabel. DasSchwarzmitdenRot! Wokommenwirdenndahin, wennjederschwarzmitrot…neinneinein!“ Der Meister hatte der unwissenden Dame, die es gewagt hatte, in diesem Herbst Schwarz mit Rot zu kombinieren, ordentlich zugesetzt und so verließ sie darauf mit hochrotem Kopf den Laden.
    Nun konnte sich Lagerfried voll und ganz seiner patrizischen Kundschaft widmen. „Salvete, die Herrschaften!“, begrüßte er sie und trat dem männlichen Begleiter zuerst entgegen. Er dachte wohl, es handle sich um Domitillas Ehemann und da der ja die Zeche am Ende zahlen würde, war es angebracht, sich zuerst mit ihm zu beschäftigen.
    „Dina,Susa,Mila, gehtundholteinGläschenWeinundGebäckfürdieHerrschaften!“, rief er drei Sklavinnen zu und scheuchte sie davon.

    Dem Claudier sei Dank, erfuhr die Stimmung der Dominia geradezu Höhenflüge, als sich dieser dazu bereiterklärte, sie bei ihren Einkäufen zu begleiten. Candaces Befürchtungen, dieser angebrochene Tag könne in einem Meer aus Repressalien enden, schienen nun auf ein Minimum reduziert worden zu sein. Nun, da die Erleichterung sich in ihr auszubreiten begann, fand sie auch etwas Zeit, um dem Sklaven des Claudiers einen kurzen Moment ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Ein kurzes scheues Lächeln warf sie ihm zu, das musste für den Augenblick genügen, denn schon wandte sich Domitilla an sie.


    Domitilla konnte ihr Glück kaum fassen. Manch anderer Mann hätte sich flux aus dem Staub gemacht, hätte man ihn darum gebeten, als Einkaufsbegleiter zu fungieren. Der Claudier hingegen opferte sich freiweillig und sie, nahm dieses Opfer natürlich sofort an.
    „Mein lieber Claudius, allein deine Gesellschaft wird mir schon eine Bereicherung sein und meinen Entscheidungswillen… äh was die Kleidung anbetrifft, positiv beeinflussen.“ Ihr Entscheidungswille…? Domitilla sann kurz darüber nach, ließ es dann aber sein und wandte sich der Leibsklavin zu, die eine weitaus bessere Ortskenntnis besaß, als sie selbst.
    „Candace, welche Optionen stehen uns sonst noch offen? Ein Laden, in dem wir von Pleps unbehelligt sind, wäre mir sehr zuträglich!“
    Die Sklavin dachte kurz nach und offerierte ihrer Herrin schließlich einige Vorschläge.
    „Nicht weit von hier sind die exklusiven Läden von Chanelix* und Vanentinos, Domina. Ich denke, dort wirst du ungestört sein.“ Denn mal ehrlich, wer konnte sich denn schon die horrenden Preise für ein bisschen Stoff leisten?
    "Chanelix und Vanentinos... nun ja, das klingt doch gut! Was meinst du dazu, werter Claudius?", repetierte die Flavia und wandte sich wieder frisch engagiertem ihrem Begleiter zu.



    *=ausgelehnt bei Aelia Paulina. Danke dafür!

    Wie bei manchen heranwachsenden Knaben in diesem Alter, wirkte das Auftreten des Gracchus Minor sehr schüchtern und somit auch wortkarg. Doch wenn Domitilla genauer darüber nachdachte, erinnerte sie sich wieder daran, wie sehr der junge Flavius auch in seinen Kindetagen recht gehemmt gewirkt hatte. Hatte man ihn nicht Minimus gerufen? Ja, es fiel ihr wieder ein, sein Vater hatte ihn stets Minimus gerufen.


    Doch Fusus, der „neugewonnene“ Verwandte zeigte weitaus mehr Interesse an Domitilla und brachte sie sogleich in ausführlicher Weise auf den Stand der Dinge.
    „Das ist sehr aufschlussreich, mein lieber Fusus. Ich danke dir für deine Erläuterung.“ Ganz nebenbei gab sie ihrer Sklavin einen Wink, damit diese die Anwesenden, sie eingeschlossen, mit stark verdünntem Wein und Obst verpflegte.


    Nota bene hatte sie durch Fusus Ausführungen auch herausgefunden, dass es noch einen weiteren Flavier gab, der ganz offensichtlich auch in Rom zu weilen schien und den sie nicht kannte und was allerdings keine große Kunst war. Schließlich lebte die junge Flavia auch schon vor ihrem Unfall und der daraus resultierenden Absenz recht zurückgezogen und fern jeglichen Kontakts zu anderen Familienmitgliedern. Lediglich in den letzten Jahren, vor dem verehrenden Unglück, in dem sie in der Nähe ihres Vaters zu weilen hatte, war ihr angetragen worden, sich näher mit dem flavischen Stammbaum zu beschäftigen. Wie es nun aber bei vielen jungen Damen ihres Alters Usus war, gab es weitaus Wichtigeres, womit frau sich insgeheim beschäftigen konnte. Daher wirkte sie bei Fusus' Nachfragen leicht überrumpelt.
    Doch ganz unerwartet schien nun Minors Stunde geschlagen zu haben. Er konnte mit seinem Wissen glänzen, wofür ihm Domitilla auch sehr dankbar war. „Zu einer Großtante und einem Großneffen… in der Tat. Vielen Dank Gracchus Minor! - Wenn ich auch gestehen muss, dass ich mich mit dem Gedanken nur schwerlich anfreunden kann, eine Großtante zu sein. Dafür fühle ich mich noch zu jung,“ antwortete sie den beiden scherzend.
    „Aber du erwähntest deinen Bruder, Fusus? Ich darf doch annehmen, dass auch er hier in der Villa weilt?“ Bevor sie damit begann, ihre Verwandten von den Umständen ihres plötzlichen Eintreffens in Kenntnis setzen, wollte sie alle Eventualitäten abwägen, damit sie letztendlich ihre Geschichte nur einmal zu berichten hatte.

    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img51/84/d2q8.gif]
    Candace


    Auch für Candace schien dieser Tag allmählich zum Desaster zu werden. Zuerst die Vorwürfe ihrer Herrin am Morgen, weil deren Kleiderauswahl sich langsam ihren Ende neigte und sie eigentlich die Letzt war, die dafür etwas konnte, dann Domitillas Ermahnungen, weil sie ganz offensichtlich den falschen Händler empfohlen hatte, der den Ansprüchen der Flavia nicht genügte und nun auch noch das! Die Domina, so impulsiv wie sie nun mal war, hatte sie einfach stehen gelassen, wollte weitergehen und war von einem unverschämten Individuum einfach umgerempelt worden. Dass sie daraufhin mitten im Dreck gelandet war, war wohl für die Sklavin endgültig der absolute Super-GAU!
    Natürlich wollte sie gleich zu ihr eilen, doch da sie nicht die Statur eines Diomedes und das furchterregende Aussehen eines Ajax besaß, musste sie sich erst an der Menschenmasse vorbeischieben um zu der jungen Flavia zu gelangen. Erst als die Flavia bereits von einem Unbekannten Hilfe angeboten bekommen hatte, traf Candace endlich ein. Verlegen blieb sie neben ihrer Herrin stehen, die sich gerade dem Claudier vorgestellt hatte und für gewisse Unwichtigkeiten derzeit keinen Sinn hatte.


    Domitilla verdrängte im Handumdrehen die Peinlichkeiten, als sie das Antlitz ihres Retters erblickte. Alles um sie herum schien plötzlich banal und nebensächlich zu sein und hatte daher auch keine Bedeutung mehr führ sie. Selbst die Sklavin die nicht zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen war, hatte etwas von ihr zu befürchten.
    Ein seltsames Gefühl überraschte sie, welches direkt aus ihrem Innern heraus zu kommen schien und das einem Schwindelgefühl nicht unähnlich war.
    „Ja, du darfst mich begleiten…“ wohin du willst. Seine Augen schienen sie magisch anzuziehen. Sie konnte einfach nicht davon ablassen ihren Blick von ihm zu nehmen. Unwillkürlich zeichnete sich auch auf ihrem Gesicht ein breites Lächeln ab, welches sie ihm nur zu gerne schenkte, als er ihr seinen Umhang schützend um sie legte. Überwältigt von so viel Charme und Ehrgefühl wäre sie ihm wohl in der Tat überall mit hin gefolgt.


    Die Sklavin an ihrer Seite aber, die im Gegensatz zu ihrer Herrin ganz pragmatisch geblieben war, mahnte sie nun zum Sinn und Zweck ihres kleinen Ausfluges. Letztendlich würde sie wieder Domitillas Schelte einstecken müssen, wenn am Ende des Tages die Kleidertruhe der Herrin leer geblieben war. „Domina, du wolltest dir doch noch einige edle Kleidungsstücke ansehen!“


    Nur widerwillig löste sich Domitillas Blick von ihrem Retter, als sie Candaces Stimme vernahm. Daher widmete sie sich nur halbherzig der Sklavin. Viel lieber würde sie noch mehr Zeit mit ihrer neugewonnenen Bekanntschaft verbringen. Doch schließlich kommt ihr die Erleuchtung, wie sie das Notwendige mit dem Vergnügen paaren kann.
    „Werter Claudius, würdest du mir die Ehre geben und mich bei meinem Einkauf begleiten?“ Natürlich hoffte sie weniger darauf, in ihm einen kompetenten Berater in Sachen Mode zu finden. Vielmehr war sie darauf aus, etwas länger seine Gesellschaft genießen zu können.

    Die beiden Custodes hatten Mühe, der impulsiven Flavia zu folgen. Als diese jedoch zu Boden ging, war es höchste Zeit, für sie zu handeln. Einer der beiden, der glatzköpfige Diomedes, kümmerte sich um den ungehobelten Rempler, der andere war an Domitillas Seite geeilt, wo er sich nun direkt vor ihrem Retter in imposanter Weise aufbaute und ihn mit einem recht unwirschen Blick beäugte. Der bullige Thraker, mit seinem langen zottigen Haar und dem krausen Bart, dessen barbarisches Aussehen die meisten auch so schon in die Flucht schlug , war ein recht wortkarger Geselle. Statt seine grollende Stimme zu erheben, knurrte er den Claudier nur in bedrohlicher Weise an.
    „Ist schon gut Ajax!“, beruhigte Domitilla den Sklaven, der daraufhin sofort sein Knurren einstellte und weitaus weniger bedrohlich wirkte. Die Flavia hatte die Hand des Claudiers ergriffen und ließ sich von ihm aufhelfen. „Vielen Dank Claudius!“, entgegnete sie etwas überrascht, jedoch war sie im Grunde froh, im wahrsten Sinne des Wortes über einen Vertreter ihres Standes gestolpert zu sein.
    „Das ist einfach unglaublich!“, entrüstete sie sich, als sie an sich hinunter sah, um feststellen zu müssen, dass nun auch diese letzte Tunika endgültig ruiniert war. Domitilla hatte mit sich kämpfen müssen, um Contenance zu bewahren. Noch immer stand der Claudius vor.
    „Oh, wo bleiben nur meine Manieren!“ Die junge Flavia widmete sich wieder ihrem Retter. „Flavia Domitilla…“ So vor ihm stehen zu müssen, war ihr so peinlich. Wo war nur Candace abgeblieben? Dieser Tag artete langsam zu einem Alptraum aus!

    Kurz bevor Domitilla den anvisierten Stand erreicht hatte, tauchten auch endlich die beiden Custodes neben ihr auf und sorgten dafür, dass der jungen Flavia ausreichend viel Platz gemacht wurde, damit sie problemlos zu ihrem Ziel gelangen konnte. Zweifelsohne rief dies einen Aufschrei der Empörung bei einigen der anderen Marktbesucher hervor, was die Flavia allerdings nicht groß störte. Die beiden Custodes kümmerten sich um jeden, der auch nur im entferntesten Sinne der Flavia ein Haar krümmen wollte.


    Endlich hatte sie Zutritt zum Verkaufsstand gefunden und begann das Angebot des Händlers zu begutachten. Er hatte sogar einen Gehilfen hinzu gerufen, damit er sich ganz persönlich seiner patrizischen Kundschaft widmen konnte. Doch schon nach wenigen Blicken, begann sie an der Qualität der Stoffe herumzumäkeln. „Das nennst du eine gute Auswahl?! Wenn du mich fragst, ist das Billigware zu einem viel zu überhöhten Preis!“, fuhr sie den Händler an, der daraufhin sofort errötete und dagehalten versuchte. Dies gelang ihm allerdings nur schwerlich, die sich die Flavia bereits zu ihrer Leibsklavin hingewandt hatte. „Hierher zu kommen war reine Zeitverschwendung! Gibt es denn hier nichts Besseres?“
    Candace, deren das Ganze sehr unangenehm war, verfiel in Ausflüchte, um nicht den Zorn ihrer Herrin auf sich zu ziehen. „Bitte verzeih mir Domina. Dieser Händler ist eigentlich dafür bekannt…“ Weiter kam sie nicht, da ihr die Flavia das Wort abschnitt. „Papperlapapp! Mir ist es gleich, wofür dieser Händler bekannt ist. Dieses Zeug entspricht nicht meinem Anforderungen!“ Und damit war sie mit diesem Stand auch schon fertig.
    Beinahe wäre sie ihren Custodes erneut davongelaufen, wäre sie nicht von einem Passanten geschuppst worden, woraufhin sie lediglich mit einem „Autsch“ strauchelte, das Gleichgewicht verlor und sprichwörtlich vor den Füßen jenes Fremden landete, der ohne ihr Wissen versteht sich, die ganze Szenerie bereits eine Weile beobachtet hatte.