Natürlich hatte es Furore gemacht, als sich die Flavia so großzügig und gänzlich uneigennützig zeigte. Aber vielleicht war es gerade deshalb geschehen, um damit Aufsehehen zu erregen und um Beachtung zu finden. Flavia, die Großmütige, die selbst dem Armen Roms… hust...Moment... bevor sie noch vollkommen vom Strudel des Narzissmus mitgerissen wurde, horchte sie besser auf! Wie war das? Soeben hatte Tusca, eine der Freundinnen der Sergia doch tatsächlich angedeutet, die Empfängerin ihrer Kulanz könnte womöglich mit einer Krankheit behaftet sein. Das war nun eine schwerwiegende Behauptung, die die Liberalitas der Flavia im Mark zu erschüttern drohte. Die Patrizierin war bemüht, die Contenance nicht zu verlieren. Unglücklicherweise hatte sie nur die Leibsklavin mit ins Bad genommen, die ihr dabei hätte behilflichsein konnte, aber nun unabkömmlich war und wie es schien, auch für die folgenden Stunden unbrauchbar war!. Ihre anderen Sklaven warteten draußen vor den Thermen oder bewachten ihr Hab und Gut im Apodyterium. „Bona Dea! Was mache ich jetzt nur?“
Doch die Tiberia ließ es sich nicht nehmen und streute noch etwas mehr Salz in die sich öffnenden Wunden, als sie damit angab, eine der beiden „Damen“ zu kennen. Daraus keimte also auch ihre Großzügigkeit....
„Die Nichte des Triumphators, sagst du?“ Domitilla hatte ihren Ohren nicht getraut. Weitaus weniger gönnerhaft war ihr Blick, der nun folgte und den sie diesmal nur kurz zu den beiden Damen warf. Und so war es nicht verwunderlich, dass sie sich dem Spott der Damen anschloß. „Und wer ist diese andere „Dame“? Doch nicht etwa die Großnichte des Augustus vielleicht …?“, meinte sie zynisch.
Jedoch wurde die Frage der Flavia recht schnell beantwortet. Nicht etwa von Sergias Freundinnen, der Tiberia oder Sergia selbst. Nein, die betreffende Dame selbst hatte sich ihr genähert und sie mit Namen angesprochen. Domitilla kam nicht umhin, vor Schreck einen Schritt zurück zu machen, als sie sich zu der Dame umwandte. Kritisch musterte sie die junge Frau. Unglücklicherweise hatte sie bislang viel zu wenig Erfahrung mit sichtbaren Krankheitsmerkmalen gesammelt. Dafür waren Sklaven zuständig, die im Augenblick jedoch nicht verfügbar waren. Doch ihr Gegenüber machte einen recht gesunden Eindruck und so vertraute sie einfach dem, was sie vor sich sah. Ein verlegenes Lächeln folgte, bevor sie sich äußerte und die Begrüßung erwiderte. „Salve Quintilia! Es freut mich, dies zu hören.“
Inzwischen war auch Candace wieder an die Seite ihrer Herrin zurückgekehrt und wunderte sich darüber, warum diese ihr einen recht merkwürdigen Blick zugeworfen hatte.
Als sich dann noch die Decima ihrem kleinen Klub angeschlossen hatte, war die Flavia zwar dazu geneigt, sich bei den beiden Damen zu erkundigen, wo denn ihr Personal abgeblieben war, doch vorerst verzichtete sie darauf. Dafür waren ja schließlich Sergias Freundinnen zugegen, die in dieser Hinsicht nichts ausließen, da ihre Mundwerke scharfen Messern glichen.