Beiträge von Flavia Domitilla

    Natürlich hatte es Furore gemacht, als sich die Flavia so großzügig und gänzlich uneigennützig zeigte. Aber vielleicht war es gerade deshalb geschehen, um damit Aufsehehen zu erregen und um Beachtung zu finden. Flavia, die Großmütige, die selbst dem Armen Roms… hust...Moment... bevor sie noch vollkommen vom Strudel des Narzissmus mitgerissen wurde, horchte sie besser auf! Wie war das? Soeben hatte Tusca, eine der Freundinnen der Sergia doch tatsächlich angedeutet, die Empfängerin ihrer Kulanz könnte womöglich mit einer Krankheit behaftet sein. Das war nun eine schwerwiegende Behauptung, die die Liberalitas der Flavia im Mark zu erschüttern drohte. Die Patrizierin war bemüht, die Contenance nicht zu verlieren. Unglücklicherweise hatte sie nur die Leibsklavin mit ins Bad genommen, die ihr dabei hätte behilflichsein konnte, aber nun unabkömmlich war und wie es schien, auch für die folgenden Stunden unbrauchbar war!. Ihre anderen Sklaven warteten draußen vor den Thermen oder bewachten ihr Hab und Gut im Apodyterium. „Bona Dea! Was mache ich jetzt nur?“


    Doch die Tiberia ließ es sich nicht nehmen und streute noch etwas mehr Salz in die sich öffnenden Wunden, als sie damit angab, eine der beiden „Damen“ zu kennen. Daraus keimte also auch ihre Großzügigkeit....


    „Die Nichte des Triumphators, sagst du?“ Domitilla hatte ihren Ohren nicht getraut. Weitaus weniger gönnerhaft war ihr Blick, der nun folgte und den sie diesmal nur kurz zu den beiden Damen warf. Und so war es nicht verwunderlich, dass sie sich dem Spott der Damen anschloß. „Und wer ist diese andere „Dame“? Doch nicht etwa die Großnichte des Augustus vielleicht …?“, meinte sie zynisch.
    Jedoch wurde die Frage der Flavia recht schnell beantwortet. Nicht etwa von Sergias Freundinnen, der Tiberia oder Sergia selbst. Nein, die betreffende Dame selbst hatte sich ihr genähert und sie mit Namen angesprochen. Domitilla kam nicht umhin, vor Schreck einen Schritt zurück zu machen, als sie sich zu der Dame umwandte. Kritisch musterte sie die junge Frau. Unglücklicherweise hatte sie bislang viel zu wenig Erfahrung mit sichtbaren Krankheitsmerkmalen gesammelt. Dafür waren Sklaven zuständig, die im Augenblick jedoch nicht verfügbar waren. Doch ihr Gegenüber machte einen recht gesunden Eindruck und so vertraute sie einfach dem, was sie vor sich sah. Ein verlegenes Lächeln folgte, bevor sie sich äußerte und die Begrüßung erwiderte. „Salve Quintilia! Es freut mich, dies zu hören.“


    Inzwischen war auch Candace wieder an die Seite ihrer Herrin zurückgekehrt und wunderte sich darüber, warum diese ihr einen recht merkwürdigen Blick zugeworfen hatte.
    Als sich dann noch die Decima ihrem kleinen Klub angeschlossen hatte, war die Flavia zwar dazu geneigt, sich bei den beiden Damen zu erkundigen, wo denn ihr Personal abgeblieben war, doch vorerst verzichtete sie darauf. Dafür waren ja schließlich Sergias Freundinnen zugegen, die in dieser Hinsicht nichts ausließen, da ihre Mundwerke scharfen Messern glichen.

    Die junge blonde Sklavin, deren Aufgabe lediglich darin bestand, still im Hintergrund zu verharren und nur dann in Erscheinung zu treten, wenn von den flavischen Herrschaften ein Wunsch geäußert wurde, wirkte sichtlich überfordert, als der junge Falvier ausgerechnet sie in direkter Weise ansprach. In ihrer Unbeholfenheit suchte sie nach den rechten Worten und so verirrten sich schließlich einige ängstlich wiedergegebene Benennungen, eben jener anwesenden Flavier.
    „Dominus Flavius Gracchus und seine beiden Söhne sind da und Dominus Flavius Furianus und äh… Dominus Flavius Scato und sein Bruder Flavius… äh Dominus Flavius Iullus sind auch da… ach ja und Domina Flavia Domitilla…“ Letztgenannte Flavia war ihr, und wahrscheinlich noch ein paar anderen Sklaven, recht suspekt. Denn auch die namenlose Sklavin war seinerzeit bei ihrem Eintreffen zugegen gewesen. Damals war sie heilfroh gewesen, als die Flavia nicht sie, sondern ihre Freundin Candace als ihre Leibsklavin bestimmt hatte. Noch immer war sie am rätseln, ob sie deswegen nun neidisch auf Candace sein sollte.

    Nur ungern wäre die Flavia ohne jene turbulenten drei Damen, und der Tiberia versteht sich, ins Wasser gegangen, denn alle vier verfügten über ein enorm hohes Unterhaltungspotential, welches zweifelsfrei auch noch ausbaufähig war. Allein schon wegen der Fortführung der verbalen Konfrontation zwischen Sergia Fausta vs. Tiberia Lucia wollte sie auf deren Gesellschaft um nichts auf der Welt verzichten. Und so war sie hocherfreut, als die Sergia sie mit ihren besten Freundinnen bekannt machte. Dass sie die Tiberia dabei nur als eine Bekannte titulierte, war sicher nur einer ihrer weiteren kleinen stechenden Seitenhiebe gegeneben jene. Doch Domitilla hütete sich, ihr dabei zu widersprechen. Schließlich hatte sie Tiberia Lucia auch erst kennengelernt.
    „Salvete! Pontia Paula, Titia Tusca, ich freue mich sehr, auch euch kennenzulernen,” entgegnete sie ebenso freundlich den beiden Damen und machte ein paar Schritte in Richtung zur Tür, die zum Caldarium führte. Doch als Sergias Freundinnen die nachdenkliche Äußerung der Flavia zum Anlaß nahmen, ihre Mutmaßungen über jene beiden Frauen, die ohne Sklaven gekommen waren, wenn auch im Flüsterton auszusprechen, blieb die Flavia abrupt stehen und warf ihnen ebenso einen mitleidigen Blick zu.
    „Meint ihr wirklich? Wie schrecklich, ein Leben ganz ohne Sklaven!“ Und sie wusste genau, wovon sie sprach! So reizvoll wie die letzten beiden Jahre in den Bergen auch gewesen sein mochten, so war sie doch heilfroh gewesen, in der Villa Flavia endlich wieder von einem Heer aus Sklaven umgeben zu sein. Aus einem unerfindlichen Grund, hatte sie das Besdürfnis, etwas Gutes zu tun. Letztendlich war ja die Tiberia mit bestem Beispiel voran geschritten.
    „Vielleicht sollte ich meine Sklavin auch hinüber schicken, damit auch die andere Frau in den Genuss einer Massage kommt.“ Gesagt, getan. Die Flavia fackelte nicht lange und schickte ihre Candace hinüber zu jener blonden Frau, die nun zu ihnen herüber blickte.


    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img51/84/d2q8.gif]
    Candace


    Candace war unverzüglich, den Anweisungen ihrer Herrin entsprechend, hinüber zu der Bank jener blonden Frau geeilt.
    „Salve, meine Domina, die edle Flavia Domitilla schickt mich. Sie möchte dir eine Massage angedeihen lassen,“ sprach die Leibsklavin der Flavia in demütiger Haltung die Dame an und hoffte, sie würde das großzügige Geschenk ihrer Herrin annehmen.

    [Blockierte Grafik: http://s1.directupload.net/images/131011/hrl5vb44.jpg| Acanthus



    Einem ewigen Kreislauf gleich, hörte sich auch diesmal wieder der Ianitor geduldig an, was sein Gegenüber zu melden hatte. Dabei tangierte es ihn lediglich nur peripher, in wieweit sich dieser von seinem Auftreten angegriffen fühlte. Der altediente Ianitor tat nur seine Pflicht, indem er an der Porta die Spreu vom Weizen trennte. Der neu angekommene allerdings, gehörte eindeutig zum Weizen.


    „Der junge Dominus wird bereits erwartet!“, meinte er nicht minder grimmig zu dem Sklaven. Dabei schnipste er mit seinen Fingern, so dass der junge Phoebus, ein Sklavenjunge, der dereinst einmal Acanthus Nachfolger werden wollte, herbeieilte.


    [Blockierte Grafik: http://img339.imageshack.us/img339/3527/phoebusrt1.jpg]| Phoebus


    Indes hatte sich bereits der flavische Neuankömmling der Porta genähert, auf dass der Ianitor schon ansetzen wollte, um den jungen Herrn zu begrüßen. Doch genau an diesem Punkt, wurde jener ewige Kreislauf unterbrochen, indem eben genau dieser junge Herr ihn direkt ansprach, was den Türsklaven glatt aus dem Konzept brachte.
    „Äh…Ähm… Acanthus, Dominus… Salve, Dominus. Willkommen zu Hause.“
    Ein gequältes Lächeln konnte er sich gerade noch anbringen. wandte sich aber recht schnell zu dem Sklavenjungen, um ihm eine Anweisung zu geben.
    „Geleite den jungen Dominus ins Atrium und unterrichte Dominus Furianus von seiner Ankunft.“
    Das ließ sich Phoebus nicht zweimal sagen und führte den jungen Flavier ins Innere der Villa.

    [Blockierte Grafik: http://s1.directupload.net/images/131011/hrl5vb44.jpg| Acanthus


    Acanthus, Ianitor der Villa Flavia, betrachtete auf seinem Schemel hinter der Türe gedankenverloren seine Füße, die in einfach geschnittenen Sandalen aus Leder steckten und versuchte sich vorzustellen, wohin sie ihn hätten tragen können, wenn sein bisheriges Leben anders verlaufen wäre. Hartnäckig versuchte er sich vorzustellen, wie die Welt da draußen vor der Tür aussah und wie sich diese Welt verändert hätte, wenn er ein Teil davon geworden wäre. Ähnlich eines Wassertropfens, der in einen See tropfte und dann seine Kreise zog. Doch genau an diesem Punkt stieß er bereits an die Grenzen seiner metaphysischen Überlegungen, die so viel von ihm abverlangten, so dass er das plötzliche Klopfen an der Türe als höchst störend wahrgenommen hatte.
    Einen Deut griesgrämiger als er es für gewöhnlich war, tat er seine Pflicht und öffnete die porta.
    „Wer bist du und was willst du??!!“ bellte er den arglos wirkenden Sklaven, mit einem Blick der hätte töten können, an. Selbstredend erfasste der altgediente Ianitor mit einem geübten Blick ebenso die Szenerie im Hintergrund: Eine Sänfte, darauf das flavische Wappen, jener Caduceus, dessen Muster im Stoff der Sänfte mit eingewebt worden war.

    Noch ein wenig Brot, die leckere Sauce dazu und hin und wieder eine Traube, die sie sich von einem Sklaven reichen ließ und dazwischen ein kleiner Schluck des Weines. So mundete ihr die Cena. Jedoch diente das Mahl nicht nur der Nahrungsaufnahme. Ein weitaus wichtigerer Aspekt der allabendlichen Zusammenkunft war der Austausch an Neuigkeiten untereinander.
    Da nun Domitilla erst einige Wochen in Rom weilte, empfand sie es als besonders substanziell, aufmerksam dem zu folgen, was bei Tisch gesprochen wurde. Allerdings war sie selbst noch etwas am zweifeln, ob auch sie selbst die Cena mit ihren Neuigkeiten bereichern sollte. Schließlich kam sie mit sich selbst überein, die rechte Gelegenheit abzuwarten zu wollen, um der Familie von ihrer neuerlichen Begegnung zu berichten.


    Vorerst jedoch drehte sich die Unterhaltung immer noch um die nicht gerade überwältigenden Spiele des Duccius, wobei nun seine Person immer mehr in den Fokus rückte. Zwar hatte sie in den Thermen schon einiges von jenem Duccius erhaschen können, jedoch brachten es Gracchus‘ erklärende Worte auf den Punkt. Ein Homo Novus aus der germanischen Provinz. Zwangsläufig verursachte dies einige Reminiszenzen an ihre Mutter. Die Horatia pflegte zu jeder ihr sich bietenden Gelegenheit den Untergang des Imperiums zu prophezeien, sobald ihr zu Ohren kam, dass wieder einmal „einer der Barbaren aus der Provinz“ ein höheres Amt begleitete.
    „Ein Germane also?“, warf sie daher mit einem leicht abwertenden Ton ein, da sie schlichtweg ihre Herkunft nicht verleugnen konnte.

    „Salve Sergia! Auch von mir die besten Glückwünsche, obgleich ich den Glücklichen gar nicht kenne.,“ entgegnete die Flavia, nachdem die Tiberia so freundlich gewesen war und sie der Sergia vorgestellt hatte.
    Anfangs hatte sich Domitilla im Hintergrund gehalten und hatte sozusagen die Tiberia vorgeschickt. Schließlich war sie diejenige gewesen, die den Vorschlag gemacht hatte, zu jenen drei Damen hinüber zu gehen. Während sie so zu der Sergia sprach, beobachtete die Flavia ihre Physiognomie. Welch gekonnte Schauspielerin sie doch war. Eine wahre Meisterin ihres Faches. Aber auch die Sergia konnte ihr Metier und ließ das Gebaren der Tiberia nicht lange unbeantwortet. Und da sie es ganz offensichtlich nötig hatte, begann sie auch noch mit Namen aus der Vergangenheit zu glänzen. Selbst vor der Erwähnung der Gens Cornelia hatte sie sich nicht zurückhalten können. Nun ja, eine Verbindung ihrerseits mit dem neuen Kaiserhaus zu ziehen, war sicher nur der Wunschgedanke einer Dame, die auf diese Weise kompensieren wollte, was ihre Familie offenbar selbst nicht bewerkstelligen konnte.
    Domitilla indes, ließ sich dadurch nicht dazu hinreißen, ihrerseits mit der glorreichen Geschichte ihrer eigenen Familie zu prahlen, die gerade mal vor einigen Jahrzehnten gleich drei Kaiser gestellt hatte. Die Tiberia hingegen zog es vor, mit den aufgehenden Sternen am Firmament zu glänzen. Ob man nun tatsächlich noch von ihrem Bruder hören würde, war nun erst einmal dahingestellt, außerdem war es für die Sache hier gänzlich unwichtig.
    So genoss sie still den Schlagabtausch, der sich allmählich zwischen den beiden Frauen anbahnte und sich unermüdlich hochschaukelte, ohne jedoch zu billig zu werden. Genau das war es, was ihr gefiel.


    Als sie jedoch angesprochen wurde, konnte sie sich dem nicht entziehen und war gezwungen, die Beobachterrolle aufzugeben und nun ebenso aktiv in die Unterhaltung einzugreifen.
    „Ein bisschen Wasser könnte uns sicher nichts schaden! Lasst uns gehen,“ entgegnete sie freundlich, allerdings mit gewissen Hintergedanken, der Tiberia, aber auch an die Sergia und ihre beiden Freundinnen gewandt. Als ihr Blick sich von den Frauen löste und durch das Trepidarum ging, blieb er bei jenen beiden Frauen hängen, zu denen Arsinoe, die Sklavin der Tiberia gesandt worden war.
    „Seltsam, wie kann man nur einem Ort wie diesen, so ganz ohne Personal aufsuchen!“, sagte sie nachdenklich und womöglich klang es etwas hochnäsig. Dabei war es keineswegs ihr Ansinnen gewesen, sich über die beiden lustig zu machen. Nur entzog es sich ihrem Verständnis als Patrizierin, dass man sich überhaupt ohne Sklaven aus dem Haus, hinaus auf die Straße begeben konnte. „Kennt ihr die beiden? Dort drüben, wo du deine Arsinoe hingeschickt hast…“

    Lange hatte sie es aufgeschoben, hatte es vergessen oder redete sich ein, nicht in der passenden Stimmung zu sein, um den Brief an den Vater aufzusetzen. Aber nun gab es keinen weiteren Aufschub mehr. Domitilla hatte sich an ihren kleinen Tisch in ihrem Cubuiculum gesetzt, ihre Sklavin hatte ihr Papyrus, Tintenfass und Schreibfeder gereicht und nun spielte sie mit dem Schreibgerät, welches anfangs verkrampft, dann etwas lockerer in ihrer Hand lag. Beharrlich überlegte sie, wie sie ihren Brief beginnen sollte.

    Liebster Vater,… Nein! Auf keinen Fall, liebster Vater! Diese vertrauliche Anrede hatte Aetius einfach nicht verdient. Lieber Vater,… ach nein, auch das war keinesfalls passend. Aetius war nicht lieb! Nicht zu ihr jedenfalls.
    „Bei Iunos… wenn ich nur wüsste… wie ich beginnen soll!“ Wenn sie nur wenig mit ihrem Vater gemein hatte, so hatte sie zumindes das Fluchen von ihm gelernt. Und die letzten zwei Jahre auf dem Land hatten keinesfalls dazu beigetragen, dies wieder abzulegen. Ihre Malaise sankt auf den absoluten Tiefpunkt. Wenn ihr bereits die Anrede solche Schwierigkeiten bereitete, wie sollte sie da einen einigermaßen sinnvollen Brief zustande bringen?
    Ihre Sklavin, die sich bisher dezent im Hintergrund hielt, aber alles aufmerksam verfolgte, was ihre Herrin tat oder sagte, um sofort präsent zu sein, wenn sie gebraucht wurde, erlaubt sich, ihre ganz eigenen Gedanken zu diesem Thema zu machen. Da sie glaubte, der Flavia gute Dienste erweisen zu können, setzte sie sich über ein ganz wichtiges Gebot hinweg, die einen guten Sklaven ausmachten: Nur Antworten, wenn man gefragt wurde!


    „Wie wäre es mit ‚Mein liebster Papa‘, Domina?“, schlug sie arglos aus dem Hintergrund vor, ohne zu ahnen, dass sie damit den ganzen Unmut ihrer Herrin nun auf sich zog.
    Die Flavia ließ langsam die Feder sinken, dann wandte sie sich noch langsamer zu ihrer Sklavin um und taxierte Candace mit einem Blick der nichts Gutes vermuten ließ. Mein liebster Papa also…“, echote sie, noch recht beherrscht.
    „Du hast doch gar keine Ahnung davon, wie er ist! Wie er sein kann!“ Recht schnell hatte sich ihr Blick noch weiter verfinstert. „Sprich nicht von Dingen, von denen du nichts verstehst, dumme Gans!“, fauchte sie ungehalten und drehte der Sklavin wieder den Rücken zu.
    In der nur langsam abebbenden Rage, begann sie zu schreiben, recht knapp, ohne viel Schnörkel und mit noch weniger Emotionen:



    Ad
    Cnaeus Flavius Aetius
    Villa FlaviaRavenna
    Provincia Italia



    Salve Vater!


    Ich lebe und es geht mir gut. Nach dem Unfall, bei dem alle Sklaven zu Tode kamen, hatte ich das Glück, wenn auch schwerverletzt gerettet zu werden. Die letzten zwei Jahre verbrachte ich zurückgezogen unter Bauern im Apennin, wo ich vor Salinators Schergen sicher war. Bitte entschuldige, wenn diese Ereignisse deine Pläne, die Du mit mir vor hattest, zunichte gemacht wurden.


    Seit einigen Tagen nun bin ich zurück in Rom und weile bei unseren Verwandten in der Villa Flavia Felix. Wenn es dir deinem Willen entspricht, würde ich gerne noch für eine Weile in der urbs aeterna bleiben.
    Nach dem Sturz des Tyrannen findet das Leben langsam wieder zur Normalität zurück. Viele, die während dieser dunklen Zeit fliehen mussten, sind bereits wieder zurückgekehrt. Eigentlich hatte ich auch gehofft, meine Schwester Nigrina hier vorzufinden. Doch wie ich erfuhr, soll sie sich bei Dir in Ravenna aufhalten.
    Bitte sende ihr meine allerbesten Wünsche und teile ihr mit, wie sehr ich sie vermisse und mich freuen würde, sie bald wiederzusehen.
    Mögen die Götter Dich behüten.


    Vale bene,


    Domitilla


    Eine Weile starrte sie auf das Geschriebene, bis sie schließlich den Papyrus zusammenrollte und es ihrer Sklavin entgegenstreckte. „Sieh zu, dass dieser Brief zu meinem Vater nach Ravenna kommt!“

    Offenbar fiel es dem Claudier sehr schwer, darüber zu sprechen. Man sah es ihm an, was in ihm vorgehen mochte. Domitilla hatte wohl, ohne es zu ahnen, eine der unverheilten Wunden seiner Seele getroffen. Aber vielleicht machte es das gerade erst interessant. Sehr aufmerksam verfolgte sie nun, was ihr Centho zu diesem Therma noch anvertraute. Als eine Ungeheuerlichkeit hatte er seine Söhne bezeichnet, ihrer Herkunft wegen. Aber im gleichen Atemzug ließ er sie wissen, dass ihre Zeugung das Beste war, was er geschaffen hatte. Offenbar war diese Beziehung und das Produkt daraus doch etwas mehr gewesen, als eine einfache Liebschaft zu einer niederen Frau.


    Ihre Blicke trafen sich einmal mehr und wieder sah er sie so an. Die Flavia quittierte dies mit einem aufmunternden Lächeln, mehr konnte sie eh nicht tun, nur zuhören- Und das tat sie dann auch – mit wachsendem Interesse.
    Er sprach weiter davon, dass er eventuell wieder zurückkehren wolle, was in ihren Augen wohl ein herber Verlust gewesen were, nicht nur für Rom… und falls er hier unabkömmlich wäre, so würde er die beiden „Jungs“ nachkommenlassen. Aber damit nicht genug, er wollte sie legitimieren, sie als seine Söhne, was sie ja im Grunde auch waren, annehmen. Seine zukünftige Frau, und dabei berührte er leicht ihre Hand, hätte dies zu akzeptieren.
    „Ja,… äh nein,“ die Flavia räusperte sich bevor sie sich zu diesem brisanten Thema äußerte. „Nein, du schockierst mich keinesfalls damit. Es gibt viele Männer, die aus einer ersten Verbindung ihre Söhne mitbringen,“ meinte sie lächelnd. In ihrem Inneren aber brannte die eine Frage auf ihrer Seele, der Stand der Mutter. Sie war doch hoffentlich keine Sklavin gewesen! Dann wären ihre Brut auch Sklaven, obgleich der Vater ein Patrizier war. Allerdings würde sie sich davor hüten, ihn direkt darauf anzusprechen.
    „Deine Gefährtin, wie du sie nanntest, muss wohl eine sehr außergewöhnliche Frau gewesen sein. Möchtest du mir etwas über sie erzählen?“, fragte sie schließlich in ihrem mitleidig aufmunternden Ton, ohne dabei aber ihre wahren Absichten preiszugeben.

    Die junge Flavia genoss das gemeinsame Abendmahl in Kreise ihrer Verwandten. Eine Art Gefühl der Verbundenheit und des Geborgenseins verspürte sie dann immer. Etwas was ihr in Ravenna gänzlich gefehlt hatte und sie im Grunde nur aus ihren Kindertagen in der Villa ihrer Mutter in Aquileia her kannte.


    Domitilla hatte auf der rechten Kline Platz genommen. Sie mochte scharfes Essen und hatte sich deshalb ein wenig vom gebratenen Schwein, inklusive der dazugehörigen Sauce auf ihrem Teller anrichten lassen. Mit etwa frischgebackenem Brot goutierte sie das köstliche Mahl und wollte den Bissen mit etwas verdünnten Wein hinunterspülen. Deplorablerweise war ihr Becher aufgrund der Schärfe der Speise schon zur Neige gegangen. „Etwas verdünnter Wein.“ Sie hob etwas ihren Becher an, damit ihr ein Sklave einschenken konnte.


    Mit Interesse verfolgte sie das Tischgespräch, welches sich nun um die Spiele der 4-Götter-Festtage drehte. Sie selbst war zwar nicht dort gewesen, doch hatte sie einiges darüber während ihres Aufenthaltes in den Thermen hie und da aufschnappen können, worüber sie nun zu berichten wusste.
    „Unglücklicherweise war ich unpässlich, doch auch ich habe ähnliches in den Thermen vernommen“, pflichtete sie Furianus bei. „Langweilig soll es gewesen sein, tödlich langweilig!“ Doch selbst langweilige Spiele wären der Flavia wohl eine willkommene Abwechslung gewesen, nach der langen Zeit auf dem Lande, fernab von Rom. Wie dumm, dass sie sich nicht wohl gefühlt hatte!

    Ja, in der Tat, er machte sich gut in der Toga Virilis! Domitilla hatte als stille Beobachterin der Stationen der Mannwerdung, die ihr Neffe durchlaufen hatte, fungiert. Nun, da sich die Feierlichkeiten ihrem Ende zu neigten, war es an der Zeit, sich auch den Gratulanten anzuschließen. Die Flavia sah sich nach ihrer Sklavin um, die wie es sich für sie ziemte, dezent im Hintergrund verweilte. Die ganze Zeit über, war das Geschenk ihrer Herrin in ihrer Obhut gewesen. Nun, da sie sie Blicke ihrer Domina wahrgenommen hatte, begab sie sich ohne Umschweife in ihre Nähe.
    Jenes ebenhölzerne Kästchen mit den goldenen Beschlägen, welches die Sklavin die ganze Zeit über bei sich getragen hatte, beherbergte einige Papyri, mit gesammelten Reden des Isokrates, den man zweifellos zu den bekanntesten attischen Rhetoren zählen durfte. Ein würdiges Geschenkt, so hatte Domitilla gehofft, welches dem jungen Flavius konvenieren und für seinen zuküftigen Lebensweg nützlich sein könnte.


    „Mein lieber Gracchus Minor, auch von mir die allerbesten Glückwünsche! Deine Eltern müssen ungemein stolz auf dich sein! Nimm dieses bescheidene Geschenk an, auf dass es dir viel Freude bereiten möge!“ In diesem Augenblick trat Candace, die Leibsklavin der Domitilla einen Schritt nach vorne und übergab dem jungen Flavius mit einer angedeuteten Vorbeugung die Gabe ihrer Herrin.


    Die großen erwartungsvollen Augen der Flavia waren auf ihren Neffen gerichtet, um seine Regungen abschätzen zu können, die ihr Geschenk bei ihm verursachen mochten. „Ich hoffe, diese Auswahl der Reden des Isokrates kommt dir zupass, lieber Gracchus,“ fügte die Flavia nach einer kurzen Weile noch hinzu, um sich zu versichern, das rechte Geschenk ausgesucht zu haben.

    Zitat

    Original von Tiberia Lucia
    [b] ...


    Natürlich hatte Candace ihre Sache gut gemacht. Etwas anderes konnte man von einer flavischen Sklavin auch nicht erwarten. So erntete sie einen anerkennenden Blick ihrer Herrin, als diese die lobenden Worte der Tiberia vernahm. Sie Sklavin indes, kehrte auf der Stelle an die Seite ihrer Herrin zurück.
    „Oh, es war mir ein Vergnügen,“ erwiderte die Flavia gönnerhaft und registrierte dabei auch gleich ihr Versäumnis. Sie hatte sich noch gar nicht vorgestellt. „Aber, aber, wo bleiben nur meine Manieren? Ich bin Flavia Domitilla. Auch ich bin sehr erfreut, dich kennenzulernen, Lucia!“


    Wieder wurde Domitillas Aufmerksamkeit durch die drei Damen und deren Gelächter abgelenkt und wieder warf sie einen verstohlenen Blick zu ihnen hinüber. Der Wunsch, zu ihnen zu stoßen, wuchs weiter in ihr. Sie hatte gehofft, die Tiberia könnte ihr einen Zugang verschaffen, allerdings waren ihr die Damen ebenso unbekannt, doch Wunder, sie kannte den Mann, über den sie sich unterhielten. Die Flavia sog selbstredend diese Informationen in sich auf wie ein Schwamm. Schließlich sollte man den einen oder anderen Bewohner dieser Stadt kennen, wenn man Einzug in die bessere Gesellschaft suchte.
    „So so, Duumvir in Ostia… Oh, und dein Bruder hat sich zur Wahl zum Vigintivirat gestellt? Interessant! Und…? Ich hoffe, er war erfolgreich?“, fragte sie nach. Unglücklicherweise waren durch ihre lange Absenz ebenso die Wahlen an ihr vorbeigegangen. Ach ja, sie hatte ja so viel versäumt, wie sie wieder einmal feststellen musste.
    Offenbar hatte aber auch die Tiberia die Verlobung des Iulius versäumt, denn sie schien nicht gerade erfreut darüber, diese Nachricht in den Thermen aufzuschnappen. Natürlich entging es Domitilla nicht, wie Lucia die glücklich Verlobte musterte. Wenn Blicke töten könnten… Selbstverständlich sträubte sie sich nicht gegen Lucias Vorschlag, der Glücklichen zu gratulieren. Zum einen bestand die Möglichkeit, so in Kontakt mit den Damen zu kommen, zum anderen versprach diese Begegnung noch recht brisant zu werden und das wollte sich die Flavia auf keinen Fall entgehen lassen!

    Ihre Nachbarin war durchaus geneigt, Domitillas großzügiges Angebot anzunehmen und während Candace den Nacken ihrer Herrin noch unablässig mit ihren Händen bearbeitete, genügte lediglich ein Fingerzeig der Flavia, damit sie innehielt und sich dem verspannten Nacken der Nachbarin zuwandte.
    Geschmeidig, doch mit moderatem Druck begann sie die Muskelpartien der Schultern zu massieren und arbeitete sich langsam aber zielstrebig den Nacken der jungen Frau hinauf.


    Während nun ihre Leibsklavin so beschäftigt war, hatte sich die Flavia aufgesetzt und beäugte das Werk ihrer Candace. „Ich hoffe, Candaces Fähigkeiten entsprechen voll deinen Ansprüchen,“ meinte sie nach einer Weile, obwohl sie keinen Zweifel daran hegte, dass dem nicht so war. Candaces Fertigkeiten waren das Resultat einer langjährigen Ausbildung, die bereits in den frühesten Kindheitstagen begonnen hatte und selbst jetzt noch andauerte.


    Nach und nach füllte sich das Trepidarum unablässig, so dass die Bänke allmählich knapp wurden. Wie gut, dass sie recht früh den Weg hierher gefunden hatte!
    Da Candace noch mit der Dame nebenan beschäftigt war, begnügte sich Domitilla damit, ein wenig ihre Umgebung zu studieren. Eine weitere junge Dame erschien, die offenbar mit ihrer Nachbarin befreundet war, sich aber etwas weiter von ihnen setzte.


    Letztendlich schloß Candace ihre Nackenmassage ab und strich der Tiberia noch einmal über den Nacken, bevor sie sich endgültig von ihr abwandte uns sich wieder zu ihrer Herrin begab.
    Ehe sich Domitilla nun wieder ihrer Nachbarin geschweige denn ihrer Sklavin zuwenden konnte, wurde sie durch das Eintreffen dreier lautstarken Damen, die just den Raum des Trepidariums betraten, abgelenkt. Die Drei wirkten recht ausgelassen und selbst wann man ihrem Gespräch nicht zur Gänze folgte, war es doch sonnenklar, worum es dabei ging. Das Thema „Mann – und wie man sich ihn angelte“ gehörte wohl zu einem der beliebtesten Themen unter den Frauen, gerade in ihrem Alter und wäre Domitilla Teil dieser Runde gewesen, hätte sie sicher ihren Teil dazu beitragen können. Doch unglücklicherweise war sie das nicht. Ein kurzer Anflug von Neid überkam sie daraufhin, der jedoch schnell verflog und von einem Wunsch beflügelt wurde, an diesem Umstand etwas zu ändern.
    Einige Namen fielen, mit denen sie leider nur wenig anfangen konnte, da sie dafür einfach noch zu kurz in Rom weilte.
    Stets hatte Domitilla unter dem Fehlen gleichaltriger gelitten, die ihr ihre Mutter und später hinaus der Vater vorenthalten hatte. Doch nun, da sie dabei war, Rom für sich zu entdecken, wollte sie dies nun endgültig ändern. Ein erster Schritt hierzu war der heutige Gang in die öffentlichen Thermen.
    „Kennst du die Drei?“, erkundigte sie sich schließlich bei ihrer Nachbarin, der die drei Damen ebenso aufgefallen waren.

    Im Nachhinein war die junge Flavia über sich selbst überrascht, einem gänzlich fremden Mann, der zwar ungemein charmant war, so viel über sich und ihre Familie preiszugeben. Doch irgendetwas hatte sie dazu bewogen, quasi aus dem Nähkästchen zu plaudern. Vielleicht war es das Gefühl, welches sie schon eine Weile beschlich, Claudius Centho schon lange zu kennen. Um ihn nun tatsächlich noch besser kennenzulernen, hörte sie ihm andächtig zu, als er seinerseits begann, aus seinem Leben zu erzählen.
    Offenbar war auch seine Kindheit von einer gewissen Zerrissenheit geprägt, die sie sehr gut nachvollziehen konnte. Wie sie war auch er ein Gefangener im goldenen Käfig gewesen. Das starre, von Autorität und Pflichtbewusstsein geprägte Gebilde, welches wohl jede patrizische Gens darstellte. Nur hatte er es gewagt, sich aufzulehnen. Sie empfand darin nichts Verwerfliches. In gewisser Weise hatte sie sich ja auch gegen ihren Vater aufgelehnt, als sie sich nach dem Unfall mehr oder weniger für zwei Jahre lang tot gestellt hatte.
    „Eine Vermählung…?“, entfuhr es ihr gefesselt. Wie sehr waren sie sich doch ähnlich! Diese Tatsache machte ihn noch ein ganzes Stück attraktiver für sie. Nie zuvor hätte sie es für möglichgehalten, dass es wohl irgendwo auf der Welt eine Art Pendant zu ihr gab. Die Tatsache, dass sie ihm nun scheinbar begegnet war, musste ein Wink der Götter gewesen sein.


    Wie abenteuerlich, so stellte sie mit voller Bewunderung fest, war sein Leben bisher verlaufen. Mona… eine Insel bei Britannia! Wie aufregend! Vor ihrem inneren Auge erschienen wilde barbarische Krieger, die Haare mit Kalkwasser weißgefärbt, die nackte Haut mit blauer Farbe bemalt, so wie sie es einst irgendwo aufgeschnappt hatte. Schon immer war Domitilla für Geschichten aus fremden Ländern empfänglich gewesen. Ihr Vater hatte dies immer als unnötige Schwärmerei abgetan. ‚Mona ist dort, wo deine Haare herstammen, Liebes‘, wäre mit größter Wahrscheinlichkeit Flavius Aetius Bemerkung gewesen, wäre er nun anwesend gewesen.
    Der Fakt, dass er mit einer Gefährtin zwei Söhne gezeugt hatte, beunruhigte sie nicht weiter. Centho war eben auch nur ein Mann, der offenbar auch seine Bedürfnisse hatte. Allerdings, so konnte Domitilla seinen Worten entnehmen, hatte er einiges für diese Frau empfunden, auch wenn sie, wie Domitilla vermutete, von niederer Herkunft oder sogar eine Sklavin gewesen war.
    „Das tut mir leid für dich,“ entgegnete sie, nachdem er geendet hatte. „Und deine Söhne, von denen du gesprochen hast… Hast du deine Söhne mit nach Rom gebracht?“


    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img51/84/d2q8.gif]
    Candace


    Inzwischen, ein paar Tische weiter, hatte Candace ihre erste Nervosität langsam abgelegt und sie entspannte sich in der Gegenwart Dracons, der ihr durch seine Ratschläge in gewisser Weise weiter half. „Britannia? Kommst du von dort?“, fragte sie ihn neugierig, als er die Insel mit ihrer Domina verglich. Candace selbst hatte in ihrem Leben bisher nur die flavischen Anwesen in Rom und Baiae gesehen, von fremden Ländern allerdings waren ihr nur Gerüchte zu Ohren gekommen.
    Ebenso war sie erstaunt, wie gelassen er über die claudische Vilica sprach. Sie selbst hätte sich nie erlaubt, sich mit Scurius, dem flavischen Vilicus auf eine Stufe zu Stellen. Dafür war ihre Furcht vor ihm viel zu groß.
    „Die Flavier verfügen über eine große Zahl von Sklaven. Natürlich kenne ich einige von ihnen.“ begann sie zu berichten. „Viele von ihnen stammen auch aus der flavischen Zucht, so wie ich selbst. Wir können auf eine lange Tradition im Dienste der Gens Flavia zurückblicken. Meine Eltern und meine Großeltern dienten bereits den Flaviern und ich kann mich glücklich schätzen, von meiner Domina als Leibsklavin ausgewählt worden zu sein.“ Die Sklavin empfand diesen Umstand als etwas ganz besonderes. Für die Zucht wurden immer nur die besten Sklaven ausgewählt, daher konnte sie auch stolz darauf sein.


    Candace blickte hinüber zu dem Claudier, der sich recht angeregt mit ihrer Domina unterhielt. Dracons Bemerkung, sein Dominus benähme sich seltsam, hatte ihr Interesse geweckt.„Meinst du wirklich?“ Nun, da er es erwähnt hatte, ging auch ein forschender Blick zu Domitilla. Bei genauerer Betrachtung konnte sie nun auch bei ihr feststellen, dass die Domina Gefallen an dem Claudier gefunden hatte.
    „Nun, das wäre sehr schön, dann würde eventuelle die Möglichkeit eines Wiedersehens bestehen.“ Und ein Besuch im Theater würde auch der Sklavin gefallen. Bisher hatte sie noch nie die Gelegenheit dazu gehabt, ein Theater oder gar eine Arena von innen zu sehen. Und der Gedanke, Dracon dort wiederzusehen war in der Tat sehr verlockend.
    „Du kennst dich mit Gladiatoren aus?“

    http://imageshack.us/a/img585/4978/rj5.gif16. und 17. November 2013, jeweils 10-18 Uhr
    Tage der offenen Werkstätten
    Mitte November gewähren die Restauratorinnen und Restauratoren des RGZM wieder einen der seltenen Einblicke in ihre Werkstätten. Edelmetalle, aber auch einfache Stoffe, prächtige Grabbeigaben und aufsehenerregende Einzelfunde werden hier konserviert und rekonstruiert. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in Museen, Ausstellungen und Publikationen weltweit zu finden.
    Die Veranstaltung findet in den Werkstätten des RGZM (Gebäude neben dem Kurfürstlichen Schloss) statt.
    Eintritt frei!

    Sim-Off:

    Sorry, hatte ich ganz vergessen! :(


    Fusus´ aufrichtiges Mitgefühl, mit dem er den jungen Flavius wie auch sie bedachte, empfand sie als sehr rührend. Obschon er sie kaum kannte, auch wenn sie miteinander verwandt waren. Blut musste eben doch ganz eindeutig dicker als Wasser sein. Sie hoffte darauf, auch in Zukunft in schwierigen Situationen auf ihren Neffen bauen zu können und in ihm einen Vertrauten zu finden.
    „Dein Angebot ist sehr zuvorkommend, Fusus. Ich danke dir dafür und wenn du erlaubst, werde ich gerne darauf zurückkommen, wenn ich deiner Zuwendung bedarf. Doch wie Gracchus Minor es bereits sagte, geht es uns allen wieder gut. Den Göttern sei Dank!“
    Selbstredend hatte Domitilla nicht die leiseste Ahnung davon, wie es dem Jüngling während der Flucht ergangen war und wie es nun in seinem Inneren aussah. Im Grunde hatte sie gar keine Erfahrungen mit Jünglingen in diesem, doch für ihre Entwicklung sehr wichtigen, aber auch sehr schwierigen Alter. Dementsprechend empfand sie nun die Atmosphäre etwas bedrückend wenn nicht sogar leicht rührselig.


    „Was haltet ihr davon, wenn wir den Göttern dafür danken, dass sie uns alle wohlbehalten wieder nach Rom zurückgeführt haben? Und wenn wir schon dabei sind, wie wäre es, wenn wir danach ein wenig der Kultur frönen?“ Der Glanz war in Domitillas Augen zurückgekehrt, als sie die Idee, die soeben in ihrem Kopf geboren worden war, sogleich mit ihren Verwandten teilte.
    „Gracchus Minor,“ wandte sie sich an den jungen Flavius. „Du bist doch ganz sicher darin bewandert, was in den Theatern Roms derzeit gespielt wird? Ich hätte große Lust auf eine Komödie!“

    Auch sie schmunzelte, als sie sich bildlich vorstellte, wie sich ihr Vater und Centho bei dieser Auseinandersetzung wohl schlugen. Wie sie ihren Vater kannte, würde er wohl unablässig auf den Claudier einreden, um dabei ganz nebenbei herauszufinden, wie rentabel wohl eine Verbindung mit dem Claudier wäre und wo genau bei ihm seine Qualitäten lagen. Bis dieser sich dann wohl freiwillig ergab und, was sie nicht hoffen wollte, erschreckt die Flucht ergriff.
    „Wer es freiwillig wagt, sich mit meinem Vater anzulegen, der kann kein Schwächling sein,“ entgegnete sie ihm scherzhaft. Schließlich kannte sie Aetius und sie wusste, wie aggressiv er sein konnte. Zwar nicht körperlich, doch dafür verbal.


    Auch Domitilla konnte dem köstlichen Imbiss nicht widerstehen und tat es dem Claudier gleich, indem auch sie sich noch etwas Brot nahm und es kurz mit dem Olivenöl vereinigte, bevor sie davon ein Stück abbiss.
    „Meine Familie… nun ja, das ist so eine Sache…“ , begann sie. „Meine Eltern haben sich einige Zeit nach meiner Geburt getrennt. Ich wuchs bei meiner Mutter, Horatia Lepida in Aquilea auf. Du kannst dir sicher vorstellen, dass die Horatier in Aquilea nach der Scheidung meiner Eltern nicht mehr das Geringste für die Flavier im Allgemeinem übrig hatten. Dementsprechend wurde ich erzogen. Ansonsten wuchs ich recht behütet bei meiner Mutter auf. Meinen Vater und meine Geschwister hingegen, lernte ich erst richtig kennen, als ich dreizehn Jahre alt wurde. Damals hatte er mich zuerst nach Ravenna holen lassen, um mich kurz darauf nach Rom zu meinen Geschwistern zu schicken... Du kannst dir vorstellen, dass mein Vater damit das Gemüt meiner Mutter noch mehr in Wallung brachte.“ Domitilla konnte sich noch gut daran erinnern, wie fröhlich sie gewesen war, als ihr Vater sie hatte abholen lassen und wie sehr sie sich auf Rom gefreut hatte, während es ihrer Mutter das Herz gebrochen hatte, als sie sie hatte gehen lassen müssen.


    „Nun ja, meine Zeit in Rom war nicht von langer Dauer. Ich musste wieder zurück nach Ravenna und dort verblieb ich, bis zu dieser unglückseligen Reise nach Baiae. Aber was soll ich sagen, meine Familie hier ist im Grunde mehr oder weniger imm noch fremd für mich. Meinen Cousin, Flavius Gracchus kenne ich kaum , ebenso seinen Sohn und meine Neffen habe ich erst vor wenigen Tagen kennengelernt. Mein Bruder, der mir viel bedeutet hatte, starb vor einigen Jahren und meine geliebte Schwester, nun ja, sie weilt wohl derzeit in Ravenna.“ Dieser Umstand war wohl der bedauerlichste für sie, hatte sie sich doch so darauf gefreut, Nigrina wieder zu sehen.


    „Und ja, du hast recht! Einen Erwartungsdruck gibt es nicht für mich, solange ich das tue, was mein Vater von mir verlangt.“ Dabei musste sie unweigerlich an den Grund ihrer Reise nach Baiae denken, der angestrebten Hochzeit mit diesem Greis. Noch jetzt schüttelte es sie vor Ekel, wenn sie nur daran dachte. Doch Fortuna hatte dieser geplanten Verbindung einen mehr als deutlichen Strich durch die Rechnung gemacht.


    „Aber nun habe ich die ganze Zeit nur von mir erzählt. Jetzt bist du an der Reihe! Du erwähntest, du seiest für längere Zeit absent von Rom gewesen“, fragte sie neugierig… und natürlich war ihr aufgefallen, wie er sie angesehen hatte.

    Die junge Flavia war, dank der Fingerfertigkeit ihrer Sklavin, vollkommen in der Entspannung aufgegangen, die eine perfekte Rückenmassage eben so bieten konnte. Selbst die schamlose Geferei der beiden Frauen, die sich über die Seitensprünge ihrer Nachbarin lustig machten, störte sie nicht mehr. Lediglich der Luftzug einer vorbeigehenden jungen Frau, die sich in Begleitung zweier Dienerinnen an ihrer Bank vorbeibewegte, beraubte sie kurzzeitig ein wenig ihrer Muße. Ihre Augen gingen langsam auf fingen das Bild einer jungen Dame ein, die sich die Bank direkt neben ihr ergattert hatte. Die jüngere der Dienerinnen schien etwas unbeholfen zu sein, wodurch auch sogleich der Unmut ihrer Herrin durchzubrechen zu schien.


    Domitilla hingegen war absolut zufrieden mit ihrer Wahl, als sie Candace kurzum zu ihrer Leibsklavin bestimmt hatte. Mit einem Sklaven aus der flavischen Zucht konnte man eben absolut nichts falsch machen! Das hatte zumindest immer ihr Vater gesagt und der musste es ja schließlich wissen. Die Haushalte der Flavier und auch der ihrer Mutter hatten sich noch nie über zu wenig Sklaven beschweren können. Solange es genügend Nachschub gab, musste man sich darum auch gar keine Gedanken machen.
    Die junge Dame jedoch, die nun direkt neben ihr lag, hatte es wohl in dieser Beziehung etwas schwerer.
    „Also ich kann nicht klagen!“, meinte Domitilla schließlich, als sie sich durch ihr Seufzen angesprochen fühlte. Doch um nicht ganz zu überheblich zu wirken, ließ auch sie durchscheinen, dass wohl selbst das beste Personal hin und wieder einer Anweisung bedurfte. „Etwas fester, Candace!“Die Sklavin reagierte sofort, was sich durch Domitillas genießerisches Seufzen äußerte.
    „Wenn es dir nichts ausmacht, dann stelle dich dir meine Sklavin gerne für eine kleine Nackenmassage zur Verfügung, bis die gröbsten Verspannungen gelöst sind.“, bot sie ihr freundlich an.