"Meine verehrten Gäste, lehnen sie sich zurück und geniessen sie eines der berühmtesten Stücke des großen Aristophanes," begrüßte der Leiter der Schauspieler sie und die Truppe brachte sich in Position.
Eine Straße in Athen wurde dargestellt: die Akropolis ist im Hintergrunde sichtbar. Lysistrata geht unruhig auf und ab. Bald darauf Kalonike.
Lysistrata
Ja, wären sie zu Bacchos' Tempel oder Pan's,
Zu Genetyllis oder Kolias bestellt;1
Nicht durchzukommen wäre dann vor Pauken hier.
Nun aber ist nicht Eine Frau am Platze noch.
Doch - Eine - meine Nachbarin, kommt dort heraus.
Kalonike kommt.
Willkommen, Kalonike!
Kalonike
Dank, Lysistrata!
Warum so verstört? Sieh nicht nicht so düster drein, o Kind;
Dir ziemt es nicht, die Brauen so hinaufzuziehn
Lysistrata
Ja, liebe Kalonike, sieh, mir brennt das Herz,
Und über uns, uns Frauen, bin ich ärgerlich,
Da wir im Männervolke doch verrufen sind
Als Frevlerinnen
Kalonike
Und gewiss, das sind wir auch!
Lysistrata
Und ausgemacht ward, daß wir all'uns treffen hier,
Um Rath zu halten über etwas Wichtiges:
Nun schlafen die und kommen nicht!
Kalonike
Doch, Teuerste,
Sie werden kommen. Auszugeh'n wird Frauen scher;
Denn Eine hat noch um den Mann zu schaffen erst,
Die hat den Knecht zu wecken, die das Kind zurecht
Zu legen, diese badet, jene füttert es -
Lysistrata
Doch andere Dinge gibt es hier, und wichtigere,
Für sie zu thun.
Kalonike
Was ist' s denn, liebe Lysistrata,
Weßhalb du heut uns Frauen hier zusammenrufst?
Was ist das Ding, von welcher Art?
Lysistrata
Sehr groß.
Kalonike
Auch dick?
Lysistrata
Auch dick, gewiß!
Kalonike
Und da zu kommen säumten wir?
Lysistrata
Nicht solcher Art; da kämen wir geschwind heran.
Nein, aufgespürt hab' ich ein Ding, und mich damit
Durch manche ruhelose Nacht herumgewälzt.
Kalonike
War's fein, das Ding, womit du dich herumgewälzt?
Lysistrata
So fein, daß alles Wohlergeh'n und alles Weh
Des ganzen Hellas nur an uns, den Frauen, hängt -
Kalonike
Den Frauen? Nun, dann hängt's an dünnem Faden nur.
Lysistrata
Daß nur in unsern Händen ruht des Staates Macht,
Daß sonst dahin sind alle Peloponnesier -
Kalonike
Am besten wär's, beim Himmel, wären die dahin.
Lysistrata
Und auch die Böoter allzumal zu Grunde gehn.
Kalonike
Nicht alle, nein! Die Aale nimmst du, hoff' ich, aus.
Lysistrata
Doch über Athen kommt nimmermehr ein solches Wort
Auf meine Lippen: denke dir was Besseres!
Wenn aber hier sich alles Frau'n vereinigen,
Die aus der Pelopsinsel, aus Böotia,
und wir, - gemeinsam retten wir das Hellenenland.
Kalonike
Was werden Frauen Kluges oder Glänzendes
Vollbringen? Wir, wir sitzen da, mit Blumen hübsch
Gepuzt, in safrangelbem Kleid, und wohlgeschminkt,
In Schleppgewanden neuster Art und Modeschuh'n.
Lysistrata
Das eben ist es, hoff' ich, was uns retten soll:
Die Salben, Safranjäckchen und durchsichtiges
Gewand, die Modeschuhe samt der Schminke Roth.
Kalonike
Wie so?
Lysistrata
Von allen Männern jetzt soll keiner mehr
Den Speer erheben wider einen anderen Mann -
Kalonike
So färb' ich mir ein safrangelbes Kleid sofort -
Lysistrata
Zum Schilde greifen -
Kalonike
Trage nun ein Schleppgewand -
Lysistrata
Auch nicht zum Dolch!
Kalonike
Und kaufe Modeschuhe mir.
Lysistrata
Nun, sollten nicht die Frauen längst gekommen sein?
Kalonike
Nein, nein, sie sollten längst hierher geflogen sein.
Lysistrata
Da kannst du leider sehen, wie ganz attisch die
Sich hier gebaren: Alles thun sie stets zu spät.
Doch auch von unserm Küstenland ist Keine da,
Noch Keine da von Salamis.
Kalonike
Die kamen schon
Frühmorgens angestochen auf behendem Boot.
Lysistrata
Auch jene, die vor allen ich am Platze hier
Zuerst zu seh'n erwartete, die Acharnerfrau'n
Die kommen auch nicht.
Kalonike
Doch die Frau des Theagenes
Hat, herzugehen, schon befragt die Hekate.
Sieh aber, dorther kommen dir schon einige;
Da wieder ziehn andre her. O je, o je!
Wo kommen die her?
Lysistrata
Aus Anagyrunt.
Kalonike
O Zeus!
Die schütteln, glaub' ich, an dem Baum Anagyros.[/b]