"Nero Rammius Herminianus!"
"...einer von den Leuten des Laetilius!", wischte Silanus den Namen beiseite ohne von seinem schäbigen Schreibtisch aufzusehen auf dem er kein teures Schriftstück anfertigte, sondern das, was er normalerweise tat: stupide Kopierarbeit für jemanden, der zu geizig war sich eigens dafür einen Sklaven zu halten. Zu seinem Glück, musste man hier sagen. Die in Wachs gebannten Grüße an Klienten und Patron für die Saturnalia waren so dröge, dass er beinahe dabei einschlief wenn er noch ante lucem aus seiner kleinen Butze in einer Insula am Hafen gekrochen kam, und beinahe noch vor den Bäckern auf dem Forum seinen mickrigen Platz zwischen dem Stand eines Fellhändlers und einer älteren Frau die es tatsächlich noch fertig brachte Amphoren zu töpfern.
"Äh... Marcus Petronius Crispus!"
"Auch einer von den Leuten des Laetilius, wie fast alle Veteranen die sich nachher in der Politik versuchen.", brummte der junge Iunius, und griff nach dem ausgeleierten kleinen Haarstreicher, mit dem er das herausgeschabte Wachs wegfegte damit es aus der Oberfläche nicht verblieb und kleine unschöne Klumpen bildete..
"Ich hab gehört, dass die sich mittlerweile recht ernste Widerworte geben!", wandte Gordianus das ein, was man sich so an einem langen Markttag gegenseitig erzählte, "Vielleicht gibt es da einen Zwist, der deine Chancen bei ihm verbessert?"
"Nur weil sich zwei alte Römer auf einmal nicht mehr mögen, heißt das nicht, dass sie gleich anfangen die Brut eines struprum weniger zu hassen.", dozierte Silanus so fahrlässig, als würde er darüber reden dass zwei Wölfe sich nicht mit Ratten abgäben.
"Hermipus! Der aus dem Hafen, du weißt schon.. der nicht nein sagen kann..", arbeitete sein Freund weiter die Liste derer ab, die auf gaaaaarkeinen Fall Probleme damit hätten einen Bastard zu beschäftigen.
"Ich hab gesehen, wie ein paar Handlanger der Curia seine Geschäfte auseinandergenommen haben.. der hat gerade mächtig Ärger.", wurde der Vorschlag von Silanus mitsamt ein paar Wachsflocken davongewischt.
"Dann... die Duccii!! Die Freya Mercurioque hat doch..."
"...sicherlich Schreiber wie Sand am Meer, die zudem die Sprache der Barbaren besser sprechen als ich!"
"Na, nu kumm aba ma, dett is niet soa schwor!", frotzelte Gordianus, der sich in seiner Ehre als Barbarensohn gekränkt fühlte.
"Was auch immer du sagst..", brummte Silanus, der es einfach nie für nötig gefunden hatte die Sprache der Barbaren bis zur Perfektion zu erlernen. Vor allem, da sie sowieso alle was anderes sprachen... er hatte einmal mitbekommen wie sich ein Mann aus Confluentes und ein Händler aus Aquae versucht hatten zu unterhalten, und dabei vor allem durch Hände und Füße kommunizieren mussten. Und letztlich schrieben sowieso alle in der Sprache Roms.. und das war es schließlich, was Silanus für sie tat.
"Also... dann.. dann... was ist mit Publius Triarius Saloninus?", brachte Gordianus erneut den Namen eines altgedienten Veteranen aus der Legion ins Spiel.
"Der hat jahrelang mich für wenig Geld seine Schreiben anfertigen lassen, als sein Geschäft nicht so recht laufen wollte. Und als er endlich genug Geld zusammen bekam um selbst einen Schreiber zu beschäftigen, hat er sich für Siguwart entschieden.", wurde das Geschehnis rezitiert, was Silanus vor gar nicht allzu langer Zeit in tiefe Depressionen und noch viel tiefere Becher voll Bier (auch im Suff war Silanus sich bewusst, dass Wein zu teuer war um sich hier damit zu besaufen) gestürzt hatte.
"Siguwart... der, der immernoch nicht weiß, dass der Balken beim T oben ist?", legte Gordianus, unbeholfen wie immer, den Finger noch tiefer in die Wunde.
"Ja, genau der Siguwart... und auch der Siguwart, der nicht eine Zeile schreiben kann ohne mindestens einen Finger breit abzurutschen... der sicherlich zehn mal in der Woche vorbeikam um sein Werk Korrekturlesen zu lassen... und der... naja...", verstummte Silanus schließlich, weil er vor Aufregung eine Begrüßung zu versauen drohte.
"Ich weiß... Irma...", führte Gordianus den Satz fort, nur um eine Sekunde später zu begriefen was er gesagt hatte und aufzuspringen um einer wütenden Kopfnuss oder schlimmerem zu entgehen, "Tut mir leid... tut mir leid... das.. ich hab nicht nachgedacht."
"Ja, wie immer...", grollte Silanus, der den Griffel zur Seite legte und einen Moment durchatmete, weil ein versauter Buchstabe die Arbeit von fünf Minuten zunichte machte.. und er hatte keine Lust das immer wieder zu tun.
"Eh... ja... eh... was ist mit Valgiso.. ich meine... Faustus Domitius Massula? Man sagt, der Mann wäre auf dem aufsteigenden Ast...", wandte Gordianus verzweifelt ein, um von seinem Fauxpax abzulenken.
"Einen Barbaren?", fragte der junge Iunius unwillkürlich.
"Also.. an uns Barbaren hast du bisher nicht schlecht verdient..", protestierte sein Freund.
"Aber auch alles andere als gut...", wandte Silanus ein, der sich nun wieder seiner Arbeit zuwandte, weil er nicht ewig vor diesem Haufen Tabulae sitzen wollte.
"Er ist Klient des Legatus Augusti Pro Praetore! Und Brinceps Braetorii. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der schlecht zahlt...", argumentierte Gordianus weiterhin fröhlich auf der monetären Ebene.
"Dann hat er sicherlich schon einen eigenen Schreiber... wenn der Mann so hoch steht, wird er seine ganze Arbeit kaum alleine verrichten... Betriebe hat der Mann auch, oder?", hakte Silanus nach, in dessen Gedächtnis sich sonderbarerweise keine Erinnerungen an den Mann einstellen wollten. Hatte er schon einmal was für ihn geschrieben? Nein, er glaubte nicht... also musste er quasi schon einen eigenen Schreiber haben, was die sich noch sehr zierende Hoffnung in des jungen Iunius Herz wieder zu erlöschen drohte.
"Ja, ja... sogar in der Freya Mercurioque. Ich muss dir nicht sagen, was das heißt?", lockte Gordianus weiter..
Auch wenn der Funken der Hoffnung zu verlöschen sich weigerte, brummte Silanus dennoch in seinen nichtvorhandenen Bart: "Dass es noch unwahrscheinlicher ist, dass er mich nimmt, sobald er erfährt, dass mein Vater Nemo heißt?"
"Weniger als dich ablehnen kann er nicht... du solltest es versuchen.", nörgelte sein Freund sich in Stimmung.
Abermals wurde der Griffel beiseite gelegt, dieses Mal aber nicht um mit dem Haarbüschel Wachs beiseite zu wischen, sondern damit Silanus die Ruhe fand sich mit dem Gedanken auseinander zu setzen, der ihm irgendwie noch nie gekommen war: "Das ist ein recht hoher Einstieg, findest du nicht? Sowas schafft man nicht einfach, in dem ich bei ihm vorbeikomme und sage: Heila, ich würde gerne für dich arbeiten. Achja.. ich bin ein Bastard."
"Es heißt HeilSa. Und nein, das muss man anders anpacken..."
"Richtig... für so etwas braucht man Verbindungen. Fürsprecher. Einen Patron! Und Patrones wollen keine Spurii in ihren Reihen.. es ist ja nicht so, als hätten Mutter und ich das nicht schon versucht.", wandte sich Silanus der bereits ausgetretenen Abwärtstreppe der Resignation zu.
"Ich werde mit Vater reden... vielleicht kennt er den Mann ja.", versuchte sich Gordianus als Hoffnungsbote, auch wenn es Silanus sehr unplausibel vorkam, dass ein Pelzhändler einen Scriba vermitteln konnte. Aber jetzt ablehnen konnte er auch kaum.
"Ja, danke. Versuchen wir es.."