Beiträge von Gaius Caecilius Crassus

    Mit einem Grinsen schloß Gabriel die Türe zu der Sklavenunterkunft hinter sich und ließ damit Phila erst einmal alleine. Zweifellos, da hatte der Hausherr wieder ein gutes Auge gehabt. Fröhlich summend und in freudiger Erwartung noch einige Zeit mit der Neuen verbringen zu können ging Gabriel los um die entsprechenden Kleider zu holen. Was das betraf hatte er ein geschultes Auge und er fand auch recht fix ein paar Stücke, die ihm gefielen und ihr zweifellos passen würden. Mit den entsprechenden Kleidern auf dem Arm ging er zurück zu den Unterkünften der Sklaven. In Gedanken stellte er sich vor wie sie jetzt nackt auf dem Bett sitzend auf seine Rückkehr wartete. Bevor er den Raum wieder betrat kämpfte er den Gedanken nieder und betrat, nachdem er sein spitzbübisches Grinsen verdrängt hatte, Philas neuen Schlafraum.


    Wah!


    Nur mit Mühe konnte er verhindern, dass er die Kleider fallen ließ. Er muss eingeschlafen sein, anders konnte er es sich nicht erklären. Puh, jetzt ganz ruhig. Ähm, ich meine, hier... deine Kleider. er ging noch einige Schritte auf Phila zu und reichte ihr dann die Kleidungsstücke. Ich hoffe sie passen. Ruf mich einfach, wenn du fertig bist, ich warte vor der Türe bis du dich fertig angezogen hast.

    Nachdem sich Philogena aufgerichtet und sich an seinen Arm gelehnt hatte, nutzte Crassus die Momente, die Philogena brauchte um sich selbst zu sammeln und um wieder Herrin über ihre Sinne zu werden, um sie von der Seite zu mustern. Er gönnte sich diese Momente der Unaufmerksamkeit, da jetzt ja nicht mehr viel passieren konnte. Schlimmstenfalls würde sie in seinen Arm fallen. Sie zu halten traute sich Crassus gerade noch zu. Ja, Philogena wog ja nichts. Auch wenn Crassus seine muskulösesten Zeiten schon hinter sich hatte, so sah man ihm immer noch seine Zeiten als Legionär an. Es war ja auch nicht so, das sich Crassus völlig dem Müsiggang hingab. Nein, ein Mann in seinem Alter, so fand er, musste mindestens ab und zu noch etwas unternehmen, um sich nicht ganz dem Zahn der Zeit hinzugeben. Von diesem hatte die Purgitia wahrscheinlich noch nicht einmal etwas gehört. Crassus vermutete, dass sie noch keine achtzehn Jahre alt war. Eher sechszehn oder vielleicht noch siebzehn. Mit einem kleinen Grinsen stellte Crassus gedanklich fest, dass er problemlos ihr Vater sein könnte. Ob er sich vielleicht deshalb so rührend um sie kümmerte? Ja, vielleicht war das ein Zeichen dafür, dass er sich endlich mal eine Frau suchen sollte, um Nachfahren in die Welt zu setzen. Immerhin war es in seinem Alter nicht mehr schicklich ohne jede Ehe zu sein. Wobei, wie Crassus gerade einfiel, ging es Macer ja nicht anders. Auch er hatte bislang, zumindest wenn er sich nicht täuschte, noch keine Ehe geführt. Ob das wohl bedeuten sollte, dass er Macer ehelichen soll? Noch ehe er seine Gedanken mit einem Schmunzeln hätte verraten können, wurde er aus ihnen gerissen. Philogena hatte ihn als sie den Becher aus seinen Händen nehmen wollte, ausversehen berührt. So fand letztlich doch noch ein kleines Lächeln auf Crassus Lippen.


    Und, bringt das Wasser etwas? Ist es denn überhaupt noch kühl, so lange wie das hier schon rum steht? Zumindest hoffte das Crassus für den Wirt. Immerhin hatte er kühles Wasser geordert. Dass das Wasser sich zwar langsam erwärmte lag in der Natur der Sache, änderte aber nichts an Crassus Bestellung. Im Zweifelsfall könnte es der Wirt ja auf einen Streit ankommen lassen...


    Ja, du erwähntest bereits, dass du erst seit kurzem in Rom bist. Wenn ich fragen darf, wo warst du denn zuvor? Ich muss nämlich zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich, was die Familiengeschichte der Purgitia angeht, nur schlecht informiert bin. Ich habe deshalb kaum eine Ahnung wo noch andere Zweige dieser Familie anzutreffen sind und kann deshalb auch nicht erschließen, wo du dich wohl aufgehalten hast. Wahrscheinlich, so tippte Crassus, war sie für das Studium in Griechenland gewesen. Zumindest hielt es Crassus so mit seinen Familienmitgliedern, die in dem entsprechenden Alter waren. Er schickte sie zum Studium nach Griechendland auf das sie so dort die beste Ausbildung erhalten würden. Dass er bei dem Studium meist nur die Weinrechnung zahlte wusste er zwar, aber er war ja auch mal jung gewesen...


    Nein Crassus begann zu lachen nein, das war für mich heute eine Premiere. Ich finde für unsere erste Vorstellung haben wir uns aber gar nicht so schlecht geschlagen. Wer weiß, vielleicht wird ein Dichter den heutigen einmal Tag aufgreifen und eine Geschichte daraus machen. Crassus lachte abermals. Das wär eigentlich guter Stoff für eine Komödie... wer konnte es jetzt schon wissen, aber vielleicht würde sich Crassus in seinem Ruhestand ja noch als Dichter versuchen.

    Ich schlage vor, dass ich dir am besten als erstes die Sklavenunterkünfte zeige. Dann kannst du dich dort auch gleich waschen, nicht, dass du hier noch etwas schmutzig machst. Gabriel wartete natürlich keine Antwort ab sondern schritt an Philas Seite zu den Sklavenunterkünften. Denn du musst wissen, dass unser Herr so etwas gar nicht mag. Er ist zwar kein Tyrann, doch trotzdem mag er es nicht, wenn wir mehr Arbeit verursachen, als dass wir leisten. Ich weiß nicht ob er wirklich ein gerechter Herr ist, aber zumindest geht es uns hier nicht schlecht, solange wir nichts kaputt machen.


    Gabriel rang sich ein aufmunterndes Lächeln ab und ging einige Stufen hinab. Sie kamen in einen Gang der von einigen Türen gesäumt war. Während auf der linken Seite nur eine einzige Türe war, waren auf der rechten Seite drei oder vier Türen zu erkennen. Gabriel führte Phila den Gang entlang, vorbei an der linken Türe - im vorbeigehen konnte man einen großen Raum erkennen, der mit Matratzen gefüllt war- zur letzten der rechten Türe. Er stieß die Türe mit einem Stoß auf. Dahinter waren drei Betten zu erkennen und in der Ecke gab es offenbar Wasser um sich zu waschen. Das Zimmer war schon deutlich besser als das, an dem sie eben noch vorbeigegangen waren. Offenbar lebten hier schon die etwas bessergestellten Sklaven.


    Du wirst dir das Zimmer mit zwei anderen Sklavinnen teilen müssen. Das Bett da hinten müsste noch frei sein. Ich würde dich jetzt alleine lassen, damit du dich waschen kannst und damit ich dir etwas neues zum Anziehen besorgen kann...

    Natürlich fiel es Crassus auf, dass Phila den Kopf oft gesenkt und den Blick auf den Boden gerichtet hatte. Entweder war das ein Zeichen von Gehorsam und zeugte von einer guten Kinderstube oder aber das zeigte, dass sie - durch wen oder was auch immer - eingeschüchtert war. Zum Beispiel weil sie ihr alter Herr, bei dem sie zuvor war, oft geschlagen hatte. Naja, Crassus schob den Gedanken beiseite, das würde er schon bald herausfinden.


    Phila. In Ordnung. Schließ dich einfach meinem Gefolge an, wir werden noch einen kleinen Umweg machen, bevor wir nach Hause gehen. Achja, und stell bitte keine Dummheiten an. Mir würde die Lust fehlen sie dir auszutreiben. Also gut, gehen wir.


    Crassus drehte sich um und machte sich mit seinem Gefolge auf dem Weg zu seiner Casa.

    Nach dem Kauf der neuen Sklavin erreichte Crassus samt Gefolge, zu dem jetzt auch Phila gehörte, nach einem kurzen Fußmarsch die Casa Caecilia. Sie waren auf dem Weg hierher langsam gegangen und Crassus hatte viel Zeit damit verbracht, mit seinen Klienten zu sprechen. Es gab immer irgendwelche Probleme, die Crassus sich anhören musste. So kam es sogar, dass er völlig vergessen hatte, dass er eine neue Sklavin gekauft hatte. Gerade, als er sich auf den Weg in sein Arbeitszimmer machen wollte, erkundigte sich sein Maiordomus bei ihm, wer denn die neue da war. Achja, das ist eine neue Sklavin hier im Haus. Phila ist ihr Name. Sie soll nur mit irgendwelchen leichten Aufgaben betraut werden, ich möchte nicht, dass sie sich kaputt arbeitet. hatte Crassus darauf geantwortet. Sie soll sich waschen und was neues zum Anziehen bekommen. Danach soll sie zu mir kommen, ich will mit ihr sprechen.


    Crassus setzte seinen Weg in das Arbeitszimmer fort, während der angesprochene Sklave eifrig nickte. Er war offenbar so etwas wie der Hausverwalter und überwachte und organisierte die anderen Sklaven im Haus. Mit einem schnellen Wink rief er dann Gabriel zu sich und instruierte ihn entsprechend. Gabriel war ein anderer Sklave im Hause der Caecilier und war ebenfalls nur für leichte Aufgaben in der Casa Caecilia eingeteilt worden:


    Salve, meine Name ist Gabriel und ich soll dir hier alles zeigen. Du heißt Phila, nicht wahr?

    Natürlich war Crassus in seiner Rüstung nicht gerade kühl. Im Gegenteil, es war ihm natürlich sehr heiß und er schwitzte auch nicht schlecht. Aber er war es auch nicht anders gewohnt. Fast sein ganzes bisheriges Leben hatte er in Rüstung verbracht, da stellte er sich natürlich gar nicht mehr die Frage was er anderes anziehen könnte. Es war für ihn völlig klar, dass er in Rüstung aus dem Haus ging. Hätte man ihn mal ernsthaft nach dem Grund gefragt, hätte er sicherlich nicht so schnell eine Antwort gefunden. Vielleicht, wenn er ehrlich zu sich selbst sein würde, hätte er zugegeben, dass es nur die Macht der Gewohnheit war. Aber wahrscheinlich hätte er sich eher etwas ausgedacht und erzählt, dass es in einer Toga auch nicht gerade kühler war und sie garantiert die Bewegungsfreiheit mehr einschränkte als eine Rüstung. An sich war Crassus aber auch mit seiner Rüstung glücklich und würde sie wohl kaum freiwillig tauschen wollen. Außerdem konnte man ja auch bei der Wahl der Rüstung stark variieren: mit Helm, ohne Helm, mit Helmbüschel.... Ja natürlich kenne ich deinen Cousin, also den Senator. Er ist mir von verschiedenen gesellschaftlichen Festlichkeiten und aus der Militärakademie bekannt. Crassus machte eine kurze Pause und griff nach seinem Weinbecher: Dein Cosuin ist in Rom ein angesehener und wichtiger Mann. Du kannst dich glücklich schätzen in einer Familie wie seiner zu leben.


    Schließlich war die Familie fast alles, was in Rom zählte. Geld war wichtig, Anstand zweifellos auch, aber die Familie und die damit verbundenen Beziehungen überwogen dies bei weitem. Es war nicht so, dass es Crassus gefiel, aber er hatte gelernt damit zu leben. Ihm wäre es zwar lieber, wenn jeder nur das bekommen würde, was er sich auch durch die eigenen Taten erarbeitet hat, doch würde er einen solchen Umschwung wohl kaum bewegen können. Und auch nicht wollen. So wie es war war es zwar nicht optimal, aber es war gut genug um es auszuhalten.


    Während dem langsamen Prozess des Aufrichtens war Crassus hellwach. Es hätte ihn nämlich nicht gewundert, wenn sich die junge Purgitia überschätzt und zu schnell zu viel gewollt hätte. Schon öfters hatte Crassus die Erfahrung gemacht, dass gerade junge Leute, wenn sie in eine unangenehme oder ungewohnte Situation kamen, sich selbst überschätzten und Gefahren falsch einschätzten. So wäre es auch jederzeit möglich gewesen, dass das Schwindelgefühl Philogena übermannen und sie die Orientierung verloren hätte. Doch den Göttern-sei-dank schien sie sich mehr oder weniger schwindelfrei aufgesetzt zu haben. Vorsichtshalber ließ Crassus aber noch nicht in seiner Aufmerksamkeit nach. Schließlich hatte er ihr ja deutlich gemacht, dass er sie notfalls halten würde. ja, der Schwindel verfliegt bestimmt gleich wieder. Crassus löste sich mit der einen Hand von ihrem Hinterkopf und legte diese dann auf ihre Schulter, sodass sie sich an seinem Arm etwas anlehnen konnte. Mit der anderen Hand angelte er dann nach ihrem Wasserbecher, welcher von der fleißigen Elenna inzwischen wieder gefüllt worden war. Nimm lieber noch ein zwei kleine Schlücke zu dir. Dann gehts dir gleich wieder besser...

    Nachdem die Zahlungsmodalitäten und sonstigen Formalitäten geklärt schienen - das Geld würde später dem Händler gebracht werden - wandte sich Crassus seinem neusten Gut zu. Und jetzt wo er so vor ihr stand, fiel Crassus auf, dass er bisher noch keine so rechte Vorstellung hatte für was er die Sklavin eigentlich brauchen würde. Naja, sie sah hübsch aus und schien auch nicht ganz blöd. Sie würde sich in seinem Gefolge sicher gut machen und vielleicht auch bei dem ein oder anderen Senator Eindruck schinden. Das würde man allerdings noch sehen.


    Komm da runter, wir gehen heim. Ich zeig dir dein neues Zuhause... äh, wie heißt du denn überhaupt?


    In der Zwischenzeit sah Crassus dabei zu wie die Sklavin von den Ketten des Titus befreit wurde.

    Ist zumindest nicht so einfach zu kaufen wie ein Stück Land, das stimmt wohl, Avarus. Und das hier ist wohl auch der falsche Ort dafür, da hast du vollkommen recht. Das beschließt man dann doch lieber in froher Runde in einem Triclinium bei einem Becher Wein. Dass bei dem Treffen mit den Eltern der Zukünftigen Geld keinerlei Rolle spielen sollte, bezweifelte Crassus stark.


    Salve iterum Germanicus... ja wie hieß er denn noch gleich? Crassus kam nicht drauf. Dafür aber sein nomenclator: Sedulus. Es ist mir eine Freude dich nach so langer Zeit wieder zu treffen. Ob und wieviel Freude ich mit dieser Sklavin haben werde, wird man noch sehen. Ich hoffe das beste. Wenn du mich entschuldigen würdest, wie es aussieht habe ich den Zuschlag erhalten.


    Crassus nickte den beiden Germanici zu und bahnte sich dann seinen Weg zu dem Sklavenhändler und tat wie geheißen.


    Ach Titus, ich habe neulich eine Geschichte über dich gehört. Wirklich, höchst amüsant. Du wirst selber lachen, wenn ich sie dir erzähle. Übrigens, was ein Zufall, dass mir das noch einfällt: ich bräucht mal wieder neue Sklaven für meine Miene. Aber ich glaube das besprechen wir besser wann anders, nicht? Ich würde meine neuste Errungenschaft gleich mitnehmen.


    Sim-Off:

    Wird überwiesen sobald klar ist, wie mit dem doppelten Wochenwechsel in der WiSim verfahren wird.

    Es entging Crassus nicht wie sich Philogens Wangen immer roter färbten. Dies war aber offenbar nicht nur ihrem verbesserten Gesundheitszustand zuzuschreiben, sondern auch der Tatsache, dass sie Crassus nicht als Präfekt der Prätorianer erkannt hatte. Wenigstens war es ihr etwas peinlich, dachte sich Crassus, der sich natürlich schon etwas auf das, was er erreicht hatte einbildete. Aber er war ihr natürlich deshalb nicht böse, schließlich hat sie eben kaum noch alleine gehen können. Wer würde dann schon von ihr erwarten, dass sie wildfremde Leute anhand ihrer Kleidung erkennen könne? Zumal sie ja, wie sie eben sagte, erst seit kurzem in Rom war. Crassus zumindest nicht - spätestens als sie ihn anlächelte. Nein, so einer unschuldigen jungen Frau konnte man wahrscheinlich gar nie böse sein, egal was sie tat. Dein Cousin ist der Senator Purgitius Macer, nicht wahr? Deine Sklavin hat mir vorher von ihm und dir erzählt, Purgitia Philogena. So war doch dein Name, nicht? Was Namen anging hatte auch Crassus nicht das beste Gedächtnis. Wobei das bei ihm nicht immer so gewesen ist. Früher hatte Crassus sogar ein recht ausgeprägtes Namensgedächtnis gehabt, doch schon seit geraumer Zeit hatte er für solche "Kleinigkeiten" Nomenclatores. Und mit diesen hatte er auch das Interesse verloren Namen mit Gesichtern in Verbindung zu bringen.


    Irgendwie fühlte sich Crassus nicht wohl dabei, wenn man Sklaven als Freunde bezeichnete. Er wusste nicht genau warum, aber irgendwie passte das für ihn nicht. Natürlich betrachtete er Sklaven als Ware, doch war das nicht der alleinige Grund dafür. Es war auch nicht so, dass es in seinem Haus alle Sklaven schlecht hatten, gewiss nicht. Viele lebten sicherlich besser als manch römischer Bürger. Aber trotzdem würde er sie nie als seine Freunde bezeichnen. Sie lebten um zu dienen, um einem das Leben erträglicher zu machen. Das würde Crassus nie von einem Freund fordern wollen. Wahrscheinlich würde er sie deshalb nie als Freund bezeichnen. Weil er es nicht ertragen hätte Freunde zu haben, die keine Freunde sind sondern Diener. Ja, das war wahrscheinlich der Grund warum er zu diesen Sklaven stets eine gewisse Distanz wahrte.


    Wenn es nicht geht, dann leg dich lieber noch einmal hin. Wir wollen nichts überstürzen. versicherte er ihr noch, bevor sie versuchte sich aufzusetzen. Crassus sah zu, wie sie langsam ihren Kopf hob. So weit so gut, dachte er sich. Er hatte ja nicht gesagt, dass es einfach werden würde, aber früher oder später musste sie sich nun einmal wieder aufrichten, da half alles nichts. Um sie zu unterstützen legte Crassus vorsichtig eine Hand an ihren Hinterkopf, mit der anderen fasste er sie vorsichtig an ihrem Arm. Er zog sie so nicht in die Aufrechte, sondern sützte sie nur für den Fall, dass ihre Kraft noch nicht ausreichen sollte. Ganz langsam, immer sachte. Lass dir alle Zeit der Welt. Stück für Stück und nur ganz langsam schien es voranzugehen. Aber es ging voran.

    Und nun kam der nächste Bieter: Germanicus Avarus. Das wurde hier ja noch richtig hochkarätig.


    Ah, Senator Germanicus. Wie ich sehe investierst du seit neustem auch in Personal und nicht nur in deine Landgüter. Freut mich mit dir endlich einen würdigen Mitbieter gefunden zu haben.
    Titus, machen wir doch 75Aurei draus, ja?

    Naja, ihr Latein war zwar nicht akzentfrei, aber auch alles andere als schlecht. Und außerdem war ein griechischer Akzent auch alles andere als schlimm. Schlimm waren dagegen die anderen Mitbieter.


    40Aurei.

    Und wieder hörte Crassus die Frage, die er in letzter Zeit eigentlich nur noch sehr selten gehört hatte: die Frage nach seinem Namen. Zuletzt wurde sie ihm bei dem unglücklichen Zusammentreffen mit dieser Duccia gestellt. Dieses Zusammentreffen lag zwar noch nicht sonderlich lange zurück, doch vor diesem Anschlag hatte er die Frage beinahe eine Ewigkeit nicht mehr gehört gehabt. Und irgendwie hatte Crassus Gefallen daran gefunden. Es war einfach toll, wenn man überall erkannt wurde. Es gab keine lästigen Nachfragen, man wurde nicht unnötig Aufgehalten und je nachdem, bei dem ein oder anderen Händler konnte man sogar mit einer Vergünstigung rechnen; es konnte ja auch unangenehm sein, wenn irgendwelche Geheimnisse bekannt werden würden.
    Dieser Gewohnheit entsprechend verwirrt blickte Crassus drein, als sie ihn nach seinem Namen fragte. Konnte er noch irgendwo nachvollziehen, dass eine Germanin, die gerade erst frisch nach Rom gekommen war, ihn nicht kannte, verstand er nicht, warum eine Cousine eines angesehen Senators ihn oder zumindest seine Kleidung nicht erkannte. Das lag bestimmt noch an den Folgen der Hitze, meinte Crassus zu seiner eigenen Beruhigung. Denn es kratzte schon an Crassus Bild von sich selbst, wenn ihn nicht einmal so eine priviligierte junge Frau erkannte. Ich begann er dann nach dieser kurzen Pause der Verwirrung bin der Praefectus Praetorio Caecilius Crassus.


    Praefectus Praetorio Caecilius Crassus. Crassus konnte nicht sagen wie oft er diese Namens-Konstellation schon gehört hatte, doch irgendwie erfüllte es ihn immer wieder mit Stolz. Er war noch einer der wenigen, die behaupten konnten, dass sie alles was sie in ihrem Leben ereicht hatten, nur sich selbst zu verdanken hatten. Natürlich hatte Crassus auch Gönner und Helfer gehabt. Das war ganz klar und ohne diese würde man in Rom auch nie etwas erreichen können. Aber im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger und vielen anderen mächtigen Personen, hatte er diese Beziehungen ganz alleine aufgebaut und gepflegt. Er hatte nie einen reichen Verwandten, der ihm alles in die Wiege gelegt hat, was er später brauchen würde. Und so stolz Crassus auch darauf war, was er trotzdem erreicht hatte, so sicher war er sich auch, dass es sein Nachfahre später einfacher haben sollte. Sein Erbe sollte nie so anfangen müssen wie er es getan hat. Nein, er sollte es gleich von anfang an besser haben.


    Mach dir nichts draus. Bei dieser unwahrscheinlichen Hitze kann es jeden treffen. Aber deine Sklavin hat ja schnell und richtig gehandelt, indem sie mich angesprochen hat und damit Schlimmeres verhindert. Bei diesen Worten löste sich Crassus Blick das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit von Philogenas Gesicht und deutete auf Elenna. Es rang Crassus schon beinahe ein Schmunzeln ab als er sah mit welcher Mühe sie sich um die Waden-Wickel bemühte. Aber nur beinahe, denn vor wenigen Minuten sah er sicher nicht minder bemüht aus. Als er wieder zurück zu Philogena blickte, fiel Crassus auf, dass sie nun langsam wieder etwas mehr Farbe im Gesicht bekam. Sicherlich ein gutes Zeichen.
    Meinst du, du fühlst dich wieder stark genug, um dich aufzusetzen oder sollen wir noch etwas warten?

    Crassus blickte jetzt zum ersten Mal auf. Welche Nachricht meinte denn Balbus? Achja, die an die Administration von Germania. Die hatte Crassus schon ganz vergessen.


    Nein, brauchst du nicht. Ich werde in einem persönlichen Brief an Lucianus die Problematik und Gefahr erläutern. Du kannst wegtreten.


    Oder vielleicht würde er das Schreiben auch wieder vergessen.. würde man dann ja sehen.

    Während Crassus so da saß und Philogena pflegte entging es ihm natürlich nicht, wie sich ihr Zustand langsam wieder stabilisierte. Ihr Atem wurde etwas ruhiger und auch die Augen hatte sie nun wieder länger geöffnet. Dies waren doch recht deutliche Zeichen dafür, dass Crassus richtig gehandelt hatte... auch wenn man eigentlich nicht wirklich viel falsch machen konnte. Das wichtigste war wahrscheinlich sowieso, dass überhaupt etwas unternommen und das schnell gehandelt wurde. Und auch wenn er eigentlich nie an der Richtigkeit seiner Behandlung gezweifelt hatte fiel ihm ein kleiner Stein vom Herzen als er sah, dass sie auf dem Weg der Besserung war. Damit musste aller Voraussicht nach kein Medicus gerufen werden, der die ganze Sache sowieso nur verkompliziert hätte. Abgesehen davon, dass sich Crassus dann auch nicht als Retter in der Not würde präsentieren können. Einen Medicus hätte nämlich auch ein Metzger rufen können. Doch ob dieser auch so schnell und so richtig gehandelt hätte, würde sich nicht herausfinden lassen...


    Plötzlich wurde Crassus aus seinen Gedanken gerissen. Philogena versuchte etwas zu sagen, doch fehlte ihr offenbar die Kraft, um die Worte auszusprechen, sodass sich nur ihre Lippen stumm bewegten. Und als sie kurz darauf das Gesicht zu ihm wandte hatte Crassus das erste Mal das Gefühl, dass sie ihn bewusst wahrnahm. Davor war er wahrscheinlich nur irgendein Schatten von vielen gewesen. Crassus quittierte diese Erkenntnis mit einem kleinen, aufmunternden Lächeln, das für ihn ziemlich untypisch war. Doch irgendwie überkam es ihn einfach. Noch ehe er ihr sagen konnte, dass sie sich noch etwas Zeit lassen soll, bevor sie mit dem sprechen begann, versuchte sie abermals etwas zu sagen. Und dieses Mal kamen auch Laute über ihre Lippen. Sicher, ihre Stimme war noch sehr schwach, doch zumindest war sie wieder soweit bei Bewusstsein, dass sie sich artikulieren konnte. Psst, erhol dich erst noch ein bisschen, bevor du weiter sprichst. Und um ihr auch keine Gelegenheit zum Weitersprechen zu geben, legte Crassus den Lumpen, mit dem er bisher ihren Kopf gekühlt hatte, auf die Seite und griff nach dem Becher Wasser von vorher. Er nahm ihn und führte ihn wieder an Philogens Lippen. Hier, trink noch ein wenig.


    Das hatten sich Crassus Begleiter anscheinend auch gedacht, denn plötzlich war an dem Nebentisch lautes Gelächter zu hören. Offenbar hatten sie sich dazu entschloßen, die Zeit "sinnvoll" zu nutzen: sie hatten sich Wein bestellt. Naja, dachte sich Crassus, war ja gar nicht so schlecht. So würden sie wenigstens nicht auf die dumme Idee kommen über ihn zu tratschen. Doch inzwischen hatte auch Crassus Durst bekommen. Kurzerhand bestellte er sich beim Wirt auch einen Wein. Bis Philogena wieder so weit fit war, dass er hier fertig sein würde, könnte es ja noch dauern. Nachdem sie ausgetrunken hatte und auch er sich einen Schluck Wein gegönnt hatte, nahm er nochmals den Lappen von vorher und tunkte ihn in das Wasser. Dann wrang er ihn aus und legte ihn auf ihre Stirn. Die Stola war sowieso schon verrutscht und bedeckte nur noch kaum Philogenas Kopf. Einen Moment lang sah er sie stumm an. Dieses kleine zierliche Wesen, das da vor ihm lag... so unschuldig und hilflos. Crassus seufzte.
    Na, geht es dir wieder besser?

    Auch wenn Crassus äußerlich nicht den Anschein machte, dass er zuhörte, folgte er den Ausführungen seines Stabsoffizieres genau. Selbst nachdem Balbus seinen Bericht beendet hatte, blickte Crassus nicht auf. Er ließ erst für einige Momente Ruhe einkehren. Dann, als er das eine Schreiben offenbar vervollständigt hatte und gegen ein anderes austauschte, erhob er wieder seine Stimme:


    Fertige einen Bericht an und hinterlege ihn im Tabularium Occultum. Der Fall ist damit ad acta zu legen. Diese Flamma soll noch bis zum Morgengrauen in unserem Carcer verbleiben. Du kannst wegtreten, wenn das alles war.

    Sie war also tatsächlich eine nahe Verwandte von Purgitius Macer und nicht nur eine, die nur über viele Ecken mit ihm verwandt gewesen war. Nicht schlecht. Es gab zweifellos schlechtere Ausgangssituationen um ein Leben in Luxus und Wohlstand zu erleben, da war sich Crassus sicher. Sofern die junge Purgitia natürlich überhaupt so ein Leben anstrebte. Aber andererseits, wer strebte das denn nicht an? Ein Leben ohne finanzielle Sorgen, voller Luxus und mit Sklaven, die einem jeden Wunsch von den Augen ablasen. Ja, als Frau hatte man es in der Hinsicht einfach einfacher. Man musste einfach nur Leben und ab und an einen männlichen Nachfolger zur Welt bringen. Natürlich nur sofern sie mit einem guten Mann verheiratet wurden. Aber selbst dafür konnte die Frau nichts tun, da sie diese Entscheidung nicht beeinflußen konnte. Ja, wenn das kein einfaches und tolles Leben war...


    Aufmerksam verfolgte Crassus das erste Lebenszeichen das Philogena von sich gab und das zeigte, dass sie noch bei Bewusstsein war. Sachte, sachte nimm nur kleine Schlücke. sagte er überflüßigerweise, da Philogena sowieso nur vorsichtig an dem Wasser nippte. Als sie sich nach drei oder vier Schlückchen bedankte, stellte Crassus den Becher wieder auf die Seite. Denn es war auch nicht gut, wenn man zu viel Wasser auf einmal zu sich nahm. Das würde nur zu weiterem Unwohlsein führen und die ganze Situation nicht wirklich verbessern. Früher oder später würde sie aber auf jeden Fall noch einmal etwas Trinken müssen.


    Aber natürlich antwortete Crassus auf die Frage der Sklavin und nahm den Lappen, der ihm von der Sklavin gereicht wurde, und wrang ihn nochmals aus. Dann machte er sich daran Philogenas Stirn und Wangen mit sanften Tupfern abzukühlen. Er machte dies langsam und sorgfältig und... irgendwie kam er sich dabei total bescheuert vor. Wie eine Amme, die im tiefsten Winter am Bett eines Kindes nächtigte und es pflegte, weil es mit Fieber im Bett lag. Wenn ihm heute morgen jemand gesagt hätte, dass er nachher noch eine junge Frau pflegen würde, hätte er wahrscheinlich nur laut gelacht und den Mann für verrückt erklärt. Und doch, obwohl er sich total bescheuert vorkam und mühelos einen seiner Begleiter mit dieser Aufgabe hätte betrauen können, ließ er es sein und tupfte pflichtbewusst weiter. Crassus, ein Mann der normalerweise tausende Männer befahl und mir nur einem einzigen Wort ein Todesurteil aussprechen konnte... und jetzt?


    Jetzt saß er in einer Taverne neben einer jungen Frau, die er kaum kannte, und strich ihr, während er weiter vorsichtig über ihre Stirn tupfte, eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Irgendwie hatte sich Crassus das etwas anders vorgestellt als er damals Präfekt der Vigiles und dann der Prätorianer wurde. Er wusste zwar, dass die Politik den wichtigsten Teil seines Berufs ausmachen würde. Doch hätte er nie geahnt, dass er nach all den Jahren so weit sein würde, dass er für einen Gefallen an eine Gens, die er eigentlich kaum kannte, einen Tag opfern würde. Schließlich konnte sich Crassus ja nicht sicher sein, dass er irgendwann im Austausch zu diesem Gefallen einen Vorteil haben würde. Und einen anderen Grund gab es ja auch nicht, warum er hier saß. Nur um irgendwann einmal einen Gefallen gutzuhaben. Er half nicht aus Mitleid, nicht weil er sich für die junge Dame verantwortlich fühlte, sondern einfach nur weil er nach seiner kühlen Kalkulation dadurch einen Gewinn würde erzielen können. Zumindest fand Crassus keine andere Erklärung, warum er noch nicht auf dem Weg zu seinem nächsten Termin war...

    Crassus ließ seinen Worten einen großen Schluck folgen. Eigentlich waren es zwei, aber am heutigen Abend konnte man sich das aber auch gönnen. Nicht, dass er heute irgendeinen tollen finanziellen Gewinn erzielt hätte, aber er war trotzdem in Feierlaune. Schließlich hatte er sich endlich zu einer Entscheidung durchgerungen, die schon längst überfällig gewesen war. Ja, jetzt wo Crassus die Entscheidung endgültig getroffen hatte und sie nur noch ausführen musste, spürte er, dass es die richtige war.


    Es gibt doch kaum etwas besseres als ein Setiner. Zweifellos der beste Wein unter den Trockenen.
    Zur Unterstützung seiner Worte nahm Crassus noch einen weiteren Schluck aus seinem Becher. In der Zwischenzeit kam ein Sklave hinzu und informierte Crassus darüber, dass der erste Gang nun fertig war:
    Das Triclinium ist jetzt vorbereitet und der erste Gang steht bereit. Ich hoffe, dass ihr auch genügend Hunger mitgebracht habt?


    Crassus lachte und führte die beiden ins Triclinium. Dort angekommen nahmen sie platz und der erste Gang - hart gekochte Eier vom Strauss - wurde serviert.