Schon oft hat Crassus miterlebt, wie ein Bote ihn mit der Meldung über Iulianus Tod überrascht. Doch war es bisher nie mehr als ein Albtraum gewesen, der ihn aus seinem unruhigen Schlaf gerissen hat. Doch heute war es leider kein Traum, sondern bitterer Ernst. Mit einem feste Ruck entriß Crassus dem Boten das Schriftstück und ehe er es las, überprüfte er eingehend das Siegel. Sicher war es nicht einwandfrei, allerdings hatte der Brief ja auch schon eine lange Reise hinter sich, weshalb Crassus zu dem Schluß kam, dass das Schreiben wohl trotz allem echt ist. Und damit Iulianus tot. Er las das Schreiben aufmerksam durch und konnte dabei nicht verhindern, dass eine stumme Träne seine Augen verließ. Doch es blieb nun keine Zeit zum Trauern, man musste handeln und vorallem auf alles gefasst sein.
Lass meinen Stab antreten, es gibt viel zu besprechen.
Der Bote nickte, salutierte und verließ Crassus Officium um den Befehl auszuführen.
Da es alles andere als gewöhnlich war, dass der Praefect mitten am Tage die Offiziere zusammenrief, ließen sich diese auch nur wenig Zeit. Es musste etwas passiert sein, das wussten die Offiziere schon, während sie sich vor der Türe von Crassus Officium sammelten. Dabei ahnten sie noch nichts von der Tragweite des Geschehens. Schließlich, als auch der letzte Tribun sich bei den anderen Stabsoffizieren eingefunden hatte, betraten sie gemeinsam das Officium ihres Praefecten.
Die Stimmung in der Castra war schon immer düster und gedämpft gewesen, doch heute war diese Atmosphäre viel drückender als sonst. Selbst wie Crassus mit verschränkten Armen aus dem Fenster auf den Kasernenhof blickte, hatte etwas völlig fremdes für die Offiziere, die nun fragende Blicke austauschten. Schließlich, nach einigen Momenten, brach Crassus das Schweigen.
Fürchterliche Kunde erreichte mich heute aus dem Feindesland. Unser geliebter Kaiser ist seiner Wunde erlegen und verstorben. er drehte sich bei diesen Worten um und blickte in teils geschockte, teils überraschte Gesichter. Niemand hatte gewusst, dass die zugefügte Wunde so verheerende Folgen haben konnte. In seinen allerletzten Zeilen, die er geschrieben hat, hat er ausdrücklich uns und unsere Arbeit gelobt und uns dafür herzlich gedankt. Er betonte dabei, dass er sich hinter unseren Schilden stets sicher gefühlt hat und es mit unseren Gladii an seiner Seite mit jedem Feind unter jeden Umständen aufgenommen hätte. Ein größeres Lob könnten wir uns nicht wünschen. Darauf können wir stolz sein.
Crassus machte eine kurze Pause. Auch wenn Iulianus das alles nicht in seinen Brief geschrieben hat, so hat ihm für mehr sicher nur die Kraft gefehlt.
Doch mit dem viel zu frühen Tod von Iulianus ist das Imperium natürlich nicht dem Untergang geweiht. Es ist der Wunsch von Iulianus, dass sein Sohn, der Caesar Gaius Ulpius Aelianus Valerianus, seine Nachfolge antritt. Als seine treusten Gefolgsleute des gesamten Imperiums werden wir natürlich seiner Bitte geschlossen nachkommen. Um unsere Treue zu demonstrieren, fordere ich nun jeden von euch auf, einen Eid auf den neuen Imperator Caesar Augustus abzulegen.
Nacheinander vollzog jeder der Anwesenden den Eid.
Es ist unsere Pflicht hier in Rom für den Imperator alles für seine Rückkehr vorzubereiten. Wir dürfen uns nicht erlauben, durch Trauer blind zu werden. Auf unseren Schultern liegt große Verantwortung. Ich möchte, dass alle Kohorten in alarmbereitschaft versetzt und über den Tod von Iulianus informiert werden. Darüberhinaus sollen sie ebenfalls auf den neuen Imperator vereidigt werden.
Meine Herrn, es stehen schwere Zeiten und viel Arbeit an. Doch keines von beidem haben wir je gescheut. Machen wir den neuen Kaiser genauso stolz wie den alten.
Nach diesen abschließenden Worten verließen die Offiziere mit gemischten Gefühlen das Officium. Wohl wahr, es gab viel zu tun.