Der selbe Bursche wie schon kurz zuvor überbrachte folgenden Brief:
An
Manius Flavius Gracchus
Villa Flavia Felix,
Roma
Von
Praefectus Praetorio
G. Caecilius Crassus
Casa Caecilia
Roma
Auch du sollst wieder gegrüßt sein, Flavius Gracchus.
Über deinen letzten Brief und den Eingang deiner Zahlung sehr verwundert, schreibe ich dir diese Zeilen. Erst einmal bin ich natürlich darüber erfreut, dass es sich nur um ein Fehler eines Scribas handelte und der Aussatz der Zahlung nicht vorsätzlich geschehen ist. Gleichermaßen erfreut bin ich ob des Umstandes, dass du gedachtest die Summe gleich zu begleichen. Aber ebenso bin ich über die Höhe der überbrachten Summe verwundert.
Sollte man doch davon ausgehen, dass du, ähnlich wie ich, der in seinem Umfeld in Goldmünzen rechnet, auch ebenso in solchen Summen sprichst, entspricht die überbrachte Summe keinesfalls, nicht einmal im Ansatz, meinen Ausgaben – nicht einmal den von mir veranschlagten Ausgaben, die deutlich unter den tatsächlichen liegen. Nun bin ich, da dein letzter Brief ja noch so sehr auf deinen Reichtum anspielt, der im Vergleich zu meinem natürlich unendlich groß ist, sehr verwundert. Soll ich diese Summe als Anzahlung verstehen? Dann weiß ich aber nicht, wie du die noch ausstehende Summe bezahlen möchtest. Denn wenn es in diesen Raten weitergeht, müsste ich ja noch einhundert Wochen warten, bis die Summe beisammen ist. Oder soll ich diese Summe als eine Bitte verstehen? Eine Bitte, die du nicht aussprechen kannst, da sie derzeitige Zahlungsschwierigkeiten bei den Flaviern bedeuten würde? Falls dem so ist verzeihe mir meine unangenehme Nachfrage, doch weiß ich wirklich nicht wie die Summe zu verstehen ist. Sollte es sich allerdings wieder um einen Fehler eines Schreiberlings handeln, so bitte ich dich die Summe zu behalten und dir davon neue Schreiber zu kaufen. So eine Inkompetenz möchte ich natürlich in keiner Weise in einem patrizischen Geschlecht verantworten müssen.
Angesichts der Selbstsicherheit, die du in deinem Brief allerdings vorbringst, scheinen mir die obigen Vermutungen sehr zweifelhaft, zumindest dürftest du nach diesen Ausführungen und Beleidigungen nicht erwarten, dass ich dir entgegenkomme. Doch sollte trotzdem eine der oben genannten Gründe zutreffen, so sei dir gewiss, werde ich dir trotzdem entgegenkommen. Dabei kannst du selbstverständlich davon überzeugt sein, dass ich absolut Schweigen halten werde, darüber, was diese finanziellen Schwierigkeiten deiner Person angeht. Im Gegensatz zu anderen Personen bin ich nämlich niemand, der sich mit irgendwelchen Nachteilen anderer profilieren muss.
Ich erwarte in den nächsten beiden Tagen deine Antwort und sofern darin kein Angebot steht, die unmittelbare und vollständige Zahlung der ausstehenden Summe. Um sie dir noch einmal vor Augen zu führen (dieses mal in Sesterz gerechnet, damit du nicht durcheinander kommst). Es handelt sich insgesamt um
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Sesterz. Darin einbegriffen sind schon meine unglücklichen Verluste und deine Entschädigung eben dafür, die du in deinem Antwortbrief ja schon zugesichert hast.