Beiträge von Gaius Caecilius Crassus

    Ohne auch nur eine Regung zu zeigen sah Crassus der "Zeremonie" zu. Wie das Tuch gestrafft und sorgsam um den Hals gelegt wurde entging ihm ebenso wenig als der Moment in dem der Sklave den Zug stetig erhöhte und schließlich der Hochverräter leblos zu Boden sank. Nachdem der Magistrat den Schuldiggesprochenen für tot erklärt hatte, beugte sich auch Crassus zu dem Leinahm hinunter und vergewisserte sich von dessen Zustand. Er nickte zufrieden und erhob sich wieder. Als ob das das Stichwort gewesen wäre, traten zwei Prätorianer ein, wickelten den Körper in ein Tuch und schafften ihn in einen Nebenraum. Die Priester würden sich seiner sowie Strabo annehmen, sobald sie Zeit dafür hatten.





    Unterdessen erreichten zwei andere Prätorianer die Zelle von Strabo. Schroff wurde die Zellentüre geöffnet. Nach einem kurzen Blick, dass sie auch ja den richtigen Gefangenen erwischt haben, packten sie ihn und führten ihn zu dem Raum, wo eben schon Sulla getötet wurde und wo noch der Vollstrecker und Crassus warteten.


    Tja, so ergeht es allen Hochverrätern... meinte der eine Prätorianer zu dem anderen lachend, auf dem kurzen Weg.

    Crassus schüttelte lachend den Kopf. Da hatte sie ganz bestimmt nicht ganz unrecht, doch wie schon vorher, fand Crassus, dass man das nicht einfach so sehen konnte wenn man nicht dabei die weitläufigen Konsequenzen ausblendete.


    Aber dann hätten wir auch nicht so viele Sklaven, so ein großes Haus, das ganze Haus voller Kunstwerke und jeden Tag die edelsten Speisen zu Essen. Nene, ist schon richtig so wie es gelaufen ist.


    Crassus fühlte sich keineswegs beleidigt oder angegriffen, warum denn auch? Ihre Sicht war zwar ziemlich naiv, aber Crassus hatte sich auch schon oft die Frage gestellt, warum er sich das alles eigentlich noch antat, wo er doch schon fast alles erreicht hat.


    Hach, vertrauen tu ich dir schon, mach dir darüber keine Sorge. Doch wärst du bei so vielen Zahlen und Rechnungen doch nur gelangweilt. Und Erfahrung in der imperialen Verwaltung und bei den Aufgaben eines Kommandeurs über tausende Soldaten hast du auch nicht. Sei mir nicht böse, aber ich glaube nicht, dass du mir da helfen kannst. Schließlich ist das zum einen nichts für junge Frauen und zum anderen stinklangweilig.

    Crassus lachte als Lucia die viele Arbeit ansprach und den Vorschlag einer Woche Urlaub machte. Ebenso, als sie die Sekretäre und Scribae erwähnte. Es war kein Auslachen, denn er fand es ja nett, dass sich jemand Sorgen um ihn machte, aber so einfach war das dann doch auch nicht wie sie es sich vorstellte:


    Leichter gesagt als getan. Wenn ich heute beschließe mal etwas Urlaub zu machen wird schon morgen hier in Rom ein Chaos herrschen. Der Kaiser ist nicht in Rom, ja nicht mal in Italia, mein Amtskollege ist mit dem Kaiser im fernen Osten unterwegs und nicht zu letzt ist Victor, der Praefectus Urbi, kurzfristig ausgefallen. Da kann ich es mir als deren Stellvertreter nicht erlauben, einfach mal Urlaub zu machen und Rom sich selber überlassen. Dazu trage ich zu viel Verantwortung. Und ebenso verhält es sich bei den Scribae. Natürlich habe ich Schreiber, Sekretäre und Sklaven, die mich an wichtige Termine erinnern. Doch muss zum einen jemand diese Arbeit überwachen, denn wenn sie etwas falsch machen rollt mein Kopf, und zum anderen gibt es Sachen, die ich nicht einen Sklaven oder Angestellten machen lassen kann. Dazu ist meine Position zu vertrauenswürdig...
    Wenn der Kaiser wieder zurück ist, dann werde ich Zeit haben um mich auszuruhen. Doch bis dahin dauert es noch eine Weile. Monate, ja wahrscheinlich sogar Jahre.

    Kann ich mir vorstellen.


    Schließlich war Crassus vor nicht mal allzulanger Zeit eine längere Zeitspanne in Spanien gewesen und hatte während dieser Zeit auch nicht auf die Annehmlichkeiten, die er hier in Rom hatte, zurückgreifen können.


    Dein Cubiculum müsste eigentlich noch dort sein, wo es auch schon zuvor war. Es wurde die ganze Zeit über aufgeräumt und geputzt, sodass du es nachher gleich wieder beziehen können solltest. er lächelte ihr noch einmal zu und ging dann zurück an seinen Platz am Schreibtisch:


    Setz dich doch noch einen Moment, die Arbeit muss in dem Fall halt warten.

    Vorsichtig streckte Crassus eine Hand nach ihr aus, immer darauf gefasst, dass Lucia zerspringen und er aufwachen würde. Denn wenn man gerade in irgendwelche Zahlen und Berichte vertieft war und dann auf einmal die verloren geglaubte Schwester vor einem steht, konnte es einem schon einmal unwirklich erscheinen. Doch entgegen seiner Erwartung zersprang Lucia nicht und langsam begann sich ein Lächeln auf seinen Lippen abzuzeichnen. Unverhofft kam ja bekanntlich oft.


    Es ist natürlich kein Problem, wenn du mal etwas Zeit für dich brauchst, aber hinterlasse das nächste mal wenigstens einen Brief oder eine Nachricht, damit wir bescheid wissen. Sonst machen wir uns nur unnötig Sorgen...


    Doch er wollte sie jetzt nicht weiter belehren, schließlich schien es ihr ja einzuleuchten, dass der Ablauf nicht ganz optimal gewesen war. Aber jetzt bist du ja wieder da, das ist doch das wichtigste. und er nahm er sie dann in den Arm.

    Crassus konnte es sich nicht verkneiffen den ein oder anderen neugierigen Blick auf die Platten zu werfen, die gerade von einigen Sklaven zu Tisch gebracht wurden. Großen Hunger hatte er zwar nicht, denn er aß meistens vor solch einem Abendessen schon etwas zu Hause, um dann bei dem Mahl nicht allzu verfressen zu wirken, doch bekanntlich kam ja auch der richtige Hunger erst beim Essen selber. Wenn die Speisen dann aber auch noch ansprechend angerichtet und kunstvoll verziert waren, so beschleunigte das den Effekt natürlich ungemein.
    Eine gute Frage, die ich mir auch schon gestellt habe. begann Crassus wahrheitsgemäß und machte eine kurze Pause. Denn zu dem Zeitpunkt der Entführung von Minervina hatte er sie ja gerade mal ein paar Tage gekannt und erst einmal gesehen oder zumindest bewusst getroffen. Da müssten die Entführer ja bessere Spione als die Prätorianer haben, um davon schon etwas mitbekommen zu haben. Wenn die Entführung heute stattgefunden hätte und die Entführer sich heute an Crassus gewendet hätten, wäre die Begründung dafür natürlich offensichtlich.


    Und leider habe ich keine endgültige Lösung gefunden. Ich kann mir nur verschiedene Modelle vorstellen, warum sie sich ausgerechnet an mich gewendet haben: zum einen, weil die Entführer vielleicht ihr Versteck in Spanien hatten. Und da sie gehört haben, dass ich mit einigen Kohorten auf den Weg nach Spanien bin, dachten sie sich schon, dass ich auch ein entsprechendes Vermögen bei mir habe. Sie haben sich in diesem Fall also nur an mich gewendet, weil ich in der Nähe war - bis das Geld von den Flaviern aus Rom gekommen wäre, wären sie ja grün geworden - und vermögend genug erschien. Und wahrscheinlich weil sie sich dachten, dass ich es mir kaum entgehen lassen würde, eine Patrizerin aus den Fängen von Barbaren zu befreien.


    Er nahm einen kleinen Schluck aus seinem Becher, während er mit der anderen Hand eine abfällige Handbewegung machte, die diesen Gedanken, den vielleicht die Barbaren hatten, ins Lächerliche ziehen sollte. Ganz abwägig war er zwar sicherlich nicht, aber es war ja schließlich die Frage warum sich die Entführer an Crassus wendeten und nicht warum Crassus gezahlt hat.
    Er machte eine kurze Pause und wartete mit seinen anderen Vorstellungen einen Moment, um den Gastgeber die Gelegenheit zu geben etwas zu erwidern.


    (Edit: Zusatz.)

    Alles andere als eine besonnene und zweckmäßige Entscheidung wäre für mich auch eine große Überraschung. Schließlich ist man von ihm ruhige Entscheidungen gewohnt, ganz egal in was für turbulenten Zeiten man sich befindet.


    Dass sie für Crassus manchmal zu ruhig und zu gütig waren, sprach er nicht aus, dachte aber sehr wohl daran.


    Achja, sollten in nächster Zeit Briefe den Palatin erreichen, die normalerweise an den Praefectus Urbi gegangen wären, so sind diese an mich weiterzuleiten. Ich werde dann darüber entscheiden wie dringend sie sind und gegebenenfalls Maßnahmen einleiten beziehungsweise Entscheidungen treffen oder sie zurücklegen bis ich von Iulianus etwas gehört habe.

    Ach entfuhr es Crassus, als in Crassus der Gedanke keimte, dass die Fremde gar keine Fremde, sondern wie sie sagte, seine Schwester sein konnte. Mit gerunzelter Stirn besah er sie sich von seinem Schreibtisch aus. Eine gewisse Ähnlichkeit war vorhanden... doch die Haare waren ganz anders. Schwerfällig, so als ob er schon den ganzen Tag gesessen hätte, erhob er sich und ging langsam auf sie zu. Nun, aus der Nähe, bestätigte sich ihre Behauptung immer mehr:


    In ihren Bann ziehen wäre ja schön, aber sie frisst mich geradezu auf... doch davon erzähl ich dir ein ander mal, viel wichtiger ist doch gerade, was du hier machst? Oder anders gesagt: wo bist du gewesen? Du warst ja irgendwie auf einmal nicht mehr da...

    Gegen so eine Entscheidungshilfe hatte Crassus ja auch nie etwas gehabt. Nur hatte sich der Wunsch des Senators Tiberius nach einer Neubesetzung des Amtes für Crassus eher als eine Sache angehört, die der Senat, Crassus selbst oder sonst wer durchsetzen sollte, als dass sie sich auf den Vorschlag von vorher bezogen hätte. Entweder hatte er das fehlinterpretiert oder aber die Senatoren waren schon wieder beim nächsten Abschnitt und Crassus hatte den schnellen Wechsel nur nicht mitbekommen.
    Wie auch immer, da wollte sich Crassus nicht einmischen, da es ihm ja relativ gleichgültig sein konnte, ob und was der Senat dem Kaiser schreiben würde. Deshalb zog er sich wieder etwas zurück und wartete ob in irgendeiner Art und Weise seine Meinung beziehungsweise Pläne für die Übergangsphase gefragt waren.

    Es gab viele Tribune und ständig, fast zu jeder Wahl wechselten sie. Sich da immer gleich das Gesicht zu merken fiel wahrlich nicht einfach, vorallem da sie alle ja die gleiche oder zumindest sehr ähnliche Kleidung trugen und man sie oft nur an Kleinigkeiten auseinander halten konnte.


    Der Praefect erwartet dich bereits, du kannst passieren.

    Crassus hörte zwar wie sich die Türe öffnete und danach wieder schloß, dachte sich dabei aber nichts weiter und ging davon aus, dass ein Sklave nur irgendetwas herein gebracht hatte. Doch als er dann plötzlich eine unbekannte Stimme hörte erschrak er sich fast zu Tode. Die übelsten Flüche schon vorbereitend, hob er seinen Blick, um zu sehen, wer ihn da so erschrocken hatte. Als er eine unbekannte, blonde Frau entdeckte staunte er nicht schlecht. Denn er wusste nicht seit wann ihm Gäste nicht mehr angekündigt wurden... stumm, wartete er ab, ob Lucia ihm auf die Sprünge helfen würde. Denn er erkannte sie beim besten Willen nicht und wunderte sich, seit wann jemand fremdes so mit ihm sprach.

    Allerdings kam es in der Vergangenheit durchaus schon vor, dass auch der Praefekt der Prätorianer zeitweise das Kommando über die Cohortes Urbanae inne hatte - und zwar so vom Kaiser angeordnet. Ich kann dir zwar so aus dem stegreif keine Jahreszahl nennen, aber wenn ich mich nicht irre, war das damals als der Consular Vincius Hungaricus noch Prätorianerpraefect war.


    Crassus Blick schweifte kurz durch die Reihen auf der Suche nach diesem Senator, auf die schnelle konnte er ihn aber nicht ausmachen.


    Ob es eine Neubesetzung, eine andere Übergangslösung oder sogar etwas noch nicht genanntes gibt kann ich nicht beurteilen, das wird aber auch weder von mir noch vom Senat entschieden. Einzig der Kaiser kann darüber entscheiden, wie es nun weitergeht. Und bis zu dieser Entscheidung des Kaisers werde ich das Amt von Octavius Victor komissarisch verwalten.

    Crassus, nichtsahnend wer da vor seine Tür stand, rief den Klopfenden kurz nach seinem Klopfen in sein Officium. Er war wie üblich über irgendwelche Dokumente gebeugt und machte einen sehr beschäftigten Eindruck.

    Wie weithin bekannt ist befindet sich der Kaiser auf einem Feldzug und damit im Krieg. Damit ist der Kriegsfall gegeben, der mir als oberstem Reichpraefecten die Befehlsgewalt über die anderen Reichspraefecten übeträgt. Im vorliegenden Fall befehlige ich allerdings nicht, sondern führe gleich aus oder, anders gesagt, ich befehle nicht dem Praefectus Urbi, der meine Befehle auch nur an die Tribune weitergereicht hätte, sondern direkt an die Tribune. Das macht ja, wie du als Militär, Senator Purgitius, sicher weißt, kaum einen Unterschied.


    Als Praefectus Praetorio bin ich also ohnehin dem Praefectus Urbi vorgesetzt und als oberster Leibwächter des Kaisers kann ich wohl behaupten, dass ich das uneingeschränkte Vertrauen des Kaisers genieße. Dieses in mich gesetzte Vertauen hat er schon oft bestätigt und ich werde ihm keinerlei Grund geben, nun daran zu zweifeln.

    Doch sollte dem Senat gar nicht meine fachliche Kompetenz oder die rechtliche Grundlage, welche ich nun erläutert habe, nicht klar sein, sondern sollte er Zweifel an meiner Person oder meiner Loyalität haben, so soll er dies sagen.


    Das würde zwar faktisch nichts an Crassus' Entschluss ändern, doch zu wissen auf wen man bauen konnte und wen nicht, war bestimmt auch kein Fehler.

    Umstürze können nur mit einem schlagkräftigen Militärverbund erfolgreich sein. Bisher sind mir aber von meinen Speculatores noch keinerlei Berichte zugekommen, die irgendwelche merkwürdigen Entwicklungen bei einer Legion aus den Provinzen festgestellt hätten. Also vorerst droht uns davon keine Gefahr, will ich zumindest hoffen. Und nicht zu letzt gibt es ja auch noch die Prätorianer und die Urbaner, die ja übrigens nun auch meinem Kommando unterstehen, und die beide absolut loyal zu Iulianus stehen. Aber natürlich wäre das beste, wenn so ein Fall nie eintritt. Doch das liegt leider kaum noch in unseren Händen...


    Crassus kratzte sich nachdenklich am Kinn. Er fühlte sich mit der Lage nicht überfordert nur bereitete sie ihm große Sorgen. Der Kaiser verlässt seit langer Zeit wieder für einen längeren Zeitraum Rom und schon werden auf zwei der höchsten Würdenträger Roms Anschläge verübt. Das konnte die Bürger doch nur verunsichern... und aus Verunsicherung kam noch nie etwas gutes.


    Einen solchen Brief habe ich tatsächlich schon geschrieben, allerdings habe ich ihn auch gleich mit einem extra Meldereiter losgesandt.