Es dauerte, bis die ersten Sterne zu sehen waren. Und diese im Dunst über Rom zu sehen war erst dann möglich, wenn die meisten Menschen schon lange in ihren Betten waren und schliefen, sofern der Lärm der Fuhrwerke Schlaf zuließ. Auch hier im Ludus hörte man das beständige Poltern der Wagenräder, die tagsüber von den Straßen verbannt waren.
Dennoch blieb der gesamte Ludus wach, alle Gladiatoren, alle Doctores, selbst die Medici und der Director, der sich das alles von seiner Tribüne in sicherer Entfernung anschaute.
Stück um Stück wuchs das schwarze Gebilde an den Unterarmen des Gladiators, das ihn für immer als solchen kennzeichnen würde.
Die alte Frau ließ sich Zeit, wob mit feinem Singsang ihren Zauber in die Zeichen, ließ sie wachsen wie Flammen, die über die Haut des Hiberniers tanzten. Als sie schließlich fertig war, war ein feiner, roter Film von Blut auf den Boden getropft, wo ihre Nadeln die Haut des Mannes durchstoßen hatten und das Blut langsam und stetig zu Boden getropft war.
Nach dem letzten Stich atmete sie einmal tief durch und erhob sich schweigend. Keine Anweisungen, keine weiteren Worte, gar nichts. Sie packte einfach ihre Kämme und Nadeln, die Tinkturen und ihre Zauber wieder ein und schlurfte davon, als wäre nichts weiter gewesen. Am Durchgang nach draußen hielt sie an und streckte der dort stehenden Wache die Hand entgegen, die der Frau stumm einen kleinen Beutel überreichte, der leise klimperte. Angst, überfallen zu werden, schien die Maga nicht zu haben, als sie in den dunklen Durchgang huschte, hinaus ins Schwarz der Straßen Roms.
Die Gladiatoren kamen auf Kieran zu, zuerst der Primus Palus, und klopften ihm auf die Schultern – den Unterarm zu ergreifen wäre wohl sehr schmerzvoll geworden. “Bruder“, begrüßte ihn jeder einzelne von ihnen in einer Prozession, würdig und leise. Jetzt war Kieran einer der ihren, ein Bruder. Zuvor war er ein nichts gewesen, das man nicht weiter beachtete, aber jetzt gehörte er zum Ludus Dacicus dazu, war einer ihrer Brüder, würde mit ihnen sprechen können, vielleicht beim ein oder anderen Fest mit ihnen kämpfen, mit ihnen bluten, vielleicht auch mit ihnen sterben. Sie würden für sein Begräbnis sorgen, wie auch von ihm erwartet wurde, dass er für das ihre sorgen würde, sollte einer von ihnen fallen.
Denn jetzt war er ein richtiger Gladiator.