Dass sich Flaminina so bereitwillig auf ein Umstyling einließ, freute Lucia ungemein. Sie liebte es mit Stoffen, Farben und allem anderen umzugehen und wenn sie das auch noch auf eine lebende Person übertragen konnte, umso besser! Gerade Flaminina, die in ihrem Aussehen so gegensätzlich zu dem Lucias war, das würde ein Spaß werden! Als ihre neue Freundin sie dann auch noch nach ihrer Meinung bezüglich ihrer Farbe fragte, war Lucia kaum mehr zu bremsen: „Diese Gelbtöne stehen dir auch sehr gut!“, bestätigte sie Flaminina zunächst einmal. „Aber sie lassen dich doch ein wenig kindlich wirken. Ich glaube wir sollten es mit einem satten, dunklen Grünton versuchen, ja Grün vielleicht mit einer Goldgelben Borte. Oder einer Palla (dieses ‚Kopftuch‘ der Römerinnen) in einem helleren Grünton. Wir könnten auch Beige oder Braun ausprobieren, aber die wirken recht schnell bäuerlich. Ach, warten wir doch lieber ersteinmal ab, was es momentan zu kaufen gibt.“ Sie schenkte Flaminina ein vorfreudiges Lächeln.
Nicht viel später waren sie auch schon an dem besagten Stand angekommen. Auf einem niedrigen Holzpodest unter einem bunten Segeltuch gegen Sonne und Regen, waren mehrere Auslagen nach innen ausgerichtet. An der Seite und dem ‚Rücken‘ des Standes schützten halbhohe Bretterwände, gefolgt von weisem Segeltuch die Ware vor gierigen Händen, nervigem Wind und Straßendreck. Man konnte als fast von einem kleinen Raum sprechen, in den man eintrat und in dem man von den wunderbarsten Stoffen umgeben war – ein Paradies! Kaum dass die jungen Frauen eingetreten waren, still und leise gefolgt von Sekunda, begrüßte sie auch schon der Händler freudig: „Meine Damen, eine Ehre! Sie beehren ihren demütigen Diener erneut, welche Freude!“ Offensichtlich war Lucia nicht zum ersten Mal hier und schien bei den vorherigen Malen eine gute Kundin gewesen zu sein. „Wie kann ich heute behilflich sein? Vielleicht eine Palla aus reiner Seide, passend zu ihrem wunderbaren Gewand, oder doch lieber Stoff für ein noch prächtigeres Kleid?“ Lucia musste Schmunzeln und verlangte: „Zeig uns, was du an grünen Stoffen hast! Meine Freundin hier möchte eine neue Gaderobe!“ Der Händler musterte Flaminina kurz und bemerkte mit Sicherheit auch den Unterschied zu Lucia, doch da die junge Frau in Begleitung der Patrizierin war vertraute er wohl darauf dass schon irgendwer zahlen würde. „Bitte gerne! Hier drüben haben wir einen sanft schimmernden dichtgewebten, aber doch leichten Stoff, dieses Mintgrün würde die perfekte Haut der jungen frau noch besser zur Geltung bringen!“ Lucias Gesichtsausdruck war nicht grade begeistert und der Händler fuhr rasch fort: „Vielleicht doch lieber etwas dunkleres?“, ein kurzer sich versichernder Seitenblick zur schon zufriedener wirkenden Lucia und er wagte es weiter zu sprechen: „Ein Stoff, fast wie samt, fühlen sie ruhig! Er umschmeichelt sie wie eine Wolke und das Moosgrün würde die hübschen dunklen Augen der jungen Domina noch besser in Szene setzen!“ Lucia griff nach dem Stoff und bewegte das Fabrikat zwischen ihren Fingern, es war tatsächlich wunderbar weich, fragend sah sie zu Flaminina, was hielt sie davon?