Lucia sah ihren Bruder überrascht an. „Aber natürlich!“ In ihrer Stimme schwang deutlich die Empörung darüber mit, dass Lepidus überhaupt an ihrer Bereitschaft zu Heiraten zweifelte. Sie hatte viel Zeit gehabt auch über dieses Thema nachzudenken und war inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass sie mit jedem Mann zurechtkäme. Alles hatte seine Vor- und Nachteile: Ein junger Mann wäre etwas ästhetisch Angenehmeres, dafür müsste sie ihn aber - wenn es den Göttern gefiel - lange, lange Zeit mit all seinen Macken ertragen. Ein alter Mann würde sie bald als angesehene Witwe zurücklassen, da konnte man die wenigen Jahre doch auch über so manche Äußerlichkeit oder Charakterschwäche hinwegsehen, oder? Wenn sie die Wahl hätte glaubte Lucia, dass sie sich eher für den alten Mann entscheiden würde, als für den gutaussehenden – zumindest hatte sie sich das so überlegt. Sie würde ihrer Familie sicher keine Schande machen und die Heirat verweigern, was dachte sich Lucius nur!? Sie warf ihrem Bruder einen tadelnden Blick zu. „Das brauchst du doch nicht extra erwähnen!“
Das mit dem ‚Freunde machen‘ unter den angesehenen Familien, sollte eigentlich die einfachste Aufgabe sein, zumindest in Lucias Augen. „Weißt du denn, wer von den anderen Adeligen noch in der Stadt ist? Vielleicht sind ja alte Bekannte darunter denen ich einen Besuch abstatten kann, wo ich grade frisch zurückgekommen bin.“, schlug Lucia auch gleich vor. Das würde ihr sicher auch Spaß bereiten und was gab es schöneres als die Pflicht mit dem Angenehmen verbinden zu können? Wie sie das mit Durus und der angeblichen Verschwörung wieder richtig stellen wollten, war ihr nicht so ganz klar, aber das war doch auch eher Lucius Aufgabe als die ihre. So lange es nicht brisant wurde wollte sie sich erst mal nur über diese Dinge Gedanken machen, die sie selbst beeinflussen konnte.