"Das Sitzen kommt mir gerade recht. Der Weg an der Westseite des Caelius Mons hat nicht nur meinen Schuhen, sondern auch meinen Füßen zugesetzt."
Sie gingen beide auf die nett hergerichtete Sitzgelegenheit zu und machten es sich etwas bequem.
"Außerdem müssen sich sowohl die Sklaven bei ihrer Vorbereitung nicht beeilen und auch wir haben Zeit für ein gutes Gespräch, da mein ganzes Hab und Gut noch auf dem Weg nach Rom ist. Es wird sicher frühestens morgen Abend ankommen, sodass wir gewiss noch die ganze Nacht erzählen können", sagte Archytas und lachte wieder laut auf, dass seine Stimme durch das Atrium drang.
Archytas liebte jede Art des Gesprächs, jede Art der Unterhaltung, jede Art der Diskussion. Er war es gewohnt, dass der jeweilige Gesprächspartner irgendwann die Unterhaltung abbrechen würde, da Archytas selbst in seinem Redefluss oft die Zeit um sich vergaß. Eine solche Unterbrechung empfand er allerdings keineswegs als unhöflich. Einer muss die Zeit ja im Blick haben, wenn nicht er. Das hat ihn nämlich schon die ein oder andere Verspätung gekostet.
"Nach unserem Abschied voneinander bin ich jedenfalls über den Seeweg zunächst nach Syracusae gekommen, wo ich einen sikelischen Greisen, einen alten Freund meines Vaters, besuchte, der mir ein wahrlich kostbares Geschenk bereitete: einige Notizen des Archimedes selbst über die Kugel."
Es war ihm bewusst, dass sich ein Römer, selbst ein so interessierter und gebildeter wie Livianus einer war, wohl kaum so sehr über ein derartiges Geschenk freuen würde, wie Archytas es tat. Seine Begeisterung darüber war unverkennbar.
"Ich hielt mich schließlich noch einige Zeit in Sicilia auf, doch eine Nachricht über eine plötzliche Erkrankung meines Vaters Polyainos drängte mich zum raschen Aufbruch nach Hause, wo ich meinen Vater in den letzten Stunden seines Lebens begleitete."
Die Stimmung kippte unglaublich plötzlich. Eben noch war die Euphorie kaum auszuhalten, da erfasste schon ein sehr ernster Tonfall die Stimme des Archytas. Doch er hätte nichts daran ändern können. Selbst die besten Ärzte, die sich die Familie hat leisten können, waren nicht in der Lage, das Leben des Polyainos zu retten. Doch es beruhigte ihn irgendwo, zu wissen, dass die Seele seines Vaters nur den Körper verlassen hat und sich bald einen neuen Körper auf der Erde suchen würde.