Beiträge von Varia

    Das erneute Halt war fast schon wie eine Erlösung, ja sie brauchte zumindest eine Pause. So trat sie von den Holzstämmen zurück und ließ das Kurzschwert sinken, sie versuchte durch gezielte Dehnungen die fast schon übersäuerten Muskeln zu entspannen. Sie blickte erst auf, als der Alte etwas in einer ihr fremden Sprache rief. Kurz darauf trat ein großer, muskulöser Schwarzer aus dem Schatten des Gebäudes. Ihr Blick hing noch an dem Schwarzen und den beiden Jungs, die scheinbar eine neue Übung vorbereiteten, so trafen sie die Schläge vollkommen unvorbereitet. Ihr Kopf schnellte herum und ein feurig böser Blick traf den Alten. Sie wich automatisch einen Schritt zurück so dass sie nun zwei Armlängen von dem Alten entfernt stand.
    Sie brauchte nur einen Moment um sich zu fangen...
    „Nichts, die Römer, Thraker... die Sklaventreiber, waren der Meinung dass es wohl besser ist mich in Ketten zu lassen, sie haben nicht so viel wert auf mein Training gelegt.“ Varia nahm einen großen Schluck aus dem ihr angebotenen Wasserschlauch. Sie versuchte auch ihre aufkeimende Wut zu unterdrücken. „Wie viele Amazonen kennst du, dass du meinst dir ein Urteil über uns bilden zu können?“ Ja da war er wieder, ihr so geliebter Sarkasmus.
    Ihre Atmung hatte sie beruhigt, das Wasser hatte sie erfrischt, und selbst wenn sie auf dem Zahnfleisch kriechen würde, würde sie es gegenüber dem Alten wohl im Leben nicht zugeben, eher im Gegenteil, weshalb nun auch mit einem fast schon an Arroganz grenzenden Blick gesagt wurde. „Kann ich dann weiter machen oder bin ich hier um mich auszuruhen?“ Ja sie wusste, dass sie das noch bereuen würde, aber sie war nun mal stolz, vielleicht zu stolz. Sie würde ihm schon zeigen, wie zäh sie war.

    Sie brauchte einem Moment um zu realisieren, dass das Halt ihr gegolten hat. Sie kam der Aufforderung aber nach und genehmigte sich einen kräftigen Schluck aus dem Wasserschlauch.
    Dankend nickte sie dem Jungen zu und aß die Trauben.
    Sie folgte seinem Blick. Ungläubig schaute sie von dem langen Schwert zu dem Alten und wieder zurück. Schließlich ging sie zu dem Schwert sie konnte es zwar mit einer Hand heben, jedoch nur mit Mühe. Schließlich, ging sie zurück zu den Stämmen und begann die Übung wieder von vor. Das Spatha führte sie mit beiden Händen, aufgrund von Größe und Gewichte des langen Schwertes waren ihre Bewegungen im Vergleich zu vorher langsamer. Dennoch ging sie mehrfach die Reihe vor und zurück, biss schließlich die Kraft nicht mehr ausreichte und sie wieder zum Kurzschwert griff. Hier konnte man eindeutig sehen, dass sie mit dieser Waffe vertraut war. Ihre Bewegungen waren nun wieder flüssig. Wenn man ihr auch deutlich die Anstrengung ansehen konnte. In den letzten Monaten war ihr Training ja nicht nur zu kurz, sondern es war gänzlich zum erliegen gekommen. Sie hatte zwar nicht verlernt, wie man eine Waffe führte, dennoch hätte ihre Kondition ruhig besser sein können.
    Varia pumpte, wie der sprichwörtliche Maikäfer, war aber Kämpferin genug um sich durchzubeißen und die Übungen immer weiter zu absolvieren.

    „Vielleicht lebt er ja noch und es geht ihm gut.. und wenn er wirklich tot ist, so siehst du ihn eines Tages wieder...“ Varia versuchte es mit einem Lächeln, was ihr aber gründlich misslang. „Ich finde es gut, dass du deinen Frieden mit ihm und der Situation in der ihr nun seid gemacht habt.“
    Zu gern hätte sie das Thema mit ihrer Schwestern abgehakt... „Nein ich habe sie nicht selbst getötet, war es aber die sie in den Kampf geführt hat, ich war für sie verantwortlich... Also in gewisser Weise...“ Ja man konnte deutlich merken, dass sie sich die Schuld am Tod ihrer Schwester gab. „Sie war meine einzige wirklich Vertraute...“
    Varia rollte mit den Augen als die Sprache nun unweigerlich wieder auf Commodus kam. „Weißt du es ist mir schlicht egal wer was und wie er ist, ich habe nicht vor mich ihm zu beugen.. ich weiß du willst das nicht hören... aber so ist es nun mal. Und was Shani und Varus betrifft, und wenn der Bauer alle Frauen hier in sein Bett holt, solang ich es nicht bin ist es mir schlicht egal. Vielleicht denkt Shani ja auch, dass sie so ihre Freiheit bekommt?“

    Varia sagte nichts, nickte nur, griff sich den kurzen Speer und fing wieder von vor an. Jedoch wechselte sie jetzt die Waffe nicht mehr. Sondern sie kämpfte sich von rechts nach links und von links nach rechts immer und immer wieder. Irgendwann war sie so gefangen, dass sie in den Stämmen tatsächlich Gegner sah, ihre Schläge wurden härter, präziser ... immer wieder wechselte der Speer von der rechten in die linke Hand, mal wurde er von beiden Händen geführt, wobei die Schläge dann noch härter geführt wurden.
    Wie lange sie nun schon auf die Stämme eindrosch wusste sie nicht, sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, ihre Blicke kreisten nur noch um ihre „Gegner“. Ihre Muskeln brannten, aber sie biss ihre Zähne zusammen und machte immer und immer weiter. Inzwischen trat das ein, was der Alte „gewünscht“ hatte, ihr Schweiß tropfte in den Staub der Arena...

    Varia folgte ihren Blicken.
    „Doch sie wollte mir mehr kaufen, aber mir reicht es, was soll ich mit mehr?“
    Sie verfolgte wohl genau ihre Ausführungen, sie brauchte eine Weile um ihr zu Antworten, denn es fiel ihr nicht leicht.
    „Du kannst wenigstens jemanden die Schuld geben und hast deine Schwester...“ kurz hielt sie inne. „...ich habe mir das hier alles nur mir selbst zu Verdanken und auch den Tod meiner Schwester vor 2 Sommern, auch den habe ich zu verantworten...“ Varia stand auf und ging wieder zu der Wand, der sie vor ein paar Tagen noch eine unschöne Delle verpasst hatte. Sie strich über jene Stelle. „Es sind halt meine Dämonen.... vielleicht habe ich es ja verdient, das nicht der Menschenfreund Varus sondern eben Commodus mein Dingens sein soll?“ Nein sie würde ihn nicht als ihren Herrn bezeichnen. „Vielleicht ist es auch besser nur ein Möbel und kein Mensch mehr zu sein? Denn welcher Mensch der in Freiheit gelebt hat würde es ertragen Fesseln, wenn auch unsichtbare zu tragen?“ Varia drehte sich wieder zu Esther um. „Ja hat sie mir erzählt, vielleicht ist es so, vielleicht aber auch ganz anders. Wenn er wirklich so ein Menschenfreund ist... warum sollte er seine Stellung dann ausnutzen und sie in sein Bett zwingen?“

    Varia war ihm gefolgt und lauschte seinen Ausführungen und schaute sich im Innenhof um. Sie sah die Kisten, die einfachen Stämme, die Gegner darstellen sollten und auch die Arena...
    Er wollte also sehen was sie konnte? Konnte er haben. Sie löste die Lederbänder, welche sie um ihre Tunika geschlungen hatte. Dann streifte sie ihre Tunika über den Kopf, diese kam auf dem Boden zum liegen. Unter ihrer Tunika trug sie das Lederzeug, was sie noch in der Nacht genäht hatte.
    Die Lederbänder die gerade noch als Gürtel gedient hatte wurden geschickt um ihre Hände und Unterarme gewickelt, ein dritter wurde wieder Gürtelartig um ihre Hüfte geschlungen.


    Sie nickte dem Alten zu und ging zu den Kisten, dort angekommen, nahm sie sich zwei Dolche, die in den Gürtel gesteckt wurden, einen langen und einen kurzen Speer, sowie ein Kurzschwert.


    Sie ging zu den ersten „einfach Stämmen“, legte die Speere ab, er hob das Kurzschwert und ging in Stellung. Zunächst musste sie sich an das Gewicht der Waffe gewöhnen, aber um so länger sie die Waffe hielt um so sicher wurde sie, immer geschmeidiger und flüssiger wurden ihre Bewegungen.
    Sie arbeitete sich von „Gegner zu Gegner“ bis sie beim Letzten angekommen war.


    Sie ging wieder zu den abgelegten Waffen, legte das Schwert ab, nahm sich den kurzen Speer.
    Bevor sie jedoch zum Angriff überging, drehte sie diesen erst in den rechten dann in der linken Hand, dann mit beiden, bis sie das Gefühl für diese Waffe bekommen hatte und wusste wo der Schwerpunkt lag. Dann absolvierte sie die Übung von vorn, dabei setzte sie den Speer aber wie einen Kampfstab ein.


    Das Gleiche wurde kurz danach mit dem langen Speer, der dieses mal auch als solcher eingesetzt wurde absolviert.


    Ganz zum Schluss waren schließlich die Messer dran, in jeder Hand ein, wobei das in der linken Hand mit der Klinge nach hinten gehalten wurde und nur bei Bedarf nach vor schnellte.
    Hier zeigte sich auch ihre Schnell- und Wendigkeit. Geschickt manövrierte sie um die Gegner aus Holz herum.


    Dann absolvierte sie den Durchgang nochmal mit nur einem Dolch.


    Inzwischen sah man ihr durchaus die Anstrengung an, ein leichter Schweißfilm hatte sich inzwischen auf ihrer Haut gebildet.


    Nach dem sie mit dem nun den fünften Durchgang hinter sich hatte, stand sie wieder am Anfang und sah zu dem Alten Mann ob sie weiter machen sollte.

    „Ja...“ lautete die knappe Antwort, die jedoch nicht der Wahrheit entsprach. Varia entzog Esther ihre Hand. Wie hätte sie es auch erklären sollen? Es war wie ein Ventil mit welchem sie Dampf ablassen konnte. So hatte sie es immer gehandhabt und bisher war sie gut damit gefahren. Immer noch besser als alles in sich rein zu fressen und eines Tages zu platzen. Inzwischen hatte sie sich ja auch eine Baum als Ziel ihrer Attacken aus gesucht, so blieb die Wand verschont. Die Bandagen welche ihre Hände schützen, waren inzwischen auch etwas dicker, so blieben zumindest die Knöchel heil. „... auch wenn du es nicht verstehst. Ich brauch das... manchmal.“

    Sie stand immer noch da und sah den beiden Jungs kopfschüttelnd hinter her, als Shanis Stimme zu ihr durchdrang. Irgendwie klang sie besorgt. Sie drehte sich um, zu ihrer Überraschung stand Shani aber nicht hinter ihr. Varia war wohl weiter vom Stand entfernt, als sie gedacht hatte. Sie konnte Shani auch nicht erblicken.
    Schnell überbrückte sie die Distanz zu dem Stand des Händlers und sah Shani auf der anderen Seite des Standes. Bei ihr war nur der Händler, warum also hatte sie besorgt geklungen?
    Hilfe brauchte sie anscheinend nicht... Erst jetzt ging Varia auf, dass Shani sich wohl Gedanken gemacht hatte, dass sich Varia aus dem Staub gemacht haben könnte.
    „Ich bin hier Shani.“ sie nickte der Schwarzen über den Stand hinweg zu. „Hast du was für mich gefunden?“ Fragte sie, als ob nichts gewesen wäre.

    „Weil er doch einer ist, ein Bauer für Wein. Und weil er als er mich auf dem Markt gekauft hat mehr wie ein solcher aussah.“ Varia grinste zurück. „Dann lass uns gehen und der Große kann sich einen Schlafplatz suchen, wo es ihm gefällt.“ Sie nahm Esther bei der Hand und schaute zu Irvin. „Du kannst auch draußen schlafen wenn du willst.“

    Sie verstand nicht, warum Atermas sich Sorgen machte, schließlich war sie nicht gerade zerbrechlich. Sie nickte ihm also lächelnd zu. „Bis heute Abend dann.“ Dann folgte sie dem Alten. Interessiert sah sie in das Innere der Schule, ein großer Platz, ein kreisförmiges Gebilde in deren Mitte sich eine Arena befand. Hier und da sah man schon eine Kämpfer bei ihren Übungen. „Man sagte mir, ihr habt auch Ausrüstung für Frauen?“ fragte sie nach einer Weile den Alten.

    Am Ziel angekommen staunte sie nicht schlecht, schon von außen war die Schule ein imposantes Gebäude. Sie konnte es kaum fassen, eine so große Schule für Kämpfer und davon hatten die vier? Und hier wurden nur die Kämpfer ausgebildet, die die Römer in der Arena erfreuen sollten. Für Varia war dies immer noch ein irrsinniger Gedanke, ihr erschloss sich nicht, was Spaß dran machte anderen beim töten zuzusehen. Es ging ja auch keiner an den Rand der Schlachtfelder um sich daran zu ergötzen. Scheinbar waren Römer jedoch anderes gestrickt. 'Brot und Spiele.' so hatte es ihr einst ein Römer erklärt. 'Damit beruhigt man den Pöbel.' Sie hatte nie wirklich verstanden was er damit meinte, aber scheinbar stimmte es wohl, oder warum würden sie Römer sonst solche Schulen unterhalten?

    Varia nickte, sie streichelte dem Tier beruhigen über den Hals. „Dexter heißt du also. Wir werden uns schon verstehen..hm?“ leise sprach sie mit dem Tier. „Ich mach ihn schon nicht kaputt.“ Waren die Worte die sie an Atermas richtete, bevor sie gemächlich hinter ihm her ritt.
    Als sie die Tore hinter sich gelassen hatten hielt sie ihren Muli kurz an, schaute sehnsüchtig gen Norden. Kurz hielt sie inne, dann jedoch ritt sie weiter hinter Atermas her.

    Varia schüttelte den Kopf. „Nein die Schulen kenne ich nicht, woher auch?“ sie grinste Atermas schief an. Ihr fiel aber fast alles aus dem Gesicht, als er sie ernsthaft... „Das ist nicht dein...“ schon saß sie auf dem Tier „..Ernst oder?“ Sie murmelte vor sich hin. „Der frag ob ich reiten kann! Der meint das ernst! Der ist eindeutig schon zu lange unter Römern.“ Dann wand sie sich Atermas zu. „Können wir?“

    Mit einem kräftigen Ruck wurde beide von dem Stand weggestoßen, urplötzlich lies sie beide gleichzeitig los. Wenn Blicke töten könnten... Dann fing sie an zu böse zu grinsen, ihre Hände ballten sich zu Fäusten, ihre Muskeln spannten sich an, selbst ein ungeschultes Auge konnte jetzt erkennen, dass sie austrainiert war. „Wenn ihr Lust auf ein Tänzchen habt...“

    Varia hatte die beiden schon bemerkt, obwohl sie eher dachte, dass sie es wohl auf Shanis Geld abgesehen hatte, als sie jedoch realisierte, was der Typ da unter vor hatte, schnellte ihr Arm auf seine Kehle zu, sie drückte zu und zog ihn auf seine Füße. Die andere Hand, packte den zweiten an seiner Bekleidung und zog ihn dichter zu sich heran. „War die Aussicht euer Leben wert?“ fragte sie gefährlich leise.

    Viel Schlaf war es nicht was sie bekommen hatte, aber das war nichts ungewohntes.
    Sie öffnete sie Augen und war binnen von Augenblicken hellwach. Schon schwang sie sich aus dem Bett, reckte und streckte sich, bevor sie die neue nun passende Tunika überstreifte. Sie griff noch nach zwei etwas breiteren Lederstreifen, die sie erst mal als Gürtel verwendete. Ein dritter wurde um die Stirn gebunden.
    „Nur noch kurz ins Balneum, dann können wir los.“ Hannah hatte sie am Abend wieder mal mit allem möglichen versorgt, so dass sie nicht den geringsten Hunger verspürte.