Beiträge von Tiberius Prudentius Balbus

    Der Optio machte ersteinmal keine Anstalten sich von der Stelle zu bewegen. Schweigend betrachtete er das Frischfleisch und beobachtete die Männer aufmerksam. Sie alle waren zwar nun offiziell Praetorianer, doch würde sich noch zeigen müssen, wer von ihnen am Ende des Tages noch diese Bezeichnung tragen durfte. Und da der Optio das nicht zum ersten Mal tat wusste er genau, dass von den dreissig Männern, die hier vor ihm standen, allerhöchstens zwölf tatsächlich bleiben würden.


    Das Warten musste für die Milites mittlerweile sicherlich unerträglich sein, denn sie waren hier ja in voller Montur angetreten und der Optio liess sie warten. Nach knapp zehn Minuten bewegte er sich das erste Mal. Auch wenn dies jene Milites, die gehofft hatten, dass er zwischenzeitlich gestorben war, eines besseren belehrte, brachte ihnen das auch nicht viel mehr, da die Bewegung lediglich dem Verjagen eines Insekts diente.
    Das Warten ging weiter.






    Der finster dreinschauende Optio, der die Frischlinge in ihren Unterkünften zusammengeschrien hatte, war dann auch derjenige, den sie als erstes sehen würden, wenn sie eintrafen.
    Er wartete am Rand des Trainingsplatzes auf das Eintreffen des Frischfleisches, was ihm sichtlich wenig Spass machte.







    Und kaum waren die Frischlinge einigermassen in ihre neue Unterkunft einsortiert, stürmte auch schon ein düster dreinschauender Optio in die Unterkunft. Mit äusserst unangenehmer Lautstärke brüllte er: ALLE FRISCHLINGE SOFORT ANTRETEN! VOLLE AUSRÜSTUNG! UND ZWAR ZACK ZACK!
    Und kaum hatte er das in dem Raum gebrüllt, war er auch schon wieder weg und eilte an jenen Ort, an dem er auf die Milites warten würde.







    Balbus war dicht hinter Crassus in das Zelt eingetreten, natürlich nicht ohne grösste Vorsicht, die ihn auch dazu verleitete seine Hand auf dem Schwertknauf ruhen zulassen, schliesslich wusste man bei Tiberiern ja nie.


    Während Crassus Platz nahm, stellte sich Balbus einen halben Schritt hinter seinen Praefecten. Aufmerksam wanderte sein Blick durch das karge Zelt und blieben dabei kurz an den beiden Büsten hängen. Beide sahen so aus, wie er die beiden Männer in Erinnerung hatte. Scheinbar hatte der Legat einen wirklich guten Bildhauer aufgetrieben.

    Auf den grossen Schluck folgten mehrere kleine, die den gesamten Prozess des Briefschreibens begleiteten. Immer wieder strich Balbus Passagen aus dem, was er bereits niedergeschrieben hatte, dann fügte er etwas hinzu oder änderte etwas. Ein oder zwei Mal verwarf er auch das gesamte Geschriebene und begann völlig neu.


    Nach knapp zwei Stunden hatte er es dann geschafft. Er siegelte das geschriebene und verpackte die Schriftrolle in einer Transportrolle, die er dann ebenfalls versiegelte. Viel Mühe steckte in dem, was er nun auf die Reise schicken wollte und er wollte nicht, dass irgendjemand es las, der es nicht lesen sollte.
    Nach kurzem Ruf und kurzem Warten stand dann auch schon ein Botenjunge im Eingang des Officiums, dem Balbus die Transportrolle, mit der Ermahnung vorsichtig zu sein, übergab.
    Als der Bote ging, widmete Balbus sich wieder für eine Weile dem Weinbecher.

    Etwas weniger schwungvoll schwang sich Balbus von seinem Pferd, denn das Schwingen war von einem synchronen Zeichen an den Decurio der Turma begleitet. Ein Zeichen, das dafür sorgte, dass die Equites auf ihren Pferden verblieben und sich für alle Eventualitäten bereit hielten.


    Balbus selbst schritt in geringem Abstand hinter Crassus und stoppte auch dort. Er hatte den Legaten vor längerer Zeit einmal kennengelernt und fand ihn, wie den Rest seiner Familie, äusserst anstrengend. Aufmerksam wartete er auf das, was nun kommen würde.

    Ebenfalls dabei, da ja Stabsoffizier, war Balbus, seines Zeichens Princeps Praetorii. Er ritt in Crassus direkter Nähe und liess einen Blick über das kleine Lager wandern. Am liebsten hätte er das Lager einkreisen und alle Legionäre entwaffnen lassen, doch wäre das nicht die feine römische Art gewesen, schliesslich waren diese Männer 'Kriegshelden'. Daher hatte er sich darauf beschränkt einige Speculatores in die Nähe zu beordern, bevor sie die Castra verlassen hatten.
    Jetzt folgte er seinem Praefecten und war gespannt auf das Zusammentreffen mit dem Legaten der Prima.

    Balbus war gerade damit beschäftigt gewesen die Aussagen einiger Krimineller zu lesen, die in den tiefen Tiefen der Castra eingekerkert waren, als er so freundlich gestört wurde. Er blickte auf und stand, noch während Crassus sprach, auf.


    "Eine erfreuliche Nachricht." sagte er, wobei sich das nur auf die Tatsache bezog, dass Vitamalacus ohne die Legion kam. Das er unbemerkt in Italia landen konnte war weniger erfreulich.


    "Ich nehme an, du willst ihn empfangen?" Es war weniger eine Frage als eine Feststellung, denn Balbus war bereits dabei sich auf das Verlassen der Castra vorzubereiten.

    "Ich stehe bereit, wenn du mich brauchst." sagte er. Sicherlich würde er gerne zu denen gehören, die dem Kaiser entgegen geschickt würden, doch würde er auch hier bleiben und die Stellung halten, falls Crassus Pläne dies vorsahen.


    "Hast du weitere Anweisungen? Falls nicht, werde ich mich um die Speculatores kümmern."

    Balbus nickte. Das zeigte wieder, dass Valerian ein Soldat war und wusste, wie man Truppen bei der Stange hielt.


    "Schreibt er auch, wann er vorraussichtlich in Rom eintreffen wird? Es muss immerhin einiges geplant werden für seine Ankunft. Ich nehme ja an, dass wir ihm eine Abordnung der Garde schicken, sobald er italischen Boden berührt."

    "Ich werde die Speculatores gleich nachher instruieren. Da sie mit der Classis kommen werden, werde ich das Hauptaugenmerk auf die Militärhäfen legen lassen." sagte er. "Wenn sie kommen, werden wir sie sehen."


    "Wo du Valerian ansprichst, gibt es Neuigkeiten von ihm?" Es war ja nicht so, dass sie erst gestern darüber gesprochen hatten, aber es konnte in dieser Stadt ja viel passieren.

    "Ich bete für uns, dass es wenn dann nur eine Legion ist." fügte Balbus hinzu.


    Mit einer einzelnen Legion würden sie keine Probleme haben, doch falls mehrere Adler vor den Toren auftauchen würden, dann könnte es knapp werden.


    "Aber machen wir uns darüber Gedanken, wenn wir näheres wissen. Vielleicht bleibt die Prima auch vorerst im Osten. Oder Tiberius zieht mit ihr zu Valerian."

    "Die Prima ist schon wieder auf dem Weg? Ohne Mitteilung?" wiederholte Balbus.


    "Der Legat ist Tiberius Vitamalacus, nicht wahr? Ich habe ihn als einen recht starrsinnigen Mann kennengelernt. Jemand, der nicht viel darauf gibt, was andere ihm sagen. Vermutlich werden wir erst von ihm hören, wenn er vor den Toren Roms steht."

    So viel Freundlichkeit hatte die dunkle Festung sicherlich seit dem Tag ihrer Erbauung nicht mehr erlebt und wenn es so weiter ginge, würden hier sicherlich bald überall Blümchen aus den Mauern wachsen.


    "Ich hoffe eine der unwichtigeren." kommentierte er.


    "Ich hab mich mit den wenigen Dingen, die sich verändert haben, vertraut gemacht und mir auch die aktuelle Truppenstärke und die Dienstpläne angesehen. In Anbetracht der Tatsache, dass sich so viele Cohorten in Parthia befinden, hoffe ich, dass in Bezug auf die Thronfolge alles glatt läuft, denn mit ganzen Legionen könnten wir es derzeit sicherlich nicht aufnehmen."

    Balbus hatte sich mit einem Becher Wein und einigen Früchten in das kleine Officium am Peristyl zurückgezogen um dort einige Briefe zu schreiben. Vor ihm lag, neben einigen unbeschriebenen Papyrusbögen, auch ein Brief aus Hispania, der vor ein oder zwei Tagen angekommen war. Balbus hatte ihn bereits mehrfach gelesen und war sich noch nicht ganz sicher, was er in die Antwort schreiben sollte.
    Es musste gut überlegt sein, immerhin war es in diesen Zeiten äusserst wichtig darauf zu achten, wem man was sagen konnte. Er war sich zwar nicht mal sicher, ob seine Meinung tatsächlich irgendjemanden interessierte oder ob sie politisch gesehen irgendeine Relevanz hatte, doch wusste er genau, dass ebendieser Flavier aus allem eine grosse politische Angelegenheit machen konnte. Bis heute hatte er nicht verstanden, was sein Vater an ihm fand und warum er ihn unterstützt hatte.


    Ein grosser Schluck Wein unterbrach seinen Gedankenfluss.