Beiträge von Marcus Octavius Maro

    Maro hatte die ganze Geschichte mit zunehmend finsterer Miene verfolgt. Als Opferhelfer waren ihm die Hände gebunden, doch es juckte ihn immer noch in den Fingern, den Dieb mit bewährter Technik zu disziplinieren. Beutelschneider in Menschenansammlungen waren nun wirklich nichts Unerhörtes. Aber die hatten meistens genug Hirn nicht in einen Haufen Soldaten rein zu rennen. Der da anscheinend nicht. Maro hätte nur zu gern gewusst, was genau ihn dazu getrieben hatte, hier heraus zu rennen. Naja, das würden sie ja sehen.
    Das Ganze wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn nicht irgendein Zivilist wie ein kranker Elephant in die Zeremonie geblökt hätte. Das hätte schon das Ritual ruinieren können. Der Optio schüttelte den Kopf. Kein Sinn fürs Sakrale. Die Gunst der Götter fand Maro erheblich wichtiger als irgendeinen Geldbeutel.
    Aber nun konnte es endlich weiter gehen.


    "Ihr habt den Tribun gehört. Scaeva und ihr da, ihr seid mir für das da," er deutete auf den Dieb,"verantwortlich bis die Geschicht hier durch ist. Hau ihn wenn nötig bewusstlos, wenn er Stress macht.
    Quintilius und Cerretanus, falls noch jemand hier reinzurennen versucht, sammelt ihr den umgehend ein, damit er nicht das Opfer stören kann.
    Und jetzt auch kein Gezappel mehr. Wir ziehen das mit Würde durch, egal was sonst passiert. Die Götter müssen besänftigt werden, alle anderen sind zweitrangig. Konzentration, silentium und state!"


    Der Klauer konnte von Glück sagen, dass man sich in Rom Menschenopfer abgewöhnt hatte.

    Es dauerte tatsächlich einige Zeit bis Maro vom Exerzierplatz zurückkehrte und den Rückkehrer im Officium vorfand.


    "Frugi? Bist also wieder zurück aus dem kalten Sumpf? Gut zu dich lebend zurück zu sehen, Mann. Verstärkst du uns, oder hast du irgendeine Mission?"


    Der Cousin war seinerzeit aus Gründen, die Maro nicht mitbekommen hatte und sich auch nicht die Mühe gemacht hatte zu erfahren zur Rheinarmee gegangen, versetzt worden oder sonst was.
    Aber anscheinend waren die Octavier wieder eine Bank bei den Urbanern, was in der gegenwärtigen Gemengelage nur gut sein konnte.

    Der Optio schätzte den Mann kurz ab. Er fand keinen Grund an seiner Aussage zu zweifeln.


    "Dann hast du dir eine vortreffliche Zeit ausgesucht um zurückzukehren. Es sind allerlei Festivitäten im Gang. Wagenrennen, Opfer und was weiß ich nicht noch alles. Wenn du also deine Heimkehr feiern willst, kommst du garantiert auf deine Kosten. Ach ja. Willkommen zuhause."

    Der Optio begutachtete zunächst die beiden Opfer genauer.


    "Wer immer das getan hat, wusste was er tut. Das würde man in der Tat saubere Arbeit nennen. Zack, zack abgestochen."
    Von einem professionellen Blickwinkel war diese "Arbeit" auf perverse Weise beeindruckend. Das hier wurde immer seltsamer. An Ofillius hatte Maro keine Stichwunde gefunden. Ob der also seine Sklaven auf dem Gewissen hatte? Möglich. Maro wusste nicht viel über Ofillius. Vielleicht war der ja ein ehemaliger Soldat und konnte mit einer Klinge umgehen.
    Dann blickte Maro zu der Stelle wo Scaeva hinzeigte.
    "Sieht tatsächlich nach Blut aus. Wenn das hier in eine größere Messerstecherei ausgeartete sein sollte, könnten wie noch viele Flecken hier finden. Schau dich ruhig um, ob du noch welche findest"
    Vorsichtig um die Körper nicht weiter in Mitleidenschaft zu ziehen stieg er die Treppe hoch in den Raum mit dem Balkon und entdeckte die Frau.


    "Hier ist noch eine. Kehle durchgeschnitten. Liegt hier rum. Was immer hier passiert ist, muss der helle Wahnsinn gewesen sein."

    "Wein?" Der Optio beugte sich erneut zu dem Toten runter. "Mhm. Nein. Das hier riecht zu bitter. Und zu scharf. Riech mal. Opium. Aus den Kapseln der Papaver. Dreckszeug."


    Er stand wieder auf und sah sich um.


    "Wir haben hier einen Genießer, würde ich sagen. Es ist ein echter Wahnsinn. Sobald einer ein bisschen Geld hat, dröhnt er sich mit dem Zeug zu. Kein Wunder, dass so einer von der Ballustrade knallt. Scheint mit dem Kopf aufgeschlagen zu sein. Wahrscheinlich am gebrochenen Hals ohne viel Aufhebens drauf gegangen. Besser so."


    Vorsichtig tastete Maro den Toten noch einmal ab. Gebrochener Hals, kaputter Schädel, gebrochene Rippen. Soweit nichts ungewöhnliches.


    "Aber eine ausgekugelte Schulter ist bei einem Sturz dieser Art doch seltsam. Wenn einer derart aufknallt, trümmert und reißt es normalerweise bloß was das Zeug hält. Für so einer Schulter muss eine Verdrehung da gewesen sein. Dafür müsste er eigentlich eher nach hinten gefallen sein. Mhm. Schulter könnte also auch vorher passiert sein. Aber ich bin ja kein Medicus. Wir werden sehen."


    Um Scaevas Frage zu beantworten, fuhr er fort:


    "Soweit ich weiß, hat der Sklave was von mehreren Personen gesagt. Ich würde sagen, wir gehen mal rein. Ihr anderen bleibt in der Nähe und passt auf, dass kein Sklave oder sonst wer abhaut. Wenn von außerhalb des Grundstücks einer Anstalten macht hier her zu kommen, sammelt ihr den ein. Aber lasst sie außer Sichtweite der Leiche.


    Verschaffen wir uns einen Überblick."


    Der Optio winkte Scaeva ihm zu folgen und betrat das Haus. Er brauchte nicht lange, um auch auf die toten Sklaven zu stoßen.

    Es hatte nicht lang gedauert, da hatte es auch jemand geschafft die Urbaner zu alamieren. Bin diese allerdings draußen in Ostia ankamen dauerte es etwas. Insgesamt lagen die Toten wohl einen halben Tag in der Villa herum, bis sie ihn zum ersten Mal begutachten konnten.


    Jedenfalls war Optio Maro heilfroh, mal wieder aus der Stadt zu kommen. Der Ort des Hergangs war im Vergleich zu den Orten, die sie sonst so abzugrasen hatten, geradezu exklusiv. Eine Villa in Ostia war eine elysische Umgebung verglichen mit der Subura, wo man immer aufpassen musste nicht zu kotzen während man Leute befragte. Wenn denn jemand zum befragen da war. Meistens lagen die Leichen einfach am Morgen da, als wären sie vom Himmel gefallen. Und keiner kannte sie. Täter aufspüren unmöglich.


    Doch hier war das anders. Sie kannten schon mal den Namen eines der Opfer. Der arme Sklave, der die Urbaner alamiert hatte war völlig außer sich gewesen und hatte wirres Zeug gefaselt. Balkon. Frau. Kraut. Es versprach ein interessanter Fall zu werden.


    Sie kamen gegen Mittag an und fanden den Toten natürlich ohne große Umstände.


    Verquer und zerschlagen lag er auf dem Pflaster. Glieder gebrochen.


    Aus der Kommission hatte Maro gelernt sich nun jedes einzelne Detail aufzuschreiben um über jeden Piep, der bei der Untersuchung auftauchen würde späterRechenschaft ablegen zu können. Er glaubte zwar nicht, dass ihm später in diesem Fall die Prätorianer aüber den weg laufen würden - der erste Augenschein der heruntergefallenen Leiche schrie förmlich Selbstmord - aber man konnte nie wissen, wer später mal in der Angelegenheit herum wühlen würde.


    Er beugte sich zu dem Toten herunter und begutachtete die Leiche genauer




    Toter I:
    Publius Ofillius Crepereianus Classicus, römischer Bürger


    Status:
    Tot seit der vorherigen Nacht.
    Vorgefunden mit diversen Knochenbrüchen und ausgekugelter Schulter nach Sturz vom Balkon.








    Er wandte sich zu seinen Miturbanern um. Mal sehen was sie so zu der Sache zu sagen hatten.


    Sim-Off:

    Endlich Zeit hierfür :D

    Nicht perfekt war die Schildkröte, aber wahrscheinich erwartbar nach der Packung, die die Tirones an diesem Tag schon auf dem Zähler hatten. Aber das brauchte er ihnen ja nicht aufzubinden.


    "Den Pennern, die da schon wieder unfähig waren werd ich morgen gesondert in den Arsch treten. Aber mir ist grad einfgefallen, dass Formationen nicht anstrengend genug für diese Art Exerzieren ist. Deswegen werdet ihr jetzt die Schilde weglegen, Dolch und Schwert rausholen und euch dann den Exerzierplatz in der tiefsten Gangart, das bedeutet kriechend einmal hoch und wieder runter bewegen. Danach weggetreten, sauber machen und pennen gehen. Tigellus, Aufidius und Priscus finden sich morgen nochmal hier ein. Der Rest wird schon mitkriegen was er zu tun hat. Vorwärts."


    Dass die Tirones die Waffen in der Hand hatten bedeutete, dass sie die Hände beim Kriechen ncht nutzen konnten, was die Sache zusätzlich erschwerte. Außerdem würden sie richtig schön verdrecken, sodass sie später ordentlich was zu putzen haben würden. Von den Abschürfungen ganz zu schweigen.


    Sim-Off:

    Da würd ichs dann belassen, wenns dir nix ausmacht^^

    Der Optio konnte seine Wut kaum noch unterdrücken. Welches Scheiß-Spiel trieb der Prätorianer hier die ganze Zeit? Das war das zweite Mal, dass der Kerl ihn vor einem Zeugen zurechtgewiesen hatte. Stilloserweise. Wie sollte das das Fortkommen dieses Komitees fördern?
    Wenn es aber das erklärte Ziel der Prätorianer war, die Urbaner zu untergraben, wie sie vermuteten, war Maro das natürliche Opfer hier. An den Tribun würde der Trecenarius sich eher nicht so heran trauen. Also bekam Maro das ganze ab. Seine Aufgabe war folglich: Schilde hoch und den prätorianischen Sticheleien vor den Zeugen widerstehen.


    Also:


    Durchatmen. Sachlich bleiben. Nicht provozieren lassen. Nicht die Reihen aufbrechen lassen. So warf er dem Trecenarius nur einen irritiertem Blick zu.


    Ob er sich die Belehrung in der Sache zu Herzen nehmen sollte, würde Maro später entscheiden. Er hatte so seine Zweifel, dass die enorm direkte Frage des Trecenarius nach der Procuratrix selbst der Goldstandart der römischen Befragungstechnik war. Posaunte er damit das so aufwendig gehütete Staatsgeheimnis nicht praktisch direkt zum Forum hinaus? Vielleicht würde er ihn das gelegentlich fragen.


    Jedenfalls sagte er ans Gremium gewandt:


    "Wie schön. Trotzdem. Die Fragen hat unsere Quintilia hier noch nicht beantwortet, Konsul. Wenn jene mit noch jemand anderem die Flucht angetreten hat, wäre das vielleicht ein weiterer Zeuge, der uns weitere Details vom Aufstandshergang und den Teilnehmern liefern könnte. Zivilisten haben doch einen, sagen wir anderen Blick, als Militärs oder selbst Würdenträger - wie wir ja grade erleben durften. Außerdem würde ich doch gern auch noch etwas mehr darüber über die Einstellung zum Leben dieser Varia, die die Zeugin erwähnt hatte, wissen. Was gibt es noch über ihre Mentalität zu wissen, außer dass sie Römer nicht leiden kann - manche jedenfalls - und einen ungesunden Freiheitsdrang hat. Das könnte uns zu weiteren Verdächtigen führe, die eine ähnliche Persönlichkeit aufweisen und außerdem Präventionsmaßnahmen zukünftig effektiver gestalten."


    Vielleicht hatten die Prätorianer den schon unter Dach und Fach.


    Wenn sie ihm nicht antwortete; dem Konsul würde die Quintilierin antworten müssen. Unabhängig davon würde er bei Gelegeneheit trotzdem schon mal die Rache dafür planen, dass diese Frau es unternommen hatte, ihn und die Urbaner mit einer dreisten Lüge in Misskredit zu bringen. Das musste noch bestraft werden.

    Zitat

    Pina schaute leicht verwundert, er hat mich gesehen? Dazu sollte ich gleich auch etwas sagen überlegte sie sich, denn inzwischen hatte sie jemanden entdeckt, den sie auch bei den Spielen gesehen hatte. Zuerst wollte sie aber die Fragen des Consuls beantworten.


    „Nun direkt bei Varia sah ich nur zwei Personen, sie schien aber auch keinen Wert darauf zu legen mit irgendjemanden in Kontakt zu kommen. Da war zuerst der Junge, der auch im Hause der Helvetier lebte. Er war etwa zwei, drei Jahre jünger als ich. Sein Name glaube ich war...ja richtig Serrulus und später sah ich noch Helvetius Varus. Aber sonst kann ich dazu weiter keine Angaben machen, wogegen ich bei den Spielen jenen Urbaner sah“, Pina wies mit dem Kopf in Richtung des Optios, und der erlaubte doch wirklich inmitten des Kampfgetümmels einem Untergebenen, ich nehme an es war ein Tiro, eine leicht humpelnde junge Frau nach Hause zu geleiten. Mitten in vorderster Front beschäftigen die beiden sich mit so etwas. Ja wenn es die Kaiserin gewesen wäre. Ich war doch auch in Gefahr und all die anderen anwesenden Frauen, brachte die ein Urbaner nach Hause? Nein. Ich versuchte Schutz dicht an einer Mauer zu finden, um dann einen sicheren Weg nach Hause zu finden.“ Hätte ich auch, wenn mich die Decimer nur gelassen hätten, aber nein sie mussten die Beschützer spielen und von da an, naja lassen wir das, mahnte Pina sich und ihre Gedanken um zur Ruhe zu kommen.


    So langsam hatte Maro genug von diesem Mädchen.


    "Bevor jemand diesen Unfug kommentarlos aufschreibt. Es war nicht nur der Tiro, der eine leicht humpelnde Frau nach hause geleitet hat, sondern eine ganze Abteilung, die unter anderem den damaligen curulischen Ädilen Scato auf Befehl des Tribuns Crispus zur Villa Flavia Felix eskortiert hat. Ich glaube wir können uns glücklich schätzen, dass die Zeugin angesichts ihrer dürftigen Auffassungsgabe nicht die Kaiserin ist.
    Anstatt sich in einen der gesicherten Bereiche zu begeben, turnt sie an der Mauer entlang und versucht nach hause zu kommen. Naja, jeder wie er mag.
    Ein Wunder, dass du es damit lebend da raus geschafft hast. Das hast du garantiert nicht alleine geschafft. Also. Der Vollständigkeit deiner Geschichte wegen und um das Bild zu komplettieren: War noch jemand bei dir bei deiner Flucht und hast du sonst irgendwelche Beobachtungen gemacht, die bei unserer Aufgabe hier hilfreich sein könnten?"


    Er schüttelte unwirsch den Kopf. Jetzt musste er sich schon von augenscheinlich halbblinden Weibern erklären lassen, wie die Urbaner ihren Aufgaben nachzukommen hatten. Das wurde hier immer doller.

    Maro nickte langsam. Ihm gefiel die Idee, in irgendwelche Schwierigkeiten mit den Praetorianern zu geraten, überhaupt nicht.


    "Was an der Geschichte, die unsere Kollegen in schwarz da ausgebuddelt haben, so dran ist, wird ja hoffentlich diese Kommission zeigen. Und wir haben dabei einen Platz in der ersten Reihe. Immerhin. Sonst würden wir wahrscheinlich nie erfahren, was sich wirklich hinter den Kulissen abgespielt hat. Es hat aber auch gezeigt, dass wir Urbaner meiner Meinung nach eigentlich mehr Ressourcen in solche Kriminalfälle stecken müssten. Unsere Möglichkeiten sind da begrenzt, bei dem ganzen anderen Kram, den wir so am Hals haben. Das hast du in der Kommission ja schin angesprochen.Ich stehe im Moment praktisch den ganzen Tag auf dem Exerzierplatz und versuche da irgendwelche Leute zu Soldaten zu machen. Und das geht nicht nur mir so. Kein Wunder, wenn da Ermittlungssachen nicht mit der vollen Energie betrieben werden. Diese Mordgeschichte mit all ihren Facetten, hätte Scaeva und mich garantiert wochenlang beschäftigt, besonders, wenn tatsächlich so ein zwielichtiger Hintergrund mitspielt. Wir haben als Soldaten nicht die Zeit, Ausbildung oder Technik für solche Aktionen. Hinter diese Verschwörung wäre ohne die Geheimarbeit von Speculatores und ihren Befragungsgerätschaften garantiert kein Urbaner gekommen. Wie auch?"


    So ehrlich musste man schon zu sich sein und auch war dies etwas, das ihn im Grunde umgetrieben hatte, seit ihn der Prätorianercenturio in seinem Officium "besucht" hatte.


    "Vor allem wenn Leute wie die Procuratrix involviert sein sollten, liegt das deutlich über der Gehaltsstufe eines kleinen Optios und Miles, Tribun."


    Was die Abwehr des möglichen Angriffs der Prätorianer auf die Integrität der Urbaner anging, so würde der Tribun hier die Karten spielen müssen. Maro selbst war da ein zu kleines Licht in der Kommission, und mochte der Konsul noch so oft betonen, dass es in jener keine Rangunterschiede zu geben hatte.


    "Befiehlst du eine spezielle Taktik für uns in der Kommission, Tribun?"

    Dem Optio war das Gespräch im abgeschotteten Umfeld des Officiums des Tribuns sehr recht. Und hier würde sie auch keiner beobachten - anders, als in der Villa.


    "Salve Tribun. Was meine Meinung zu der Kommission ist?Mhm. Eigentlich halte ich sie für eine gesunde Idee vom Konsul. Eine Gelegenheit ein paar Dinge anzustoßen, de sonst nicht passieren würden. Obwohl ich natürlich äußerst erstaunt bin, dass man meine Wenigkeit überhaupt hinzugebeten hat.Naja. Das, was mir aber Sorgen macht, ist dass das ganze auch nach hinten los gehen kann für uns. Der Trecenarius Tiberius sagt es vielleicht nicht direkt, aber er mich wie einen Idioten bei dieser Mordgeschichte aussehen lassen. Ohne Not. Sieht für mich danach aus, dass er den Urbanern hier Schlamperei in die Schuhe schieben will. Verus könnte also die Kommission für einen Flankenangriff auf die Urbaner nuzten, Tribun: Die Prätorianer wollen nicht die Verantwortlichkeit dafür, dass ihnen die Verschwörung durch die Lappen gegangen ist. Die Procuratrix a memoria. Also wirklich."


    Maro schüttelte den Kopf.


    "Ich weiß nicht. Vielleicht geht da auch bloß meine Phantasie mit mir durch."


    Er war sehr gespannt auf die Meinung des Tribuns

    Nicht im konkreten Fall Versagen vorwerfen. Wie schön.


    "Es handelte sich bei den Opfern des Mordereignisses, das wir hier zuerst diskutiert haben in der Tat um einfache Handwerker aus dem Dunstkreis der Subura."


    Er sah in seine Unterlagen und fand die Tafel, auf der er sich am Tatort Notizen gemacht hatte.


    "Mamercus Tuscenius Tutor, Bäcker. Volusus Cincius Vespillo, Fleischer. Ritterstand kommt mir bei denen jedenfalls unwahrscheinlich vor.


    Trotzdem bin ich dir dankbar, dass du uns von Versagen freisprechen kannst, Trecenarius. Und ich bin gespannt auf diese Berichte, die du uns präsentieren möchtest. Unglücklich, dass eure reichhaltigen Quellen anscheinend erst nach dem Aufstand anfingen zu sprudeln. Aber es ist natürlich auch den fähigsten Speculatores nicht möglich, jedes Problem im Vorfeld aufzuspüren. Die Verschwörer und Sklaven müssen sehr geschickt vorgegangen sein, um den wachsamen Augen der Urbaner und der Speculatores zugleich zu entgehen."


    Maro hatte betont jeden Sarkasmus aus seinem Ton heraus gehalten, der ihm vielleicht durch den Kopf ging. Er hatte jedoch auch einen praktischen Schluss aus dem ganzen Hin- und Her gezogen.

    "Meine Herren, ungeachtet der zweifellos aufschlussreichen Berichte, die da noch kommen mögen, wage ich jetzt schon vorläufig zusammenzufassen, dass eine bessere Kommunikation zwischen den Einheiten in der Stadt zur Verhütung solcher Ereignisse durchaus geboten ist. Die Aufdeckung von Verschwörungen ist nicht die Aufgabe der Urbaner, aber selbst der Garde entgehen zuweilen Dinge. Zusammen ermittelnd verfügen wir über deutlich mehr Aufklärungspotential um auch Gefährdungen zu begegnen, die sich wie diese sowohl im Palast, als auch in der Subura finden, als wenn wir nebeneinander oder nacheinander her ermitteln."


    Mal sehen, ob der Trecenarius die Brücke betreten und den Olivenzweig nehmen würde, die der Optio ausgestreckt hatte.

    Was man mit einem Folterkeller und ein paar Speculatores nicht alles herausfinden konnte. Auch interessant war die Reaktion des Konsuls gewesen. Selbst auf die Information hin, dass immerhin die Procuratrix a memoria als Kopf dieser Sache aufgetaucht war hatte der nicht mit der Wimper gezuckt. Vielleicht brauchte der Konsul aber auch noch etwas um die ungeheuerliche Information zu verarbeiten - so wie sie alle hier. Eine hohe Beamtin mit Zugang zum Kaiserpalast. Das war... beunruhigend.


    Allerdings wollte auch er abwarten, ob der Trecenarius nicht noch ein paar Erläuterungen preisgeben würde, bevor er vorbehaltlos glaubte, was in dem Bericht stand. Die Methoden der Speculatores waren so eine Sache.


    Mhm. War die Garde nicht dafür zuständig solche Verschwörungen schon lang im Vorfeld auszuräumen? Naja.


    Die Intervention des Tribun war nicht unwillkommen.


    Er sah nocheinmal kurz zum Trecenarius herüber und dann zum Tribun. Maro fragte sich, ob Crispus wie er selbst auch einen Hinterhalt hier auszumachen glaubte. Bisher waren größere Schuldzuweisungen und rollende Köpfe im Nachgang des Aufstandes ausgeblieben, soweit er dies bemerken konnte. Aber das musste nicht so bleiben. Jemand würde das kürzere Stöckchen ziehen und dann zur Verantwortung gezogen werden dafür, dass die Umtriebe von ein paar zwielichtigen Helvetiern, einer Puffmutter und der Procuratrix a memoria - ausgerechnet - so viel Schaden anrichten konnte.
    Die Urbaner sollten dafür sorgen, dass dieses kurze Stöckchen nicht ihnen zufallen würde.
    Wenn diese Kommission dabei ein Wörtchen mitzureden hatte, waren die Aussichten gar nicht schlecht für sie, überlegte Maro. Beim Quaestor hatte er einen Stein im Brett, die Urbaner selbst waren mit zwei Mann anwesend und Maro glaubte nicht, dass sein Cousin Octavius ihm in den Rücken fallen würde.
    Allerdings hatten die Prätorianer einen erheblichen institutionellen Vorteil. Der Kaiser hing von ihnen ab.


    Vielleicht sah er da aber auch Gespenster, überlegte der Optio.


    Trotzdem würde er sich bei einer Pause so gut wie möglich mit dem Tribun über seine Ahnung unterhalten. Es war ohnehin wirksamer, wenn der hier die wichtigen Karten spielte.

    So. Nun wurde es konkret mit den Übernatürlichen. Gerade wenn man mit diesen in Kontakt treten und ihre Gunst erlange wollte, durfte es keine Fehler geben.


    Maro selbst fand, dass ein Soldat immer gut beraten war, die Götter auf seiner Seite zu haben. Er war davon überzeugt, dass ein Gebet zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Altar ihm in der Schlacht die Haut retten konnte. Und die Gebete an Mars waren ein geringer Preis für seinen Hals.


    Hier bei diesem Ritus ging es aber eher darum, die göttliche Gunst auf die Einheit und die Veteranen zu lenken. Also fast ebenso wichtig wie das persönliche Opfer. Also keine Fehler.


    Daher stand er auch nach der Anrufung vorschriftsmäßig mit dem teuren Weihrauch neben dem Tribun, damit das Voropfer ordentlich stattfinden konnte. Was sollten sonst die Götter von ihrern Bemühungen denken, wenn schon das Voropfer schlampig betrieben wurde.

    Maro sah den erzählenden Tiro mit zusammengekniffenen Augen scharf an.
    Wollte der ihn hier verarschen? Einerlei. Es ging hier um die Liegestütze.


    "Schöne Geschichte Canus. Ich kenne diesen Mythos eher als Tragödie. Drin kommt der Tiro nie durch die Grundausbildung. Der Ärmste. Nehm euch daran ein Beispiel. Das Fatum ist den trionischen Heleden selten wohlgesonnen.So das wars mit der Unterhaltung leider auch schon. Alle Mann aufstehen und dann in Reih und Glied dreimal um den Platz. Danach eine Schildkröte bilden. Dann sehen wir weiter. Hängt davon ab, wie ihr euch jetzt so anstellt. Aufstehen und Abmarsch. Los los."

    Als ermittelnder Soldat fühlte Maro sich von dieser Frage angesprochen. Er war von den Anwesenden schließlich am nächsten an dieser Mordgeschichte dran.


    Kurz frischte er sein Gedächtnis auf und antwortete dann:


    "Nach einer sehr detailierten Zeugenaussage entstand die Situation wohl daraus, dass die angetrunkenen Mordopfer gegen die Zeugin - unserer Kenntnis nach keine Skalvin - zudringlich wurden. Die Mordopfer wurden von der Aufrührerin daraufhin getötet und die Ringe wurden in den Hals gesteckt. Die Opfer waren kleine Handwerker aus der Gegend. Fraglich, ob sie überhaupt selbst Sklaven hatten. Daher ist meine Einschätzung, dass die Aufrührerin im konkreten Fall aus opportunistischen Gründen ihre Opfer gewählt hat. Es erscheint unwahrscheinlich, dass sie auch nur den Namen der Leute kannte, die sie da in dieser Form ermordet hatte."


    Mit einem durchdringenden Blick auf den Sekretär fügte er hinzu:
    "Wenn wir den Eindruck gehabt hätten, diese Morde stünden in kausalem Zusammenhang zum Aufstand, hätten wir unverzüglich Alarm geschlagen. Zum Tatzeitpunkt deutete nichts darauf hin, dass es sich um mehr handelte, als einen sch... schlimmen Tag in der Subura."


    Er zögerte einen Moment.


    "Wir kamen aufgrund des Aufstandes nicht mehr dazu, bei den Eigentümern der Aufrührerin selbst zu ermitteln -waren damit beschäftigt, aufrührerische Sklaven abzustechen. Aber anscheinend haben wir jetzt einen aus der Gens, in deren Eigentum die Aufrührerin stand, glücklicherweise zugegen. Habe daher auch eine Frage: Zeigte jene Haupttäterin Varia - den Namen kannten wir nicht, nur die ehemaligen Eigentümer aufgrund der üblichen Erkennungszeichen, die die Zeugin beschrieben hatte- hatte sie vielleicht vorher schon aufrührerische Tendenzen? Neigte sie etwa zur Ungehorsamkeit oder hat sie Befehlen widersprochen? Vielleicht ist das Netzwerk, das den Aufstand zu verantworten hatte, deutlich älter, als wir annehmen oder besteht sogar noch."


    fragte der Optio an den Helvetier gewandt.

    Ohne großes Aufhebens, führte Maro die Bitte des Quaestors aus, schrieb dessen Namen und damaligen Aufenthaltsort darauf, gab sie dem Flavier und sann währenddessen bereits auf die Antworten zu den Fragen, die ihm auf seinen Beitrag hin gestellt worden waren.
    Dass der Quaestor an schlechten Augen litt, war ihm entfallen.


    "Mhm, das genaue Datum des Mordes weiß ich nicht mehr auswendig im Kopf. Aber es war nicht lang vor Ausbruch des Aufstandes. Die Ermittlungen liefen bei Ausbruch noch."


    An Macer gewandt fuhr er fort.


    "Es gab in der am Tatort des Morde und im Rahmen der weiteren Ermittlungen unsererseits keinerlei Hinweise auf einen bevorstehenden Aufstand, schon gar nicht in dieser Größe. Und auch sonst haben die Ermittlungen keinen erkennbaren Zusammenhang ergeben. Aber der Vollständigkeit halber sollte der Umstand, dass die Haupttäterin vorher schon in der Stadt umtriebig war, nicht unerwähnt bleiben, meine ich.


    In aller Kürze: Wir wurden auf dem üblichen Weg zum Tatort gerufen, wo wir drei Männer ermordet vorfanden. Man hatte ihnen die Siegelringe in den Hals gesteckt. Nicht gerade klassisch, aber auch nicht unerhört. In der Subura passieren bekanntermaßen die verdorbensten Dinge.


    Auch dass die Täterin eine entlaufene Sklavin war, stellt keine Besonderheit dar. Ich muss den Anwesenden nicht extra erklären, wie häufig Sklaven in der Subura abtauchen. Unangenehm, aber noch lange kein Grund um eine Mobilmachung zu veranlassen. Meiner Meinung nach müssten diverse Stadtviertel mal gründlich ausgeräuchert werden. Dann kommt das Gesindel gar nicht erst auf dumme Gedanken."


    Er blickte Zustimmung heischend zu den anderen Soldaten im Gremium herüber. Wenn er schon in so einer Sitzung zugegen war, konnte er auch gleich praktische Maßnahmen ins Gespräch bringen.

    Schließlich waren nur noch die beiden Octavier übrig.


    Nachdem er einen Augenblick respektvoll abgewartet hatte, ob der Senator sich zuerst würde vorstellen wollen - der Consul mochte die Gleichgestelltheit der anwesenden Personen betont haben, aber das hieß nicht, dass Maro jedes Bewusstsein für die eigentliche Rangordnung fahren lassen würde - nahm der Optio doch die Tafel.


    Der Tribun, der Trecenarius und er selbst würden einiges zu dieser Kommission beitragen können.


    "Mein Name ist Marcus Octavius Maro. Optio der dritten Centuria der zwölften Cohorte der Cohortes Urbanae. Ich hörte zum ersten Mal bewusst von dem Aufstand, als ich in der Castra zeitnah nach dem Ausbruch im Theater benachrichtig wurde.Wir haben dann umgehend Maßnahmen zur Aufstandsbekämpfung eingeleitet und soweit ich weiß, war meine Einheit auch die erste am Schaußplatz des Geschehens.


    Es hat sich hinterher herausgestellt, dass ich mit der Haupttäterin des Aufstandes insofern vorher bereits Kontakt hatte, dass ich zusammen mit Miles Helvetius Scaeva einen Dreifachmord in der Subura untersuchte, der, wie sich später herausgestellt hat, von eben jener Haupttäterin begangen wurde."


    Maro trug das in verkürzter Form auch auf die Wachstafel ein.


    Parolen ---- nicht selbst gesehen ---- ca. August (Consul) Meldung am Tag des Aufstands ---- nicht selbst gesehen ----- nach Ausbruch (LPC)
    Nachricht vom Aufstand ---- zu Hause erhalten ---- nach Ausbruch (Purgitius Macer) Ausbruch des Aufstandes - Gesehen in der Arena - Ludi Apollinaris (Caius Flavius Scato) Erlebt als Zivilist: Zerstörung des eigenen Stammsitzes ---- nachermittelt als Trecenarius (Indienststellung nach Zwischenfall) aus Aktenlage ---- weiterhin mit Aufarbeitung und Lösung der resultierenden Staatsschutzprobleme betraut ( Au.Tiberius Verus)
    Erlebt als Optio der Cohortes Urbanae. Aktive Bekämpfung des Aufstandes kurz nach Ausbruch. Vorher unbewusster indirekter Kontakt mit der Haupttäterin im Zuge einer mit dem Aufstand nicht (unmittelbar) zusammenhängenden Mordermittlung (M. Octavius Maro)