Beiträge von Marcus Octavius Maro

    Maro nickte Trogus anerkennend zu. Guten Riecher hatte der Mann.


    "Vielleicht müssen wir ja nicht groß herumsuchen. Der ehrenwerte Catullus hat sicher einen Schlüssel für seine Habe."


    Er machte eine auffordernde Geste in Richtung des Buchhändlers.


    "Jetzt haben wir ja endlich die ganze Familie beisammen, nicht wahr. Dacius, wie. Eine stattliche Belegschaft habt ihr hier ja Catullus. Was ist die Profession dieses Dakers, der die ganze Aktion ja ungemein witzig zu finden scheint?"


    Das war aber nicht die einzige Frage, die Maro beim Anblick der Verwüstung an der Hintertür kam.


    "Hier siehts ja aus. Warum musstet ihr denn unbedingt diese Tür einrennen? Wo musstet ihr denn so dringend hin, dass ihr dafür fast das Gebäude abreißen musstet?"


    Auf die Erklärung war Maro sehr gespannt. Normalerweise reagierte man doch nicht mit Selbstvandalismus, wenn ein paar dumme Junge eine Tür verbarrikadiert hatten. Das ganze wurde immer fauler. Ebenso gespannt war er darauf, was der Optio zu sagen hätte.

    Maro hatte schon nicht mehr daran geglaubt, dass noch irgendwer die Lagerraumtür aufmachen würde.
    Er hatte schon überlegt, ob man sie am besten aufbekäme, indem Maro und seine Kameraden einfach voll auf die Tür drauf rannten, oder ob man mit einem Hebel schneller wäre. Warum hatten sie keinen Rammbock mitgenommen. Einen kleinen, handlichen für Aktionen wie diese.


    Das Geschehen wurde zunehmend merkwürdig. Endlich hatte einer die Tür aufgemacht und Maro betrat den Lagerraum.


    Du bist also Deargh?, fragte Maro den, der die Tür geöffnet hatte. Was für ein bescheuerter Name, dachte er. Wie etwas, das eine Kuh von sich gibt, wenn sie was schlechtes gefressen hatte. Wie auch immer, diesen Namen hatte Catullus jedenfalls gerufen.


    "Was war denn los hier? Hat sich ja angehört, als ob die Hütte einstürzt."

    Jetzt kam doch endlich ein bisschen Bewegung in die Sache.
    Bei der Erwähnung von Hehlerei und dem Krach im Hintergrund kühlte Catullus Gebaren abrupt ab.
    Aber er brach auch nicht in das übliche Gezeter aus, das die meisten Bürger anstrengten, sobald man anfing etwas tiefer ihrer Habe herumzustochern. Der Catullus hingegen nun blieb bemerkenswert ruhig.
    Typisch hingegen an seiner Haltung eine Verzögerung der Durchsuchung erreichen zu wollen. Den Offizier sehen. Wie aus der Lehrstunde. Geboren aus Überheblichkeit. Und einem schlechten Gewissen. Wie viele Beweise brauchten sie denn noch.
    Man müsste eigentlich mal wieder Exempel statuieren, damit die Cives wieder Respekt vor den Urbanae lernten. Maro war sich sicher, der Germanicus bei ihnen würde ihm da voll zustimmen. Aber dies war laut ihren Befehlen nicht der Zeitpunkt dafür.


    Zweifellos aber mussten sie hier die Rechte der Bürger achten und so entschied sich Maro, nicht seine Kameraden herbei zu winken um die Tür zum hinteren Teil einzurennen.
    Das würde vielleicht ohnehin zu lange dauern.


    "Ach, Händler. Immer das gleiche. Na schön. Die Vorschrift, dass wir für eine Hausdurchsuchung einen Offizier dabei haben müssten und ihn dir vorzuzeigen hätten, ist mir nicht geläufig. Wir sind Milites der Cohortes Urbanae, eigens zu dieser Aktion hier abkommandiert, als solche befugt Hausdurchsuchungen wie diese hier vorzunehmen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es dir Spaß machen würde, später dem Zuständigen zu erklären, warum du unsere Amtsausführung behindert hast.Der kürzeste Weg zu unserem Offizier führt jedoch wahrscheinlich durch diese Tür, da unser Optio am Hinterausgang steht und dort dafür sorgt, das nicht etwa aufgeschrecktes Wild unbehelligt aus der Bresche rennt, wenn du verstehst. Ich würde ja sagen wir gehen ihn mal besuchen.Zügig, Bürger, wenn ich bitten darf!"


    Maro hatte sehrschnell geredet. Die Zeit lief ihnen davon. Wenn die sanfte Tour nicht klappte, mussten sie eben brachialer werden. Wenn sie nicht examinieren konnten, da hinten los war, wäre das eine schlimme Nachlässigkeit.

    Der Inhaber des Buchladens war gerade dabei sein Sortiment anzupreisen, als aus dem hinteren Bereich des Hauses ein lautes Rumoren zu vernehmen war. Was ging da vor? Ein Krachen, berstendes Holz dem Klang nach.
    Brachen jetzt schon die Regale in diesem Laden unter dem vielen Papyrus zusammen? Nicht sehr wahrscheinlich. Da hinten war doch noch wer. Falls sie tatsächlich das unfassbare Glück haben sollten die Hehler auf frischer Tat zu ertappen, mussten die Urbaner den Moment der Verwirrung ausnutzen und schnell vorgehen.


    Maro wandte sich wieder Catullus zu. Er konnte bei dem Buchhändler keine Anzeichen von Panik ob des Erscheinens der Urbaner erkennen. Einzig der Krach aus dem Hintergrund störte das Bild einer alltäglichen Routinekontrolle bei einem unbescholtenen Bürger.


    "Unser Stand schlägt sich zur Zeit vor allem mit Hehlerei herum. Du weißt, diese zwielichtigen Machenschaften in den Hinterhöfen und dunklen Lagerhäusern, die seit Sulla kein anständiger Mann mehr betreten hat. Oh. Wie dem auch sei. Es hört sich an, als ginge da hinten bei dir im Lager einiges vor sich. Das sollten wir uns schleunigst ansehen, nicht wahr?"


    Mit diesen Worten, die Hand am Pugio - in der enge des Raumes wäre selbst der kurze Gladius möglicherweise zu lang und sprerrig - begab sich Maro zum hinteren Teil des Ladens von dem der Lärm gekommen war. Wenn dort hinten Catullus mögliche Komplizen den Radau veranstaltet hatten, durften sie ihnen keine Zeit lassen durch die Hintertür abzuhauen. Der Tribun wollte Ergebnisse sehen.

    Die Befehle des Tribun waren klar.
    Das Ganze sollte abgehen wie eine Routinekontrolle. Aber wenn der Tribun Recht hatte würden sie hier weitaus frischeres Fleisch finden können, als man in so einer Bibliopola eigentlich zu erwarten hatte.


    Trogus hatte direkt die Initiative ergriffen. Hier sollte sich keiner raus oder rein bewegen, während die Urbaner hier zugange waren.
    Aber sie sollten sich hier auch nicht aufführen wie die letzten Germanen. Also sprach Maro in betont ruhigem Tonfall den irgendwie griechisch wirkenden (musste wohl an den ganzen Büchern liegen. Da wurde man wahrscheinlich so) an, der sie begrüßt hatte.


    "Das mit dem holen gehen ist eine hervorragende Idee. Das erledigen wir besser zügig, nicht wahr? Ihr wisst ja, wie das bei uns funktioniert. Wenn bei euch nichts verkehrt ist, werden wir eure und unsere Zeit auch nicht verschwenden. Ist nur ne Routinekontrolle. So. Beim holen gehen begleite ich dich. Abmarsch."
    Falls jemand hinten raus rennen würde, wäre der Optio da. Dem würde Maro in so einer Stuation ungern gegenüber stehen.


    Das Zauberwort bei einer solchen Aktion war Geschwindigkeit, bevor die Verdächtigen Beweise unauffällig verschwinden lassn, oder sich Lügengeschichten ausdenken konnten. Bei sowas waren diese Kerle schneller, als ein Seemann im Hafenbordell.


    Die Zielperson dieser Aktion war Catullus. Den im Auge zu behalten würde zentral für den Erfolg der Mission sein. Gab es irgendwas, was die Urbaner auf gar keinen Fall anschauen sollten? War er zu lässig? Schwitzte er viel? Schweifte sein Blick immer wieder zu einem Punkt im Raum? Zitterte er? All das musste genau beobachtet werden.


    "Am konfortabelsten", dachte Maro " wäre es, wenn wir den Kerl in falagranti erwischen würden. Aber wann war dieses Gelichter schon mal so dumm..."

    Maro hatte gerüchteweise schon von dieser seltsamen Geschichte mit diesem Mamercus gehört, fand sie aber nicht weiter bemerkenswert. Hoffentlich, dachte er, hatte dieser andere Hehler, der mit den Urbanern zusammen arbeitete seinen Hintern rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Wenn seine (ehemaligen) Spießgesellen Wind davon bekämen, dass da mit den Urbanern gemauschelt wurde, würde es düster für den aussehen, der da redete.
    Aber das war nicht Maros Angelegenheit.


    Stattdessen stellte er noch eine Frage: "Hast du eine Präferenz, Tribun, welchen, sagen wir mal, Stil wir an den Tag legen sollten? Ich meine, auch eine Routinekontrolle kann man auf die harte oder die sanfte Tour durchziehen. Wir könnten da mal ein bisschen ruppiger reingehen und mal ein bisschen Staub aufwirbeln. Wenn wir mal etwas... intensiver nachsehen wird der Kerl vielleicht nervös und macht Fehler. Oder wenn das nicht genehm sein sollte, könnte einer von uns auch einen auf korrupt machen oder so und diesen Catullus zu einem kleinen Tänzchen auf dem Glatteis auffordern. Hängt davon ab, wie gewieft der wirklich ist. Was wäre also angemessener?"

    Maro hörte, was Peticus da vor sich hin murmelte und hoffte inständig für ihn, dass weder Tribun, noch Optio diese Bemerkung wahrgenommen hatten.
    Der Optio würde es nicht mögen, wenn der Tribun Wind von Unpünktlichkeiten der Unteroffizieren bekäme. Umgekehrt war Maro sich sicher, dass der Tribun Avianus wenig für Anschwärzer übrig hatte. Mochte er auch Recht haben. Wie auch immer.


    Maro fand dieses Vorgehen der Offiziere überaus seltsam. Es kam nicht oft vor, dass Milites vom Stabsoffizier persönlich in Einzelheiten der Mission eingeweiht wurde. Genaugenommen hatte von solchem Vorgehen bestenfalls in Märchen älterer Kameraden gehört. Vielleicht eine dieser Nacht-und-Nebel-Kommandoaktionen? Aber dafür hatte man eigentlich die Spezialisten von den Praetorianern. Der Tribun machte auch nicht den Eindruck, mit ihnen eine Verschwörung anzetteln zu wollen. Vielleicht sollten sie einem Verwandten oder Freund des Tribuns oder einem Klienten der Iunier aus einer peinlichen Klemme helfen? Unauffällig genug wäre der Haufen Milites in diesem Raum jedenfalls. Keiner würde davon Notiz nehmen, wenn sie unauffällig ein paar Dinge... bewegten. Ja das musste es sein. Der Tribun hatte was vor, wobei er keine größere Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte.
    Bloß was? Maro war sehr gespannt. Wie erfrischend nach dem drögen Lagerdienst und dem Routinekram mal was Neues zu treiben.

    In beschleunigtem Tempo hatte sich Maro zum Antreten begeben. Götter, man sollte wirklich einmal Zeitmesser entwickeln, die einem bescheid sagten, wann man weg musste. Wäre das nicht was für die geschätzten Ingenieure der Truppe?


    Als Maro bemerkte, dass der Optio selbst noch nicht eingtroffen war, mäßigteer seine Gangart jedoch. Man musste ja nicht mehr Kraft verschwenden als notwendig war. Irgendwie hatte er das Gefühl er würde sie noch brauchen. Wenn der Optio bitten ließ bedeutete das kaum jemals einen gemütlichen Gang zur Therme.
    Naja, sie würden es schon herausfinden.

    Maro hatte die Verleihung der Preise mit einem zufrieden Nicken aufgenommen, die Besseren hatten gewonnen.
    Während sich seine Konkurrenten so vortrefflich unterhalten hatten, war es Marus lieber gewesen mit soldatisch-stoischer Haltung dabei zu sein, den Augenblick zu genießen und noch einmal die einzelnen Reden revue passieren zu lassen.


    Und war bass erstaunt und sprachlos, als die Kaiserin höchstpersönlich verkündete, sie in den Palast einzuladen. Zum Kaiser. Was für eine unerhörte Ehre. Normalerweise hielten Soldaten nur in Gestalt der Prätorianer in der Nähe des Kaisers auf. Aber auch die wurden äußerst selten zur kaiserlichen Cena eingeladen - das nahm Maro jedenfalls an.


    Unter die Vorfreude und den Stolz mischte sich aber auch ein leiser Anflug von Unbehagen. Der Kaiserpalast war nun gar nicht seine Welt. Dort ging es wohl anders zu, man sollte besser keine Fehler machen...


    Maro gab sich einen Ruck. er sollte schleunigst aufhören, ein solcher Langweiler zu sein und den einmaligen Moment genießen. Zum Kaiser, unglaublich.

    Da der Kerl auf dem Kamel, der den verzweifelten Angriff der Barbaren auf die Linien der Urbaner angeführt hatte, im ersten Anritt von seinem Reittier gefallen war, gab es niemand, der bei den Barbaren die Richtung vorgab.
    Der Angriff zerfaserte sich an den Schilden der Urbaner und der Haufen konnte nichts gegen die langsame aber stetige Umfassungsbewegung der Cohortes unternehmen, die die Schlinge um den Hals der Barbaren unerbittlich zuzogen.


    Maro hatte indes genug damit zu tun die ungewohnten Waffen - die übermäßig lange Hiebwaffe und den erbärmlich kleinen Schild - so zu beherrschen, dass er sich nicht selbst verletzte. Der germanische Rundschild bot bei weitem nicht den Schutz wie der großzügige römische Turmschild. Und so dauerte es auch nicht lang bis Maro einen schmerzhaften Schlag auf den Arm bekam. Revanche-Schlag landete auf dem Helm seines Gegeners und da Maro seine Deckung nicht rechtzeitig hoch bekam landete der nächste Schlag des Miles auf seinem Kopf. Maro fiel um und blieb benommen liegen.


    Verschwommen nahm er war, dass sich die verbliebenen Barbaren einen heldenhaften aber aussichtslosen Kampf eingekreist in der Mitte des "Schlachtfeldes" führten und die Zuschauer auf das vortrefflichste unterhielten.


    Am längsten hielt sich ein riesiger Kerl mit griechischem Helm, der sich eine germanische Axt geschnappt hatte und nun nocheinmal ordentlich austeilte.
    Letztenendes wurde er aber mit vereinten Kräften umgeworfen und in einer dramatischen Geste und "festgenommen".


    Eine laute Fanfare ertönte und auf ein Kommando des Centrio sprangen die am Boden Liegenden auf und formierten sich zu einem ordentlichen Aufmarsch. Soweit Maro das erkennen konnte, hatte sich niemand ernsthaft verletzt. Ein voller Erfolg.


    In geordneter Formation zogen sie vor Seine Majestät den Kaiser und salutierten auf ein Zeichen hin seiner Hoheit in einer gemeinsamen Geste. Maro hoffte, der Kaiser würde sich angetan zeigen. Das Schauspiel, fand er hatte nichts zu wünschen übrig gelassen.

    Vollkommen ohne Überblick über die Situation auf dem "Schlachtfeld" hatte es Maro und seine "Germanen" in eine der vorderen Reihen befördert, wo sie den geordneten Reihen ihrer Kohortenkameraden gegenüberstanden, die sich dem Haufen mit ruhiger Disziplin entgegen stellten, so wie vorgesehen. Soweit Maro erkennen konnte, war der Ansturm des Straßenabschaums nicht besonders effektiv gewesen.
    Nur vereinzelt sah man, dass sich in den Schildreihen der Kohorten Lücken aufgetan hatten, die man hastig zu schließen suchte, bevor die "Barbaren" irgendeinen Nutzen daraus ziehen konnten. Im Ganzen hatten die Urbaner aber standgehalten und der "Straßenabschaum" hatte sich etwas zurück genommen.


    Zu ihrer Linken hatten sich der Kamelreiter und der Streitwagen zusammengetan und allein durch ihre Unkonventionalität ihre Gegner derart verwirrt, dass es ein paar Ägyptern gelungen war in die Reihen der Cohortes einzudringen. Allerdings nicht besonders tief. Die nachfolgenden Griechen mit den langen Speeren waren nicht hinterhergekommen um die Ägypter zu unterstützen.


    Es war klar welche Seite hier die Oberhand hatte, wie es vorgesehen war. Der Ansturm der Barbaren brach sich an der Formation der Cohortes wie vielbemühte Woge am Felsen.


    Aber es war noch nicht zu Ende. Der Kamelreiter hatte die übrigen Ägypter eingesammelt und versuchte nun mit ein paar verirrten Straßenschlägern, sowie einer Bande "Perser" in langen Gewändern, die sich bisher zurückgehalten hatten, einen konzentrierten Angriff auf die Mitte der Cohortes zu starten. Maro war inzwischen immer noch nicht zum Zuge gekommen und wurde mit seinem Germanenhaufen mit in die Attacke gerissen. Mit einem wütenden Knall stieß der Haufen auf die Cohortes und wüstes Geprügel setze ein.


    Würde die Cohorte standhalten?

    Inmitten der "Schurken" freute sich Maro vor allem an der bunten Mischung, die nachher auf die Kohorten zustürmen würde. Der Kreativität der Rekruten waren keine Grenzen gesetzt worden und so hatte sich als Opposition für die Soldaten ein bunt gemischter Haufen formiert.


    Einige hatten wie er selbst germanische Volkstracht gewählt. Noch ein bisschen aufgehübscht mit einigen dicken Fellen - unter denen es Maro langsam unerträglich warm wurde - und leuchtender Kriegsbemahlung. Für das Publikum. Das Spektakel war das Wichtige nicht die Akuratesse.


    Daneben hatte sich auch ein größerer Haufen Lumpenpack formiert, der den räuberischen, stinkenden Abschaum der Ewigen Stadt darstellte.


    Diese würden im Zentrum der Aktion vorneweg stürmen. Halsabschneider und räudige Diebe und Schläger waren schließlich das Hauptklientel der Cohortes und das Publikum würde sehen wollen wie die Kohorten sich gegen diese besondere Art von Gelichter schlug.


    Aber auch an exotisdcher Farbigkeit fehlte es nicht. Man sah zum Beispiel ägyptische Krummschwerter, ein paar andere hatten sich in griechische Rüstung und Helm gezwängt und hatten Mühe die überlangen, freilich entschärften Sarissen unter Kontrolle zu bringen.

    Irgendeiner war auf die Idee gekommen sich nach Art der Lybier vollkommen verhüllt auf ein Kamel zu setzen. Er wetteiferte mit zwei Kameraden um die Aufmerksamkeit des Publikums, die einen einspännigen Rennwagen aufgetrieben hatten und nach Art der britannischen Picten wild bemalt, mit kurzen Speeren herumfuchtelnd und laut schreiend um den Haufen der "Schurken" herumfuhren. (Denen hatte man freilich gesagt, sie sollten sich zurückhalten. Man wollte keine Toten heute auf dem Marsfeld)


    Plötzlich, wie auf einen gemeinsamen Entschluss hin setzte sich die Meute in Bewegung und kam auf die Soldarten zu. Erst langsam und etwas zögerlich, aber immer schneller werdend. Der "Abschaum" rannte grölend vorne weg und der Rest hatte Mühe den Anschluss zu halten.


    Maro war in der Mitte des Haufens mit ein paar weiteren "Germanen" eingeklemmt und rannte mit der wütenden Rekrutenmenge mit. Vorne trafen die Ersten des "Straßenabschaums" auf die Kohorten, doch Maro war zu weit hinten um genaues auszumachen.


    Das würde sicher ein Heidenspaß.

    Obwohl Maro schon sehr erschöpft vom Ringen war raffte er für die Schwertübung nocheinmal seine ganze Konzentration zusammen, denn hier ging es wohl zum Herzen dessen, was ein römischer Soldat im Kampf zu tun hatte. Der Kampf mit dem Schwert und dem großen Schlid. Wenn sonst nichts, so sollte er doch wenigstens das Schwert sehr gut beherrschen lernen. es würde ihm im Zweifel wohl den Hintern retten.


    Dies dann wohl im Verein mit dem großen römischen Turmschild. Durch seine für einen Schild enormen Ausmaße vermittelte es Maro ein Gefühl der sicherheit. Hinter so einem Teil konnte ihn so schnell nichts erwischen. Er wünschte nur der Gladius wäre eine imposantere Waffe. Am Rhein hatte er Germanen auf Handelsreise gesehen, die schwere Äxte und manche lange Schwerter mit sich führten, die nach deutlich mehr aussahen und den Gladius mikrig erscheinen ließen.


    Natürlich war der Gladius perfekt auf die Kampftaktik mit dem großen Schild zugeschnitten. Zustechen - hinter das Schild ducken. Angriff und Verteidigung. Größtmöglicher Schaden bei größtmöglicher Sicherheit.


    Und so versetzte sich Maro wieder einmal in den Rhythmus der Übung bis der Optio ihm sagen würde, dass es genug sei.

    Maro war in seiner Rede gezielt zum Angriff auf Iason übergegangen um die Anklage mit dem Ankläger selbst zum sinken zu bringen und hoffte, dass seine Strategie aufgehen mochte. Lang hatte er sich Gedanken darüber gemacht, wie man denn eine Kindsmörderin denn überhaupt entlasten sollte. Es hätte nichts gebracht ihre Taten zu leugnen und von einem Anfall von Wahnsinn, wie ein Medicus ihn festgestellt hätte, und der Medea ihrer geistigen Kräfte hätte berauben können, wusste man auch nichts.


    Also hatte Maro stattdessen auf die Logik abgestellt. Die kalte, erbarmungslose und widerwärtige Logik der Macht und der Ränke an einem Monarchenhof, die Medea ihre Kinder hatte töten lassen um sie vor Glauke und Iason zu bewahren. Hoffentlich ging das auf. Der Consul lächelte dünn, der junge Caesar redete mit seinem Vater - hoffentlich zu seinen Gunsten. Die Richter würden bewerten und Maro war sehr gespannt.


    Anstatt aber weiter herumzugrübeln, drehte er sich zu seinen Vorrednern um, während die nächste Rede angekündigt wurde, beglückwünschte sie zu ihrer Leistung und fragte an Decimus gewandt. "Ein eindrucksvolles und wunderschönes Requisit hast du da. So eine mitzuringen ist mir im Traum nicht eingefallen. Aber eine blutverschmierte Matrone als Medea hätte auch nicht die gleiche Wirkung entfaltet, wie deine Schönheit da. Sag, wie bist du darauf gekommen sie mitzubringen? Das könnte dir den Sieg bringen..."

    Vor Maro waren bereits einige interessante und beeindruckende Reden gehalten worden und nun lag es an ihm sie zu überbieten und sich dabei möglichst nicht zu blamieren.


    Ein so eindrucksvolles Requisit wie der Decimer hatte er leider nicht zur Hand, es würde so gehen müssen. Maro würde sie nur Kraft seiner Worte überzeugen müssen.


    Neidlos erkannte er an, dass die vorangegangenen Reden vortrefflich gewesen waren. Allerdings war während des Zuhörens auch Maros Ehrgeiz erwacht.


    Er stand auf, erwies dem Kaiser und dem Konsul angemessene Reverence und wandte sich der Menge und den Schiedsrichtern zu, die Beine plötzlich wie Butter, die auf einem Teller in der Sonne weich geworden war.


    Maro atmete tief durch, spannte seinen Körper und seine Beine an wie auf dem Exerzierplatz um sich zu stabilisieren. Kurz besann er sich noch einmal seiner ganzen Rede. Die einstudierte Routine gab ihm Sicherheit und Maro begann zu reden. Zunächst laut und schneidend um die Aufmerksamkeit der Leute wieder zu gewinnen, deren Konzentration nach dem Vorrangegangenen schon etwas nachgelassen haben mochte:


    „Vielen Dank. Nun denn Quiriten, bevor es nun daran geht die edle Medea vor diesem Gericht zu verteidigen, möchte ich noch einmal betonen, was der ehrenwerte Konsul zu Beginn schon einmal erwähnt hatte. Die Stadt Rom und ihr Reich, das sich über so große Teile der bekannten Welt erstreckt, mag wohl auf soliden Steinblöcken und stabilen Säulen aus Marmor ruhen.
    Mit ihrem Antlitz kann sich keine Siedlung, keine Stadt auf dem Erdkreise messen. Doch ist es das Gemeinwesen, welches diese Mauern und Gebäude Schützen, das die Seele Roms ausmacht. Und sowie die steinernen Gebäude der Stadt auf heiligem Grund stehen, so ruht das römische Gemeinwesen ebenfalls auf einigen festen und, man kann sicher behaupten, ungemein prächtigen Säulen.
    Die erste Säule nun ist offensichtlich das römische Schwert. Scharf und von herausragender Qualität schneiden die Soldaten Roms, zu denen ich selbst die Ehre habe zu gehören, durch die Reihen unserer Feinde. Dem Schwerte Roms konnte noch keine Macht der Welt widerstehen. So viel, Quiriten, ist klar.


    Doch was ist nun die andere Säule auf der das römische Gemeinwesen ruht? Nun, es ist natürlich die Rede. Jene Rede, die freie Männer in den Versammlungen des Volkes zur Beratung des Staates halten. Durch die Kunst der Rede – und der Konsul hat völlig Recht: Es ist die höchste aller Künste – ist das römische Volk in der Lage jene kühnen Pläne, die zur Errichtung eines so großen Reiches geführt haben überhaupt erst zu ersinnen.


    Das Schwert ist wertlos ohne den Kopf, der die Bewegungen, Streiche und Stiche vorher denkt. Und durch die Rede denkt der Staat.
    Deshalb, Quiriten, leistet der Konsul mit seinen Bemühungen um die Kunst der Rede einen elementaren Beitrag zum Erhalt unseres großen Gemeinwesens, so viel ist gewiss, und das ganze römische Volk sollte dankbar sein für diese wichtigen Mühen.“


    Das sollte ihnen gefallen. Nun aber genug Pirouetten gedreht. Maro sollte so langsam zum Fall der Medea kommen.

    „So bin ich auch auf das äußerste geehrt Teil dieses Werkes des Konsuls zu sein und mit meiner Rede eben nicht nur wie es angekündigt wurde Medea sondern auch die Redekunst selbst zu verteidigen.


    Mögen die Götter mir dabei beistehen.Also, Quiriten, Medea. Ihr alle werdet die Geschichte dieser unglückseligen Frau kennen und gerade wurde sie noch einmal dargelegt, sodass die Fakten rein und klar vor uns liegen. Und da kommen wir, liebe Mitbürger zu einigen erstaunlichen Schlussfolgerungen.


    Beschäftigen wir uns zunächst einmal mit Iason König von Korinth, den man hier die Klage führen lässt, denn um die Taten der edlen Medea zu verstehen ist es notwendig zu wissen wo die Ursache für jene schrecklichen Ereignisse liegen, die zu jener Zeit geschahen.


    Es kam also dazu, dass jener Iason auszog um das Goldene Vlies aus Kolchis zu… holen. Als eine Aufgabe, die er erfüllen musste um seinen Anspruch auf die Stadt Korinth zu wahren. Sicherlich eine schwere Aufgabe, doch sieht man sich andere Helden der Hellenen an, dann erkennt man schnell, das Iason nicht in deren illustre Gesellschaft gehört.
    Entsinnt euch Quiriten doch einmal des göttlichen Herkules. Kennt ihr die Anzahl der für sterbliche unlösbaren Aufgaben, die er auferlegt bekam von seinem niederträchtigen Verwandten.


    Es waren deren zwölf, werte Richter, eine unlösbarer, als die andere. Wohingegen unserer ach so tapferer Iason genau eine Aufgabe gestellt bekam um zu seinem Ziel zu gelangen. Das macht ihn wohl genau ein Zwölftel so ruhmreich wie den göttlichen Herkules.
    Genaugenommen, Quiriten muss er sich aber selbst diesen Ruhm noch mit seinen nicht minder edlen Gefährten teilen, die Ihm bei der Fahrt nach Kolchis die Hand halten sollten. Oh was würde der listenreiche Odysseus über so einen Helden hönisch lachen.


    Oh, und edel war auch Iasons Aufgabe selbst, Den heiligsten Besitz von Kolchis zu stehlen, das goldene Vlies. Iason, der Dieb in der Nacht. Es fehlte ihm von Anfang an an der römischsten aller Tugenden, der Virtus.
    Bedenkt man dies alles, Quiriten, bleibt von dem Helden Iason nicht viel übrig. Und trotzdem haben es die Götter eingerichtet, dass sich die edle Medea in diesen Mann verliebte und zur Helfershelferin seiner Schandtaten wurde.
    Nun, allen Respekt den Göttern, aber sie hatten es auch eingerichtet, dass sich Pasiphae in ein Rindvieh verliebte. Scheinbar ein gern gewählter Scherz der Götter.


    Dies alles müssen wir wissen, wenn wir die Umstände der schrecklichen Taten der Medea beurteilen, dies rückt alles ins rechte Licht.
    Als nun Iason wie ein geiler Bock an den Saturnalien – verzeiht, edle Zuhörer die schmutzigen Worte, doch schmutzige Wahrheiten bedürfen manchmal schmutziger Worte um sie in all ihren Facetten begreifbar zu machen – mit der Tochter des Kreon schändlichen Ehebruch beging, sah sich Medea in einer verzweifelten Situation, aus der offenbar nicht einmal die guten Götter sie befreien konnte.
    Als Söhne des Iason, König von Korinth hatten die Kinder Medeas einen besseren Anspruch auf den Thron Korinths, das sie älter und von edlerer Abkunft waren. Niemals hätte die Tochter König Kreons einen Nachfahren der Medea auf dem Thron Korinths geduldet.


    Vielmehr hätte sie, wie Barbaren es nun einmal tun, alles getan um Platz für ihre eigenen Welpen zu schaffen.Zweifellos wären Medeas Söhne von einem grausigen Schicksal ereilt worden, herbeigeführt von den süßen Händen der Glauke.
    Nach alle, was wir wissen hätte unser großer Held Iason auch noch dabei geholfen, die… überzähligen Prätendenten zu… beseitigen um den Weg frei zu machen, für den Wurf seiner ehebrecherischen Verbindung.
    Sehen wir also genauer hin, Quiriten, hat Medea trotz der Schändlichkeit ihrer Tat weitaus weiser gehandelt, als es zuerst den Anschein hatte, indem sie ihre totgeweihten Söhne einem grausigen, wahrscheinlich von Folterungen begleiteten Tod ersparte.


    Oh, nur die Götter wissen wie tief der Hass einer betrogenen Frau und wie hoch der Mut einer sich sorgenden Mutter ist. Lassen wir uns nicht blenden von den lügnerischen Heldengeschichten eines Iasons sondern blicken mit schonungsloser Klarheit auf die Tatsachen und Beweise.
    Die edle Medea ist mag wohl drastisch und vollkommen unrömisch – wären die Söhne Römer gewesen hätten man sie mit Feuer und Schwert mit aller Virtus um ihr Erbe kämpfen lassen müssen - gehandelt haben, doch nur um schlimmeres zu verhindern. Vielen Dank, Quiriten.“



    Damit beendete Maro seine kleine Rede und hoffte, dass sie den Kampfrichtern zusagen mochte. Er hatte sein Bestes getan. Eine ungeheure Anspannung fiel von ihm ab und ersetzte sich nach den angemessenen Respektsbezeugungen vor den Richtern mit genauso wackligen Knien, wie vorhin, als er aufgestanden war.

    Der Tribun Avianus hatte sich in der Tat etwas ganz besonderes für diese Mitärvorführung einfallen lassen.


    Marschieren, Formationen und marschierende Formationen waren ja vortreffelich, aber was doch eigentlich jeder sehen wollte war, wie sich die Soldaten Roms im Kampfe verhielten.


    Und da die Zivilisten nicht auf die Schlachtfelder in die Provinzen kanen, mussten die Schlachten eben zu ihnen kommen. Natürlich würde es hier bei der Vorführung kein Blutbad geben. Allerdings würden die tirones der Cohors XII in barbarische Kleidung gesteckt den Milites einen denklwürdigen Schaukampf liefern.


    Sie hatten sich zu diesem Zweck richtig in Schale geworfen um so unrömisch wie möglich auszusehen, wenn sie gleich ohne jede Ordnung auf das ehrwürdige Marsfeld stürmen würden. Irgendwo hatte Maro tatsächlich ein germanisches Fell aufgetrieben, dass er über eine schäbige Tunika geworfen und an seinem Gürtel befestigt hatte. Auch ein stumpfes Langschwert und ein rundes Holzschild hatte er sich "beschafft". Um die Ästhetik abzurunden hatte er sich noch ordentlich Dreck ins Gesicht geschmiert. Seine Mittirones waren ähnlich kreativ gewesen.


    Aus dem Innern des Stadium Domitiani, woraus sein Haufen gleich ausbrechen würde konnte Maro die Menschenmenge erkennen. Eine große Menge, die der Vorfuhrung mit würdevollem Stolz zusah und über die Größe Roms sann - oder einfach nur gelangweilt zum nächsten Essenstand, zur attraktiven Nachbarin oder einfach in die Luft starrte. Na wartet, euch werden wir schon noch aufmischen, dachte Maro.


    Man konnte die Cives heute nicht mehr mit bloßen Zur-Schau-Stellungen von Waffen und Rüstungen unterhalten. Das war langweilig. Der von opulenten Gladiatorenspielen verwöhnte Zivilist verlangete nach Aktion. Vorzugsweise nach blutigem, heroischem und tragischem Kampf.


    Es waren perfekte Bedingungen für die kleine Komödie. Natürlich war klar, dass das ewige Rom in jenem heroischen Scharmützel auf dem Felde des Mars den Sieg davon tragen würde. Doch Maro und seine Kameraden würden sich nicht einfach den Schneid abkaufen lassen und Maro wusste, dass ein paar seiner Mitstreiter besonders dramatische Einlagen planten. Er freute sich schon darauf.
    So, nun mochte es bald losgehen.