Beiträge von Loukia
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„Oh je, das reicht gar nicht mehr für alle.“ seufzte Loukia leise über die Schulter. Selbstverständlich ohne die geringste Trübung im Lächeln. Bredica erwiderte nichts. Wie sollte sie auch. Erstens war sie mit Schneiden, Anrichten und Einpacken vollauf beschäftigt, zweitens war sie stumm. Niemals mehr Erwartungen schüren als man erfüllen kann, schärfte sich Loukia ein.
Freilich war sie mehr als entzückt über den Andrang. Einerseits. Andererseits hasste sie es, Kunden zurückweisen zu müssen. Das konnte sie sich weder leisten noch verzeihen. Aber nun war es so. Sogar wenn sie mit Bredica sofort aufbrach, die Zeit würde niemals reichen, um Nachschub herbei zu schaffen. Abbauen, Einräumen, den Karren nach Trans Tiberim zerren, Speisen zubereiten, mit dem Karren wieder zurückkehren, Aufbauen, unmöglich. Für heute musste sie sich ihrer Mangelplanung geschlagen geben.Merke: Vorkochen! Auch wenn etwas übrig bleiben sollte. Kundenwerbung ist eine Investition! So. Die Rippchen waren weg, die gerollten Eierkuchen ebenfalls. Vier Stücke Savillum waren noch zu haben, ein Viertelkrug Conditum melizomum, ein halbes Dutzend Dulcia piperata und kaum zwei Schalen mit gefüllten Datteln, das wars an Speisen. Hach, wie ärgerlich!
Bei den Getränken sah es noch etwas besser aus, aber allein mit Kräuterwein und Würzwasser konnte sie hier keinen Ruhm ernten, obwohl sie zweifelsfrei den besten Wein und das beste Wasser auf dem ganzen Jahrmarkt anbot. Der junge Urbaner hatte das offensichtlich erkannt.ZitatOriginal von Titus Germanicus Antias
„Du hattest recht, Sonne von Hellas. Dein Zingiberwasser hat mich gerettet. Ich bin dir zu Dank verpflichtet. Mag es wohl eine Möglichkeit geben, deine Fürsorge über die schnöde Bezahlung hinaus zu vergelten?“Ahja, Sonne von Hellas. Süßholzraspler. Natürlich hatte sie recht! Schließlich rührte sie ihre Tränke nicht nach Lust und Laune in einem verklebten Caccabus zusammen wie eine runzlige alte Maga. Die Schärfe des Zingibers regte die Verdauung an und das medische Silphion wirkte entgiftend, aber sollte sie ihm das wirklich erklären? Nein, wozu. Es ging ihm augenscheinlich besser, das war die Hauptsache.
Geizig war der Soldat auch nicht gerade. Sechs Sesterzen für einen Becher Würzwasser, und dann wollte er auch noch ihre Fürsorge vergelten. Sie lächelte nur und strich die Münzen ein. Schien ein wirklich netter Bengel zu sein, dieser Miles. Nur, dass er - irgendwas - brauchte, um zehn Männer - oder so - zu verpflegen, bereitete ihr Kopfzerbrechen. Die Datteln konnte sie ihm verkaufen, sicher, aber dann waren die ja weg! Vertilgt von ein paar schwitzenden Banausen in Uniform anstatt von kultivierten Kennergaumen!Nachdenklich strahlte sie ihn an. Na gut. Mit sich hadernd sah sie ihre Finger nach der Schale mit Datteln grapschen. Der Miles plapperte weiter. Aha, jetzt wollte er ihren Namen herauskitzeln, stellte sich dabei aber an wie Bredica beim Garnieren.
„Loukia.“ kullerte es belustigt aus ihr heraus.
„Loukia, die Sonne von Hellas. Das wolltest du doch wissen, werter Miles, nicht? Nun, einer Vergeltung bedarf es keinesfalls, es war mir eine Freude, dir helfen zu können.“
Ohne hinsehen zu müssen hatte sie zehn Datteln fix abgezählt, verpackt und verschnürt. Stolz auf ihr Fingerspitzengefühl hielt sie dem Urbaner das Päckchen vor die Nase.
„Bittesehr. Mit Beerenmus gefüllte Datteln für zehn Schleckmäuler. Fünfzehn Sesterzen wären das dann.“ Gut, er hatte für das Wasser schon viel zu viel bezahlt, aber dazu hatte ihn ja niemand gezwungen.„Wenn du mich empfehlen möchtest, sehr gerne. Aber empfiehl bitte die Caupona Aluta, verehrter Miles. Sie ist mein - wie nennst du das wohl - Hauptstandbein.“ Mit einem liebenswürdigen Zwinkern drückte sie ihm das Päckchen in die Hand. „Ich würde mich sehr freuen, dich dort wieder einmal begrüßen zu dürfen. Ganz ehrlich.“
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Zitat
Original von Faustus Decimus Serapio
"Immer der Nase nach -" lachte Icarion, mit geblähten Nasenflügeln tief einatmend und die verlockenden Düfte von Loukias Speisen witternd, "das glaube ich gern! Da werde ich bestimmt einmal vorbeischauen."„Oh ja!“ säuselte Loukia beschwingt. „Tu das. Ein Becher edlen Gewürzweines auf Kosten der Köchin erwartet dich dort in jedem Fall. Nimm mich ruhig beim Wort. Ich vergesse kein Gesicht.“
Schwer atmend strich sie die Münzen in ihren Lederbeutel. Zwei Denarii Trinkgeld! Der junge Mann war nicht nur ausgesprochen freundlich, offenbar war er auch völlig verrückt. „Gratias ago! Vale bene, mein Herr.“ Glücklich blickte sie der kleinen Gruppe nach. Sie hätte ihnen die Speisen schenken sollen, zum Dank für die Aufmerksamkeit, die ihre verzückten Naschgesichter dem Stand verschafft hatten.Grinsend streckte die Küchenhilfe ihre lange Nase über den Geldbeutel.
„Grins nicht, Bredica.“ kicherte Loukia vergnügt, und gab der Dakerin einen freundschaftlichen Stubs.
„Rasch. Schneid das restliche Savillum auf und füll die Platten wieder. Sieh nur, all die Leute.“ Und wirklich, die Leute begannen sich in wahren Schlangen vor ihrem kleinen Verkaufstisch aufzubauen. Loukia bekam ganz feuchte Handflächen. Vor allem Pfefferküchlein wurden verlangt, aber auch ihre Honigsuppe und die Ova Sfongia fanden nun reißenden Absatz. Da sich die drängende Kundschaft vor allem aus Müttern, Ammen, Kindern und naschhaften Cives fortgeschrittenen Alters zusammensetzte, gerieten ihre Ofellas Assas etwas ins Hintertreffen. Loukia zog ihre Schlüsse daraus. Merke: Süß schlägt salzig. Das nächste mal noch mehr Gebäck, weniger Fleisch.Während Bredica schuftete, bedachte Loukia ihre Kundschaft mit warmen Worten und strahlenden Blicken. Ein drängelnder Urbaner brachte ihr Lächeln einen Herzschlag lang zum flackern, aber das merkte niemand. Schon gar nicht der Urbaner. Trotz Helm und Rüstung erkannte Loukia den großen jungen Mann sofort wieder. Nein, sie vergaß wahrlich kein Gesicht. Geschmorter Siebenschläfer mit geriebenem Raphanus. Der blasse Miles mit den etwas unterentwickelten Manieren war schon einmal ihr Gast gewesen. Damals allerdings war ihr seine Gesichtsfarbe deutlich gesünder erschienen als heute.
Entweder hatte er zu wenig oder das falsche gegessen, stellte Loukia fachmännisch fest. Da war er bei ihr gerade richtig. Sie hätte ihm ja Grillrippchen empfohlen, aber ihn gelüstete es offensichtlich nach Oliven. Wärmende Sonne von Hellas? Schön, er gab sich Mühe, das musste sie ihm lassen. Aber Oliven? Sie hatte keine. Heute nicht. Oliven hatte sie ihm das letzte mal angeboten, da war er aber auf Pflaumen scharf gewesen. Schwieriger Kunde.
Schon schickte Loukia sich an, ihm in liebenswürdigster Weise die Vorzüge ihrer knusprigen Ofellas Assas darzulegen, da wurde der bleiche Soldat von einer kreischenden dicken Wachtel angegangen. Solcherlei Misstöne waren Loukia ein Graus, aber sie brachten ihrem Stand noch mehr Aufmerksamkeit. Also bitte, sollte sich die wohlgenährte Bürgerin ruhig abreagieren. Der wirklich elend dreinschauende Urbaner tat ihr trotzdem leid. Als der Miles die Wogen schließlich geglättet und sich wieder Loukia zugewandt hatte, machte er einen noch erbärmlicheren Eindruck als zuvor. Nein, da waren Rippchen nicht angeraten. Eher ein Getränk. Darauf war der Urbaner mittlerweile wohl ebenfalls gekommen.
„Bredica. Zingiberwasser!“, ordnete Loukia an. Bredica füllte einen Becher und stellte ihn auf den Tisch. „Das wird dir gut tun, Miles“ lächelte Loukia mitfühlend. „Zingiberwasser versetzt mit medischem Silphion. Erfrischt und beruhigt vor allem den Magen. Trink es in kleinen Schlucken, und es wird dir schnell besser gehen.“ Zwinkernd reichte sie ihm den Becher. „Mmmhja .. Oliven hab ich allerdings keine, auch keine Pflaumen. Allerdings vorzügliche gefüllte Datteln, sehr bekömmlich. Aber trink das erst einmal.“
Und solltest du dich dennoch über meinen Stand erbrechen, werde ich dich eigenhändig umbringen, so schade das auch wäre. „Yia mas, werter Herr. Wer ist bitte als nächstes dran? Bredica, kümmer dich drum.“
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Mit halbgeöffnetem Mund fieberte Loukia der Reaktion ihrer edlen Kundschaft entgegen. Das Lärmen der Marktbesucher wurde zu einem leisen Rauschen. Das bunte Gewimmel auf dem Platz entschwand ihrem Blickfeld. Der Augenblick war gekommen. Sicher war es unhöflich, den kultivierten Patrizier beim Verkosten so anzustarren, aber sie konnte einfach nicht anders, außerdem tat sie es ja mit einem fürsorglichen Lächeln. Na los, hoher Herr! Beiss endlich rein!
Er tat es, und er genoss es ganz offensichtlich. Was sagte er da, fabulös? Fabulös! So! Na bitte! Auch seinem Gefolge war deutlich anzusehen, dass sich ihre Gaumen an einer freudigen Erfahrung weideten. Es schmeckt ihnen! Tief unter Louisa gleißendem Lächeln brach sich stiller Jubel Bahn. Natürlich schmeckt es ihnen! Sehet her, ihr Bürger von Rom! Ihr stumpfen und hellgeistigen Kinder der Urbs! Ihr weitgereisten Peregrini! Ihr ungezählten Völker unter der Sonne! Es schmeckt ihnen!
Loukia musste sich schwer zusammenreißen. Am liebsten wäre sie händeklatschend auf der Stelle gehüpft. Freilich wusste sie selbst am allerbesten um die Güte ihrer Erzeugnisse. Trotzdem bereitete ihr der Moment, in dem ihren Kunden dies ebenfalls herausfanden, jedes mal aufs neue ein Gefühl, das weder ihr lauer Gatte noch ihr eisiger Beschläfer in ihr entfachen konnten. Beherrscht schwieg sie, lächelte, knuffte Bredica vergnügt mit dem Ellbogen in die Seite.
ZitatOriginal von Faustus Decimus Serapio
Schmunzelnd deutetet der Hispanomauretanier auf das Pfeffergebäck.
"Also noch ein halbes Dutzend davon bitte, zum Mitnehmen."
Loukias Speisen.
"Hast du das gebacken?" erkundigte er sich. Bestimmt, so stolz wie sie sie anpries. "Wo bietest du deine Speisen denn für gewöhnlich an?"
Es war ja nie verkehrt, etwas zu wissen mit dem man den Patron in Verzückung versetzen konnte.Als der ansehnliche Klient des noch ansehnlicheren Patriziers für seinen Patron schließlich auch noch Nachschlag orderte, entfuhr ihr doch noch ein wohliges Stöhnen. Mit glühenden Wangen schnappte sie Bredica die Platte mit den Dulcia piperata aus der Hand, verpackte flink sechs der duftenden Happen in ein schmuckes Päckchen aus Palmblättern und verschnürte es vorsichtig mit einem Bastband.
Ob sie das gebacken hatte, erkundigte sich der freundliche Bursche. Welch Frage!
„Aber ja. Selbstverständlich habe ich das gebacken.“ strahlte Loukia selig.
„Leider kann ich hier nur eine sehr bescheidene Auswahl meiner Gerichte präsentieren.“ begann sie zu plappern,
„Von der ganze Vielfalt meiner Coquina kann man sich in der Caupona Aluta überzeugen lassen, es wäre mir eine außerordentliche Freude, dich dort als Gast begrüßen zu dürfen. Man findet uns in Trans Tiberim, zwei Gassen südwestlich des Pons Cestius. Es ist leicht zu finden, eigentlich immer der Nase nach.“Das reicht jetzt Loukia, schwafel deinen Kunden nicht die Ohren voll, rief sie sich zur Ordnung. „Mmhhhja, also sechsmal Pfeffergebäck für acht Asse das Stück, das macht dann nochmal zwölf Sesterzen, mein Herr.“
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Beglückt nahm Loukia die Bestellung entgegen. Ach, diese naschhaften Romani! Diese Schleckermäuler! Gesegnet seien sie! Das musste man den Römern lassen, für erlesene Süßspeisen besaßen sie einen Sinn, der Loukias Landsleuten weitgehend abging. Sogar ihre deliziöse Honigsuppe fand endlich die Aufmerksamkeit, die ihr gebührte, und dann wurden auch noch ihre würzigen Grillrippchen verlangt!
„Sehr gerne, werter Herr.“ flötete sie strahlend und beschimpfte sich selbst im Geiste als einfältige Kuh, weil sie in ihrem Eifer den Anhang der kleinen Familie kaum wahrgenommen hatte. Auch das waren Kunden! Als Wiedergutmachung schenkte sie der etwas älteren Dame und den Bediensteten ein besonders warmes Lächeln.
„Mit großem Vergnügen.“Vier schlanke Hände flatterten emsig über Amphoren, Schüsseln, Tisch und Teller. Befüllten Becher, belegten, richteten an, wickelten ein. Wenn Bredica wollte, stelle Loukia wieder einmal fest, konnte sie flink wie ein Wiesel sein. Merke: Bredica öfters einmal loben. Loukia kicherte übermütig und begann dann zu rechnen. Savillum, Dulcia piperata, Dulcia domestica, Datteln, Gemischtes, einmal Conditum melizomum, zweinmal Ofellas assas, Gewürzwein und Zitronenwasser, das waren zehn, achtzehn, sechsundzwanzig, zweiunddreissig, zweiundvierzig, achtundvierzig, zweiundsiebzig, achtundsiebzig, zweiundachtzig Asse. Zwanzig Sesterzen, zwei Asse. Na gut, zwanzig Sesterzen.
„Bittesehr, die edlen Herrschaften. Bene vobis sapiat.“
Ganz wie erwartet nobler Pietas verpflichtet überließ der Patrizier die schnöden Aspekte des Geschäftes einem seiner Begleiter. Beim Anblick der prall gefüllten Börse geriet Loukia kurz in Versuchung, den Preis noch um ein paar Sesterzen nach oben zu korrigieren, rief sich dann aber lächelnd zur Ordnung. Sie war in erster Linie Köchin, Handwerkerin, Künstlerin und erst in zweiter Linie Griechin.„Das macht dann zwanzig Sesterzen, hohe Herrschaften. Möget ihr Loukias Speisen in wohlwollender Erinnerung behalten.“
Das war das Wichtigste. Denn eines Tages würde aus der Caupona Aluta die Caupona Loukia werden, mit Sitz in der Subura statt in Trans Tiberim. Wahrlich, so würde es kommen! Auch wenn sie dazu diesem ganzen Dakerpack ihren geliebten fetten Schweinefraß mit Schierling versetzen musste. -
In ihrem Wettlächeln mit der wärmenden Frühlingssonne gewann Loukia mühelos die Oberhand.
„Ein Stück Savillum und Zitronenwasser, sofort werte Dame.“Sehr schön. Die Frau dieses anmutigen Patriziers wusste, was sie wollte und was zusammenpasste. Die Frauen wussten das immer. Der noble Römer selbst konnte sich dagegen noch nicht entscheiden. Loukia war das ganz recht. Je länger das schmucke Paar mit seinen hübschen Töchtern an ihrem Stand verharrte, desto mehr Aufmerksamkeit wurde ihm zuteil. Diese kleine Familie war wahrlich von den Göttern gesegnet. Gleich den Dioskuren linsten die beiden Mädchen zwiegesichtig und doch in perfekter Eintracht auf das Naschwerk. Loukia konnte kaum den Blick von den Schwestern wenden.
„Und die beiden jungen Damen?“ fragte sie lächelnd, schöpfte das kühle Zitronenwasser in einen Becher, überreichte ihn der sicher sehr stolzen Mutter.
„Möchtet ihr vielleicht meine Ova Sfongia kosten?“Was trieb Bredica da mit dem Käsekuchen? Nein, bei allen Göttern! Nicht auf die derben Holzbrettchen! Ihre Kunden waren doch keine Agricolae! „Bredica ..“ zischte Loukia ohne ihrem Lächeln auch nur die Spur einer Trübung zu erlauben.
„Jen nicht gamotó sto gamóoooto! Schlag es in ein Palmblatt ein.“ Dieser dakische Trampel!„Nun, ihr beiden?“ lenkte Loukia an die Zwillinge gewandt von dem kleinen Missgeschick ab. „Ob euch meine Sfongia wohl verlocken könnten?“
Mit einem verschwörerischen Zwinkern wies sie auf die kunstvoll zusammengerollten Eierkuchen. „Sehen völlig gleich aus. Sind sie aber nicht. Die einen sind mit gehackten Nüssen gefüllt, die anderen mit Bratapfelstückchen.“ Ihr lief selbst schon das Wasser im Munde zusammen. Und der Vater? Waren ihm die Pfefferküchlein wohl genehm? Mehr Spezereien mit Pistazien hatte sie leider nicht anzubieten. -
Die Suppe ging nicht! Niemand wollte die Suppe kosten. Loukia schrieb es sich hinter die Ohren: Keine Suppe das nächste mal.
„Bredica.“ flötete sie mit einem bezaubernden Lächeln. „Stell den Suppentopf weg. Leg dafür noch etwas vom Savillum auf.“
Der Kuchen ging. Das ganze Naschwerk ging. Noch besser als ihre gegrillten Rippchen. Das nächste mal also keine Suppe, weniger Rippchen, mehr Süßes. Diese Romani. Je weniger Auswahl, desto wählerischer.Bredica schnitt einige Stücke Savillum zu und richtete sie neben den anderen Spezereien auf dem Tisch an. Viel zu lieblos. Wie immer. Loukia legte selbst Hand an. Drapierte Küchlein um Küchlein wie einen Fächer auf den Tisch.
Ein breiter Schatten fiel über die Auslage. Als sie strahlend lächelnd aufblickte, stand ein imposanter Römer vor ihrem Tisch. Elegant. Selbstsicher. Gewiss ein Mann von Geist und Kultur. Vielleicht ein Senator? Oder ein Ritter? So genau kannte sie sich da nicht aus. In jedem Fall war er das genaue Gegenteil ihres versoffenen dakischen Gemahls. Das Gefolge des beeindruckenden Römers nahm sie kaum wahr. Familie eben. Frau, Töchter, das übliche. Den Mann würde sie nicht als Stammgast gewinnen können. Wie schade. Was sagte er? Pistazien?
„Pistazien! Aber ja, werter Herr. Erlaube mir, dir meine Dulcia piperata ans Herz zu legen. Ptisana mit Raute und Passum. Gefüllt mit gehackten Pinienkernen und Pistazien, in Honig gebacken, mit Pfeffer bestreut." Und das höchstpersönlich. „Bredica!“
Die stumme Küchenhilfe beugte sich über den Karren, hob eine Tonglocke an, brachte die begehrten Köstlichkeiten zum Vorschein.
„Wenn es die Herrschaften nach weiteren süßen Leckereien gelüstet, kann ich auch Ova Sfongia, Savillum und gefüllte Datteln anbieten. Dazu Zingiber- oder Zitronenwasser.“ Und Suppe! fügte sie im Geist hinzu. Gute Honigsuppe. Ebenfalls süß. Aber scheinbar verkannt.
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„Conditum melizomum! Ofellas assas! Dulcia domestica!“
Ein besonders Vergnügen war das hier nicht. Musste aber sein.
„Alles frisch zubereitet!“
Eine Schande, das betonen zu müssen.Loukia hatte Kunden verloren, nicht zu knapp. Die mussten wieder her, und Geld für frische Ware wollte auch verdient werden. Die Stadttore schließen zu lassen! Tagelang! Was hatten sich diese Romani nur dabei gedacht? Kein frisches Gemüse! Keine Pilze! Kein frisches Wild! Kein zartes Kalb! Nur muffige Tiberisfische und verfettete Hausschweine! Für so etwas zahlten ihre Kunden nicht. Das gab es an jeder Ecke.
Mit einem giftigen Lächeln zischte sie ihre stumme Helferin an: „Willst du wohl aufstehen Bredica! Auch ich bin müde! Aber das interessiert diese Banausen nicht!“ Bredica erhob sich gähnend vom Handkarren. Dummes Ding! „Du willst doch auch essen, nicht wahr? Also!“
Viel Auswahl konnte sie auf dem kleinen Verkaufstisch nicht feil bieten. Suppe, Fleisch und Süßes. Lächerlich. Nicht die beste Werbung für die Caupona Aluta, aber wenigstens alles frisch und wohlschmeckend. Mehr hätten sie auch nicht schleppen können. Niemand hatte ihnen geholfen, Gerichte, Behältnisse und Verkaufstisch durch die Stadt zu zerren. Weder der große Bestimmter und Regent Aculeus, noch einer seiner finsteren Adlaten. Nicht einmal ihr trunksüchtiger Gemahl.
Es musste aber weiter gehen mit der Caupona. Ihrer Caupona! Wenn sich nur eine Handvoll dieser müßiggängerischen Marktbesucher dazu bewegen ließ, der Caupona einen Besuch abzustatten, war das schon ein Anfang.
„Conditum melizomum! Ofellas assas! Dulcia domestica! Zum Opfern und Genießen!“ Oh Athene! Wie sie das hasste!
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Na, Hofhunde hatten sie bestimmt. Später kamen dann Katzen dazu, die waren ursprünglich in den nobleren Haäusern Ägyptens heimisch. Die römischen Patrizier haben sich ja alles in die Pfanne hauen lassen, was fliegen, rennen oder kriechen konnte. Da werden sicher auch so einige Spezies zum Angeben im Haushalt überlebt haben.
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Loukia schwieg zum Kommentar über ihren Siebenschläfer. Sie hatte schnell begriffen, dass dieser junge Banause sich eher die Zunge abgebissen hätte, als ihrem Essen das Lob auszusprechen, das es verdiente. Also nahm sie es wortlos hin, und lächelte. Sie lächelte auch über die Frage nach der Nachspeise. Da waren die beiden hier richtig, sie ahnten gar nicht, wie richtig.
Aber das war nicht Loukias Geschäft. Davon wollte sie nichts wissen. Vitu würde sich darum kümmern. Natürlich erst, wenn die beiden Burschen sich einig geworden waren. Im Moment sah es nicht danach aus. Der kleinere Banause musste wohl erst einmal aufgeklärt werden. Und das sollten Brüder sein? Sie schwieg zu alldem. Und lächelte. Erst als ihr klar wurde, dass diese albernen Brüder offenbar glaubten, Loukia sei Teil des Sortiments, wurde ihr Lächeln etwas trüber. Aber es verschwand nicht. Schon zum Trotz.
„Wonach auch immer euch gelüstet, werte Herren – lasst es mich wissen. Einstweilen entschuldigt mich. Ich werde euch euer Bier bringen, denn das ist hier meine Aufgabe.“
Noch einmal erstrahlte sie in honigsüßestem Lächeln.
„Das, und nichts anderes.“Sie würde Vitu sicherheitshalber von den Interessenten berichten, damit alles vorbereitet war, falls die Brüder sich doch noch für die Nachspeise entschieden. Ihr schauderte davor, sich mit dem finsteren Kerl unterhalten zu müssen. Daran würde sie sich nie gewöhnen. Lieber ein Schankraum voll römischer Banausen als eine Küche voll dakischer Barbaren.
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Loukia war in ihrem Element. Teller bestücken. Nachwürzen. Auftragen. Abtragen. Lächeln. Lächeln. Lächeln. Die Ochsenreifen wurden knapp. Bredica musste dringend neue schneiden und in die Marinade legen. Lächeln. Am Ecktisch fehlte die Schale für die Gräten. Lächeln und sich vor Wut auf die Zunge beißen. Das durfte nicht passieren, ihr selbst schon gar nicht! Wohliges Schmatzen. Zufriedenes Lächeln. Aufdringliche Hände am Hintern. Mühsames Lächeln. Aculeus flüchtiger Blick aus der Küchentür. Gefrorenes Lächeln. Säuisches Rülpsen. Wissendes Lächeln. Sie hätte sich nicht umzudrehen brauchen, um zu wissen, von welchem Tisch das gekommen war. Aber sie drehte sich doch um und ging hin.
„Wie man hört, hast du die Speisen genossen, Herr.“ Lächeln.
„Mit welcherlei Genüssen ich euch wohl sonst noch erfreuen kann?“Ein Blick auf die Teller offenbarte die Wahrheit. Es hatte ihnen geschmeckt. Es konnte ihnen nur geschmeckt haben.
„Oliven vielleicht?“Oh je, das war ihr nur so rausgerutscht. Etwas zu laut und etwas zu schnippisch. Süß wie Honiggebäck lächelte sie die beiden jungen Männer an. Banausen. Aber so alles in allem ganz ansehnliche Banausen.
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Mit einem seligen Lächeln blies sich Loukia eine schwarze Strähne aus der Stirn. Allen schmeckte es. Alle waren glücklich und zufrieden. Alle bis auf einen. Aber aus dem würde sie auch noch einen Stammgast machen. Auch wenn er es ihr nicht gerade leicht machte. Gerade deswegen! Sie schlüpfte in ihr betörendstes Lächeln und schwebte mit Krug und Teller zu dem ungeduldigen Olivenliebhaber an den Tisch. Erst konnte man sich nicht entscheiden. Dann ging es nicht schnell genug. Banause! Bier zum Siebenschläfer! Da lag noch viel Arbeit vor ihr.
„Bitte, werter Herr. Deine Speisen. Geschmorter Siebenschläfer, geriebener Raphanus und – Bier.“
Brot gab es obendrein. Garum stand auf dem Tisch. Für die Knochen stand eine kleine Holzschale bereit. Sollte sie ihn darauf hinweisen? Nein. Er war ja nicht blind. Nur unbeholfen. Fast so unbeholfen wie sein Freund.
„Falls sonst noch etwas gewünscht wird, ein Wink genügt. Bene vobis sapiat.“
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Bei jedem Wort des Gastes wurde Loukias Lächeln liebenswürdiger. Oliven! Ein paar Oliven! Die gab es vorne am Tresen. Auf die Hand. Wozu brutzelte und rührte und kostete und würzte sie den ganzen Tag, wenn ihre Gäste dann doch nur Oliven verlangten? Banausen. Stammgästen wäre es nie eingefallen, nach Oliven zu fragen.
Leider, war die Caupona längst noch nicht so bekannt wie sie es hätte sein müssen. Umso mehr legte sie sich ins Zeug. Es konnte nicht angehen, dass ein Gast der einmal hier gegessen hatte, auch nur auf den Gedanken kam, seinen Fuß jemals wieder in eine andere Taberna zu setzten. Die sollten hier überschnappen vor Verzückung. Irgendwann würde Loukia das auch hinbekommen. Oliven.
„Nun, Herr, wenn du gerne etwas deftiges genießen möchtest, da hätte ich scharfes Wurzelgemüse mit Ochsenstreifen und Eiern, Fenchelbrasse im Rosinenbrotmantel, geschmorter Siebenschläfer mit geriebenem Raphanus oder wenn es etwas süßer sein soll, Honigpuls mit eingelegten Feigen. Dazu natürlich verschiedene Weine, Bier oder Würzwasser.“
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Eifrig zwischen den Schmausenden hin und her huschend sah Loukia immer wieder auf Tische und Teller. Es schmeckte. Allen. Was gab es schöneres. Sogar zwei neue Gäste waren gekommen. Nun hieß es, Stammgäste aus ihnen zu machen.
Mit einer Portion Eier ließ sich das allerdings nur schwer erreichen. Auch wenn ihre Eier ganz sicher knuspriger und würziger waren als bei der lieblosen Konkurrenz. Schade war nur, dass der junge Mann nicht wirklich wusste, wie mit dem Gericht umzugehen war. Aufgerollt und mit etwas der bereit stehenden Kräuterpaste bestrichen, hätten ihre Eier nochmal so gut geschmeckt. Na ja. Banausen eben.
Aber wenn es glückliche und satte Banausen waren, die sie hier bediente, war alles wie es sein sollte. Der andere aß gar nichts. Das war schade. Nein, nicht schade, das war eine Beleidigung! Da musste sie noch einmal nachfühlen. Vielleicht war er nur unentschlossen. Was Wunder, bei ihrem Angebot.
Mit einem strahlenden Lächeln ging sie zu den jungen Männern und sprach den größeren von beiden freundlich an.
„Nun, werter Herr? Vielleicht darf ich dir eine kleine Auswahl an Gerichten näher ans Herz legen. Wir bieten sehr viel mehr als nur Eier.“ -
„Sofort. Willst du etwas essen?“ fragte Loukia im Hinausgehen. Warum fragte sie ihn überhaupt? Aculeus würde schon sagen, wenn er etwas wollte. Unmissverständlich. Das tat er immer. Leise öffnete sie sie Seitentür, sah zum Stall hinüber. Dort brannte Licht. Vitu war also ebenfalls schon wach. Fröstelnd ging sie ein par Schritte. „Vitu! Aculeus will dich sehen!“ Damit hatte sie ihre Pflicht getan und konnte in die warme Coquina zurückkehren. Vitu schlief bei den Pferden, Aculeus schlief gar nicht. Diese Daker! Jeder Gaul war ihnen mehr wert als eine Frau.
Zurück am Herd fühlte sie seine Blicke im Rücken. Er begehrte sie. Das war gut, mehr als das, es war überlebenswichtig. Aculeus war jetzt Herr im Haus, und so lange sie es fertigbrachte, den eisigen Fels allnächtlich in einen bebenden Vulkan zu verwandeln, war sie sicher. Auch sie begehrte ihn. Aber nicht so. Sein vernarbter sehniger Körper, seine zerfurchten energischen Züge, seine Grabeskälte, all das faszinierte sie zutiefst. Er brauchte sie, um die Caupona am Laufen zu halten, und sie brauchte ihn, um die Caupona nicht zu verlieren. Nahm er ihr die Caupona, nahm sie ihm das Leben. So einfach war das.
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Loukia wurde geweckt durch einen nächtliche Schrei. Sie riss die Augen auf. Lauschte. Aber da war nichts. Sie lauschte weiter mit angehaltenem Atem. Nichts. Nur die üblichen leisen Geräusche der letzten Nachtstunden. Das Knacken der Glut aus der Coquina nebenan, gedämpftes Gemurmel einer Patrouille Vigiles von der Straße, das rasselnde Schnarchen ihres Ehemannes im winzigen Nebenraum. Sonst nichts. Der Mann neben ihr schnarchte nicht. Nie. Manchmal atmete er so leise, dass sie sich zu ihm hinüberbeugte und trotzdem nichts hörte. Vielleicht atmete er nachts einfach nicht, gepasst hätte es zu ihm.
Und nun? Sollte sie schon aufstehen? Nur wegen eines seltsamen Schreis, den sie bestimmt bloß geträumt hatte? Nicht des Schreies wegen stand Loukia schließlich auf, sondern weil es kalt war neben ihm. Er war kalt. Versonnen blickte sie durch den düsteren Nachtschimmer auf ihn hinab. Wenn sie jetzt ein Messer aus der Küche holte? Wenn sie ihm damit den Kehle durchschnitt? Würde er bluten? Würde er es überhaupt merken?
Sie konnte den Blick nicht von ihm lassen. Nicht während sie sich die Haare zurückband, nicht während sie die Palla überwarf, nicht einmal während sie den Nachttopf benutzte. Er hatte die Augen weit offen, sah sie aber nicht an. Vielleicht schloss er die Augen einfach nie, auch das hätte zu ihm gepasst. Vielleicht hatte er geschrien? Nein. Er nicht.
„Aculeus?“ fragte sie das kalte starrende Gesicht, das nicht atmen wollte. „Bist du wach?“ -
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