Hallo.
Ich möchte bitte Publius Octavius Casca aus dem Spiel nehmen. Das wird wohl nichts mehr mit der ID. Wenn es möglich wäre, würde ich aber den alten Cossus Malleus gerne noch eine Weile weiterleben lassen. Vielleicht kann er bei der einen oder anderen Gelegenheit noch von Nutzen sein.
Vielen Dank.
Beiträge von Publius Octavius Casca
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Höret, ihr lieben Leute, höret: Ich bin noch da.
Komm aber aufgrund des alljährlichen Vorweihnachtsaffentheaters momentan lediiglich dazu, kurz reinzuschauen. Das wird sich wohl noch bis zu den Feiertagen hinziehen. Aber dann. -
Nachdem der letzte Rekrut seinen Eid geleistet hatte, ging ein hörbares Aufatmen durch die Reihe. Auch Casca entspannte sich etwas, ohne recht zu wissen, warum. Der Eid war eine Sache, ihn bis zur letzen Konsequenz zu erfüllen, eine ganz andere. Einerseits hatte er mit seinem Schwur ein gutes Stück Eigenverantwortung abgegeben, andererseits die Verantwortung für seine neue Waffenbrüder dazubekommen. So oder so würde ihn sein Gelöbnis für eine Zeitspanne an diesen Haufen binden, die er sich nicht einmal konkret vorstellen konnte. Zwanzig Jahre. Er war erst neunzehn. Als alter Mann würde er dereinst die Legion verlassen. Wenn überhaupt. Casca erlaubte sich einen verstohlenen Seitenblick auf seine Kameraden. Gut möglich, dass der eine oder andere von ihnen die ehrenhafte Entlassung nicht erleben würde. Nicht ganz unmöglich, dass er selbst zu diesem Kreis gehörte. Die knappen Worte des Optios bestätigten Cascas Gedanken. Eine der gefährlichsten Grenzen, die das Reich herzugeben hat. Gefahr, Risiko, Herausforderung, hatte er nicht genau das gewollt? Schön, jetzt hatte er es.
Nun trat auch der Legatus hinter der Linie hervor und erkundigte sich bei einigen der Tirones – allesamt Männer mit germanischen Wurzeln – nach Herkunft und Familie. Casca blieb dabei unbehelligt, was ihm durchaus recht war. Allerdings konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das kein Zufall war, sondern eine Zurschaustellung persönlicher Präferenzen. Der Duccier war selbst germanischen Blutes, wie jeder wusste, und hielt es offenbar lieber mit Seinesgleichen. Wenn dem so war, konnte Casca nichts daran ändern. Legatus Duccius Vala galt allgemein als verdienstvoller ehrenhafter Mann, alles andere hatte ihn, den Rekruten, im Moment nicht zu interessieren. Schließlich war er nicht gekommen, um sich einen Ersatzvater zu suchen, den hatte er bereits.
Als der Duccier nach ein paar aufmunternden Worten das Sacellum verlassen hatte, richtete sich die gesammelte Aufmerksamkeit wieder auf den Optio Tabellarii. Der Tag war noch jung und der Offizier hatte sicher noch so einiges mit ihnen vor, bis sie sich an den berüchtigten Spezialitäten der Legionskost laben durften.
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Er schluckte. Krampfhaft, mühsam, mehrere Male hintereinander. Aber es half nichts. Der Kloß in seinem Hals wurde mit jedem Atemzug dicker. Hinter ihm entfernten sich die gemessenen Schritte des Legaten. Nicht weit genug allerdings, um Casca ein befreiendes Räuspern zu erlauben. Die lähmende Stille wurde langsam höchst unangenehm. Er hatte die Bedeutung der Zeremonie längst erfasst und wollte endlich seinen Eid ablegen oder sich wenigstens die juckende Nasenspitze kratzen, irgendwas, nur nicht länger hier herumstehen wie ein Zaunpfahl. Irgendwann, nach einer gefühlten Hora des Schweigens, erhob der Optio Tabellarii wieder die Stimme, ließ den ersten Rekruten vortreten und legte den Männern mit markigen Worten dar, welcher neuen Gottheit sie sich mit ihrem Schwur auf Gedeih und Verderb auszuliefern im Begriff waren: Dem Kommandanten. Auch Kaiser und Volk, das verstand sich von selbst, in allererster Linie aber dem Kommandanten und nur dem Kommandanten. Casca konnte nur hoffen, dass es ein fähiger Kommandant war, dem er seine Leben in die Hände legte, ansonsten war am Vortrag des Optios nichts auszusetzen. Natürlich würde er allen Ordern seines Kommandanten stets Folge leisten, wenn irgend möglich auch mit Begeisterung. Selbstverständlich würde er sich der Gerichtsgewalt des Kommandanten unterwerfen. Ohne Frage würde er seinen Dienst unter Einsatz von Leib und Leben bis zum Ende ableisten, ganz gewiss Rom treu dienen und die Gesetze achten – um all diese Pflichten zu erfüllen, war er schließlich hier.
Ein Rekrut nach dem anderen legte nun mit volltönender Stimme den Eid ab. Sie schworen, dass sie alles entschlossen ausführen würden, was der Imperator Caesar Augustus befahl, dass sie niemals den Dienst verlassen- und den Tod für den römischen Staat nicht scheuen würden. Weder Kaiser noch Volk vermochten die Schwüre zu hören, der Kommandant jedoch vernahm die Worte wohl, und das reichte schon völlig aus. Als die Reihe an Casca war, hatte sich der Kloß in seinem Hals auf wundersame Weise verflüchtigt.
„IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA!"
Das wars. Wenn ihn nicht alles täuschte, war er nun Soldat; und das fühlte sich gar nicht schlecht an.
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Nachdem er die Neuzugänge eine Weile mit ihren Gedanken alleine gelassen hatte, ergriff der Optio wieder das Wort. Was er da von zwanzig Jahren Dienstzeit erzählte, blähte Casca sogleich die Nasenflügel. Zwanzig! Nicht fünfundzwanzig! Und wieder hatte Malleus ihm ganz offensichtlich einen Bären aufgebunden. Nicht, dass es einen großen Unterschied gemacht hätte, so oder so wartete ein halbes Leben Militärdienst auf ihn, trotzdem wurde er nur äußerst ungern auf den Arm genommen, ob nun von Freund oder Feind, spielte dabei keine große Rolle.
Noch bevor es zum allgemeinen Schwur kam, hatte sich Casca bereits selbst etwas geschworen: Sobald er die Gelegenheit dazu bekam, würde er dem alten Spaßvogel seine Caliga ins Spundloch treiben bis zum oberen Schnürbund. Dass Malleus ihm dafür im Gegenzug Stiefel samt Bein aus dem Rumpf reißen würde, war ihm momentan völlig gleichgültig. Welche Überraschungen wohl sonst noch auf ihn warten mochten? Für den Hauch eines Augenblickes spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, dem dezenten Wink des Optios zu folgen und sich davonzumachen, solange es noch ging. Das neu entdeckte Gefühl der Gemeinschaft zwischen den schweigenden Männern ließ seinen Ingrimm jedoch rasch wieder verfliegen. Zudem wurde seine Aufmerksamkeit von sich langsam nähernden Schritten in Anspruch genommen.
Irgend jemand trat in den Raum und stellte sich hinter ihn. Nur mit Mühe widerstand er dem Drang, sich umzudrehen. Grundsätzlich konnte er unbekannte Gestalten in seinem Rücken ums Verrecken nicht ausstehen, aber in diesem weihevollen Rahmen verbaten sich jedwede Sperenzchen von selbst. Als der Optio plötzlich ein infernalisches ACHTUNG bellte, war Casca endgültig wieder auf Linie. Sein Brustkorb wölbte sich, sein Kinn schnellte nach oben und schließlich gab die weitere Meldung des Optios auch Aufschluss darüber, wer hinter Casca stand. Der Legatus. Über manches, was die Legion betraf, mochte er falsch oder unvollständig informiert sein, den Legatus Legionis jedoch kannte er. Jeder kannte ihn. Senator Duccius Vala, einstiger Consul, oberster Verwalter von Germania Superior und vor allem: Kommandeur der Zweiten Germanica. Casca fühlte sich geehrt. Mit einem solch honorigen Mann im Genick würde ihm jeder Eid wie von selbst über die Lippen donnern.
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Dass es nun ernst wurde, brauchte man den Rekrutenanwärtern nicht erst zu sagen. Schon allein der große stille Raum, in den sie vom Optio Tabellarii geführt worden waren, ließ keine andere Reaktion zu als ehrfürchtiges Innehalten. Wie auf ein geheimes Zeichen hin strafften sich die Schultern der acht Männer. Jedem einzelnen davon schien vollkommen bewusst zu sein, wo sie sich hier befanden: Im schlagenden Herz der Zweiten Legion.
Casca blickte mit einem ihm bislang völlig unbekannten Gefühl des Waffenstolzes auf all die Ehrenzeichen. Sein Groll gegen das Froschgesicht war urplötzlich verflogen, ebenso sein Argwohn dem mürrischen Vollbart gegenüber. Sie standen hier nicht mehr als Bauern, Soldatensprösse oder sonstige Taugenichtse, sondern als Contubernium. Der kurzen Anweisung des Optios folgend, richtete sich das Contubernium dann auch geschlossen vor dem Feldzeichen aus und hielt andächtig die Klappe. Für Mätzchen – egal, welcher Art – war dies definitiv der falsche Ort. -
Cascas Mundwinkel wanderten abwärts. Na wunderbar. Da hatte ihm Malleus ein veritables Ei gelegt. Vergiss bloß nicht, nach dem Viaticum zu fragen, Kleiner! Besteh auf das Viaticum! Dieser alte Esel. Entweder, Malleus wusste wirklich nicht, wie das mit dem Viaticum üblicherweise gehandhabt wurde oder er hatte Casca mit voller Absicht in den Napf treten lassen, vielleicht als Vergeltung für die Lügengeschichte, die er dem Alten am Anfang ihrer Reise aufgetischt hatte. Gleichviel, auf jeden Fall hatte Casca soeben Mätzchen gemacht, und das auch noch völlig unnötig. Mit ein wenig Nachdenken hätte er sich das ersparen können, denn was der Optio ihm darlegte, war von bestechender Logik. Warum sollte die Truppenkasse der Secunda für Cascas Extravaganzen aufkommen? Dumme Situation, das.
„Ich verstehe.“ krächzte er betreten. „Das war dann wohl ein .. Missverständnis .. meinerseits. Verzeihung, Optio. Keine weiteren Fragen.“
Hörte er da ein verhaltenes Kichern aus der Reihe seines künftigen Contuberniums? Eindeutig. Er wollte verdammt sein, wenn das nicht von diesem teigigen Froschgesicht kam. Den würde er sich noch vorknöpfen. Irgendwann. Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte. Blöder Sack! -
Mit vielem hätte er gerechnet, nicht aber mit einem fast schon als jovial zu bezeichnenden Ausspruch des ansonsten so schmallippigen Optios. Gute Männer. Casca blickte sich um. Gewiss. Gute Männer waren das zweifellos. Auch das Froschgesicht. Sogar der brummige Barba. Von ihm selbst ganz zu schweigen. Gute, kräftige, bis auf Barba allesamt junge Männer, von denen vermutlich jeder seine ganz eigenen Gründe dafür hatte, hier zu sein. Allen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit nach war sicher auch der eine oder andere Hornochse darunter, aber auch ein Rindvieh konnte gleichzeitig ein guter Mann sein. Wieviele solche Männer der Optio Tabellari in seiner Dienstzeit wohl schon kommen und gehen sehen hatte? Hunderte? Tausende? Eher letzteres, schätzte Casca, und konnte sich eines Anfluges von Respekt nicht erwehren.
Die nun folgende Litanei diverser Vergehen und deren Ahndung hörte er sich ruhigen Blutes an. Zwar konnte man sein bisheriges Leben nicht unbedingt als mustergültig bezeichnen, zu verbergen hatte er jedoch nichts. Zugegeben, für sein jugendliches Alter war schon einer ansehnliche Anzahl an Mitbürgern auf die Füße getreten, Gesetze hatte er indes keine gebrochen, höchstens die Herzen einiger einfältiger Damen, und das auch nicht aus Arglist, sondern vielmehr aus schierer Lebensfreude. Geflohen war er – entgegen den sturen Behauptungen seines Freundes Malleus – auch nicht. Den Entschluss, Fakten zu schaffen, und sich für die kommenden fünfundzwanzig Jahre vor den Unwägbarkeiten einer Ehe in Sicherheit zu bringen, hatte er schließlich freiwillig gefasst, wenn auch unter dem sanften Druck der Umstände. Nein, er hatte sich im großen und ganzen nichts vorzuwerfen.
Trotz der einlullenden Wärme seines angenehm ruhigen Gewissens entging ihm dennoch nicht, wie blass einer der Probati bei den Worten des Optiso wurde. Dem sehnigen Bursche neben dem Froschgesicht war jegliche Farbe von den eben noch rotglänzenden Pausbacken gewichen. Nun gut, vielleicht war der Bengel auch nur etwas erschöpft von dem Gehampel mit dem Stab. Fragen hatte der jedenfalls momentan keine, so viel stand fest. Casca schon.„Gehorsamst ... ja, Optio. Eine Frage hätte ich tatsächlich.“ meldete sich Casca zögernd zu Wort. „Über Soldhöhe und Auszahlung habe ich mich schon informiert .. aber wie sieht es mit dem Viaticum aus? Wird das direkt ausbezahlt oder auf den Sold aufgeschlagen?“ Immerhin hatte er eine beachtliche Wegstrecke hinter sich gebracht, und auch wenn er nur die letzte Etappe geltend machte, würden da schon ein paar Münzen zusammenkommen.
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Mist! dachte Casca finster, während er sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn wischte. Eine Empfehlung. Nein, mit sowas konnte er nicht dienen. Er gehörte nicht zu dem erlesenen Kreis von Cives, die jemanden kannten, der jemand kannte, dessen Großonkel irgendwann einmal irgendwo irgend etwas zu sagen gehabt hatte. Als ob so eine Empfehlung einen besseren Soldaten aus ihm gemacht hätte. Immer und überall das Gleiche: Den einen blies man noch an der Nabelschnur feinsten Blütenstaub in den Arsch und streute ihren Lebensweg mit Veilchen und Narzissen, die anderen waren gerade gut genug, um diese Günstlinge gut aussehen zu lassen und konnten ansonsten sehen, wo sie blieben. Sicher, er hätte sich von Malleus eine Empfehlung kritzeln lassen können, nur galt die Einschätzung eines Auxiliarveteranen hier eben so wenig wie Cascas eigene Meinung. Wie auch immer, den Ausbildungsverlauf dieses käsigen Froschgesichts mit der wichtigen Tabula würde er jedenfalls im Auge behalten. Empfehlung. Pah.
„Keine Empfehlung.“ verkündete er also nicht ohne einen Anflug von trotzigem Stolz und nahm dabei befriedigt zur Kenntnis, dass auch der unrasierte Tölpel neben ihm, den er insgeheim bereits Barbarus Barba getauft hatte, nichts schriftliches vorzuweisen hatte. -
Zu Cascas Erleichterung gab sich der Optio mit den genannten Eckdaten zufrieden und ging routiniert zum nächsten Punkt des Prozederes über, einer Kombination aus Leibesübung und Sehtest. Froh darüber, nicht als erster an der Reihe zu sein, beäugte Casca das Treiben zunächst recht amüsiert. Es sah schon etwas dämlich aus, wie sich da einer nach dem anderen den Stab an die Nase hielt und verbissen versuchte, daran herumzubiegen. Je länger er allerdings zusah, desto klarer wurde ihm, dass die albern anmutende Übung durchaus Sinn machte und wohl auch längst nicht so einfach auszuführen war wie es den Anschein hatte. Diese Einschätzung bestätigte sich denn auch, als er selbst den Stab von seinem bebarteten Nebenmann entgegen nahm, dem die Körperspannung die Adern beeindruckend hatte schwellen lassen. Mit einem Zipfel seiner Tunika wischte Casca die glitschigen Rückstande schweißnasser Hände vom glatten Holz, zog sich den dicken Stab vor die Nase und versuchte sein Glück. Zuerst aus den Handgelenken. Dann aus den Schultern heraus. Schließlich unter Einsatz seines gesamten Oberköpers. Leicht war es nicht, aus dieser ungewohnten Armhaltung heraus Kraft zu entwickeln, aber machbar. Natürlich gab sich Casca zu keiner Zeit der Illusion hin, das Ding tatsächlich abbrechen zu können, aber beim muffeligen Bartträger hatte der Stab vernehmbar geknackt, mit weniger wollte sich auch Casca nicht zufrieden geben.
Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. Ein einsamer Tropfen rann ihm zwischen den Brauen hindurch, den Nasenrücken entlang bis zum leise knirschenden Holz des Stabes. Unangenehm. Vor seinen Augen begannen winzige Glühwürmchen zu schwärmen, was ihn schlagartig wieder an den zweiten Teil der Aufgabe erinnerte. Wie war das gewesen? Mittlere Reihe. Cascas zitternder Blick wanderte den mit verschiedensten kleinen Symbolen geschmückten Rahmen entlang. Ein Pferdekopf, ein Phallus, eine Amphore. Mittlere Reihe rechts. Aha. Geflügel. Ein Huhn. Nein, ein Küken. Unsinn, eine Ente. „Eine Ente, Optio ..“, keuchte er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, „.. ich seh da eine Ente.“ Endlich vernahm er auch ein dezentes Knacken, war sich aber nicht ganz sicher, ob es der Stab war, der knackte oder seine Handgelenke.
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Nachdem sowohl Optio als auch Probati Gelegenheit erhalten hatten, sich forschenden Blickes davon zu überzeugen, dass kein Weibsvolk anwesend war, erging die knappe Order zum Ankleiden. Casca zog sich seine Tunika über, schnallte sich den schmalen Ledergürtel um und griff unschlüssig nach der Feminalia. Was sollte er bloß damit anfangen? Die lästige Wollhose einfach hier vergessen? Sie in einem unbeobachteten Moment unter einer Sitzbank verschwinden lassen? Besser nicht. Noch immer hallte ihm die Warnung des Scriba im Ohr: Keine Mätzchen.
Während der Optio Tabelarii dazu überging, die Personalien der Neuzugänge aufzunehmen, beeilte sich Casca, den kleinen Beutel mit seinen persönlichen Habseligkeiten in die Hose zu wickeln und das Ganze zu einem handlichen Bündel zu verknoten. Vielleicht würde sich der unbequeme Lappen ja doch noch als nützlich erweisen. Immerhin war sein väterlicher Zuchtmeister nie müde geworden, die Vorzüge einer guten Feminalia anzupreisen, allerdings war Malleus als Mattiaker, noch dazu als Veteran der Reiterei an diese kratzigen Dinger auch gewöhnt, ganz im Gegensatz zu Casca.Indessen hatte sich der Optio mit der Datenerfassung bis zu Cascas Nebenmann - dem maulfaulen Bartgesicht - vorgearbeitet, notierte sich dessen gutturales Gemurmel und blickte schließlich den Octavier erwartungsvoll an. „Publius Octavius Casca. Neunzehn Jahre. Unverheiratet. Aus Roma.“ gab Casca schnörkellos zu Protokoll. Dass er die letzten sieben Jahre in Ostia verbracht hatte, hielt er nicht für erwähnenswert. Seine Familie stammte aus Rom, und darum ging es hier wohl. Sicherheitshalber fügte er noch die Namen seiner verstorbenen Eltern* hinzu und hoffte, den Wissensdurst des Optios damit befriedigt zu haben. Auf entnervende Fragen nach seiner Motivation, sich ausgerechnet zur Legio Secunda im fernen Mogontiacum zu melden, hatte er absolut keine Lust.
Sim-Off: *Mit konkreten Namen kann ich momentan leider nicht aufwarten. Die kenn ich selbst noch nicht.
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Wie Casca schon vorausgesehen hatte, zeigte sein Nebenmann keine nennenswerte Reaktion. Ein Schulterzucken, das wars. Unter dem Bart tat sich rein gar nichts. Der Herr war sich offenbar zu fein für ein paar Ratschläge an einen aufgeschlossenen Grünschnabel. Dann nicht. Mit einem verächtlichen Brummen beugte Casca sich vor und schickte ein freundliches Lächeln zur zweiten Sitzbank hinüber. Vielleicht waren die Jungspunde zugänglicher. Waren sie nicht. Die glotzten nur schicksalsergeben vor sich hin, als seien sie nicht zur Musterung hergekommen, sondern um rituell kastriert zu werden. Sollte das die nächsten fünfundzwanzig Jahre so freudlos weitergehen, konnte er sich auch gleich einsalzen lassen.
Die Zeit verging. Allmählich begann er sich zu langweilen und, was noch schlimmer war, zu schwitzen wie ein Thermenheizer. Auf Malleus Drängen hin hatte er schon in Argentoratum eine Feminalia erworben, die er jetzt aus tiefstem Herzen verfluchte. Zudem trug er noch immer seinen schweren Mantel über der Tunika, weil der Optio ihn nicht zum Ablegen aufgefordert hatte. Das waren entschieden zu viele Wollschichten für einen beheizten Innenraum. Eine Weile versuchte Casca gegen die aufkommende Müdigkeit anzukämpfen, indem er eben so blöde geradeaus starrte wie seine Mitdelinquenten, was ihn letztlich nur noch schneller einschläferte. Just in dem Moment als ihm der Kopf auf die rechte Schulter kippte, wurde die Tür zum Officium aufgerissen und ein zweiter Offizier trampelte mit weiteren Rekrutenanwärtern herein. Casca schrak grunzend auf. Bei den Göttern, die drei sahen noch trübsinniger drein als die bereits anwesenden Knilche. Diese Miesepampel sollte er von nun an Tag für Tag, Jahr für Jahr vor der Nase haben? Rom verlangte seinen treuen Dienern mitunter schon verdammt viel ab.
Plötzlich tat der Optio Tabellarii etwas, was wohl keiner der Wartenden mehr für möglich gehalten hatte: Er sprach, vier Worte hintereinander, quasi einen ganzen Satz. Casca war so fasziniert von dieser unverhofften Darbietung, dass er die Erwiderung des zweiten Optios gar nicht im Einzelnen mitbekam. Tragisch war das nicht, es ging ihn ohnehin nichts an. Sein Verdacht, der Rekrutierungsoffizier würde sofort wieder in dumpfes Schweigen verfallen, sobald sein Kamerad die Stube verlassen hatte, erwies sich schnell als unbegründet. Nun kam tatsächlich Bewegung in die Sache. Auf eine klare Anweisung hin erhoben sich die Männer und begannen, ihre Kleidung abzulegen. Casca stöhnte innerlich vor Erleichterung. Dieses Ungetüm von Beinkleid würde er erst wieder anziehen, wenn die Eisschollen den Rhenus hinunter trieben.
Blank und sichtlich von neuer Motivation durchströmt reihten sich die künftigen Rekruten an der vorgezogenen Linie auf. Casca gönnte sich einen prüfenden Blick über die Lenden seiner Schicksalsgenossen, erblickte nichts, was ihn nachhaltig beeindruckte und war somit ausgesprochen zufrieden mit sich. Egal, was der Optio weiter vorhatte, bei ihm war alles wo es hingehörte und dazu noch in tadellosem Zustand.
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Also warten. Casca nickte stumm. Selbstverständlich. Er hatte sowieso nichts Besseres vor. Ein gesteigertes Verlange, sich zu den anderen Aspiranten zu setzten, verspürte er nicht gerade, aber da der Fingerzeig des schmallippigen Optios ziemlich eindeutig war und ihm schon der Scriba in der Vorhalle von Mätzchen abgeraten hatte, entschloss er sich dann doch, auf einer der langen Bänke Platz zu nehmen. Die restlichen Bewerber waren Milchgesichter wie er selbst, bis auf einen, der eher aussah wie ein Veteran, der seinen Dienst zu verlängern gedachte. Ohne so recht zu wissen, warum - vermutlich, weil ihn der bärtige Kerl an Malleus erinnerte – setzte sich Casca neben ihn und wartete geduldig. Worauf auch immer.
Fünf potentielle Rekruten hatte der Optio Tabellarii nun vor sich sitzen. Gut möglich, dass er erst ein Contubernium voll machen wollte, bevor es weiter ging. Casca richtete sich schon mal auf einen langen Tag ein. Es war unverzeihlich blöd von ihm gewesen, an einem solchen Tag ohne Ientaculum aus dem Haus zu gehen. Dem unrasierten Burschen neben ihm würde so etwas sicher nicht passieren. „Salve, mein Freund ..“ flüsterte Casca leise zu ihm hinüber. „.. du siehst aus wie einer, der sich auskennt. Was meinst du, wird das heute noch was?“ Mit einer Antwort rechnete er gar nicht, es war nur ganz nett, sich mal wieder auszusprechen.
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Es war dann doch die dritte Tür links. Cascas allgemeine Anspannung, gepaart mit der angestrengten Vermeidung jeglicher Art von Mätzchen hatten sein Gedächtnis kurzzeitig lahmgelegt. Erst nach einigen tiefen Atemzügen der muffigen Luft waren Ruhe und Selbstvertrauen allmählich wieder zurückgekehrt. Völliger Blödsinn, nervös zu sein, sagte er sich, unentschlossen von Tür zu Tür starrend. Den ganzen langen Weg von Italia herauf war er nicht nervös gewesen. Kein einziges Mal. Überhaupt gehörte Nervosität gar nicht zu seinen Wesenszügen. Malleus hatte es ihm immer wieder eingeschärft: Augen auf, Ohren auf, Arschbacken zusammen, und im Zweifelsfall auf den Bauch hören. Also hörte Casca einfach auf seinen rumorenden Bauch und wandte sich der dritten Tür auf der linken Seite zu.
Mit einem dezenten Klopfen kündigte er sein Kommen an, trat dann ohne weitere Umstände ein und erblickte zu seinem Entzücken einen verdächtig nach Rekrutierungsoffizier aussehenden Optio, vor dessen Pult er sich sogleich zackig aufbaute. „Salve, Optio. Civis Octavius Casca meldet sich zur Truppe.“ -
Casca honorierte die knappe Auskunft mit einem ebenso liebenswürdigen wie sinnlosen Lächeln. Der Bursche würdigte ihn keines Blickes, dem hätte er auch die Zunge herausstrecken können. Lektion II an diesem denkwürdigen Morgen: Keine Mätzchen! Das leuchtete ein und kam ihm sogar entgegen. Ohnehin hatte er nicht die Absicht, den Wachhabenden in ein launiges Gespräch über die hiesigen Bierpreise zu verwickeln oder ihm eine getragene Melodei auf seiner Knochenflöte vorzutrillern. Keine Mätzchen also! „Verstanden!“ bestätigte er entschlossen. „Zum Rekrutierungsoffizier. Keine Mätzchen. Gratias ago.“
Mit hoch gerecktem Kinn und geschwellter Brust marschierte Casca zwischen den Wachen hindurch in einen langen Gang hinein. „Also, mal sehen, wie war das? Zweite .. nein .. dritte Tür. Rechts .. oder doch links?“ Das war schon alles recht aufregend, irgendwie.
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Die Principia zu verfehlen, stellte Casca erleichtert fest, war schlichtweg unmöglich. Auch wenn er im Vollrausch die breite und für diese Tageszeit bereits erstaunlich belebte Lagerstraße entlang getorkelt wäre, hätte er sich früher oder später den Schädel an den Mauern des zentral gelegenen Verwaltungsgebäudes eingerannt. Stocknüchtern wie er bedauerlicherweise war brauchte es nur einen kurzen Fußmarsch, in dessen Verlauf er sich schon ein erstes blasses Bild davon machen konnte, was er künftig zu erwarten hatte. Vor allem Gebrüll. Während die Bürger Mogontiacums jenseits der Mauern wohl allesamt noch damit beschäftigt waren, ihr Ientaculum zu verdauen, wurden im Castellum bereits die Einheiten lauthals herum gescheucht, als stünde ein Angriff der Chatti unmittelbar bevor.
Trotz dieser eher finsteren Aussichten hob sich seine Stimmung beim Betreten der hohen Vorhalle augenblicklich. Das hell getünchte ebenmäßige Gemäuer strahlte eine würdevolle Stille aus, in der die Römische Ordnung fast mit Händen zu greifen war. Um diese Ordnung zu schützen und zu verteidigen, war er hier. Unter anderem. Nur, wo genau sollte er damit anfangen? Der weitere Weg in die Tiefen der Principia wurde ihm von ernst dreinblickenden Wachsoldaten versperrt. Schon wieder Wachen. Überall Wachen. Wunderbar. Hier würde er vor vermeintlichen Bräuten und deren rachsüchtigen Familien garantiert seine Ruhe haben. „Ignosce ...“ versuchte er es höflich bei einem der Soldaten, den er für den Wachoffizier hielt. „.. mein Name ist Publius Octavius Casca. Ich möchte gerne der Legio Secunda beitreten. Bin ich hier richtig?“
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Ob es an der Tageszeit oder am widerwärtigen Wetter lag, konnte Cacsa nicht beurteilen, jedenfalls hatten die Wachen sichtlich Mühe damit, die Zähne auseinander zu bekommen, und als sich einer der beiden endlich zu einer Antwort herabließ, klang die auch nicht gerade nach einem warmen Willkommensgruß. Verwunderlich war das nicht, wahrscheinlich standen die beiden schon seit Tagesanbruch gelangweilt und fröstelnd in dieser milchigen Brühe herum. Mit stetig sinkender Laune betrachtete Casca ihre vom feuchten Nebel vollgesogenen Wollmäntel und die beschlagenen Lamellen der Loricae. Das würde irgendwann auch auf ihn zukommen. Das und gewiss noch weit Übleres.
„Verstehe..“ nickte er beklommen, „.. die Principia. Danke ..“ Kameraden wollte er schon sagen, besann sich aber gerade noch rechtzeitig. Da musste wohl noch viel Wasser den Rhenus hinunter fließen, bis diese gestandenen Legionäre ihn als Kameraden akzeptieren würden. „Danke, Soldaten. Dann schau ich mal, ob ich die Principia finde in der trüben Suppe. Einen schönen Tag noch. Die Sonne bricht sicher demnächst durch.“ Innerlich fluchend über sein dämliches Gewäsch stülpte sich Casca eine wild entschlossene Miene über und marschierte mit strammen Schritten auf das düster gähnende Lagertor zu.
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Noch bevor der Nebel den ersten Strahlen der Herbstsonne gewichen war, hatte Casca seine Handvoll Habseligkeiten zusammen gepackt und das Haus des Gerbers Sebald verlassen. Wie erwartet war sein Freund Malleus bislang nicht wieder aufgetaucht, was Casca gleichermaßen erleichterte und betrübte. Einerseits blieb es ihm so erspart, Malleus Begleitung erneut zurückzuweisen, andererseits hätte er sich schon gerne von ihm verabschiedet. Nun gut, jetzt war es wie es war. Bedauerlich zwar, aber auch nicht gerade dramatisch. Sie würden sich wiedersehen, Casca war nicht aus der Welt, er wechselte nicht einmal die Stadt, nur das Leben.
Tief eingemummt in seinen braunen Wollumhang ging er durch die dämmrigen friedlichen Gassen, immer nach Westen. Eine Wegbeschreibung brauchte es nicht, er musste nur dem Klang des Cornu folgen, der schwer und gespenstisch über die Giebel hallte. Vielleicht kam er ja gerade noch rechtzeitig zum Ientaculum. Grinsend über soviel übertriebenen Optimismus stapfte er weiter durch den morgendlichen Dunst und stand schließlich völlig unvermittelt vor zwei Wachsoldaten die wiederum vor dem Lagertor standen, das er im Nebel gar nicht wahrgenommen hatte.
„Ööh .. Salvete Legionarii.“ stammelte er ziemlich verdutzt. „Mein Name ist Octavius Casca. Ich komme, um mich zur Secunda zu melden.“ -
Die Zeit schritt fort, und während Casca und Malleus ihr Bestes gaben, um das üppige Mahl mit einer angemessenen Menge an Bier zu ehren, leerte sich die Taberna allmählich. Die massige Bedienung, Luitberga mit Namen, wie sie dem Süßholz raspelnden Veteranen inzwischen verraten hatte, ließ sich nur noch selten blicken, was Malleus geradezu zwang, noch mehr und noch schneller zu trinken, um seinen Plan von einem lauschigen Nacht zu dritt voranzutreiben. Casca konnte und wollte nicht mithalten. Beim Bier nicht und schon gar nicht bei dem, was sein väterlicher Freund da hartnäckig anzuleiern versuchte. Das Besteigen dieser nordischen Eiche stellte für Malleus offensichtlich eine unwiderstehliche Herausforderung dar, für Casca dagegen war der morgige Tag schon Herausforderung genug, und er hatte nicht vor, den Weg zum Legionslager auf allen Vieren zurückzulegen. Natürlich war ihm völlig klar, dass sich eine derartige Gelegenheit so schnell nicht wieder ergeben würde, aber das konnte ihm letztlich nur recht sein. Gelegenheiten wie diese hatte er schon zu oft wahrgenommen. Viel zu oft.
Je bierseliger Malleus vor sich hin grinste, desto ernster wurde sein Schützling. Vielleicht war es für alle Beteiligten das Beste, wenn der entflammte Haudegen die Nacht tatsächlich bei Luitberga verbrachte. Lange Abschiede, und seien sie auch nur auf Zeit, hasste Casca fast noch mehr als die Aussicht auf all die überstürzten letzten Ratschläge, die Malleus ihm bis zum Morgen zweifellos noch würde angedeihen lassen. Abgesehen davon war er lange nicht mehr mit sich alleine gewesen, und das brauchte er hin und wieder.
Als Luitberga an den Tisch stapfte, um eine erneute Bestellung entgegen zu nehmen, winkte er träge ab. „Danke, ich hab genug. Was bin ich schuldig?“ Malleus, eben noch versunken in Luitbergas stahlblaue Augen, fuhr entgeistert herum. „Moment mal! Langsam! Was heißt hier genug? Wir drei haben doch noch was vor! Nicht wahr, meine Hübsche?“ Luitberga sagte nichts dazu. Musste sie auch nicht. Die blasse Röte, die sich auf ihren Wangen ausgebreitet hatte, war beredt genug. Malleus hatte sein Ziel wieder einmal erreicht. „Ohne mich.“ seufzte Casca mit wissendem Lächeln. „Ich bin viel zu vollgefressen für anspruchsvolle Leibesübungen. Nichts für ungut, Luitberga. Außerdem muss ich morgen früh raus.“
„Na und?“, protestierte Malleus, „Ich auch. Das ist doch noch lange kein Grund ..“
Casca ahnte da etwas. „Wieso du?“ Malleus schien die Frage zu belustigen. „Na, ich komm natürlich mit zum Lagertor, was denkst du denn? Kann dir nur nützen, von einem verdienten Veteranen begleitet zu werden.“ Cascas Ahnung hatte sich bestätigt. Kam überhaupt nicht infrage! Wie würde das denn aussehen! „Das lässt du schön bleiben!“ beeilte er sich, Malleus Enthusiasmus zu bremsen, „Damit ich dastehe wie ein Depp, der ohne die stützende Hand seiner alten Glucke nichtmal geradeaus pinkeln kann? Vergiss es!“Unter anderen Umständen hätte Casca für diesen Ausspruch höchstwahrscheinlich eine saftige Maulschelle kassiert. Angesoffen und generös, wie er momentan war, beließ es Malleus allerdings bei einem tadelnden Knurren. Ist doch wahr, dachte sich Casca mit aufkeimendem schlechten Gewissen, irgendwo muss ja mal Schluss sein. Leicht geknickt packte er seinen Geldbeutel auf den Tisch und wiederholte die Frage nach dem zu zahlenden Betrag. Luitberga begann nachzurechnen, kam aber zu keinem Ergebnis, weil ihr Verehrer plötzlich fauchend vom Stuhl aufsprang. „Hab ich dir was getan, du undankbarer Wurm, oder warum beleidigst du mich? Wenn ich dich einlade, bezahl ich auch! War das schon mal anders?“ Dass Malleus ihn eingeladen hatte, war Casca zwar entgangen, auf eine Diskussion wollte er sich deswegen aber auch nicht einlassen, also quittierte er das Angebot mit einem versöhnlichen Lächeln. „Danke, Malleus.“ Zufrieden brummend ließ sich der grauhaarige Bär wieder auf den Stuhl plumpsen. „Ach was, gern geschehen. Na gut, dann schieb ab, du Schwächling. Ich komm später nach. Den Rückweg wirst du ja wohl alleine finden, nehm ich an.“ Casca nickte beherrscht. Er kannte Malleus. Der würde so schnell nicht nachkommen, nicht so lange Luitberga noch zu Atem kam. Vielleicht trudelte er bis zum Ientaculum im Haus seines Bruders ein, vielleicht aber auch nicht.
„Nun gut ... dann will euch Turteltäubchen nicht länger stören.“ grinste Casca mit bemühter Heiterkeit. „Wir sehen uns.“ Dann schnappte er sich schnell seinen Mantel und strebte eilig der Tür zu. Mit einem Fuß bereits in der kalten Herbstnacht drehte er sich doch noch einmal um. „Ähm .. Malleus .. nochmal danke. Für alles.“ Der Veteran hob langsam die Hand zum Gruß und ließ sie anschließend lachend auf Luitbergas pralles Hinterteil klatschen. „Du wiederholst dich, Kleiner. Bis repetita non placent, so sagt man doch, oder?“ Ja, so sagte man. Nach einem letzten Blick auf das imposante Paar trat Casca auf die nächtliche Gasse hinaus. Eigentlich, musste er zugeben, passten Malleus und Luitbergas sogar recht gut zusammen. Titanen wie sie waren sicher in der Lage, Götter zu zeugen. Oder zumindest Zugochsen. -
„Ja, leck mich doch ..“, entfuhr es Malleus entzückt beim Studium der ausgelegten Speisekarte. „.. am liebsten würd ich gleich die Tabula fressen! Und wies hier duftet! Prächtige Burschen, die Torwachen, ganz hervorragende Empfehlung!“ Dem konnte Casca nur beipflichten. Sein verschollen geglaubter Appetit war ihm schon beim Betreten der schmucken Taberna mit wütendem Knurren in die Eingeweide gefahren und gurgelte nun in süßlichen Speichelströmen hinter seinen Backenzähnen hervor. Malleus hatte einer alten Angewohnheit folgend zielstrebig den Tisch direkt neben dem Durchgang zur Coquina angesteuert, was zur Folge hatte, dass ihnen die elysischen Wohlgerüche betörend unverfälscht und ungefiltert in die dampfenden Nüstern drang.
„Fisch, Huhn, Räucherfleisch, Lucanicae und so ..“ zählte Malleus begeistert auf, „Donnerwetter! Willst du nicht doch was essen?“ Casca schluckte gequält. Und ob er das wollte. Definitiv. Seit Tagen, ach was, seit Jahren hatte er nichts Anständiges mehr in den Schlund bekommen, zumindest kam es ihm so vor. „Bestell was.“ röchelte er durch die überspülten Zähne. „Egal was, aber mach schnell.“
Feixend legte Malleus die Tabula beiseite und sah sich nach der hünenhaften Servierjungfer um, die mit den zahlreichen Gästen alle Hände voll zu tun hatte. „So ists recht, Kleiner. Ne solche Auswahl kriegst du so schnell nicht wieder. WIRTSCHAFT!“
Mit funkelnden Schweißperlen im hellblonden Bartflaum und einem furchteinflößenden Lächeln auf den wulstigen Lippen stampfte die muskulöse Germanin schnaufend an den Tisch. „Den Fisch, das Huhn und einen großen Krug Bier. Für mich das gleiche, aber mit Schafskäse vorneweg.“ Das Lächeln der Bedienung wurde etwas schief. „Alles auf einmal?“
„Nee, über die nächsten vier, fünf Tage verteilt.“ entgegnete Malleus mit einem belustigten Kopfschütteln. „Natürlich alles auf einmal! Wir haben Hunger.“Ganz wie bestellt schleppte die Riesin das Mahl dann auch herbei. Zwei mal Fisch, zwei mal Huhn, Schafskäse, Brot, Gemüse, alles zusammen auf einem breiten Holzbrett angerichtet. Für die Getränke blieb da kein Platz mehr, also mussten die Krüge auf einem leeren Stuhl abgestellt und das Ganze systematisch angegangen werden. Zuallererst machten sich die beiden über Fisch und Gemüse her. Huhn schmeckte zur Not auch kalt. Die Gelegenheit allerdings, gänzlich abzukühlen, bekam das Geflügel gar nicht erst. Schließlich musste auf dem Tisch Platz für die Bierkrüge geschaffen werden. Nachdem auch die letzte Fischgräte abgelutscht war, begannen sich Casca und Malleus schmatzend und schnaubend durch das zarte helle Hühnerfleisch zu arbeiten, immer wieder gestreift vom faszinierten Blick der vorbei eilenden blonden Athletin. „Ich glaub, die hat was für uns übrig.“, raunte Malleus zwischen zwei Bissen, „Da könnte man später sicher noch einen Stoßtrupp organisieren, was meinst du?“ Casca tat sein Entsetzen mit einen lauten Rülpser kund. Allein die Vorstellung trieb ihm schon den Schweiß auf die Stirn. „Bist du lebensmüde? Die lässt nichts mehr von dir übrig!“ Malleus wischte diese Prognose mit einer lässigen Armbewegung beiseite. „Pah! Unfug! Was glaubst du, warum man mich den Hammer nennt?“ Da kam sie schon wieder, so grazil wie ein Zugochse, nur breitschultriger.
Während sich der in Wallung geratene Begleiter an einer galanten Konversation versuchte, vertilgte Casca stöhnend die Reste seines Huhns und streckte dann die Finger zwischen Gräten, Krumen und Knochen hindurch nach dem Schafskäse aus. Der verstohlene Vorstoß blieb jedoch nicht unbemerkt. Malleus hatte auch am Hinterkopf Augen. „He! Pfoten weg! Das ist meine Vorspeise! Bestell dir selber was!“ Keine schlechte Idee, fand Casca, nur war er mittlerweile zu faul dazu, kostete es ihn doch schon erhebliche Energie, Krüge und Becher auf den mittlerweile nahezu leergefressenen Tisch zu hieven. Nach dem ersten tiefen Schluck Bier stellte er verwundert fest, dass es ihm recht gut gefiel in Mogontiacum. Bis jetzt jedenfalls.