Beiträge von Tiberius Helvetius Faustus

    Ich muss sagen es war schon ein merkwürdiges Gefühl, als Erwachsener Mann, mit einem Kind, in einem Ratespiel zu konkurieren, wo dieses nicht einmal in einer verwandschaftlichen Beziehung zu mir stand. Trotz allem war ich neugierig wie die kleine Claudia sich weiter verhielt und was für ein Geschenk es war. Zudem interessierte mich, wieso ich überhaupt ein Geschenk erhalten sollte. Ich war schließlich fast am Ende meiner Liktorenzeit, da die Amtszeit als Praetor Urbanus von Claudius Menecrates sich dem Ende neigte. Als Scriba war beschäftigt zu sein, war zwar eine ehrbare Arbeit aber keine besondere, wieso sollte ich also von meinem Dienstherrn beschenkt werden? Zweifellos eine Ehre, doch wozu das Grübeln, ich würde abwarten.

    Ich war überaus Dankbar dafür, dass der Imperator meine Anwesenheit duldete. So stand ich in sehr gebührenden Abstand und verfolgte mit einer griffbereiten Tabula aufmerksam das Gespräch, schließlich ging es auch um meine Zukunft.
    Jetzt hoffte ich auf zwei Dinge, erstens, dass der Kaiser mich irgendwann eines Blickes würdigte und ich ihn grüßen konnte. Nicht, dass ich ihm verübelt hätte wenn er es nicht machte, schließlich konnte er bei all seinen Audienzen, nicht jeden in dem oft endlos langen Schwanz des Gefolges eines Geladenen begrüßen und ich gehörte nun wirklich zu den aller niedrigsten.
    Zweitens hoffte ich darauf, dass mein Dienstherr eine ihm angemessene Stelle erhielt. Hier in Rom wäre es zur Zeit am sinnvollsten, denn Claudius Menecrates ging die Familie über alles. Einen so effektiven und gewissenhaften Mann, konnte der Kaiser nach meiner bescheidenden Meinung überall verwenden. Soviel wie ich in Akten gewühlt hatte, konnte ich behaupten viele Stellen waren offen und zu besetzen.
    Besonders schlimm fand ich die Situation beim Militär. Nach meiner Meinung und ich war bei Leibe kein Experte, hätte dieser Aufstand nie entflammen dürfen, wenn eine sorgsame Meldekette eingerichtet worden wäre. Gab es diese denn nicht? Eigentlich war es für mich normal, dass es diese bei der Struktur des Militärs gab, denn wenn es eine Befehlskette gab, musste es doch auch umgekehrt funktionieren. Ich blieb dabei, es war mehr als nur geschlampt worden, grobe Fehler wurden gemacht.
    In meinen Augen war der Claudier der richtige um die CU wieder einwandfrei zu organisieren, nur ich wusste nicht ob er diesen Posten einnehmen konnte, welche Voraussetzungen es dafür gab.

    Durch ein unmerkliches Kopfnicken, gab ich Claudier zu verstehen, dass ich ihn verstanden hatte. Nicht nur ein Geschenk, nein gleich zwei, ich war überrascht.
    Eine nicht einfach zu lösende Aufgabe. Zwei Geschenke, die nach meiner Meinung gleich sein mussten, denn Claudius Menecrates würde niemals in Kauf nehmen, dass seine Nichte in irgend einer Weise enttäuscht wurde. Es musste in einer Hand passen. Ich hatte mir zwar vorgenommen, wenn irgend möglich, zu verlieren, doch ich stellte fest, wenn man nicht wusste was zu erraten war, würde es nicht so leicht werden.
    Schon lies sich Sisenna locken und ablenken und aus ihrem Zustand herausreißen. Ich freute mich für sie aber auch für ihren Onkel und hoffte inständig, dass dieses Geschenk nicht nur freute sondern auch ablenkte.
    Ihre Antworten gefielen mir und ich musste unwillkürlich schmunzeln. Normalerweise wenn es nur für mich gewesen wäre, hätte ich gesagt ein Beutel mit ein paar Sesterzen, doch so...ein Ring, aber war der für die Kleine etwas besonderes? Ein anderes Schmuckstück, doch was sollte ich damit?
    Schon kam ihre Antwort, nicht schlecht ein Fische gab es zahlreich und sie hatten die unterschiedlichsten Größen. Sie zielte also darauf ab, mit dem erraten der Größe, möglichst nahe an das zu erratenden Geschenk heran zu kommen.
    Ich hob gespielt die Augenbraue an und maß sie und ihren Onkel mit einem abschätzenden Blick,
    vielleicht ein Ring?
    Diese in Frage gestellte Antwort, kam dann aber vollkommen emotionslos von mir.

    Meine Arbeit hatte ich wie aufgetragen verrichtet und überlegte mir gerade, ob ich nicht doch nochmals nach meiner Sklavin suchen sollte. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Mania gemeinsame Sache mit den Aufständischen gemacht hatte. Nur die Frage war, wo sollte ich sie suchen? Mit dieser Frage noch beschäftigt, trat ein Sklave auf mich zu und teilte mir mit, Claudius Menecrates würde mich im Peristyl erwarten. Ich mochte diesen Bereich der Villa sehr, ich liebte das Licht- und Schattenspiel welches im Säulengang die Lichtverhältnisse immer wieder wandelte. Warum ich aber gerade dort erwartet wurde konnte ich mir nicht erklären. Es gab bestimmt noch ein Schreiben was dringend erledigt werden muss, dachte ich mir.
    „Du hast noch einen Auftrag für mich?“
    Eine Tabula und Stilus hatte ich mir noch schnell gegriffen, bevor ich zum Säulengang ging. So stand ich in schreib fertiger Haltung und schaute den Prätor erwartungsvoll an.

    Nun, was sollte ich antworten? Wer wenn nicht Menecrates außer dem der eingeladen hatte und das war der Kaiser gewesen. Woher sollte ich wissen warum man zu Kaiser geladen wurde? Für diese Frage gab es bestimmt weit bessere Ansprechpartner. Es hörte sich so an, dass der Claudier schon oft hier gewesen wäre. Jas sicher er war ja nicht nur Patrizier und Senator, sondern bekleidete immer wieder ein Amt, zu letzt Praetor Urbanus.
    Diese Frage kann ich dir wirklich nicht beantworten, ich stehe heute zum ersten Mal hier und weiß gerade nicht wie mir geschieht.
    Nicht nur unterwegs, schon vorher in der Villa Claudia hatte ich über diese Frage nachgedacht.
    Ich hörte der Kaiser hat dich sogar zu Hause besucht, dann kennst du ihn vielleicht näher? Oder hängt es mit dem Amt des Prätors zusammen?
    Sonst konnte ich mir nichts Vorstellen, außerdem war ich viel zu aufgeregt um jetzt darüber nachzudenken. Es mochte ja sein, dass dies nicht für jeden etwas besonders war, für mich schon. Woher sollte ich wissen ob ich dem Kaiser jemals wieder so nahe sein würde. Es war einfach ein Festtag für mich.

    Meine Frage nach der weiblich steuernden Hand des Claudischen Haushaltes wurde schon bald beantwortet. Es war die Verlobte des Flavieres, welcher dieser gerade nach Hause gebracht hatte. Jetzt hatte ich drei selbstbewusste Frauen des Haushaltes kennengelernt, diese hier, war wohl die pragmatische. Sie übernahm gleich ihre Aufgabe mehr noch, mir schien sie übernahm kurz das Kommando. Sie stellte Fragen, auf die bisher keiner gekommen war, zumindest war mir nichts bekannt davon. Es waren aber wenn ich es mir richtig überlegte sehr wichtige Fragen. Jeder der einen Betrieb hätte, würde sich diese stellen. Ich selber auch, wenn etwas falsch auf meinem Gut laufen würde, begännen meine Nachforschungen. Hatte das hier jemand gemacht, denn alles hatte doch vorher darauf hingewiesen, dass etwas im Argen lag, etwas falsch lief, sich etwas zusammen braute.
    Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und mischte mich in das Gespräch ein.
    Verzeihung wenn ich mich ungebeten einbringe. Es muss der CU doch bekannt gewesen sein, auch den CP, die laufen, wie ich hoffe, doch nicht mit geschlossenen Augen durch die Stadt. Selbst mir, der erst so kurze Zeit in Rom lebt, ist es aufgefallen. Ich hörte von den vermehrten Morden, las die Aufrufe an die Sklaven an den Wänden und erzählte dem Prätor davon.
    Den Patrouillen dürfte dies nicht entgangen sein, sie mussten davon und von vermehrten Mordfällen doch Meldung gemacht haben.

    kurz überlegte ich, ehe ich fortfuhr.
    Ich habe keine militärische Ausbildung, dennoch ist für mich logisch, dass da eine Meldepflicht besteht. Ich erwarte ja, nein ich verstehe es als die Pflicht meiner Arbeiter, dem Verwalter oder mir sofort Unregelmäßigkeiten zu melden. Beim Militär wird bestimmt noch strenger darauf geachtet oder?
    Fragend schaute ich in die kleine Runde.
    Wenn jetzt Spiele anstehen, dann wären doch bei Kenntnis von diesen Dingen verstärkte Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Für mich liegen die Fehler eindeutig beim Militär und da muss nachgeforscht und der verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. Was ist da eigentlich los? Zuerst der Vorfall mit dem Germanicer und jetzt das. Wie ich bei meinen Nachforschungen in der Castra erfuhr war dafür der Tribun Aulus Iunius Avianus zuständig. Hat der nichts unternommen?
    Doch verzeiht es sind nur die Gedanken eines einfachen Mannes, wie sie sich bestimmt vielen Römern aufdrängen werden.

    Über mich selber verwundert, wenn nicht sogar ein wenig erschrocken zog ich mich zurück.

    Ich lachte kurz auf,
    also nein, ich bitte dich, ich und Senator, das passt nicht zusammen. Ich meinte auch nicht direkt die Arbeit eines Curators, ich dachte dabei an eine Art Gehilfe, denn er wird ja nicht alles alleine machen. Aber vergiss es, dass würde ja bedeuten ich müsste die Stelle bei dir aufgeben.
    Wieder begann ich die Wanderung, durch den Arbeitsraum. Erschrocken hielt ich plötzlich ein.
    Entschuldige bitte, oft kann ich besser beim gehen nachdenken. Zu Hause rannte ich zwischen den Feldern umher. Doch bitte sage mir, was hindert dich daran ein Consulat an zu streben? Wer wenn nicht du, mit deinem großen Erfahrungsschatz, sollte dafür geeigneter sein?
    Nach kurzem zögern fügte ich hinzu,
    ja an diese unverschämten Verleumdungen erinnere ich mich und wenn du erlaubst meine Meinung dazu ist zwiespältig. Solltest du dich zur Wahl stellen, wird das wieder aufgenommen werden um deine Wahl zu verhindern. Wenn du aber dagegen angehst und der Verleumder so verschlagen ist wie ich vermute, wird er versuchen, es möglichst lange hin zu ziehen. Die dritte Möglichkeit ist, er wartet bis du ein neues Amt inne hast und beginnt sein Spiel von vorne.
    Ich war fest davon überzeugt, dass der, der da am Werke war, immer weiter machen würde, dabei aber schlüpfrig wie eine Qualle war.
    Bitte mach dir keine Sorgen um mich, ich habe keine hohe Ziele. Ich will nicht hoch hinaus, außerdem bin ich trotz meines Alters zu unerfahren, denn schließlich kam ich nur aus meinem heimischen Loch, weil ich ein wenig mehr von der Welt sehen wollte. Dass ich, das Glück hatte, bei dir unterzukommen, ist mehr als ich je erwartet hätte.
    Dankbar und zufrieden nickte ich.

    Ich schüttelte mit dem Kopf,
    nein ich glaube Sallii und Factiones liegen eher weniger in meinem Interesse.
    Nur so wirklich weiß ich nicht wozu meine Fähigkeiten wirklich reichen. Auch habe ich Landei keine Ahnung welche Vorbildung man für gewisse Aufgaben oder Ämter besitzen muss. Ich habe schließlich nur die einfachen oder sagen wir die normalen Grundlagen in Schreiben, Lesen und grundlegendes Rechnen erhalten. Die Zeit die die Söhne von Patrizier oder reichen Erben für Wissenschaftliche Ausbildungen oder anderen wie etwa, philosophia Epicuri, Medicinae, Architecturae, Rhetorik, hatte ich nie.

    Nachdenklich, vergessend wo ich mich befand, wanderte ich durch den Arbeitsraum des Claudiers. Schließlich blieb ich stehen und schaute meinen Arbeitgeber an. Es war zu freundlich von ihm mich nach meiner Meinung, mehr noch, nach meiner Vorstellung zu fragen.
    Ich kann dir nur sagen welche Aufgaben mich interessieren würden, ob es da für mich Möglichkeiten gibt entzieht sich meiner Kenntnis. Es sind die Aufgaben von Curatoren. Des Curator viarum, Curator aquarum, Curator aedium sacrarum et operum locorumque publicorum, Curator alvei Tiberis. Bei ihren Aufgaben kann ich sehen worum es geht, also sehen, vergleichen und beurteilen. Bei anderen Arbeiten geht es oft nur um rein theoretisches, ich bin halt auch ein Praktiker.
    Jetzt hoffte ich nur, dass ich mich verständlich ausgedrückt hatte und Claudius Menecrates wusste was ich meinte.

    Salve,
    grüßte ich etwas verwirrt, weil der Claudier mir selber die Türe öffnete, blieb aber trotz des Angebotes mich hinzusetzen stehen. Ich mochte nicht ständig nach oben schauen, aber noch weniger, dass auf mich herabgesehen wurde.
    Gedankenaustausch also, dachte ich. Kam jetzt das Thema was ich schon länger auf mich zukommen sah? Richtig, da war es schon. Meine Hoffnung war aber noch immer Scriba war ich doch noch oder? Sollte ich den Posten jetzt auch verlieren?
    Die Fragen die Claudius Menecrates mir stellte, halfen mir jedoch irgenwie Mut zu fassen. Natürlich hatte ich keine Pläne für die Zukunft, auch wenn ich wusste, Liktor wäre ich nur für eine begrenzte Zeit.
    Mir hat die Arbeit sehr gefallen, vor allem weil es nicht nur Schreibarbeit war. Zudem habe ich auch eine Menge gelernt. Nein, ich möchte nicht für einen anderen Magistraten arbeiten. Natürlich kannst du jederzeit mit meiner Unterstützung rechnen.
    Nach einer kurzen Gedankenpause seufzte ich, bevor ich zögernd begann.
    Ich kann verstehen wenn du jetzt keine Verwendung mehr für mich hast. Gleich Morgen werde ich die Villa verlassen.
    So nun war es raus. Irgendeine Arbeit würde ich schon finden, im Notfall konnte ich dann noch immer zurück auf mein Landgut.

    Es war schon merkwürdig, mit dem Arbeitgeber unter einem Dach zu leben. Bei jedem anderen hätte ich gedacht, der will mich Tag und Nacht griffbereit haben und mich ausnutzen. Hier jedoch hatte ich ein sehr schlechtes Gefühl. Die arbeit war weit weniger geworden und ich wohnte und aß hier in der Villa Claudia. Wie konnte ich es anfangen ohne die Gastfreundschaft zu verletzen und Claudius Mencerates zu beleidigen, das Problem aus der Welt zu schaffen?
    Gerade dachte ich wieder einmal darüber nach als es klopfte und ein Sklave mich bat zum Arbeitsraum von Claudius Menecrates zu kommen. Endlich es gibt es was zu tun, schon stand ich vor seiner Türe und klopfte an.

    Den Prätor, so wie er gerade in seinem Atrium stand, konnte ich nur noch bedauern. Binnen kürzester Zeit füllte sich dieses mit Menschen um die er sich zu sorgen verpflichtet fühlte. Eben noch war er, nebst den Pulk Anhang, um den er sich bestimmt genauso gesorgt und gekümmert hatte, den Aufständischen entkommen und jetzt war er erneut in der Pflicht.
    Seine eben ein wenig lauter werdende Stimme, was sollte er sonst auch machen um sich Gehör zu verschaffen, hatte es geschafft, dass man ihm zuhörte.
    Ich nickte ein verstehend,
    danke gerne nehme ich das Angebot an, wenn ich etwas tun kann, bitte sage es mir.
    Seine Entscheidung war nicht mehr als wie richtig, hatte ich nicht selber die Situation vollständig unterschätzt und eben noch selber erfahren, was für ein tödlicher Leichtsinn es war, alleine durch die Straßen Roms zu laufen. Nein es sollte möglichst keiner sein Haus verlassen. Nicht nur hier sondern in ganz Rom.
    Meine Wohnung zu verlieren würde ich schon verschmerzen, Mania musste sich dann eben alleine durchschlagen. Für sie als Sklavin war es leichter, ich hätte wieso keine Chance uns zu beschützen. Wenn sich alles beruhigt hätte würde ich nach ihr sehen.
    Ja und das Angebot hier in der Villa zu wohnen würde ich auch annehmen.
    Ich überlegte mir als ich so in die Runde schaute, wie viele von den hier Anwesenden gehörten wohl zum Claudischen Haushalt und wie viele mochte es noch geben?
    Ich, der es gewohnt war, alleine im Haupthaus auf meinem Gutshof zu leben, Sklaven natürlich nicht mit gerechnet, denn der Verwalter und seine Familie wohnten in ihrem eigenem Haus, war ganz fasziniert von der Vorstellung, in Zukunft in einem solchen großen Haus mit so vielen Menschen zusammen zu leben.

    Aufmerksam hatte ich das Gespäch zwischen dem Prätor und seinem Gast, dem Senator Gaius Octavius Victor verfolgt.
    Schnell ergriff ich eine Wachstafel und schrieb aus dem Gedächtnis heraus die Anklagepunkte und alles relefante zu dem Fall auf.


    "Die Verhandlung Tiberius Aquilianus Privatus u. Numerius Apustius Carbonius vs. Nero Germanicus Peticus ist hiermit eröffnet.
    Gegenwärtig: Iudex Prior: Herius Claudius Menecrates.
    Die Anklage lautet auf:
    §76 Körperverletzung
    §81 Nötigung und Bedrohung
    §83 Beleidigung
    §84 Üble Nachrede
    §85 Sachbeschädigung
    §114 Amtsanmaßung.


    Erschienen:
    Die Kläger, vertreten durch Advocatus Caius Flavius Scato,


    Nicht erschienen und durch niemand vertreten: Der Beklagte."
    "Dem Gericht liegt ein Brief des Beklagten vor, gezeichnet von seinem Advocatus."


    Abwartend mit der Tabula in der Hand schaute ich den Prätor an.

    Was war los? Wieso brauchte Appius Curtius Lamia so lange? Aus den Augenwinkeln sah ich, wie einer der Opferhelfer unruhig wurde. Die Füße von einem anderen scharrten nervös auf dem Boden. Ein Blick auf die Gläubigen sagte mir, dass es denen nicht besser ging. Die Zeremonien waren doch vorschriftsmäßig abgehalten worden, überschlug ich in Gedanken das gewesene.
    Die Kessel standen auf dem Feuer und warteten auf das Abkochen der inneren Organe. Da, endlich erklang das befreiende "Litatio!" von Curtius Lamia. Ein etwas lauteres hörbares ausatmen kam bestimmt nicht nur von meiner Seite. Fast alle Anwesenden hatten wie erstarrt auf das erlösende Wort gewartet.
    Jetzt begann die Arbeit, die Organe wurde separat für die Götterspeisung gekockt und vorbereitet. Das Fleisch der Opfertiere musste in Muskelstücke zerlegt werden, damit diese später, nachdem sie gegart waren, in kleine Portionen aufgeteilt wurden.

    Das Angebot des Prätors, zukünftig in der Villa Claudia zu wohnen, kam so überraschend, dass ich es kurz überdenken musste, schließlich hatte ich eine Wohnung und eine Sklavin die für mich sorgte. Natürlich hatte ich nicht vergessen, dass die Amtszeit des Praetor Urbanus sich leider dem Ende neigte. Von meiner Seite hätte sie noch wesentlich länger dauern können. Ich fand die Amtszeit wäre zu kurz, dies nicht nur weil ich sie sehr interessant fand, nein es gab noch viel zu tun. Nach der Amtszeit hier zu wohnen ist eine gute Idee, wie ich nach kurzem Nachdenken feststellte.
    Meiner Antwort im Augenblick enthoben, da die Aufmerksamkeit von Claudius Menecrates durch den Eintritt einer wunderschönen jungen Frau abgelenkt wurde. Silana war ihr Name, sie war bestimmt einer der Enkeltöchter. Noch mit dem Beobachten der Szene beschäftigt trat Marco mit einem Mädchen auf seinen Armen ein. Noch während er dem Familienoberhaupt seine Nachrichten übermittelte und die Kleine auf einen Korbsessel niederließ, trat ein junger Mann, in etwa meinem Alter ein. Es musste ein Sklave sein. Langsam tat der alte Herr mir leid, dieser Tag, mit seinen übereinander stürzenden Ereignissen, nahm für ihn ja gar kein Ende.
    Schon bereute ich meine Anwesenheit und zog mich ein wenig in den Hintergrund, dass waren alles Familienangelegenheiten, hier hatte ich nichts zu suchen, wie ich fand.

    Kurz blickte ich in meinen Weinbecher,
    weiß du vor einem Jahr, wäre es mir ach nie in den Sinn gekommen, mich zwischen Akten zu sehen. Doch meine Arbeit ist weit interessanter, ich lerne etwas über unsere Gesetze, dazu verfolge Hinweise auf Fragen des Prätors. Hinzu kommt ich bin ja auch noch Liktor und werde ihn bestimmt von Fall zu Fall zu wichtigen Terminen begleiten. Soviel wirkliche Schreibarbeit habe ich bisher noch gar nicht verrichtet.
    Inzwischen war mein Weinbecher leer, suchend schaute ich mich nach der Bedienung um, fing ihren Blick ein, hob meinen Becher hoch und zeigte zwei Finger hoch mit der anderen Hand, sie nickte mir verstehend zu.
    Was mir jetzt noch fehlt, ist ein wenig Kampferfahrung,
    ich schüttelte mit dem Kopf,
    nein richtig gesagt, mehr Ahnung von Selbstverteidigung. Zu Hause haben wir ein wenig mit Stöcken gespielt, du weißt schon, so getan als ob, aber das waren nur Spiele, keine ernstzunehmende Übungen. Na ja es wird sich vielleicht irgendwer finden der es übernimmt, mir das einzubläuen,
    lachte ich. Bevor ich mir ein Stück Taubenfleisch in den Mund steckte, fragte ich noch
    und nun erzähle du was macht ihr noch besonders als Kampfübungen, Wache stehen und durch die Straßen Roms zu rennen.
    Es sollte nicht respektlos klingen, denn ich war froh, dass es die Soldaten gab, die ein friedliches Miteinander gewährleisteten.

    Ich konnte mir vorstellen, dass sich die meisten der hier Anwesenden, genauso wie ich selber, dem Gebetsinhalt anschlossen. Ebenso erahnte ich, was in dem Opferherrn vor sich ging, als er es sprach. Einige Augenblicke wartete ich noch, um die Worte des Gebetes nachklingen zu lassen.
    Nun kam meine Aufgabe und ich merkte wie Nervosität in mir hoch kam.
    Laut an den Prätor gewandt, stellte ich die Frage,
    Agene?
    Seine Antwort war wie erwartet "Age!"
    Die Ruhe der Tiere war Beispiellos. Nach kurzem zögern fuhr ich dem Rind mit der linken Hand den Rücken entlang und entschied mich, ohne den Hammerschlag zu arbeiten. Schnell hatte meine kundige Hand die Halsschlagader erspürt, in einer ruhigen gleitenden Bewegung stach mein Opfermesser in sie hinein und glitt danach den Hals entlang.
    Das Rind war von der Handlung bestimmt so überrascht worden, oder seiner Wichtigkeit bewusst, dass es nicht ausschlug und nur wenig zuckte.
    Das Blut schoss sofort heraus. Auch wenn es oft gerne gesehen wurde, dass das Blut in einer Fontäne weit herausspritzte, hatten wir uns für eine gemäßigtere Form entschieden. Decimus Rubrius Lucanus stand mit seinen Schalen bereit und fing das reichlich fließende Blut auf.
    Gleich darauf schritt ich zum Schwein, was auch gut so war, denn es fing an unruhig zu werden. Auf meinem Wink hin nahm Paullus Suetonius Magianus den Hammer und gab den Tier einen betäubenden Schlag. Mit einem Halsschnitt trennte ich es von seinem Leben. Sein Blut wurde von Rubrius Lucanus ebenso aufgefangen. Wir warteten bis das Rind ausgeblutete war. Die Helfer lösten dann Ketten und Seile und sorgten dafür, das es auf seinem Rücken zu liegen kam. Nach einem Bauchschnitt wurde das Tier zerteilt.
    Genauso verfuhren wir im Anschluss daran mit dem Schwein.

    Die Opferungen mit den Darreichungsgebete waren beendet und der Opferherr hatte den Vorplatz betreten. Die Köpfe Opfertiere blickten noch immer zum Altar. Ich meinte die Konzentration von Pitholaus Tachos auf die Bekämpfung ihrer Ängste der Tiere zu spüren. Lauten unterstützten nun den Klang der Doppelpfeifen.
    Der Opferherr hatte seine Vorbereitung und die mola salsa abgeschlossen. Der Schmuck der Tiere war entferntworden und mein Teil der Opferzeremonie begann.
    Mit vorsichtigen Bewegungen, um die Tiere nicht zu beunruhigen und die Ruhe des Opfers zu stören, näherte ich mich den Tieren und zog mit dem Opfermesser einen symbolischen Strich vom Kopf bis zum Schwanz des Rindes. Das Gleiche vollzog ich bei dem Schwein. Abwartend senkte ich das Opfermesser.

    Salve Claudius Menekrates, ich hörte mit Freuden, dass du und deine Familie wohlbehalten zu Hause angekommen sein.
    Die freundliche Geste des Prätors brachte mich bevor ich auf seine Frage antwortete, ein wenig in Verlegenheit. Hatte ich den älteren Herren doch gerade in seiner wohlverdienten Ruhe gestört. Obwohl aus seiner nachfolgenden Frage konnte man die Sorge um Rom heraus hören.
    Nun drücke es einmal so aus. In Anbetracht des eben erlebten, finde ich es doch leichtsinnig sich freiwillig auf die Straße zu wagen. Doch es reut mich nicht, trotz das ich vorhin, ich gebe zu Angst hatte und das letzte Stück des Weges rannte. Gerade so entkam ich einem Angriff, wurde eine Strecke bis zur Villa verfolgt ehe nach kurzer Zeit erneuter Kampflärm erklang, der sich langsam der Villa nähert. Ob ich zu Hause sicherer gewesen wäre weiß ich nicht, denn Nacht den Feuern die ich sah und Gerüchten welche ich hörte wage ich es zu bezweifeln. Die Villa Tiberia soll abgebrannt sein, Helvetier und Annaear scheint es auch erwischt zu haben, wie Stark und was genau weiß ich nicht wirklich. Von Raub, Mord und Vergewaltigung überall ist die Rede.
    Nachdenklich machte ich eine Pause.
    Dem Aufruf auf dem Plakat, den ich dir vor kurzem zeigte, sind anscheinend sehr viele gefolgt, bestimmt aus den verschiedensten Motiven.