Beiträge von Titus Tiberius Merula

    Mittlerweile waren gut drei Wochen ins Land gezogen, als Merula beschloss, bei dem Gastgeber seiner Familie vorstellig zu werden, um mit ihm über seine politischen Ambitionen zu sprechen. Wieso er das nicht schon längst getan hatte? Zum einen hatte Senator Aurelius Lupus seine Familie aus freundschaftlicher Selbstverständlichkeit heraus aufgenommen und an diversen Feierlichkeiten partizipieren lassen, sodass Merula sich ein gebührendes Maß an Zeit nehmen wollte, bevor er den Mann mit weiteren Dingen oder sogar Bitten behelligte. Zum anderen hatte kurz nach ihrer Ankunft der Wahlkampf bevorgestanden, sodass Lupus sicherlich keine Zeit für derartige Kinkerlitzchen hatte, immerhin war Merula ja nur ein Pontifex einer fernen Provinz – aurelianisch-tiberianische Freundschaft hin oder her.


    Sein Bruder Verus war bei Lupus schon vorstellig geworden, sodass der Jüngere es nun für angemessen empfand, selbiges zu tun. So klopfte er an die Tür und wartete, ob der frisch gebackene Aedil Zeit für ihn hatte und ihn hereinbitten würde.

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    Original von Aulus Tiberius Verus
    Verus grummelte lautlos. Der nun mehr stark verdünnte Wein, den Luna ihm gegeben hatte, schmeckte weniger stark und zog damit auch weniger Wirkung nach sich. Eine Schande, dass er sich nicht weiter in den soldatischen Ausgang "Suff" flüchten konnte. Er blickte sich um. Mit einem bitteren Schmunzeln nahm er die Fluchtreaktion seiner Schwester wahr. Wie zu erwarten war sie Standesdünkeln durchdrungen und wollte mehr Anschein als wirkliches Sein. Ja, die Tiberier waren verarmt; nicht wirklich im Standard eines Handwerkers aber sicherlich nicht mehr derartig wohlhabend, wie anderen Anwesenden. Man konnte sich gerade mal einen standesbewussten Lebensstil leisten, mehr aber auch nicht. Verus wollte römische Sparsamkeit zeigen und tat dies auch bewusst. Es war eine Entscheidung, sich als Soldat in zivil zu präsentieren. Geübte Augen würden die Stiefel eines Offiziers erkennen, die er zur Toga trug. In gewisser Hinsicht war Verus seines eigenen Standes bewusst. Er war Soldat, nicht mehr und nicht weniger. Patrizische Sehnsüchte schickten sich nicht im blutigen Schlamm der Schlachtfelder. Blut schmeckte immer gleich und es wusch sich schlecht von den Händen. Duftöle und edle Salben hingegen schon. Als die Kaiserin auftauchte, zeigte Verus bewusst geteilte Gleichgültigkeit und trank einen großen Schluck aus seinem Becher. Er würde reagieren, sofern er angesprochen wurde aber von sich aus, sah er sein Heil im Schweigen und der bloßen Wache. Ja, er sah dies als Pflichtwache und verweilte einsam.


    Mit neutralem Blick, um sich nichts anmerken zu lassen und Verus zu signalisieren, dass er nicht wirklich erfreut war, ging er auf seinen Bruder zu. Bevor er mit seiner Zurechtweisung, welche ihm als Jüngerer eigentlich keineswegs Zustand, aber notwendig war, schaute er sich kurz um, ob sie recht unbeobachtet waren, obwohl sich das in einem Atrium voller Menschen natürlich schwierig gestaltete "Aulus, lieber Bruder. Ich muss dich fragen, bist du denn noch ganz bei Sinnen?" bevor Verus antworten konnte, übernahm das der Jüngere für ihn. "Sage nichts, natürlich bist du es nicht. Abgesehen von deiner Aufmachung zeugt auch dein Verhalten von großer Respektlosigkeit deiner Familie und der Aurelier gegenüber. Wir sind hier zu Gast, Aulus! So willst du es Senator Aurelius danken? Auch unsere Schwester musste sich zurückziehen, als sie dich in deiner... Montur gesehen hatte. Sei froh, dass unsere Tante dich noch nicht gesehen hat!" Mit dieser war wirklich nicht zu spaßen. Verscherzen sollte man es sich mit dieser Matriarchin auf jeden Fall nicht, wenn man zum einen in Ruhe sein römisches Leben genießen wollte und zum anderen nicht ständig ihr Gesülze in den Ohren haben wollte. "Aulus..." versuchte Merula es dann etwas versöhnlicher. "Ich kann mir selbst nach deinen Erzählungen wohl kaum ausmalen, was du furchtbares und grausames jenseits des Limes erlebt haben magst und erleiden musstest, ich maße mir es auch gar nicht in meiner meinem bisherigen Leben geschuldeten Naivität hinsichtlich des Kriegsdienstes an, es zu versuchen. Aber du musst verstehen, dass wir hier nicht mehr in Germania sind, sondern jetzt in Rom, der urbs aeterna, leben. Die Gepflogenheiten sind, und das vor allem in diesen Kreisen, anders. Wenn du das letzte bisschen an Stellung und Wert, welche unsere Familie noch hat, ablegen oder boykottieren willst, tue das, aber nicht hier, nicht in diesem Rahmen, nicht bei dieser Feierlichkeit mit hochrangigen Persönlichkeiten. Denke bitte auch an unsere Schwester, die ihren Anschluss in dieser Gesellschaft finden will, und auch an deinen Bruder, der Ambitionen hat, die tiberianische Fahne in der Politik hochzuhalten, unter der wir nicht nur einmal Rückschläge erleiden mussten." Er machte eine kurze Pause. "Reiss dich zusammen!" Das musste er einfach noch los werden, auch wenn sein Tonfall vorher versöhnlicher war. Im Gespräch mit seinem Bruder hatte er deutlich direkter gesprochen und weniger verblümt und hochgestochen, wie er es sonst standesgemäß tat. Wenn sein Bruder weiterhin hier den Miesepeter spielte, würde Merula ihn wohl zumindest an diesem Abend gänzlich fallen lassen.


    Seine letzten Worte waren noch nicht ganz verklungen, da raunte es unter den Gästen. Merula blickte sich um und sah eine Frau in einem ungewöhnlich geschnittenem Kleid. Ihre Präsenz und Aura, die sie ausstrahlte, verriet, dass es sich dabei nur um eine handeln konnte – um die höchste Frau des Reiches, die Augusta. "Die Kaisiern... unglaublich." gab er nur beeindruckt von sich, ohne dabei seinen Bruder direkt anzusprechen. Nach wenigen Momenten wurde ihm klar, was das bedeutete: Mit etwas Glück würde er die Gelegenheit bekommen, ihr vorgestellt zu werden! Das konnte nur über Gracchus Minor, den er bereits an diesem Abend schon gesehen, aber noch nicht begrüßt hatte, oder Aurelius Lupus geschehen. Allerdings war es jetzt noch viel wichtiger, dass sich Verus zurückhielt oder besser noch das Weite suchte und auf sein Zimmer ging. Merula warf Aulus nochmal einen eindringlichen Blick zu.

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    Original von Iulia Aviana Minor
    Hm nun da sie den Genannten nur dem namennach kannte brachte alles umsehen nicht sie konnte die Freundin einfach noch nicht entdecken. „Danke Tiberia Corvina. Ich hoffe das ich sie dann gleich mal finden werde.“ Noch ein Mal sah sie sich um aber von da wo sie stand konnte sie einfach noch nicht erspähen.


    Natürlich wusste sie nicht wie der junge Mann normalerweise war doch heute schien er einen guten Tag zu habe. Aviana war zwar sonst eher der verantwortungsvolle ernste Typ aber das machte Feste fade. Darum bemühte sie sich heute etwas offener zu sein. „Möge Dir Diana stets den Bogen führen, junger Jägersmann.“ Sagte sie schalkhaft ob sie allerdings das Ziel sein sollte vermochte sie nicht zu sagen. Wenn sie allerdings von sein Standesdünkel etwas geahnt hätte, hätte sie das etwas vergrämt. Den ob man zum Senatorenadel gehörte war doch mittlerweile viel wichtiger und das tat sie doch. Zur Oberschicht gehörte man nicht nur als Patrizier. Zumal es diesen Stand per Gesetzt nicht mehr gab.


    Dann aber wurde die Dame vorgestellt die sich grade zu ihnen gestellte hatte und die ihren Verwandten selbst etwas gefoppt hatte. Was Aviana gut gefallen hatte. Die Dame war ihr gleich etwas sympathisch. „Ich bin erfreut deine Bekanntschaft machen zu dürfen Tiberia Maximilla.“ Begrüste sie nun die Hinzugekommene freundlich. Nun sicher war es durchaus berechtig nach ihr und Drusilla zu fragen aber welcher Art sollten den ihre Beziehung den sonst sein? „Ja wir kennen uns schon etwas und haben viel gemeinsam.“


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    Original von Tiberia Corvina
    Corvina hörte sich das Geplänkel von Merula und Aviana Minor stillschweigend mit an. Als ihre Tante dazu kam, grüßte sie sie mit einem Lächeln. Ganz Tante Maximilla, sie wusste wie man auf sich aufmerksam machte. Gelangweilt blickte sie in die Runde. Dann sah sie Verus. Am liebsten wäre sie im Boden versunken oder von der Bildfläche verschwunden. Wie weit runter wollte er die Tiberer noch reißen. Waren sie nach dem Brand nicht gestraft genug? Wäre er als Centurio erschienen hätte sie das weniger blamabel gefunden. Noch besser wäre sein Auftritt in der Montur der Prätorianer gewesen. Aber so? Das war Corvina zu viel. Lieber wollte sie auf dem Land versauern, als sich hier diese Schmach antun. „ Entschuldigt mich bitte.“ wandte sie sich kurz an Aviana Minor, ihren Bruder und Tante Maximilla.



    Die schalkhaften und gar kecken Worte der Iulia begrüßte Merula. Die junge Frau schien recht wortgewandt und nahm Bezug auf die Göttin Diana, was ihn als Pontifex – auch wenn er gerade (noch) nicht amtierte – erfreute. Mit einem wohlwollenden Nicken und einer ganz leichten Verbeugung bedankte er sich für ihre Wünsche. Liebend gern hätte er sich mit dieser Frau weiter unterhalten, die obendrein eine Aeditua war, worin sie sicherlich ein gutes Gesprächsthema finden würden. Leider war ihm das nicht möglich. Corvina hatte den gemeinsamen Bruder entdeckt und Merula war dem Blick seiner Schwester gefolgt. War das wirklich sein Ernst? Einen Moment lang verharrte der junge Tiberius. Seine Schwester ergriff indes die Flucht, um sich der Blamage zu entziehen bzw. sich vor der Iulia nicht die Blöße geben zu müssen. So unauffällig wie möglich versuchte er sich dem Gespräch zu entziehen, ohne dabei der Iulia oder seiner Tante vor den Kopf zu stoßen. Maximilla wollte er auch nicht auf Verus aufmerksam machen, das würde sie einerseits sicherlich nicht ertragen und andererseits wollte er verhindern, dass sie eine Szene machte. "Wenn die Damen mich entschuldigen würden? Ich nehme mich kurz meiner Schwester an." Nunja, das war bestens Falls nur bedingt höflich und eher gekünstelt sowie eine kleine Notlüge, da er ja gar nicht seiner Schwester folgen, sondern zu seinem Bruder gehen würde. Um beide Frauen abzulenken und nicht ganz dumm dastehen zu lassen, wies er einen Sklaven an, beide mit etwas verdünntem Wein und Häppchen zu versorgen.

    "Nun werte Iulia, ein Mann verschießt eben seine Pfeile, wenn er es für richtig hält, egal wie viele er im Köcher tragen mag." erwiderte er auf die kecke Antwort der jungen Frau, durch deren belehrende Worte er sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollte. Nach außen hin selbstsicher vermochte er sich stets zu zeigen, auch wenn er in diesem Moment innerlich kurz irritiert war: Eine plebejische Frau belehrte einen patrizischen Mann ob eines Kompliments? Zum einen eröffnete Merula jenes, dass die Tiberier anscheinend niedriger im Kurs standen, als bereits erwatet, und zum anderen die Befürchtung, dass sein Standesdünkel in Rom selbst wohl weniger Basis hatte, als noch in den umliegenden Provinzen des Reiches – Verus hatte ihn ja bereits vorgewarnt.


    Just in diesem Moment gesellte sich ihre Tante zu ihnen, welche scheinbar für ihre fulminanten Auftritte immer den richtigen – also ihren – Zeitpunkt zu finden schien. Sowohl von seiner Tante als auch von Aviana vorgeführt, gab er sich nicht geschlagen und blieb standhaft und höflich, wobei er durchaus weniger blumig redete. "Nun Tante, ein kluger Mann weiß sich mit den Damen gut zu stellen." wie oft hatte der in Bezug auf Frauen abstinente Diogenes ihn davor gewarnt, Frauen zu verärgern. "Das Risiko bleibt dabei sein schweres Los." kommentierte er letztlich noch die Worte der Iulia, um dann einander vorzustellen, um von sich abzulenken. "Iulia, wenn ich dir unsere Tante, die ehrenwerte Tiberia Maximilla vorstellen darf." er machte eine kurze Pause. Corvina hatte indes die Frage der jungen Frau nach dem Aufenthaltsort von Aurelia Drusilla beantwortet, womit klar war, wer sie eingeladen hatte. "Ich nehme an, Aurelias und deine Verbindung ist von Freundschaft?"

    Sicherlich hätte Merula diese Feierlichkeit mit gemischten Gefühlen betrachten können: Die Tiberier zur Schau gestellt als Obdachlose in einem fremden Heim, welche sich vermutlich für viele nur in diesem Kreise bewegten, weil sie eben hier gastierten und nicht weil sie eingeladen waren. Der junge Tiberius störte sich an an diesem potentiellen Klatsch nicht, er erfreute sich an der immer noch währenden Freundschaft zwischen Aurelia und Tiberia. So sah er am heutigen Tag schlichtweg das positive und blieb da gewohnt ganz pragmatisch: Hier konnte er Kontakte knüpfen. Kontakte waren ALLES, wenn es darum ging, sich in Rom politisch zu betätigen und auf sich aufmerksam zu machen, man musste sich ins Gespräch bringen.


    Sodann die Feierlichkeit allmählich anlief und die ersten Gäste in das Atrium geführt wurden, traf auch Merula dort ein. Er wollte zunächst etwas unauffällig erscheinen und nicht schon zusammen mit dem Gastgeber gesehen werden, da man sonst sofort wusste, dass er ein Tiberius sein musste. Er ließ seinen Blick schweifen und fand seine Schwester Corvina, welche sich gerade an einem kleinen Snack gütlich tat. Ihren missbilligen Blick gegenüber dem jungen Mann, welcher den hübschen Damen hinterherstielte, verpasste er allerdings. Bevor er bei Corvina angekam, war sie schon von einer anderen jungen und hübschen Frau angesprochen worden. So gesellte er sich dazu und konnte gerade noch ihren Namen aufschnappen, welchen er direkt als Gesprächseinstieg nutze, nachdem er die üblichen Standesfloskeln losgeworden war, die er aber sowohl bei seiner Schwester als auch der Unbekannten vollkommen ernst meinte. "Meine Damen, ich grüße euch. Schwester, du siehst bezaubernd aus." dabei legte er kurz seine Hand an Corvinas Oberarm. "Ich muss mich vorstellen, Titus Tiberius Merula und dies ist meine Schwester Tiberia Corvina." er hatte mitbekommen, dass Corvina sich noch nicht vorgestellt hatte, weswegen er das kurzer Hand einfach übernommen hatte. "Von der Schönheit der iulianischen Frauen hörte ich bereits viele Männer schwärmen und das keinesfalls unbegründet, wie ich sehe." Natürlich wirkte das etwas schleimig und schmierig, aber so war es eben mit den gesellschaftlichen Floskeln. Die römischen Frauen wussten aber auch, dass diese Floskeln durch aus ernst gemeint sein konnten, jene aber in diesem Falle dennoch etwas dick aufgetragen waren. Corvina würde ihn vermutlich innerlich dafür strafen, auch wenn sie diese Komplimente vermutlich von Männer selbst gerne hörte oder dies zumindest erwartete.


    Eigentlich wollte Merula seine Schwester noch fragen, ob sie Verus schon gesehen hatte, wartete damit aber, bis Corvina die Frage der Iulia beantwortet hatte.

    Während Diogenes und Connell draußen an der porta den aurelianischen Sklaven halfen, sich um das Gepäck zu kümmern – wobei Diogenes hauptsächlich ein Auge auf den keltischen Hünen hatte –, folgte Merula kommentarlos seinem Bruder in die Villa, welcher von ihrer Tante sozusagen an der Hand herein gezerrt wurde. Eine etwas abstruse Vorstellung, dass eine tiberianische Matrone ihren Neffen, der jenseits des Limes als Soldat und sogar Offizier zahlreiche Barbaren abgeschlachtet hatte, so behandelte. Nun vielleicht lag das auch einfach an Verus momentanem Gemütszustand, er hatte ja auch seit Stunden nicht mehr wirklich gesprochen. Der Jüngere nahm das so hin und konzentrierte sich mehr auf das, was ihn nun erwarten würde.


    Sichtlich beeindruckt ließ er seinen Blick durch die "Hallen" der Villa Aurelia gleiten, welche nicht nur durch Dekorationen sondern auch durch die Größe des Anwesens dem Stand dieser Familie mehr als gerecht wurde. Schmerzlich erinnerte er sich an den Eingangsbereich der Villa Tiberia, welche er zuletzt im Knabenalter hatte betreten und jetzt nicht mehr war, als ein Haufen voller Schutt.


    Da Verus etwas gedankenverloren im Atrium stand, ergriff Merula sodann die Möglichkeit, das Gespräch zu eröffnen. "Tante Maximilla, wir freuen uns sehr, endlich bei euch zu sein und euch wahrlich unversehrt zu wissen. Nun sag uns, wie ist es euch ergangen? Wo ist unsere Schwester, geht es ihr gut? Hat euch mein Brief erreicht, in jenem ich unsere baldige Ankunft ankündigte?" Nicht auszudenken, was der Gastgeber sagen würde, falls er nicht über die Ankunft der Brüder informiert sein sollte! Natürlich wollte Maximilla wissen, wie es den Brüdern ergangen ist, aber Maximilla und Corvina waren doch weitaus wichtiger!

    Anstrengend. Ja anstrengend, das war die letzte Etappe auf dem Weg in die urbs aeterna gewesen. Natürlich lag das keinesfalls an den kultivierten und anregenden Gesprächen mit Flavius Gracchus Minor, den er beim Beginn dieser Reise zwar noch nicht kannte, ihn aber seit dieser doch sehr schätze und auch in Zukunft gedachte, den Kontakt zu dem Flavier sorgsam zu pflegen. Es waren die körperlichen "Leiden" eines Aristokraten. Was war damit gemeint? Die Straßen waren holprig, welche den Wagen definitiv in Mitleidenschaft gezogen hatten, das Verlangen nach einer gemütlichen Kline, auf der er sich ausstrecken konnte, und letztlich die für ihn wichtige Hygiene war auf ein Minimum beschränkt, was für den normalen Pöbel noch als "ich habe mich zum Feiertag herausgeputzt" galt. Und damit war man schon beim nächsten Leiden: Diese Stadt stank... und zwar erbärmlich! Merula war kein Mann, der sich ein Tuch vor den Mund halten musste, bis er sich daran gewöhnt hatte, aber es war ihm dennoch auf den Magen geschlagen, ähnlich wie die Stille, die sein Bruder schon seit einer gefühlten Ewigkeit pflegte.


    Immerhin waren sie nun schon auf dem direkten Weg zur Villa Aurelia, nachdem sie sich von Flavius Gracchus Minor getrennt bzw. verabschiedet hatten und sich Merula eine Mietssänfte organisiert hatte. An der Villa Aurela angekommen, ging sein Bruder voraus, um die angereisten Tiberia anzukündigen, was ihm als Älterem natürlich oblag. Während die Tür von einem Sklaven, dem Ianitor, geöffnet wurde, hatte sich nun auch Merula aus der Sänfte bequemt und war samt Diogenes, seinem griechischen Leibsklaven und Berater, auf dem Weg zu eben jener, um sich seitlich seines Bruders zu postieren. Connell blieb vorsichtshalber derweil an der Sänfte und bewachte diese. Für den keltischen Hünen musste diese Stadt mit all ihren Eindrücken wohl wahrlich ein kultureller Schock größeren Ausmaßen darstellen. Verus hatte die beiden schon angekündigt, allerdings schien es Probleme zu geben. Merula warf Diogenes einen Blick zu, der diesen verständnisvoll mit der selben Bedeutung zurückwarf: Wieso musste er diese Bestie mitnehmen. Wieso musste er damit vor der Villa Aurelia aufschlagen, deren Hausheer, der Senator Sextus Aurelius Lupus, sie in der nächsten Zeit hier beherbergen würde. Wie unpassend und unangenehm! Der Jüngere haderte mit sich, ob er hier einschreiten und beschwichtigen sollte, aber dafür hatte er zu viel Respekt und seit der Reise und den Gesprächen sogar auch etwas Angst vor seinem älteren Bruder und dessen... Wesenswandlung. Den Rat, nichts zu unternehmen, vermittelte ihm auch Diogenes mit hochgezogenen Augenbrauen und einem leichten aber eindringlichen Kopfschütteln.


    [WRAPIMG=left]http://www.imperiumromanum.net…/ava_galerie/Grieche1.jpg[/WRAPIMG] [WRAPIMG=right]http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Kelte.jpg[/WRAPIMG]Als dann Verus Name schon fast gebrüllt aus der Richtung des Weges an ihre Ohren drang, zuckte der Jüngere kurz zusammen und drehte sich um. Wahrhaftig, dieses Organ in dieser Tonlage konnte nur einer gehören. Tante Maximilla! Erleichtert nach dem kurzen Schock atmete Merula auf, seine Tante, die ihm mittlerweile in beachtlich mehr Punkten glich, als Verus, würde diese Situation schon entschärfen. Wie gewohnt – so etwas vergaß man sogar über Monate oder gar Jahre nicht! – fuhr sie den Sklaven herrisch an und vermittelte diesem, dass es dabei keine Diskussionsgrundlage gab und ihren Anweisungen strikt Folge zu leisten war. "Tante!" grüßte er sie zurück, für mehr blieb aber keine Zeit, da sie sich nicht nur um die Situation kümmerte, sondern sich auch hauptsächlich auf Verus einschoss. Merula ließ das einfach mal geschehen. Im Tricilinium, wo sie hoffentlich hingeführt werden würden, konnte er sie immer noch ausführlicher begrüßen. "Bleibe hier und kümmere dich um mein Gepäck. Lass den Dümmling nicht aus den Augen!" Wies er Diogenes an und folgte seinem Bruder und seiner Tante. Connell konnte sich nützlich machen und das Gepäck tragen sowie den aurelianischen Sklaven zur Hand gehen. So war er dann auch abgelenkt und konnte keine Dummheiten anstellen. Diogenes hatte ihn zwar halbwegs im Griff, allerdings war dieser ein gelehrter Grieche und kein Sklavenbändiger, weshalb man nie wusste, ob auch alles gut gehen würde.

    Auch wenn Merula in diesem Sinne kein Ehrengast war, den man zu dieser Veranstaltung geladen hatte, fand er sich auf der Ehrentribüne wieder. Seine Cousine, Tiberia Lucia, hatte ihm das als ihre Begleitung ermöglicht, wo es ihrem Gatten doch aufgrund seines Zustandes nicht möglich war, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Demnach sagten ihm die um ihn herum sitzenden Gesichter natürlich nichts. Zudem war es bereits dunkel, sodass man ob des spärlichen Lichts der Fackeln sowieso kaum etwas sehen geschweige denn ein Gesicht auf mehr als zwei Meter Entfernung erkennen konnte. Dennoch kommentierte seine Cousine hier und da die Szene, sodass es für Merula nicht allzu unverständlich war.


    Die Soldaten, die hier in Paradeuniformen und stolzen Gemüts auftraten, beeindruckten ihn nicht wirklich. Für das Militär hatte er zu diesem Zeitpunkt seines Lebens noch nicht viel übrig. Das Exercitus Romanus als Instrument schätzte er natürlich als Römer sehr, waren doch die Römer stolz darauf, dass ihre Männer und Söhne in der Schlacht für ihre Sicherheit sorgten und neue Territorien erschlossen hatten, um dem Imperium Romanum zu Größe, Macht und Reichtum zu verhelfen. Paradeuniformen, Festakte usw. interessierten ihn dabei weniger. Dennoch war diese Veranstaltung nicht gänzlich uninteressant, da der junge Tiberius so etwas noch nie gesehen hatte und diese Veranstaltung in dieser Provinz in dieser Stadt doch schon etwas besonderes war. Seinen Bruder Verus erkannte er indes nicht, war es doch zu dunkel. Er konnte nur erahnen, dass dieser einer der vielen Centurionen war, die ihre Soldaten anführten.


    Die Rede des ALA-Präfekten, Lucia hatte ihm erklärt, dass es sich dabei um eben jenen handelte, war für einen Soldaten recht pathetisch. Merula achtete dabei weniger auf den Inhalt, sondern mehr auf die Rhetorik. In Rom würde er sich als Redner beweisen müssen und bislang hatte er nur auf lokalpolitischer Ebene und als Pontifex gesprochen. In Rom würden ihn größere Tribünen erwarten. So versuchte er die Rede des Iuniers mithilfe der Punkte zu analysieren, die ihm sein getreuer Diogenes über die letzten Jahre zu vermitteln versucht hatte. Die Szenerie blendete er dabei fast schon gänzlich aus.

    Der Hafen beeindruckte Merula. Mogontiacum schien ein Knotenpunkt der Handelswege auf See zu sein, jedenfalls sprach die Größe des Hafens für sich. Zwischen dem alltäglichen Treiben von Fischern, Händlern und sonstigen Hafenarbeitern, die ankommende und auslaufende Schiffe be- und entluden, erreichte nun auch die Reisegesellschaft den Steg, an dem das Prahmboot der Classis Germanica, welches sie ein Stück auf einer dienstlichen Mission gen Süden mitnehmen würde. Glücklicherweise passte der Reisewagen des jungen Tiberius in etwas kompakterem Zustand auf das Deck, sodass die Kabine eine Möglichkeit bot, sich für intensivere Gespräche zurückzuziehen.


    Die Annehmlichkeit, dass man die Nacht nicht auf bzw. unter Deck verbringen musste, sondern in am Rhein gelegenen Dörfern oder Städten ein warmes Bett für die nächtliche Ruhe Fand, beruhigte Merula. Seinem Bruder würde es sicherlich nichts ausmachen, einfach auf dem Schiff zu schlafen. Der Jüngere hingegen war ob seines Standesdünkel eben in gewissen Dingen ein Pinkel. Zu seinem Vorteil empfand der Flavius das sicherlich genauso, auch wenn er während seines Tribunats auf Außeneinsätzen auch andere Umstände mochte kennengelernt haben.


    Im Gegensatz zu den Reisewegen auf seiner Bildungsreise, welche er in Hispania gestartet war und in Belgica vorzeitig ihr Ende fand, um die Verwandten in Mogonitacum ob der jüngsten Geschehnisse in Rom aufzusuchen, schätzte er den Weg über das Wasser doch sehr. Es holperte nicht, es wehte stets eine kühle Brise und inmitten der Soldaten war man so beschützt wie unerreichbar für Gefahren – mit Ausnahme des Wasser, wobei Neptun sicher stets über die Reisegesellschaft wachen würde. Diogenes genoss den Ausblick und die Zeit für sich, in der er sich nicht um den dümmlichen Hünen kümmern oder seinem dominus beratend zur Seite stehen musste. Mit geschlossenen Augen ließ der unfreie griechische Gelehrte die Kulissen, die Luft die Geräusche auf sich wirken. Connell, sofern er nicht von Diogenes beaufsichtigt wurde, verhielt sich überraschend ruhig, war ihm doch dieses römische Boot nicht wirklich geheuer. Ab und zu suchte er den Blickkontakt mit Luna, welche ihm aber schon bei ihrer ersten Begegnung zu verstehen gegeben hatte, dass sie für ihn unerreichbar war – was ihn aber sicherlich nicht davon abhalten würde, sich bietende Gelegenheiten beim Schopfe zu packen!


    Merula fand derweil einen angenehmen Zeitvertreib über den Tag in den kultivierten Gesprächen mit dem jungen Flavius, der nicht wesentlich älter war, als er selbst. Dass der Sklavenaufstand in Rom ein sehr umfängliches Thema innerhalb dieser Konversationen bot, war selbstredend. Die Milde, welche Gracchus Minor gegenüber den Aufständischen walten ließ, konnten die Tiberier wahrlich nicht teilen. Der Jüngere war weit davon entfernt, Hasstiraden loszulassen, aber seine Position gegenüber Unfreien hatte sich dadurch noch weiter gefestigt. Dieser Standesunterschied war für ihn ebenso wenig unauflösbar, wie der pax deorum – dass dies aber viele Jahrhunderte später doch so kommen würde, konnte er ja nicht ansatzweise erahnen. Ebenso wie sein Bruder wollte er sich nicht den qualvollen Erinnerungen der Vergangenheit verschreiben – auch wenn sein Bruder das vornehmlich wegen seiner Sensibilität tat –, sondern als Pragmatiker zielgerichtet nach vorne schauen, Perspektiven entwickeln und die Tiberier nicht ihrem Schicksal überlassen, welches es in der Vergangenheit nicht nur einmal auf Messers Schneide gestanden hatte. In diesem Zusammenhang erzählte Merula dem Flavier natürlich, welche Pläne er gefasst hatte. Ebenso berichtete er von Senator Aurelius Lupus, in welchem er als langjähriger Freund der Familie einen Unterstützer für seine politische Karriere suchen wollte. Das aurelisch-tiberianische Band war immer noch fest und ebenso unauflöslich, wie der oben angesprochene Standesunterschied zwischen Freien und Unfreien.
    Interessiert vernahm er die biographischen Schilderungen des jungen Flavius über die Zeit des Bürgerkrieges, welchen Merula nur aus der Ferne in Achaia mitverfolgen konnte. Natürlich wusste das gesamte Reich um die Situation im Herz des Reiches, die Nachrichten waren ja bis an die Grenzen und über diese hinaus gedrungen, aber Achaia war zu weit entfernt, um diese Umstände mitzuerleben. Diogenes hatte schon früh mit dem damals noch jungen Knaben über den Bürgerkrieg und seine Folgen gesprochen, weshalb es Merula nicht schwer fiel, seinem Gesprächspartner zu folgen. Dennoch war er beeindruckt von dessen Flucht und Tatendrang. Auch wenn der Jüngere in Achaia den Bürgerkrieg nicht wirklich verfolgen konnte, war ihm als Tiberier der Auslöser natürlich tief ins Gedächtnis und Gemüt gebrannt. Tiberius Durus war eben neben Vinicius Lucianus und Flavius Gracchus – wodurch dieses Gespräch zwischen Gracchus Minor und Merula ob der Verwandtschaftsverhältnisse eine weitere Dimension der gemeinsamen Vergangenheit erreichte – als Teil der mehrköpfigen Schlange gewesen, die mit ihren Bissen den damaligen Kaiser weniger gestürzt als viel mehr ermordet hatte. Dass der junge Flavius an der Hochzeit des Tiberius Durus partizipierte, unterstrich noch einmal die Ironie des Lebens. Während die Schilderungen des Jüngeren eher sachlich und kultiviert blieben, steuerte der Ältere, der sich die meiste Zeit zurückgezogen hatte, viele Dinge deutlich brachialer, was Merula etwas aufstieß. Die Tatsache, dass der Flavius seinen Bruder bereits durch die gemeinsame Zeit bei der Legio kannte, beruhigte ihn dahingehend doch sehr. War das wirklich sein Bruder, der da neben ihm saß? War das der sensible Junge, den er aus den früheren Tagen der gemeinsamen Kindheit in Erinnerung hatte? Er erzählte kaltherzig von den Tiberiern, deren Ehrenrettung Merula im Sinn hatte, von Blut und Tod jenseits des Limes und seinen Lastern. Die Schilderungen hinsichtlich der Geschehnisse jenseits des Limes stießen seinem jüngeren Bruder etwas auf, was ihm sogleich aufzeigte, wie weit entfernt er davon war, jemals Soldat sein zu können. Gracchus Minor schien diese Details besser verkraften zu können, immerhin hatte er eine Zeit als Tribun bei der Legio hinter sich. Etwas widersprüchlich ob der Kaltherzlichkeit und der unhöflichen Worte des Älteren war dann doch sein Statement am Ende ihres Gespräches. In zynischem Tonfall sprach er von Rom und der Ehre. Merula wusste darauf nichts zu sagen, zu sehr wunderte er sich darüber, was für ein Mensch Verus geworden war. Immer mehr bekam er das für einen Bruder ungewöhnliche Gefühl, froh darüber zu sein, dass er in Rom mit Verus nicht unter einem Dach leben musste, da dieser sein Bette bei den Prätorianern haben würde.


    Beunruhigend empfand Merula allerdings auch die Verbundenheit, welche sein Bruder mit dem Tier zu haben schien, welches er nach Rom mitzunehmen gedacht hatte. Manchmal beobachtete er seinen Bruder und schüttelte dann verständnislos den Kopf. Sein Bruder schien ein gänzlich anderer Mensch gewesen zu sein. Sorgen machte er sich um ihn nicht wirklich, er würde schon als ehemaliger Centurio und in Zukunft als Prätorianer auf sich aufzupassen wissen.

    Die anfängliche Mimik seiner Cousine kündigte etwas an, was dann doch ausblieb. So war ihre Reaktion eher ermüdend und schon etwas frustriert bis hin zu genervt und zickig. Merula hielt sich derweil erst einmal zurück und hörte Lucia zu, wie sie sich vor ihm über ihre Freunde und Kontakte in Rom beschwerte, welche ihr wohl nicht mitteilen wollten, was genau im Detail geschehen war.


    Verus war auch noch nicht hier gewesen? Äußerst merkwürdig. Nicht weniger merkwürdig als verwunderlich, dass Lucia den Göttern vorwarf ihren Spaß mit ihr zu treiben. Bevor sie das aber näher ausführen konnte, brachten die Sklaven Speisen und Getränke, die der junge Tiberius sich zugegebener Weise aus äußerster Dringlichkeit einverleiben musste, da er eine lange Reise hinter sich hatte. Gespannt wartete er also auf die Briefe aus Rom, welche seine Cousine aus erreicht hatten.


    Als die junge Sklavin mit einem Bündel Briefe zurückgekommen war und ihrer domina diese ausgehändigt hatte, setzte Lucia erneut mit sarkastischer Miene an, um diese vorzulesen bzw. eher auseinanderzunehmen.


    Die Traube, die sich der junge Tiberius gerade in den Mund stecken wollte, bleib eine ganze Weile vor dem Mund in der Luft zwischen seinen Fingern, bevor er seine Hand wieder senkte. "Bona dea!" fuhr es aus ihm heraus. "Plünderung, Brandschatzung, Enthauptungen? Das kann nicht der Götter Ernst sein!" Merula wusste ja, dass Gerüchte immer wilder klangen, als sich die Tatsachen im Endeffekt herausstellten. Dass er aber deutlich wildere Fakten als Gerüchte hören würde, hätte er nicht erwartet. "Wie ungeheuerlich! Welch Farce, derartiges aus Rom zu hören, wo man jene Grausamkeiten doch ausschließlich jenseits des Limes wähnt." So langsam konnte er auch verstehen, welch Frustration seine Cousine empfinden musste. "Deine Kontakte scheinen es wohl nicht für nötig zu befinden, uns Namen zu nennen." konstatierte er folglich ähnlich frustriert, nein... eher erbost. Er antizipierte gedanklich schon, worauf Lucia hinauswollte bzw. wieso sie ihrem Cousin die Briefe auf derartige Weise darlegen wollte. Pragmatischer Weise kürzte er ab "Sofern jene Briefe keine Namen oder nähere Sachverhalte enthalten, kannst du uns diesen Witz ersparen." Jetzt fand endlich die Traube ihren Weg in Merulas Mund. Nachdem er diese fast schon ohne Kauen heruntergeschluckt hatte, konstatierte er "Ich muss nach Rom, Lucia. Nur die Götter wissen, was mit meiner Schwester und den anderen geschehen ist. Vorher werde ich Aulus aufsuchen."

    Merula hatte den Eindruck, dass, egal was er sagte, jeder Satz bei seinem Bruder tiefste emotionale Narben aufriss, welche er sich im Laufe seines Dienstes im Exercitus Romanus zugezogen haben musste. Diese Narben schienen wirklich frisch zu sein, jedenfalls sprachen seine Gestik und Mimik Bände. Seltsamerweise fing Aulus an, sich die Hände zu reiben und sie danach zu kontrollieren, was Merula schon etwas beunruhigte. Er konnte sie ja nicht ausmalen, was sein Bruder jenseits des Limes erlebt hatte. Das Bild, welches er von seinem Bruder aus jüngster Zeit hatte, entsprach hauptsächlich einem sehr sensiblen, teilweise vielleicht sogar träumerischen Mann. Diese Sensibilität, auch wenn sie in der ein oder anderen Reaktion noch ablesbar war, schien weit in den Hintergrund getreten zu sein oder nein.. . sensibel war er ja noch, aber diese Sensibilität schien immer mehr überschattet zu werden von Ereignissen, die er sich als Zivilist nicht im geringsten auszumalen vermochte. Ansprechen wollte der Jüngere den Älteren darauf nicht, nicht hier und heute jedenfalls. Es galt hier Dinge zu besprechen, die über ihrem eigenen Wohl standen, weshalb sich Merula auch genau darauf konzentrieren wollte, was ihm aber sichtlich leichter fiel, als seinem Bruder.


    Aulus lobte ihn und bestärkte ihn in seinem Vorhaben, was ihn mit familiären Stolz erfüllte. Die Zustimmung seines Bruders war Merula als Jüngerer natürlich immens wichtig. Dass die Worte seines Bruders nicht dessen vollen Ernst implizierten, merkte er in diesem Moment nicht. Auch die Tränen, die sich scheinbar in seinen Augenwinkeln ansammelten, fasste er nicht als emotionalen Schub, sondern lediglich als Folge des Hustens auf. Als er sich wieder zu Merula gedreht hatte, legte er ihm seine Hand auf die rechte Schulter. "Ich danke dir, Bruder. Deine Unterstützung verleiht mir den Mut, mich jeder Herausforderung zu stellen, die mich in Rom erwarten möge." ach wie pathetisch diese Worte doch klangen und wie naiv seine Vorstellungen doch waren. Diese waren ob der versprochenen Unterstützung des aurelischen Senators sowie des Schreibens des duccischen Legaten nicht unberechtigt, allerdings ermöglichten beide ihm nur den Start in Rom. Alles was danach kommen würde, musste er sich hart erarbeiten – viele Steine waren aus dem Weg zu räumen, von denen der ein oder andere mit Sicherheit wieder zurückrollen würde. Bekannt war ihm die Geschichte des Sisyphos natürlich, hielt Diogenes ihm doch immer belehrende Vorträge darüber, allerdings sah er sich zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt von Sisyphos Schicksal.


    Der Veracht bestätigte sich. Verus schien wahrlich nicht begeistert und von Ehre erfüllt zu sein, zu den Prätorianern berufen worden zu sein. Merula kommentierte das aber nicht weiter, lag es ihm doch fern die Gründe dafür zu entdecken. Sein Interesse lenkte er daher wieder auf den bevorstehenden Reiseweg, den die Gebrüder wohl zu zweit bestreiten würden. "Vortrefflich. Sobald dir deine Instruktionen offenbart wurden, kontaktiere mich bitte. Derweil erbitte ich Duccius Valas Unterstützung mit Lucias Hilfe. Ein Empfehlungsschreiben wird mir in Rom sicherlich dienlich sein." Zuletzt genannten hatte er noch gar nicht kennen gelernt, was die Bitte um ein Empfehlungsschreiben doch wie eine Farce erschienen ließ, auch wenn er mit dessen Gattin verwandt war.


    Hellhörig wurde Merula dann, als sein Bruder von Dokumenten und Urkunden hinsichtlich des achaischen Familienbesitzes sprach. "Oh, wie erfreulich!" fuhr es zunächst euphorisch aus ihm heraus, wenngleich er etwas verwundert war, wieso sein Vater ihm nicht erzählt hatte, dass er seinem Bruder diese Zeugnisse hatte zukommen lassen. "Minerva scheint uns auch in den dunkelsten Stunden gewogen zu sein." Sein Bruder würde diese Aussage vermutlich erneut verteufeln, da er diesen Umstand als letztes auf Minervas Verantwortungskonto verbuchen würde. Für Merula war es allerdings auch weitgehend eine Floskel aus seinem Amt als Pontifex heraus, welches er seit der Abreise aus Achaia nicht mehr ausgeübt hatte. Dass nicht Minerva sondern das schicksalhafte Glück damit zu tun hatte, war ihm dem Jüngeren indes vollstens bewusst. "Damit sollte es uns leichter fallen, die Aufräumarbeiten zu finanzieren. Zudem helfen mir die Ländereien sicher, den Census zu erfüllen." Gemeint waren die Voraussetzungen für den Ordo Senatorius, was er seinem Bruder aber an dieser Stelle nicht weiter erläutern wollte. Ja, Merula hatte seine Hausaufgaben gemacht. Er hatte einen Plan, was er in der tiberianischen Nachfolge zu tun hatte, um seine Familie aus dem Schatten wieder ins Licht zu führen. Diogenes half ihm dabei ebenso mit seinem weitsichtigen Rat. Näheres würde er dann mit dem aurelischen Senator besprechen. Den Ordo zu erlangen, würde sicherlich kein Problem darstellen – da war Merula keinesfalls zu naiv –, allerdings lag die Schwierigkeit mehr darin, diesem nach der Verleihung gerecht zu werden, da man sonst schneller in Rom herabstürzen würde, als Ikarus, dem Sohn des Daidalos, der der Sonne zu nahe gekommen war. Irgendwie hatten die griechischen Mythen und Sagen doch etwas für sich, auch wenn sie aus Diogenes nach mehrmaliger Repetition ermüdend wirken konnten.


    Da alles besprochen zu sein schien, leitete er langsam das Ende des Gespräches ein. "Aulus, nach unserem Gespräch ist meine Freude, die ich ob unsers Wiedersehens nach all den Jahren hegte, derartig gewachsen, wo ich uns auf dem baldigen gemeinsamen Weg nach Rom weiß, sodass meine Sorgen zu schwinden beginnen." Was so geschwollen klang – es lag einfach an den Umgangsformen, die ihm auf seiner Bildungsreise in Fleisch und Blut übergangen sind, da er stets bei hochrangigen Persönlichkeiten der Gesellschaft gastierte – meinte auf das Einfachste herunter gebrochen lediglich: "Es ist schön, dich endlich wieder zu sehen. So schnell wirst du mich nicht mehr los!" "Blut ist dicker als Wasser, Bruder." formulierte er dann pathetisch und hielt Aulus den Arm hin, um ihn brüderlich zu verabschieden.

    Erschrocken ob der ersten Reaktion seines Bruders auf die Erklärung seines ihm offerierten Pflicht- und Ehrgefühls gegenüber der Familie, zog er Merula die Augenbrauen hoch, entgegnete aber vorerst nichts und ließ Aulus weiterreden. Auch die rhetorische Frage kommentierte er nicht. Er konnte verstehen, dass er als der Jüngere eigentlich nicht das Recht hatte, sich derart in den Vordergrund zu stellen, sondern das eigentlich seinem älteren Bruder oblag bzw. zustand, aber Verus hatte ja gar nicht die Möglichkeit im Dienst des Exercitus Romanus, sich um die Familienangelegenheiten in Rom zu kümmern, weshalb sich Titus eben dafür anbot bzw. einsetzen wollte. Die nachfolgenden Erläuterungen seines Bruders zeigten ihm aber, dass Verus mit seiner rhetorischen Frage anscheinend nicht das gemeint hatte, was er dachte. Seinen Ratschlag nahm er mit einem Nicken anerkennend und dankend an, auch wenn er mitten im Satz aufgehört hatte. Das Thema schien Aulus also doch nicht so kalt zu lassen, wie er anfangs vorgegeben hatte. "Ich danke dir für deinen Rat, Bruder. Wie du weißt, bin ich pragmatisch und vor allem Realist. Ich habe Ziele vor Augen, welche aber nicht mit überhöhten Vorstellungen einher gehen. Ich vertraue auf die Erfahrung und Ratschläge des Senators Aurelius." erklärte er.


    Als sein Bruder ihm dann von seiner Berufung zu den Prätorianern erzählte, war Merula wirklich überrascht. "Ich bin beeindruckt!" In diesem Moment empfand er schlicht Freude für seinen Bruder, wenn nicht sogar Stolz. Beides beschnitt in dieser Situation seine Weitsicht bzgl. der Bedeutung dieser Versetzung. Sein Bruder würde zu der Elite des Exercitus Romanus gehören, das stand außer Frage. Allerdings würde er somit auch Teil des Geheimdienstes sein, was aus den Elitetruppen als oberste militärische Autorität im Reich noch den Status eines Terrorinstruments einbrachte. Merula war noch zu unerfahren und jung, um das zu erkennen, weshalb er auch nicht verstand, weshalb sich die Freude seines Bruders in Grenzen hielt. In einigen Monaten, sobald er einige Zeit in Rom verbracht haben wird, würde er das vermutlich besser verstehen und hoffentlich nicht am eigenem Leibe erfahren müssen. "Demnach wirst du mich auf meiner Reise nach Rom begleiten können?" Dass Merula der sein würde, der seinen Bruder und den flavischen Tribun begleiten würde, konnte er in diesem Moment ja noch nicht wissen. "Deine Freude scheint sich in Grenzen zu halten." konstatierte der Jüngere dann schließlich doch noch.

    Dass es seinem Bruder evtl. unangenehm zu sein schien, über diese Geschichten zu sprechen, merkte Merula anhand seines Tonfalls und seiner Mimik nicht. Somit gab er sich mit Aulus Antwort zufrieden.


    Für wahr, der Wolf schien tatsächlich das "Haustier" seines Bruders zu sein. Etwas verunsichert und mit hochgezogenen Augenbrauen pendelte sein Blick zwischen Verus und dem Wolf hin und her. Wie das in Rom laufen sollte, wusste er nicht. Die Spitze des Flavius nahm er natürlich nicht als solche wahr, für ihn schien der Gedanke durchaus plausibel.


    Tatsächlich war der neu dazu gestoßene Offizier, welchen er interessiert beäugte, nachdem ihm dessen Familienbande zu den Iuliern eröffnet worden waren. Dieser schien im Rang auch noch höher zu sein, jedenfalls konnte er das an seiner Aufmachung feststellen. Etwas erschrocken zeigte sich Merula dann aber doch ob des Tonfalls des Soldaten. Innerhalb dieser Mauern schien – natürlich verständlicher Weise aber für den jungen Tiberius natürlich durchaus ungewohnt – einen rauerer bzw. schlichterer Umgangston zu herrschen. Die Formulierung der Bestätigung seines Bruders ob der Bezeichnung des Iuliers für Merula empfand er überhaupt nicht als herabsetzend, auch wenn die Soldaten alle Nicht-Soldaten etwas zu belächeln schienen. Mit dem nötigen Respekt durch ein anerkennendes Nicken aber in neutralem Tonfall begrüßte er den Offizier. "Salve, Praefectus Iulius."


    Während er nun das weitere Gespräch verfolgte und auf das finale Startsignal wartete, vernahm er aus den Augenwinkeln, dass sich Connell, sein Custos Corporis der Truppe genähert hatte. [WRAPIMG=right]http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Kelte.jpg[/WRAPIMG] Mit starrem Blick und regungslos stand er etwas abseits der Gruppe aber doch nur wenige Schritte entfernt von Luna, die ihn ziemlich zu interessieren schien. Als sie seinen Blick traf, formten sich seine durch den ungepflegten Bart nur schwer erkennbaren Lippen zu einem dümmlichen Lächeln. [WRAPIMG=left]http://www.imperiumromanum.net…/ava_galerie/Grieche1.jpg[/WRAPIMG] Diogenes war hinterher geeilt und hatte sich schräg hinter seinem dominus platziert, welchen er, als Merula verwundert über seine Schulter sah, darüber informierte, dass das böse enden konnte. "Ich konnte den Dümmling in seiner Beschränktheit nicht davon abhalten, dominus." Was der junge Tiberius nur mit einem strafenden Blick und einem leisen "Das sehe ich selbst!" kommentierte. "Connell, nicht machen. Komm her." befahl er dem Hünen mit bestimmendem Tonfall und einem Fingerzeig auf einen Fleck abseits der Gruppe. Dieser schien seine Augen aber nicht von der Sklavin abwenden zu wollen, weshalb der Tiberius noch einmal nachhakte "Connell!", woraufhin der Berg von Mann mit einem schlichten "Huh? Okay, donimus" antwortete. Diogenes vergrub sein Gesicht beschämt in der rechten Hand. Dieser Trottel war so unbelehrbar wie eine vertrocknete Orange! War dominus nicht das erste Wort, was er ihm beigebracht hatte? Connell zog sich zurück, nachdem er die Sklaven noch einmal dümmlich anlächelte und ein "Frau, hübsch!" von sich gegeben hatte.
    "Ich muss mich entschuldigen, Connell überzeugt mehr durch seine Größe und Kraft als durch seine Intelligenz und Umgangsformen." erklärte er den Umstehenden. Dass der Sklave weit davon entfernt war, Latein perfekt zu verstehen oder gar zu sprechen, konnte man anhand Merulas simpel formulierten Anweisungen erahnen.

    Zitat

    Original von Gaius Iulius Caesoninus
    Hm, ständig immer nur Drohungen... -.^ :(


    Um da als "Dritter" kurz was anzufügen:


    Menschen haben verschiedene Wahrnehmungen, dessen muss man sich vor allem bzgl. seiner eigenen bewusst sein. Nicht alles ist genau so gemeint, wie man es auffasst. Axilla hat dir hier ganz sachlich und neutral aufgezeigt, was möglich ist, dir also deine Frage beantwortet. Der Hinweis bzgl. des Einschreitens ist eben auch ein Hinweis aus den Reihen der SL.


    Also nicht immer direkt vom Schlimmsten ausgehen. :)

    Die Bezeichnung seiner selbst als Zivilst, nahm er Merula seinem Bruder keinesfalls übel. Ebenso wenig pikiert zeigte er sich ob der Geste eines Faustschlag auf seine Brust. Diese Geste empfand er eher herzlich und brüderlich als frech, auch wenn er diese vor dem Flavius als etwas unpassend erachtete. Wenngleich er beeindruckt von der Kraft seines Bruders war, auch wenn er für den kleinen Schlag vermutlich kaum Anstrengung aufbringen musste, fühlte er sich etwas unwohl – er musste einen kleinen Schritt zurückweichen und nach dem Schlag etwas nach Luft schnappen, da dieser doch recht überraschend kam, was ihm noch einmal den immensen körperlichen Unterschied zu seinem älteren Bruder vor Augen führte. Nachdem er sich sicher war, wieder einen Satz ohne Atemnot herausbringen zu können, kommentierte er Aulus Erklärung hinsichtlich der Verbundenheit zu seinen Männern "Wie spannend! Ich brenne darauf, davon zu hören." Auch wenn Merula keinerlei Erfahrungen über das Soldatenleben hatte, war er doch fasziniert davon und durchaus interessiert. Er würde sich von seinem Bruder bestimmt die ein oder andere Sache abschauen können – was weniger kämpferische Fertigkeit als viel mehr charakterliches anbelangte.


    "Vortrefflich. Er steht vor der Porta bereit." entgegnete er Aulus euphorisch und beruhigt zu gleich. Der Flavier würde sich vermutlich jetzt schon und wohl spätestens im Laufe der Reise fragen, wie die beiden Tiberier wirklich Brüder sein konnten, so unterschiedlich wie sie waren – in diesem Gespräch zeigte das allein schon die verbale Ausdrucksweise. Auch der Tribun würde wohl nicht die ganze Zeit hoch zu Ross reisen, was Merula sehr erfreute – so waren die Gespräche innerhalb des Wagens als Unterhaltung für die lange Reise wohl gesichert!


    Die Reaktion des Flaviers ob des Abschiedes für Verus nahm Merula etwas enttäuscht wahr. Vermutlich hatte der Tribun ähnliches erwartet. Bevor sich ein weiterer hochrangiger Offizier zu der Reisegruppe gesellte, schaute der Jüngere seinen Bruder ob der Frage des Flaviers verwundert an. Sein Bruder besaß doch wohl keines dieser hiesigen Bestien! Eins stand fest, so ein Tier kam Merula in Rom nicht ins Haus. Innerlich den Kopf schüttelnd wandte er sich dann wieder dem gerade angekommenen Offizier zu. Anscheinend bekam der flavische Tribun doch noch seinen Abschied.

    Etwas skeptisch – allerdings nach außen hin nicht zeigend – nahm er die Mimik und Gestik seines Bruders wahr und hörte seinen Worten zu. Auf der einen Seite schien ihn die Sache zu belasten, so als hätte Merula einen verständlicher Weise wunden Punkt getroffen, auf der anderen Seite sprachen seine Worte eine andere Sprache. Lediglich am Tonfall konnte der Jüngere ausmachen, wie sich sein Bruder wohl fühlte.
    An einer Stelle wollte Merula einhaken und betonen, dass auch er wusste, wie diese Welt war, auch wenn er das noch nicht wirklich am eigenen Leibe wie ein Soldat erlebt hatte, ließ Verus aber ausreden. Im Gegensatz zu ihm hatte er bislang ein recht harmloses und gutes Leben führen können.


    Zum Schluss seiner Rede kam er endlich zu dem Punkt, wo der Hase im Pfeffer lag. "Für wahr, Aulus, für wahr..." konstatierte er zunächst als Antwort auf Aulus sensible Gefühlsregung, welche er nun nicht mehr zu verstecken in der Lage war. "uns und Corvina." vollendete er dann schließlich seinen Satz, um seinem Bruder zu verdeutlichen, dass selbst die größte Entfernung die drei Geschwister nicht trennen konnte. "Aulus." setzte der Jüngere an, um dem Älteren seinen Plan zu offenbaren. "Es steht außer Frage, dass man Corvina nicht mit der Situation in Rom allein lassen kann. Auch wenn Tante Maximilla bereits dort eingetroffen ist, sehe ich es als meine familiäre Pflicht an, meine Bildungsreise auf unbestimmte Zeit zu unterbrechen und nach Rom zu reisen. Es bedarf einer männlichen Hand, um die Geschicke der Familie zu lenken." Onkel Titus war schließlich der letzte Tiberius vor Ort in Rom gewesen, bis die Aufständischen ihn brutal verprügelten und auf abscheulichste Weise am Kreuze sterben ließen. "Ich muss Senator Aurelius Lupus dafür danken, dass er unsere Schwester und Tante Maximilla aufgenommen sowie seine Unterstützung angeboten hat. Ferner muss sich um die Trümmer der Villa gekümmert werden, so schnell wie möglich." Nicht auszudenken, was es über die verbleibenden Tiberier aussagen würde, wenn sich am Westhang des Esquilinus nichts tun würde.
    "Ich werde mich um die Fürsprache Lucias Gatten bemühen und hoffe auf die Unterstützung von Senator Aurelius, um in Rom Fuß fassen zu können. Sofern mir die Götter gewogen sind, wird mich der Cultus in Rom als Pontifex Minor einsetzen. Die Tiberier haben in ihrer Geschichte genug einbüßen müssen und dieses Mal war es sogar nicht selbstverschuldet. Die Tiberier dürfen in Rom nicht untergehen." Sein Bruder wusste, dass Merula bereits in Achaia als Pontifex tätig war. Er wusste aber auch, dass sein jüngere Bruder noch einen weiten Weg vor sich hatte, um den großen Tiberiern wie Tiberius Maximus, Tiberius Vitamalacus, Tiberius Durus – der die letzte oben angesprochene selbstverschuldete tiberianische Familienkrise durch seine maßgebliche Anteilnahme an der Ermordung des damaligen Kaisers Valerianus ausgelöst hatte – und zuletzt Tiberius Lepidus, Lucias Bruder, der sich seit einiger Zeit auch aus Rom zurückgezogen hatte, nachzueifern zu können. Nach der Erörterung seines Plans, den er durchaus in selbstbewusstem Ton vorgetragen hatte, zeigte er seinem Bruder durch folgende Frage, dass er sich nicht sicher war, ob er der Sache gewachsen sein würde. "Ich nehme an, dein Dienst im Exercitus Romanus hält dich hier am Limes?" Wie schön wäre es, wenn der Ältere mitkommen könnte? Merula wusste zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht, dass Aulus zu den Prätorianern berufen worden war und folglich mit ihm nach Rom kommen würde.

    Auf der Reise musste Merula unbedingt mit seinem Bruder sprechen. Der Flavier bezeichnete jenen nämlich als "so verdienten Soldaten", anscheinend hatte Aulus einiges als Soldat hier bei der Legio geleistet. Auf den Hinweis des Tribuns bzgl. der Ankunft seines Bruders hin drehte sich der junge Tiberier in eben jene Richtung und beobachtete das Schauspiel. Beliebt schien Aulus nicht weniger zu sein als "so verdient". Die ganze Centurie salutierte vor ihm, um ihn gebührend zu verabschieden. Verwundert aber in jedem Falle anerkennend und sogar voller brüderlichem Stolz nahm er die Szene wahr – was so ein paar Jahre als Soldat aus einem Mann machen konnte, beeindruckend! Aulus war immer sehr sensibel gewesen, was er sicherlich auch noch war, aber er schien diese mit den Jahren durch sein Auftreten wett gemacht zu haben.


    Der Tribun legte Merula indessen dar, wer zu seinem Gefolge gehörte. Patroklos grüßte er ebenso mit einem kurzen Nicken zurück, bevor er erschrocken einen Schritt zurück trat, als er die Sklavin mit dem Wolf gesehen hatte. Ein Wolf... in der hiesigen Provinz wohl nichts außergewöhnliches, obgleich jenes Tier als Haustier vermutlich doch wohl etwas ungewöhnlich wahr, in Achaia oder Hispania doch eine Seltenheit, jedenfalls hatte Merula so ein Tier noch nie gesehen. Beruhigt ob der Gelassenheit dieses Tieres - es saß artig neben seiner Herrin, die wohlgemerkt eine Sklavin war, - grüßte er die junge Frau ebenso mit einem kurzen Nicken zurück. Der Tiberier nutzte ebenso die Gelegenheit, um sein Gefolge vorzustellen, damit die Reisenden wussten, wer sie da begleitete.

    http://www.imperiumromanum.net…/ava_galerie/Grieche1.jpg "Nun, werter Flavius, der Grieche mit lichtem Haar ist mein Leibsklave und geschätzter Berater." Diese Beratertätigkeit beschränkte sich natürlich im Gegensatz zu jener, die der Flavier für sein berufliches und politisches Wirken beanspruchten mochte, auf einer ganz basale Ebene, war Merula doch bislang nur als Pontifex tätig und auf einer Bildungsreise gewesen.

    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Kelte.jpg "Der große keltische Hüne, Connell, ist mein Custos Corporis. Da sein Intellekt weit weniger groß ist als seine Muskeln und er der lateinischen Sprache noch nicht wirklich mächtig ist, konnte ich ihn auf einem Sklavenmarkt in Belgica für ein mäßiges Angebot erstehen." Mehr wollte Merula auch gar nicht erläutern, waren diese Informationen doch eher belangloser Natur. Während sein Bruder nun ebenfalls zum Tross hinzustieß, hatte Connell wohl ein Auge auf die Sklavin Luna geworfen, jedenfalls war das seinem starren Blick und der offenen Futterluke zu erkennen, aus der schon der ein oder andere Tropfen Sabber in seinen Bart diffundierte. "Aulus!" begrüßte er seinen Bruder und schob eine durchaus ernst gemeinte Floskel hinterher "Ein wahrlich ehrenvoller Abschied deiner Männer." Ein Blick in das Gesicht seines Bruders verriet dem jüngeren Tiberius, dass Aulus sich nach wie vor nicht mit der Abreise bzw. der Versetzung nach Rom arrangieren wollte.


    Die Frage des Flaviers interpretierte er als rhetorische Frage bzw. Feststellung, weshalb er diese nur mit einem bestätigten Kopfnicken bejahte. "Gehe ich richtig in der Annahme, dass du die Reise wie mein Bruder hoch zu Ross bestreiten wirst?" Er fragte deshalb, weil er kein Pferd besaß und keinen Wagen sah. Sein Wagen stand vor der Porta der Castra. Man hatte ihm zwar gesagt, dass die erste Etappe per Schiff den Rhenus hinauf bis zu den Alpen genommen werden würde, allerdings wusste er nicht, wie groß das Schiff war und ob sein Wagen darauf Platz finden würde.



    Sim-Off:

    Ich wollte keine PN schreiben und auf die Antwort warten, bevor ich hier poste, damit wir keine Zeit verlieren. Wie bekomme ich Merula jetzt nach Rom? Soll er seinen Wagen mitnehmen, sofern das geht, oder kann er sich nach der Ankufnt mit dem Schiff einen organisieren? Bleibt ihr zu Pferd? Wenn Merula einen Wagen hat, wird es mit den Gesprächen ja schwierig, da die Wagen ja in der Regel wie eine Kutsche geschlossen sind.

    Den Kommentar hinsichtlich der Götter seitens seines Bruders ließ Merula einfach untergehen, schließlich war auch ihm klar, dass die Götter damit nicht viel zu tun hatten, aber man sagte das eben so als... Worthülse. Auch Wenn er in Achaia als Pontifex tätig war, war ihm schon länger klar gewesen, dass die Götter nicht so ein großes Mysterium waren, wie viele dachten. Etwas überrascht schien er dann ob der nächsten Worte seines Bruders. Hatte er wirklich keinen blassen Schimmer, worum es ging? Nichtsdestotrotz war die direkte Art seines Bruders annehmbar, konnten sie dann doch schnell zur Sache kommen. Diogenes und Connell warteten derweil etwas abseits, wobei Diogenes auf den keltischen Hünen aufpassen musste, für den die römische Zivilisation mehr bedrohlich als sicher war.


    "Deiner Reaktion entnehme ich, du weißt noch nichts von den Gerüchten aus Rom, welche mir unsere Cousine am gestrigen Abend anhand von Briefen diverser Kontakte als wahr offenbarte?" Merula konnte sich nicht vorstellen, dass sein Bruder völlig ahnungslos war, wenn ihn die Gerüchte schon in Belgica erreicht hatten. Vielleicht war Verus seinem Bruder gedanklich schon einen Schritt voraus und hatte sich schon gedacht, dass er mit Lucia gesprochen hatte und wartete somit auf einen Plan, was er nun tun wolle. Schon merkwürdig, dass der erste Wortwechsel seit langer Zeit alles andere war, als um den heißen Brei alla "Was treibt dich hier her? Wie ist es dir ergangen? Wie war es bis jetzt auf der Bildungsreise? bzw. Wie ist so das Lagerleben? Wie ist es so als Offizier?" herumzureden.

    Ad Tiberia Corvina
    Villa Aurelia | Mons Esquilinus
    Roma | Provincia Italia



    Liebste Schwester,


    voller Schrecken erreichten mich während meiner Bildungsreise die Gerüchte um die furchtbare Katastrophe, die nicht nur Rom sondern auch unsere Familie schwer getroffen hat. Indessen verweilte ich gerade in Belgica, weshalb ich mich umgehend nach Mogonitacum begeben habe, um Gewissheit bei unserer Cousine Lucia zu erlangen. Nach einer kurzen aber gefühlt gar unendlichen Zeit der Ungewissheit und Sorge um euch, erreichten uns mehrere Briefe aus der urbs aeterna. Schwester, ich bin so froh, dass es dir gut geht! Dennoch grämt es mich erfahren zu haben, was mit Onkel Titus geschehen ist, welch Tragödie! Umso mehr erleichtert mich der Umstand, dass Aurelius Lupus dir Zuflucht in der Villa Aurelia gewährt hat und unsere Tante Maximilla den Weg nach Rom gefunden hat, um dir in dieser Zeit beizustehen.


    Corvina, wir lassen euch mit der schweren Bürde dieser familiären Krise nicht allein. Wenn du dieses Schreiben erhälst, werden Aulus und ich in Kürze in Rom eintreffen. Unser Bruder wurde zu den Prätorianern berufen und ich breche meine Bildungsreise ab, um der Zukunft unserer Familie in Rom dienlich zu sein. Wir reisen mit Flavius Gracchus Minor, welcher sein Tribunat bei der hiesigen Legion absolviert hat. Mache dir also keine Sorgen, ein besseres und sichereres Geleit kann es gar nicht geben.


    Bitte richte Senator Aurelius unseren Gruß aus und Teile ihm mit, dass wir in Kürze eintreffen werden. Grüße auch Tante Maximilla von uns.


    Möge Minerva in ihrer Güte die Tiberii in diesen schwierigen Zeiten beschützen.


    Vale


    Dein geliebter Bruder


    [Blockierte Grafik: https://i.imgur.com/dNiDJLH.png]



    Regia Legati Augusti pro Praetore | Mogontiacum | Germania Sup.



    Sim-Off:

    überwiesen