Beiträge von Lucius Annaeus Florus Minor

    Nun erfuhr ich doch etwas mehr über meinen Gesprächspartner und was ich so hörte, machte mir Mut. Ich war offensichtlich nicht der Einzige in Rom, der keine Ahnung hatte, was er mit seiner Jugend nun anfangen sollte.


    Vielleicht kann uns da ja der gute Ovid etwas weiterhelfen. Immerhin meinte dieser, dass die Bilderausstellungen auf dem Forum und bei den Tempeln oder Theater und Wagenrennen durchaus geeignet sein sollen, um die Damenwelt kennenlernen zu können.


    Auch wenn ich mir bewusst war, dass in Rom vermutlich noch immer jeder einigermassen gebildete Mensch Ovid kannte, genoss ich es dennoch ein erstes Mal von meinem gelernten Wissen profitieren zu können.


    Wer weiss, vielleicht ergibt sich da ja tatsächlich einmal eine schicksalshafte Begegnung?

    Die nächste Person auf meiner Liste war der bekannte Senator Marcus Decimus Livianus. Er war selbst auf meiner Feier in Mantua gewesen, hatte mir ein richtig grosses und wunderschönes Geschenk überreicht und er hatte sehr lange Zeit mit meinem Vater verbracht. Alles Gründe, um ihn ganz weit oben auf meiner Besuchsliste zu haben. Als ich dann noch das Gerücht gehört hatte, er könnte vielleicht nach Germania beordert werden, hatte ich mich sofort für einen Besuch bei ihm angemeldet und nur kurze Zeit später auch die Bestätigung erhalten, dass er mich empfangen könne.


    Aus diesem Grund stellten nun die Sklaven die neue Sänfte, welche ich von ihm erhalten hatte, vor der Casa Decima Mercator ab.


    Und wie üblich klopfte mein Sklave an die Tür, während ich der Sänfte entstieg und mir die Toga richten liess.

    Ich sah in den Augen der Sklavinnen zum Teil die grosse Freude, welche ich ihnen mit diesem kleinen Geschenk machen konnte. Ein kleines Zeichen ihres Herrn, dass er sie als Frauen, als Lebewesen, als Menschen ernst nahm und nicht einfach wie eine gemeine Ware behandelte. Viele von ihnen banden sich gegenseitig den Anhänger sofort an die Arme und aus meiner Kindheit in Mantua wusste ich, dass sie diese auch mit Stolz tragen würden.


    Die Gens Annaea hatte eine Tradition was die Behandlung ihrer Sklaven anging. Es war Tradition, diese besser als üblich zu behandeln. Dies hatte sich bewährt, in den unterschiedlichsten Situationen, und führte dazu, dass wir nur selten Probleme mit ihnen hatten.


    Am Schluss trat auch Tante Sorana aus dem Schatten zu mir hin und nahm ihr Geschenk persönlich entgegen. Das freute mich nun umso mehr, als ich sie schon einige Tage nicht mehr gesehen hatte. Das Haus hatte sich leer angefühlt obwohl ich wusste, dass sie hier war.


    Tante, es freut mich sehr, dich an diesem Tag zu sehen!


    Ihren aufrichtigen Dank nahm ich mit einem breiten Lächeln entgegen und küsste sie familiär auf beide Wangen und die Stirn. Ob ich noch eine leichtes Zurückziehen und Zögern ihrerseits fühlte oder ich mich da täuschte?


    Sehr gerne. Möge Luna dich noch lange schützen!

    Irgendwo in der Menge der Menschen stand ich auch an diesem Tag. Ich war mir noch immer nicht im Klaren darüber, welchen Weg ich einschlagen wollte, den politischen oder den militärischen und erhoffte mir wirklich durch die geplanten Gespräche etwas mehr Informationen. Da war es natürlich für einen Grünschnabel wie mich ganz gut, die Feiern zur Amtseinführung gleich selbst mitzuverfolgen.


    Die Feierlichkeit der Verlesung berührte mich schon. Gespannt war ich nun aber auch auf die Eide.

    Am heutigen Festtag der Luna versammelte ich alle weiblichen Mitglieder des Haushaltes, die Bediensteten und Sklavinnen vor dem Lararium. Ob Tante Sorana dem Aufruf auch gefolgt war konnte ich nicht ausmachen. Es waren viele Frauen da und Sorana konnte sich problemlos irgendwo verdeckt halten.


    Nachdem ich die üblichen Riten für die Laren und Penaten abgehalten hatte und auch den Vorvätern der Annaeer die täglichen Gedanken gewidmet hatte, weihte ich am Lararium die alljährlich erneuerten "Lunula"-Anhänger.


    Ich hatte keine Ahnung, ob diese Tradition römischen Ursprunges war, oder ob der Freund meines Vaters, ein König aus einem fernen Land in welchem mein Vater viele Jahre gelebt hatte, diese Tradition über seine Religion in die Familie gebracht hatte. Auf jeden Fall war ich damit gross geworden und liess es mir nicht nehmen, dieses schöne Zeichen für die weiblichen Mitglieder des Hauses auch in Rom zu geben.


    Für die jungen Mädchen und Sklavinnen waren es bloss kupferbleche in Form eines Viertelmondes, welche sie an einem kleinen Lederband um das Handgelenk tragen durften. Jedes Kupferblech war mit "Annaea" gestempelt und diente gleichzeitig als Zeichen der Zugehörigkeit und Glücksbringer. Luna war für mich nicht besonders wichtig, doch ich verstand schon lange, dass ihr Rhythmus für die Frauen von grosser Bedeutung war.


    Für die freien Mitglieder des Haushaltes waren die Anhänger aus Silber gearbeitet und mit dem entsprechenden Namen graviert. Sie durften ihn als Schmuck um den Hals oder am Arm tragen oder gar im Lederriemen der Schuhe einknüpfen.


    Für Tante Sorana hatte ich einen goldenen Anhänger herstellen lassen, den ich ihr, falls sie nicht selbst anwesend sein sollte, nach dem Ritus durch ihre Leibsklavin überbringen lassen würde.


    Nach Ende der Riten stand ich auf, drehte mich um und überreichte allen Anwesenden feierlich ihr kleines Geschenk.

    Da ich zu den Ereignissen im Bürgerkrieg überhaupt nichts sagen konnte, war ich doch damals noch ein wirklich kleines Kind und wohlbehütet auf dem Landgut in Mantua untergebracht, entschied ich mich, das Thema Annaeus Varus nicht weiter zu verfolgen.


    Viel interessanter war es für mich, auch etwas über diesen Helvetier zu erfahren. Doch diesen Gefallen tat er mir nicht. Er erklärte mir weder, weshalbe er die Ehefrau eines Senators so gut kannte, dass er wusste wen sie bewunderte, noch weshalb er meinte, wir könnten über sie miteinander verwandt sein.


    Das Gespräch nahm dann jedoch eine etwas andere Wendung und wurde zum Glück unverbindlicher. Ich fühlte mich sofort etwas wohler und legte meine Hände in den Nacken, um den Rücken wieder etwas zu strecken.


    Ein Bad für den Herrn nach einem anstrengenden Tag kommt sicherlich auch den Damen entgegen. Wobei ich da erst einmal eine finden müsste. Ich bin noch nicht lange in Rom und da mein Vater leider schon lange verstorben ist auch noch nicht vernetzt genug, um die Damen der Gesellschaft bereits mit meiner Anwesenheit bei ihren Festen und Feiern beglücken zu können.


    Ich möchte jetzt erst einmal meinen Weg finden, bevor ich mich bewusst um die Familiengründung kümmere, wobei ich natürlich nicht abgeneigt bin, meine Pläne zu ändern, sollte mir eine spezielle Dame über den Weg laufen.


    Noch immer kam es mir so vor, als würde ich dem Helvetier eigentlich nur von mir erzählen. Aus diesem Grunde fragte ich nun ganz direkt nach:


    Und du? Wie sieht deine Planung aus. Hast du schon jemanden im Auge?


    Obwohl die Frage durchaus darauf abzielte, mein Gegenüber etwas erzählen zu lassen, war sie im Tonfall ähnlich locker formuliert wie zuvor seine Frage. Noch immer war unser Gespräch alles Andere als formell oder ernsthaft.

    Sim-Off:

    OMG! Das Thema weckt schöne Erinnerungen! Dass du das noch gefunden hast! Ist ja schon 7.5 Jahre her!


    Eine Sklavin trat mir im Atrium entgegen. Sie war hübsch, nein sogar schön und ich musste mich daran erinnern, dass solche Gedanken für einen Römer nicht sittsam waren. An der Farbe ihrer Haare meinte ich eine Keltin erkennen zu können. Die Geste war eindeutig. Ich nahm mir also den Becher und einige Stückchen Obst und schaute mich dann um. In diesem Haus hatte meine Mutter gewohnt bevor sie meinen Vater kennenlernte. Vermutlich war genau hier auch die Hochzeit arrangiert worden und nun waren beide tot und ich wieder hier. Welches Spiel wohl die Götter mit mir spielten? Ich schickte schnell ein Stossgebet zum Himmel bevor ich einen Schluck vom Wein nahm. Die gute Qualität und grosszügige Verdünnung verrieten den hohen Status und guten Geschmack der Iulier.


    Ich stellte mich auf eine längere Wartezeit ein, denn ich wusste sehr wohl, dass ich nicht angekündet erschien. Es war eher ein unschuldiger Versuch gewesen aber immerhin war der Senator zu Hause.

    Ich bleibe gerne hier bei der Sänfte. Danke! antwortete mein Sklave.


    Ich nickte diesem zu und trat derweil zur Tür, grüsste den Ianitor freundlich mit Salve! und trat dann bewusst mit dem rechten Fuss zuerst über die Schwelle. Der Ianitor schloss die Tür hinter mir und deutete den Weg ins Atrium.

    Das Wissen dieses Mannes über meine Familie erstaunte mich nun doch. Wer kannte denn schon den Namen eines Urgrossvaters einer sehr wahrscheinlich angeheirateten Dame? Naja, ich hatte jetzt nicht wirklich die Zeit mir darüber den Kopf zu zerbrechen.


    Daher antwortete ich freundlich: Soweit ich weiss ist Annaeus Varus sein nächster noch lebender Verwandter. Er ist aber seit längerer Zeit auf Reisen weit entfernt von Italia. Ansonsten fürchte ich, dass ich der einzige noch lebende Annaeus bin.


    Der Name Sergia Fausta kam mir hingegen auf Grund meiner Abklärungen über die Personen welche ich besuchen wollte oder sollte nicht mehr fremd vor.


    Sergia Fausta ist doch die Ehefrau des Senators Iulius Dives, oder nicht? erkundigte ich mich erst vorsichtig. Es gab ja keinen Grund einfach zuviel von mir zu verraten. Erst sollte auch der Andere wieder etwas von sich preisgeben.

    Salve, mein Herr Lucius Annaeus Florus Minor, Sohn des Lucius Annaeus Florus und der Annaea Iuliana wünscht seinen Verwandten, den Senator Iulius Dives, zu sprechen. antwortete mein Sklave.


    Auf diese Ankündigung stellte ich mich so hin, dass der Ianitor mich sehen konnte und nickte ihm zu. Damit war es mir möglich zu vermeiden, dass jener das Gefühl erhalten könnte, hier würde sich jemand bloss einen Scherz erlauben. Manchmal gab es in Rom ganz komische Versuche einen Ianitor abzulenken, meist um einen Raub oder ähnliches vorzubereiten.

    In meiner neuen Sänfte liess ich mich zur Domus Iulia bringen. Dort angekommen stieg ich aus, liess mir die Toga richten und nickte dann meinem Leibsklaven zu, der schon als kleines Kind meinem Vater gehört hatte und der Familie mehr als nur treu diente, dass er anklopfen solle.

    Nach einer kleinen Pause, in welcher wir beide einfach das lauwarme Wasser zu geniessen schienen, fragte Helvetius Commodus leise nach meiner Familie. Ich war zwar etwas erstaunt, doch kam mir sogleich auch wieder in den Sinn, dass meine Gens ja auch nicht ohne Bekanntheit war in Rom. Daran musste ich mich sicherlich zuerst noch gewöhnen.


    Direkt verwandt nicht, nein. Er war ein Onkel 3. Grades oder so. Die Verwandtschaft geht auf einen Urgrossvater zurück, glaube ich. Aber mein Vater hatte recht viel mit ihm und seinem Vetter Decimus Annaeus Varus zu tun. Kanntest du Annaeus Modestus? fragte ich ungezwungen zurück.

    Einige Tage später sass ich wieder über meiner Liste im Officium. Das Ganze gestaltete sich etwas schwieriger als ich zuerst eigentlich gehofft hatte.


    Erstens war Tante Sorana seit meiner Ankunft irgendwo in der Domus verschwunden und ich hatte sie seither nicht mehr gesehen.


    Zweitens war es gar nicht so einfach herauszufinden, wo die diversen Herren welche ich besuchen wollte gerade waren. Dennoch hatte ich in den letzten Tagen grosse Fortschritte gemacht, die ich nun festhalten wollte.


    Aus diesem Grund ergänzte und gestaltete ich die Liste nun neu:


    Marcus Iulius Dives - Familie, mein älterer Neffe, Grossvater = Bruder meiner Mutter - Spintriae - Rom, Domus Iulia, Esquilin - Senator


    Spurius Purgitius Macer - Geschenk - Enger Freund des Vaters - Rom, Domus Purgitia - Senator


    Marcus Decimus Livianus - enger Freund des Vaters - Sänfte + Pferde - Rom, Casa Decima Mercator, Mons Caelius - Senator - Nachfrage nach Maximus Decimus Meridius, Patron des Vaters


    Gaius Prudentius Primus - Gast Decimus Livianus


    Gens Duccia


    Als ich dann meine Arbeit begutachtete, nahm ich noch einige kleine Anpassungen vor und beschloss danach, mich in die Domus Iulia auf dem Esquilin zu begeben. Das war ja nicht wirklich weit entfernt, auch wenn diese Domus auf der nördlichen Seite des Hügels stand und unsere auf der südlichen.

    Zitat

    Original von Marcus Helvetius Commodus
    "Dann bin ich beruhigt. Ich war bisher noch nicht wirklich oft hier und bin auch erst seit kurzem wider in der Stadt nach fast 3 Jahren Abwesenheit. Dementsprechend entzog sich meiner Kenntnis ob vielleicht um diese Zeit an diesem Ort sich vielleicht immer die gleiche Gruppe trifft.
    Marcus Helvetius Commodus ist mein Name. Denn soweit ich weiß sind wir uns noch nie begegnet?"


    Auch ich bin noch nicht lange in der Stadt, erst wenige Tage. antwortete ich dem Neuen. Lucius Annaeus Florus Minor ist mein Name.


    Plötzlich wurde der Mann neben mir, der bisher geschwiegen hatte, unruhig.


    Zitat

    Original von Tiberius Helvetius Faustus
    Bei den Göttern, aus dem Schwimmen heute wird nichts. Ich habe doch glatt einen Termin vergessen. Tut mir leid ich muss weg. Vale.


    Oh, das ist natürlich ärgerlich. brachte ich gerade noch heraus, bevor er schon wieder weg war. Mein Verdacht, dass ich diesen Mann eigentlich müsste erkennen können, erhärtete sich, doch da er bisher nicht einmal seinen Namen genannt hatte, konnte ich natürlich noch immer nicht wissen, um wen es sich handelte.


    Da durch diesen abrupten Abgang auch das sich anbahnende Gespräch mit dem Neuen unterbrochen wurde, schwieg ich nun und rutschte gemütlich etwas weiter ins Wasser, so dass nun auch die Schultern bedeckt waren und nur noch mein Kopf heraus schaute.

    Während ich noch auf eine Antwort des ersten Herrn wartete und wir uns derweil im Becken des Tepidariums niedergelassen hatten, kam ein weiterer Mann ins Bad. Er trat sehr energisch auf, steuerte direkt auf uns zu und grüsste uns.


    Salve. Wir sind auch eben erst gekommen und haben noch kein persönliches Gespräch begonnen. Eine Störung liegt daher nicht vor.


    So grüsste ich zurück und beantwortete zugleich seine Frage. Obwohl die Stadt Rom für mich noch neu war, so waren des Thermen nicht und ich war es durchaus gewohnt in diesen Räumen Gespräche zu führen die der Erheiterung oder dem philosophischen Austausch dienten, nicht jedoch der Politik oder dem persönlichen Gewinn.

    Der Mann machte auf den ersten Blick einen erstaunten Eindruck. Vielleicht war er bekannt und ging davon aus, dass ich wüsste, wie anstrengend sein Tag war. Das würde natürlich auch erklären, weshalb er mir bekannt vorkam.


    Naja, ein ziemlich ungewöhnlicher Tag, würde ich sagen. Daher definitiv zur Entspannung. Doch verzeiht die Unhöflichkeit, Lucius Annaeus Florus Minor ist mein Name.


    Mehr wollte ich noch nicht sagen, denn ich wusste ja noch nicht, ob er an einem Gespräch interessiert war, oder ob sein Gruss blosse Höflichkeit gewesen war. Solche Dinge stellten sich für gewöhnlich jedoch ziemlich schnell heraus.

    Ich wurde von einem Herrn gegrüsst, der mir zwar irgendwie bekannt vorkam, aber ich konnte ihn nicht zuordnen. Dies passierte mir öfters, konnte ich mir doch Gesichter recht gut merken, jedoch nur selten die Namen dazu. Mein Kopf schien eher mit Erlebnissen zu arbeiten als mit Namen.


    Salve antwortete ich dem Fremden. Da er ebenso wie ich nicht direkt auf eine der Menschengruppen im Tepidarium zusteuerte, nahm ich an, dass auch er keine konkrete Verabredung hatte, sondern ähnlich wie ich kurzfristig oder zufällig hier war.


    Ein anstrengender Tag? fragte ich daher freundlich.

    Als Vorbereitung für diverse meiner Vorhaben war heute der Gang zum Tempel der Vesta auf dem Programm. Hier wurden die Testamente aufbewahrt, wenn jemand sich die Mühe machen wollte, erstens eines zu schreiben und zweitens es für nötig befand dieses auch noch sicher zu verwahren. Das war natürlich nicht bei allen Leuten so, aber wenn ich schon versuchen wollte möglichst viel des Vermögens meiner Familie zu erhalten, dann sollte ich natürlich auch hier vorbeischauen, ob nicht einer meiner Verwandten ein solches Werk hinterlassen hatte.


    So stand ich denn am Eingang und nachdem ich mich bemerkbar gemacht hatte wartete ich auf eine Reaktion von innen.