Ich war an diesem Tage wieder in meinem Officium und sass an einer Liste mit Namen, die ich nun in Rom besuchen sollte. Freunde meines Vaters, mögliche Patrones, Gäste meiner Feier in Mantua, Familie im weiteren Sinne.
Meine Gedanken schweiften immer wieder ab zum Ritual am Lararium dieses Morgens. Irgendwie war etwas nicht in Ordnung, aber ich konnte beim besten Willen meinen Finger nicht darauf legen. Es war nur so ein Gefühl, welches mich seit dem Gebet und dem Gedenken an meinen Vater nicht mehr loslassen wollte.
Auf der Liste standen noch nicht viele Namen und geordnet war auch noch nichts:
Spurius Purgitius Macer - Geschenk
Marcus Iulius Dives - Familie - Spintriae
Marcus Decimus Livianus - Vater - Sänfte + Pferde
Gaius Prudentius Primus - Gast
Decimer
Iulier
In diesem Moment platzte einer der jungen Sklaven herein, welche im Haushalt mit den weiblichen Sklavinnen zusammen auch für die Lagerräume und die Küche verantwortlich waren. Angeklopft hatte er nicht und er war völlig ausser Atem: Dominus, dominus, verzeiht, es gibt schlimme Nachrichten!
Ich unterliess es auf Grund dieser Ankündigung ihn für das vergessene Klopfen zu rügen, sprang auf und wischte dabei die Tabula mit den Namen vom Tisch.
Ganz ruhig, Junge. Hol tief Atem und erzähl. Was ist denn los?
Der Junge beruhigte sich etwas, erinnerte sich daran, wo er gerade war und stellte sich anständig hin, bevor er mit gesenktem Blick zu erzählen anfing:
Die Sklavinnen, welche heute die Einkäufe erledigen sollten, sie sind ohne Waren zurückgekehrt. Sie sagten, auf den ganzen Märkten seien bloss noch Rohstoffe zur Weiterverarbeitung in Geschäften, Luxusgüter für Weihezeremonien und nur noch ganz wenige Lebensmittel zu kaufen. Möbel und andere Annehmlichkeiten gäbe es gar keine im Moment. Es muss etwas ganz Schlimmes passiert sein!
Wie ein Vorschlaghammer traf mich die Erkenntnis heute beim Gebet vielleicht ein Zeichen meiner Vorfahren oder Familiengötter erhalten zu haben, welches ich in meiner Unwissenheit nicht richtig hatte deuten können.
Bei allen Göttern! Das tönt in der Tat nicht gut. Hunger in Rom wäre schlimm!
Ich begann mir zu überlegen, was wohl mein Vater getan hätte, unterbrach diesen Gedanken aber sofort. ER war nicht mehr hier. ICH war hier, ICH musste handeln.
Schnell, schicke den schnellsten Burschen in eine Bäckerei und bestelle 100 frische Brote. Falls sie nicht liefern können, nimm alles was sie liefern können und sammle in der nächsten Bäckerei weiter. Lass alles hierher bringen!
Der Bursche schaute mich entsetzt an. Nein, das ist nicht für uns. Ich will es auf dem Forum verteilen. Während du das machst, werde ich in der Vorratskammer sehen, was wir an frischem Fleisch und Obst gelagert haben. Dann werde ich mit den Männern die Aktion vorbereiten.
Der Kleine sah erleichtert aus, nickte und rannte los. Ich selbst liess alles stehen und liegen und brüllte durch die Domus: Alle männlichen Sklaven zu mir in das Atrium! SOFORT!