Beiträge von Arwid

    Hatte Arwid anfangs geglaubt, er würde nicht lange in diesem Kerker sitzen, wurde er, mit jedem Monat der verging, eines besseren belehrt. In all der Zeit hatten sich seine Kerkermeister redlich darum bemüht, ihn wieder genesen zu lassen und ihm mit allem versorgt, was nötig gewesen war, damit er am lieben blieb. Sein verletztes Bein war wieder gut ausgeheilt, was unter den gegebenen Umständen fast einem Wunder glich. Keinen einzigen Tag hatte er hungern müssen. Die Ketten jedoch hatte man ihm gelassen, weil er wohl immer noch eine große Bedrohung darstellte.


    Dennoch war die lange Zeit nicht spurlos an dem Germanen vorübergehangen. Am Anfang seiner Gefangenschaft hatte er jeden Tag damit gerechnet, man würde ihn aus seiner Zelle zerren und ihn ans nächste Kreuz schlagen. Doch nichts dergleichen war passiert. Nach dem Besuch des Tribuns vor etlichen Monaten hatte sich außer den Wärtern niemand mehr hierher verirrt. Der Schein ihrer Fackeln war das einzige Licht, das er zu sehen bekam. Man ließ ihm genug Zeit, sich immer und immer wieder mit dem Geschehenen zu beschäftigen. So durchlebte er jede Nacht immer wieder den Kampf im Auenwald. All die, die ihm gefolgt waren und an seiner Seite niedergemetzelt worden waren, erschienen ihm allmählich im Traum. Ihr Schreie und ihr Klagen bescherten ihm unruhige Nächte und trugen mit dazu bei, dass er Nacht für Nacht immer ein Stückchen mehr in den Wahnsinn abdriftete.


    Sein Äußeres hatte sich zwangsläufig auch in der langen Zeit verändert. Langes verfilztes Haar zierte sein Haupt und ein ähnlich zottliger Bart war ihm gewachsen. Sein Geist stumpfte mit der Zeit immer mehr ab. Anfangs hatte er sich mit den Ratten, die sich in den Zellen tummelten, beschäftigt. Inzwischen starrte er nur noch teilnahmslos in die Dunkelheit und wartete. Er wartete auf den Tod, der einfach nicht kommen wollte. Was hatte er nur getan, weshalb ihm die Götter keinen schnellen Tod gewährt hatten?


    Doch dann eines Tages wurde der alltägliche Trott unterbrochen. Da waren Stimmen – römische Stimmen, die zu seinem Geist vordrangen. Neben dem Wachsoldaten, dessen Fackel die Zelle für einen kurzen Augenblick aufhellte, waren noch zwei andere Soldaten, die sich offensichtlich eine Übersicht über die Gefangenen verschafften. Was hatte das zu bedeuten? Arwid sah kurz auf, doch der Schein der Fackel blendete ihn. Als er seine Hand schützend vor seine Augen hielt, war das Rascheln seiner Ketten zu hören. „R a u s!“, versuchten seine Lippen zu formen. Seine Stimme klang rau. Dann versuchte er es nochmals, diesmal etwas kraftvoller. „Lasst mich hier raus!

    Arwid würde endlich gern hingerichtet werden...


    … und wenn wir schon dabei sind, Ygrid sitzt auch schon ewig im Carcer und wartet darauf, dass es irgendwie weitergeht... 8o

    Wenn Othmar hier gewesen wäre, hätte er gewiss einen großen Teil zur Aufklärung beitragen können. Er hätte seine sentimentale Geschichte zum Besten gegeben und entschuldigend erklärt, dass Thula ihn an seine Tochter erinnerte, die er vor vielen Jahren verloren hatte. Doch Othmar war nicht hier. Nach langem Zögern hatte er sich doch noch dazu durchringen können, gegen die Römer zu kämpfen. Er war einer der Ersten, die Gefallen waren. Irgendwo im Auenwald vermoderten nun seine Gebeine.
    Stattdessen musste sich die Sklavin mit Arwid zufriedengeben: selbstverliebt, zerstörerisch und kalt. Wenn Arwid jemals ein Gewissen besessen hatte, so hatte man es in der Sklaverei aus ihm herausgepeitscht.


    Selbstgefällig entgegnete er Thulas Blick, die ihn aufgefordert hatte, die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit – was war das schon? Die Wahrheit konnte man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und jedes Mal wirkte sie anders auf den Beobachter.
    "Entführt?" Mit gespieltem Befremden und aufgerissenen Augen wanderte sein Blick von Thula auf den Tribun zu. "Hat sie dir das erzählt? Wir hätten sie entführt? Hat sie das?" Darauf folgte ein kurzes spöttisches Lachen. Das Gesicht des Germanen nahm schnell wieder ernste Züge an. "Meine Männer erzählten mir, SIE habe sie angerempelt, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ich kam dann kurze Zeit später dazu und hörte, wie SIE uns anbettelte, wir sollten SIE doch aus der Stadt schaffen und mitnehmen. Im Gegenzug versprach SIE mir, einige Informationen liefern zu können. Ich hatte erst meine Bedenken, denn schließlich wollte ich am Stadttor keinen Ärger bekommen. Aber wie soll ich sagen, wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Ich entschied, dass wir sie mitnehmen – in einem Sack. Die Götter selbst haben ihr und uns beigestanden! Wir wurden nicht kontrolliert!"
    Inzwischen würdigte Arwid Thula keines Blickes mehr. Das war eine Sache zwischen dem Römer und ihm. "Mit den Informationen, die sie uns geben wollte, war es nicht lange her. Was sie uns mitteilte war im Grunde das, was wir bereits auf den Straßen der Stadt erfahren hatten. Aber wie du sicher selbst weißt, hat deine Sklavin andere Vorzüge!" Ein schmieriges Lächeln umspielte Arwids Lippen. "Mit ein wenig Met war sie zu allem bereit! Das Einzige, was mich ein wenig an ihr störte, sie stöhnte ständig deinen Namen."

    Zitat

    Original von Lucius Vinicius Massa
    Direkt von der Casa kommend, mit Thula im Schlepptau liess ich mich von den Wachen zu besagtem Arwid bringen und machte auch keine Umschweife, um gleich zur Sache zu kommen.


    "Du da, Arwid ist dein Name? Kennst du diese Frau?" und deutete auf Thula


    Jede Regung der Mitgefangenen und dem Kommen und Gehen der Wachen, war eine willkommene Abwechslung. Auch wenn Letzteres mit einer nahezu präzisen Regelmäßigkeit geschah, bei der die Abläufe immer dieselben waren. Diesmal aber war es anders. Der Germane saß da und starrte vor sich hin. Als er die sich nähernden Schritte erfasste, sah er auf. Zu seiner großen Überraschung erkannte er den Tribun wieder, den er zuletzt im Auenwald nur flüchtig gesehen hatte, kurz bevor man ihn auf einen Wagen geladen und abtransportiert hatte. Der Tribun kam nicht allein. Direkt hinter ihm erschien ein bekanntes Gesicht - Thula! Seine Miene erhellte sich bei ihrem Anblick. Er erinnerte sich ihrer Worte wieder, so dass er sich schnell zusammenreimen konnte, dass es sich bei den Tribunen um Thulas Eigentümer handeln musste. Dieser sprach ihn auch direkt an.
    "So ist es! Oh ja, kenne ich sie!", entgegnete er knapp mit einem süffisanten Lächeln. Dann wandte er sich an Thula direkt mit derselben Süffisanz. "Dass ich dich noch einmal sehe! Wer hätte das gedacht! Und wie ich sehe, hast du gleich auch noch dein Herrchen mitgebracht!" Es war nicht schwer zu erraten, warum die beiden hier auftauchten. Mit Sicherheit hatte die Sklavin einiges zu erklären.

    Spätestens jetzt musste jedem klar sein, dass viel reden sie hier nicht weiterbrachte. Der Alte war einfach nur starrsinnig. "Wir können auch dafür sorgen, dass du gleich gar nichts mehr spürst!", rief Einar in einem schärferen Ton. Arwid ließ ihn gewähren und mahnte ihn diesmal nicht mehr zur Zurückhaltung. Der Bauer hatte seine Chance gehabt. Er war nur nicht weise genug gewesen, sie zu nutzen.


    Alles, was er nun noch zur Debatte beitrug, klang wie Hohn in den Ohren der Krieger. Schließlich verlor Einar endgültig seine Geduld. Auch diesmal bremste ihn Arwid nicht, was ihm die Bestätigung für sein weiteres Handeln gab."Deine Almosen brauchen wir nicht!", antwortete er verächtlich. Das letzte Wort war kaum über seine Lippen gegangen, da nahm er seinen Speer und schleuderte ihn direkt gegen den Alten. Die metallene Spitze bohrte sich tief in den Leib des Mannes hinein.


    "Schnell, geht und seht nach, ob es noch andere Narren auf diesem Hof gibt!", rief Arwid einigen seiner anderen Männer zu, während der alte sterbend zu Boden ging. Daraufhin stürmten vier von ihnen ins Haus und in die Wirtschaftsgebäude.

    Zitat

    Original von Centurio Legionis II
    Wie schon erwähnt wurden die Gefangenen fein säuberlich – Ordnung musste schließlich sein – nach Männern und Frauen getrennt.
    Die Männer wurden zusätzlich noch an die Wände gekettet. Während den Frauen nur ein Fuß in Eisen an die Wand geschlagen wurde. Wer weiß, vielleicht bekamen die ja auch noch besuchen von dem ein oder anderen Legionär?
    Hier würde sie auf jeden Fall die nächsten Tage verbringen. Wunden würde man versorgen, denn hier starb keiner.


    In der Zelle, die für die Männer vorgesehen war, saßen die vier Gefangenen, darunter auch Arwid. Man wollte ganz sicher gehen, dass keinem von ihnen die Flucht gelang. Daher hatte man sie zusätzlich noch in Ketten gelegt. Auch hatte man die Männer mit allem Notwendigen versorgt, damit keiner vorzeitig den Löffel abgab. So hatte man sich auch um die Verletzung an Arwids Bein fachmännisch gekümmert. Die Blutung konnte gestillt werden. Die Wunde war gereinigt worden und man hatte ihm einen sauberen Verband angelegt. Nach einigen Tagen war sogar die Entzündung leicht zurückgegangen. Doch dem Germanen war klar, dass er es nicht mehr erleben würde, bis sein Bein ganz ausgeheilt war.
    Die meiste Zeit saß er teilnahmslos im Halbdunkel. Nur wenig Licht fand den Weg in die Zellen. Dann zogen langsam die Episoden seines Lebens an seinem inneren Auge vorbei. Gelegentlich verirrte sich ein Soldat zu ihnen, der nach ihnen sah, wovon er sich nicht stören ließ. Selbst dann nicht, wenn er vor ihm ausspuckte oder ihn beschimpfte. Arwid hatte mit allem irdischen abgeschlossen. Doch die scheinbar wenige Zeit, die ihm im Leben noch bleiben sollte, sie zog sich erbarmungslos in die Länge.

    Zahlen? Das amüsierte Einar nun doch sehr. Grinsend schaute er zu Arwid hinüber. Sie hatten nicht vor, auch nur für eines der Schweine zu Zahlen. Doch Arwid ließ sich davon nicht beirren. Sie hatten es hier nicht mit einem verdammten Römer zu tun, der sie verachtete und sie Barbaren nannte. Dieser Mann war einer von ihnen, der zufälligerweise diesseits des Limes lebte, auch wenn das für ihn nicht von großem Belang war.
    "Nun, wir sind hier auf einer besonderen Mission unterwegs. Wir suchen weitere Anhänger, um uns und auch dich von der römischen Tyrannei zu befreien. Ich verstehe, dass du in Frieden leben möchtest. Das wollen wir doch alle! Nur der unstillbare Hunger Roms ist es, der uns zwingt, Widerstand zu leisten. Du könntest uns dabei unterstützen, indem du uns einige deiner Schweine überlässt, mein Freund!", antwortete er in demselben freundlichen Ton. Der Alte war hoffentlich schlau genug, nun mit ihnen zu kooperieren. Was würde es denn für ihn groß ausmachen, wenn er ein paar seiner Viecher einer guten Sache spendete?

    Entgegen seiner Annahme, man würde ihm einen schnellen Tod gewähren, musste Arwid feststellen, wie nachtragend seine Feinde waren. So wie er sich dargeboten hatte, wurde er nicht als Bedrohung gesehen. Ehe er sich's versah, waren drei der Reiter auf ihn zugekommen und konnten ihn ohne viel Mühe überwältigen. Ungerührt ließ er sich abführen.


    Die Männer brachten ihn hinter die Linien. Dort konnte sich der Germane davon überzeugen, wie viele von seinen Leuten noch übrig waren. Aber auch das verursachte bei ihm keinerlei Gefühlsregungen. Insgeheim hoffte er jedoch, dass einige es tatsächlich geschafft hatten, zu fliehen.
    Mit versteinerter Miene lag er nun da, wo man ihn abgelegt hatte. Seine Augen waren gen Himmel gerichtet. Seltsam, wie angenehm plötzlich diese Ruhe war, nach all dem Kriegsgetöse! Eigentlich hätte er darüber besorgt sein müssen, was nun mit ihm geschah. Aber Arwid hatte bereits mit allem abgeschlossen. Mit etwas Glück brachte ihn die Wunde an seinem Bein um. Langsam wurde er schläfrig und die Augen fielen ihm zu. So war es, wenn man starb. Hel streckte bereits seine Finger nach ihm aus.


    Doch der Tod war noch fern! Auch das musste Arwid feststellen. Unvermittelt schlug er wieder die Augen auf und erkannte Ygrids Antlitz über ihm. Sie war ganz aufgelöst und überall mit Blut beschmiert, was er fälschlicherweise als das von Römern hielt. 'Braves Mädchen', dachte er sich! 'Sie hat tapfer mitgekämpft!' Er verzog sein Gesicht zu einem Lächeln und tätschelte sanft ihre Wange. " Geh jetzt! Lass mich sterben, Ygrid!", war alles, was er ihr sagte. Kurz darauf erschienen einige der Römer und zerrten sie von ihm weg, was ihm im Prinzip ganz recht war. Was ihm allerdings überhaupt nicht passte, war der eine Römer, der sich um sein Bein kümmerte. "Lass mich! Hau ab! Aber diesen Gefallen tat man ihm nicht. Nachdem sein Bein versorgt war, trug man ihn weg zu einem Karren. Angewidert sah er sich noch einmal um. Die wenigen, die überlebt hatten, wurden zusammengetrieben. Zufällig erkannte er unter ihnen auch Thula, die wie auch alle anderen gefesselt wurde. "Na, da wird Herrchen aber richtig sauer sein, wenn er dich hier findet!", rief er ihr hämisch zu und grinste frech, bevor man ihn sehr unsanft zu den anderen Verletzten auf den Karren hievte, so dass sein Gesicht gleich darauf vor Schmerz verzerrt wurde.

    Thorbrand hatte Arwid zurückgelassen und Arwid ließ sich ins hohe Gras sinken. Die Wunde an seinem Bein blutete immer noch. Der notdürftige Verband, den Thorbrand ihm verpasst hatte, war bereits ganz mir Blut durchtränkt. Er hatte starke Schmerzen. Doch das war gar nichts im Gegensatz zu dem, was in ihm vorging. All seine Männer, die an diesem heutigen Tage abgeschlachtet wurden, hatte er auf dem Gewissen. Wie hatte er nur glauben können, etwas bewirken zu können? Er allein mit einem Haufen unausgebildeter Bauern. Rache zu nehmen, ja! Das hatte er. Er hatte die Seinen gerecht. Aber was war mit all denen, die ihm gefolgt waren? Hatten sie nicht gewusst, worauf sie sich einließen? Und was war mit denen, die er befreit hatte? Einen Tag in Freiheit hatte er ihnen ermöglicht! Diesen Tag hatten sie mit ihrem Leben bezahlt. War es das wert? Und Thula? Diese törichte Sklavin, die ihrem Dominus nachtrauerte. Für sie hätte er alles stehen und liegengelassen! Mit ihr hätte er im freien Germanien leben können! Aber diese Freiheit hatte ihr nichts bedeutet. Die Nacht mit ihr aber war unvergesslich! Das war es wert!


    Sollte er nun hier versteckt im hohen Gras warten, bis auch der letzte Tropfen Blut seinen Körper verlassen hatte, oder wollte er kämpfen und aufrecht sterben, wie ein Mann? Er wählte für sich das Letztere. Mit aller Kraft versuchte er aufzustehen, jedoch gelang es ihm nicht auf Anhieb. Er brauchte etwas, woran er sich stützen konnte. Nicht weit von ihm standen einige Bäume. Wenn er dort einen Stock fände, konnte er sich auf den Beinen halten. Er robbte zu diesen Bäumen und schnitt sich mit seinem Schwert einen Stock zurecht. Endlich schaffte er es, aufzustehen.


    Vor ihm konnte er die toten Körper seiner Mitstreiter erkennen. Auch Thorbrand war unter ihnen. Dann waren da noch die berittenen Soldaten. Hinter ihm hörte er bereits die Legionäre anrücken. Dies war das Ende! Hier und jetzt würde er sterben. Auf seinem Stock gestützt, näherte er sich den Reitern. Sicher musste das für sie ein amüsanter Anblick sein. Ein Halbtoter, der zur Schlachtbank kroch.

    Der Bauer ließ nicht lange auf sich warten. Ein älterer Mann, gekleidet in germanischer Tracht, der auf das Erscheinen der Fremden recht argwöhnisch reagierte, was durchaus verständlich war. Dieser Mann hatte wahrscheinlich sein ganzes Leben unter dem Joch der Römer gelebt, so dass der Anblick freier Germanen völlig ungewohnt war und nichts als Argwohn bei ihm auslösen musste. Dabei hatte Arwid eigentlich nichts Böses im Sinn. Dieser Mann war einer von ihnen. Noch hoffte er, ihn für seine Sache gewinnen zu können.
    "Heilsa! Ich bin Arwid und dies sind einige meiner Männer! Wir wären an einigen deiner Schweine interessiert!", antwortete er dem Bauern in freundlichem Ton.
    Auch Einar trat näher und grüßte den Bauern. "Du bist Germane, nicht wahr?" Die anderen Männer saßen alle noch auf ihren Pferden und beobachteten gespannt die Begegnung mit dem Schweinebauern. Sicher freute sich der eine oder andere schon auf einen saftigen Schweinsbraten. Andere jedoch konnten es kaum erwarten, endlich ein paar Römern den Schädel einzuschlagen.

    Sobald sie auf die Römer trafen, kam es zu erbitterten Schlagabtauschen. Diejenigen unter ihnen, die wenig bis gar keine Kampferfahrung hatten, fielen als erstes. Die Römer machten sie gnadenlos nieder. Lange konnten sie ihre Stellung nicht mehr halten, denn immer mehr gerieten sie in arge Bedrängnis. Ein Rückzug wäre nun angebracht gewesen. Doch wohin? Die Römer kesselten sie immer weiter ein. Vielleicht konnten sie sich in Richtung Waldrand zurückziehen und dann fliehen. "Zieht euch zurück! Versucht aus dem Wald herauszukommen!", rief Arwid seinen Männern zu, die um ihn herum kämpften. Gerade hatte er seinen Gegner zur Strecke gebracht, da trat ihm bereits ein anderer entgegen. Doch er wurde nicht müde, sich ihm zu stellen. Thorbrand und einige andere Männer versuchten, sich in Richtung Waldrand abzusetzen. Doch genau in dem Moment traf Arwid ein heftiger Schlag. Die Spitze eines römischen Gladius bohrte sich tief in seinen Oberschenkel. Er schrie vor Schmerzen auf, begann zu torkeln, doch es gelang ihm, sich noch auf den Beinen zu halten. Thorbrand wandte sich um und kam Arwid zur Hilfe. Er schlug auf den Römer ein und tötete ihn schließlich. Dann stützte er den Freund und versuchte mit ihm, zu den anderen aufzuschließen, die sich bereits in Richtung Waldrand begeben hatte.


    Arwid verlor sehr viel Blut. Als sie sich ein Stück weit zurückgezogen hatten, hielt Thorbrand an und versuchte die Wunde des anderen zu versorgen. Er riss ein Stück seiner Tunika ab und verband damit Arwids Wunde. "Lass mich hier zurück, mein Freund! So bin ich euch nur eine Last!", sagte er mit schmerzverzerrtem Gesicht. "Ganz bestimmt nicht! Ich nehme dich mit und wir kommen hier raus!", entgegnete ihm Thorbrand und stütze wieder den Freund, um weiter zu laufen.


    Wie aussichtslos bereits ihre Lage war, mussten die Germanen feststellen, als sie sich dem Waldrand näherten, denn dort warteten bereits berittene Soldaten auf sie. Thorbrand ließ Arwid ins hohe Gras sinken und stürmte mit den anderen auf die Reiter zu.

    Arwids Männer ließen sich nicht lange bitten. Aus dem Unterholz kamen sie herangestürzt – wild entschlossen. Mit Schwertern, Schilden, Äxten, Speeren und was sonst noch als Waffe taugte bewaffnet, eilten sie ihren Gegnern entgegen. Als sie auf die Römer trafen, kam es zu ersten Scharmützeln. Es war kein Geheimnis, dass ihnen die römischen Legionäre weitaus überlegen waren. Aufgrund ihrer Ausrüstung und ihrer Ausbildung. Den Vorteil der Überraschung hatten sie diesmal nicht auf ihrer Seite. Sie standen einer Übermacht entgegen, gegen die sie zweifellos chancenlos waren. Doch das hinderte sie nicht, sich mit voller Wucht auf ihre Feinde zu werfen. Arwid selbst war ganz vorne mit dabei. Er wollte bei seinen Männern sein, bei denen, die ihm vertraut hatten und ihm gefolgt waren. Mit seinem Schwert schlug er auf seine Gegner ein.

    *~* Inzwischen im Lager *~*


    Wer darauf gehofft hatte, seinem Schicksal entgehen zu können, war von Arwid bitter enttäuscht worden. Es gab keinen Ausweg und schon gar keine Rettung!


    Alle waren sie auf den Beinen. Die Zeit drängte! Alles, was in irgendeiner Weise als Waffe dienlich war, wurde zusammengetragen. Selbst diejenigen unter den Frauen, die wenig bis gar keine Erfahrung im Kampf hatten, griffen sich einen Dolch, eine Axt oder ein einfaches Messer.
    Verächtlich hatte man den Wenigen hinterhergeschaut, die mit eingezogenem Schwanz das Lager verlassen hatten. Es war töricht zu glauben, sie könnten auf diese Weise ihrem Schicksal entgehen. Arwid rechnete damit, dass die Römer keinen von ihnen entkommen lassen würden. Auch nicht diejenigen, die sich als Feiglinge entpuppt hatten.


    Die anderen versetzten sich gegenseitig in Kampflaune, indem sie schrien oder ungeduldig mit ihren Schwertern auf ihre Schilde klopften.
    Arwid und seine besten Männer, die über Kampferfahrung verfügten, führten alle, die sich ihnen angeschlossen hatten, an. „Trefft sie, wo ihr nur könnt!“, hatte er ihnen noch zugerufen. Lieber im Kampf sterben, als in der Sklaverei verrotten, war die Devise.
    Ob Mann, ob Frau, mit wildem Geschrei stürmten sie hinaus in den Wald, den Feinden entgegen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie auf ihre ersten Gegner stießen. Doch dann stürzten sie sich ihen wild entschlossen entgegen.

    Ihr Anführer hatte ihnen zugerufen, dass sie kämpfen sollten. Die meisten begrüßten diese Entscheidung, obwohl es ihnen bewusst sein musste, dass dieser Kampf aussichtlos war. Doch dann meldete sich einer der befreiten Sklaven zu Wort, der ihnen erst am Tage zuvor mit ins Lager gefolgt war. Gab es doch noch eine Chance, aus dem Lager zu entkommen und damit auch dem sicheren Tod?
    Arwid hörte sich an, was der Mann zu sagen hatte. Eine Höhenfestung, einen Tagesritt von hier entfernt. Er konnte sich an den markanten Berg noch erinnern. Es wäre sicher reizvoll gewesen, einen Ausweg zu haben. Zu wissen, dass alle, die ihm und seiner Idee gefolgt waren, auch morgen noch in Freiheit leben konnten. Die Realität aber sah anders aus. Die Römer waren bereits in den Wald eingedrungen und waren nicht mehr fern. Man konnte ihr Geschrei bereits hören. Es war nur noch eine Frage der Zeit.
    Er trat auf den Mann zu und legte ihm mit einem gequälten Lächeln seine Hand auf die Schulter. "Ich danke dir für deinen Vorschlag, aber ich fürchte, dafür ist es bereits zu spät." Dann wandte er sich noch einmal zu seinen Anhängern. "Wer von euch das Lager noch verlassen will, soll es jetzt tun. Allen anderen rufe ich zu, greift zu euren Waffen und kämpft gut!"
    Ein kurzer Moment lag Stille über dem Lager. Nur einige wenig suchten das Weite. Alle anderen machten sich bereit. Trotz der ausichtslosen Lage herrschte keine gedämpfte Stimmung unter den Männern und Frauen. Sie waren zu allem bereit. Wenn sie schon in den Tod gehen sollten, dann wollten sie so viele Römer wie möglich mitnehmen.

    Noch bevor Einar oder Ygrid das Lager erreichen konnten, war es einem der wachhabenden Männern aufgefallen – dieser Krach, der immer lauter wurde und direkt auf sie zusteuerte. Geistesgegenwärtig hatte er Arwid und so viele Männer wie möglich geweckt. Im Angesicht der drohenden Gefahr war das ganze Lager schnell auf den Beinen. Das Chaos drohte auszubrechen. "Wir müssen hier weg! Sofort", rief einer der Männer. Die Frauen packten verängstigt das Nötigste zusammen. "Zurück über den Limes!"", rief ein anderer.
    Im Gegensatz zu allen anderen, schien Arwid der Einzige zu sein, der Ruhe bewahrte, ja fast abgeklärt wirkte. Schnell scharten sich seine Männer um ihn. Auch Thorbrand trat an seinen Anführer heran. Er sollte entscheiden, was nun zu tun war. "Wir können nicht über den Limes!", war alles, was Arwid ihm entgegnete. "Aber was sollen wir jetzt tun? Hier warten, bis sie uns abschlachten?" rief ein anderer. Arwid sah ihn mit festem Blick an. "Wir wären erledigt, sobald wir den Limes überquert hätten. Falls wir das überhaupt schaffen. Oder was glaubt ihr, was eure Stammesgenossen mit uns tun werden, wenn Rom seine Verbündeten in die Pflicht nimmt?" Nachdem er in etlichen chattischen Dörfern gewesen war und mit den Ältesten gesprochen hatte, konnte sich Arwid gut vorstellen, dass die Chatten ihr Bündnis mit den Römern nicht aufs Spiel setzen würden. Nicht für einen Haufen von Abtrünnigen!
    Es stimmte, sie mussten etwas tun, wenn sie hier nicht im Lager einfach abgeschlachtet werden wollten. Ehrenvoll sterben, das war es, was Arwid als erstes in den Sinn kam, denn er wusste, wie aussichtslos die Lage war. "Es gibt keinen Ausweg, Brüder! Dann lasst uns kämpfen!", rief er.

    Der Centurio Legionis II darf hier zut Tat schreiten. Selbstverständlich dürfen sich auch alle anderen ID´s der Legio II als herzlich eingeladen fühlen. :)

    *~* Zur gleichen Zeit in Arwids Lager *~*


    Am Tag zuvor hatten Arwids Männer eine blutige Schneise der Verwüstung hinterlassen. Nicht nur Brigos Schweinehof hatten sie einen Besuch abgestattet. Auch das Dorf, in dem Arwids Männer um Mitstreiter geworben hatten, hatte viele Opfer zu beklagen, da sich die Dorfbewohner geweigert hatten, zu kooperieren. Nur die Frauen und Kinder, die nicht den Fehler begangen hatten, sich ihnen in den Weg zu stellen, hatten überlebt. Letztendlich hatten sie noch die Villa rustica, die sie am Tag zuvor ausgespäht hatten, überfallen und deren Bewohner niedergestreckt. Nur die Sklaven des römischen Gutshofes hatten überlebt. Die Germanen hatten ihnen mitgeteilt, sie seien nun befreit und könnten gehen. Viele von ihnen hatten sich ihnen angeschlossen und waren bei ihrer Rückkehr ins Lager freundlich aufgenommen worden.
    Am Abend hatte man ausgiebig gefeiert. Dabei war reichlich vom erbeuteten römischen Wein geflossen du mehrere von Brigos Schweinen verspeist worden. Lediglich das Verschwinden Ygrids und Thulas überschattete den feuchtfröhlichen Abend, als man festgestellt hatte, dass beide Frauen nicht mehr im Lager waren.


    Am Morgen danach, als es noch still im Lager war, da die meisten seiner Bewohner noch ihren Rausch ausschliefen, machte sich Einar auf die Suche nach seiner Schwester. Die Männer, die am Tag zuvor das Lager bewacht hatten, konnten ihm berichten, dass die beiden Frauen das Lager in nördliche Richtung verlassen hatten. Durch den teils unwegsamen Auenwald wollte er sich zu Fuß durchschlagen. Er verzichtete allerdings nicht auf sein Schwert. Es konnte ihm gute Dienste erweisen, um sich seinen Weg durch das Gestrüpp freizuschlagen.
    Nach einiger Zeit erreichte er die Stelle, an der die beiden Frauen gebadet hatten. An einem Blatt nahe des Ufers entdeckte er einige Tropfen Blut. Seine Sorge um seine Schwester stieg noch weiter. Etwas Schlimmes musste passiert sein!


    Er streifte weiter durch den Wald und rief dabei mehrmals Ygrids Namen. Doch niemand antwortete ihm. Plötzlich blieb er abrupt stehen. Ihm war, als hätte er etwas gehört. Tatsächlich! Ein Geräusch drang an sein Ohr, welches er nicht genau einzuordnen vermochte. Als er sich dem Waldrand näherte, erkannte er in dem Geräusch das Gestampf von hunderten römischer Legionäre und deren Rufen. Wenige Schritte weiter konnte er sie erspähen. Zunächst gebannt von diesem Anblick, beschloss er, das Lager zu waren. Doch dann entdeckte er seine Schwester. „Ygrid!“ rief er und rannte zu ihr.

    Es war doch immer wieder faszinierend, was ein wenig Alkohol mit Leuten wie ihr anstellte. Amüsiert lauschte Arwid dessen, was alles aus Thulas Mund quoll. Ganz neben bei erfuhr er so einiges, was interessant sein konnte.
    Eindeutig mundete ihr der Met, denn sie ließ nicht davon ab, noch mehr zu trinken, weswegen ab einem bestimmten Zeitpunkt auch ihre Aussprache darunter litt. Trotz allem hielt er sie nicht davon ab. Auch das Gerücht vom verunfallten Legaten, welches er in Mogontiacum aufgeschnappt hatte, hatte sich bewahrheitet. Das bedeutete, das die zweite Legion im Augenblick sozusagen führungslos war. Lediglich angeführt vom Tribunus Laticlavus, ihrem Eigentümer. Das konnte ein Vorteil sein. Aber was war das? Weinte sie etwa? Um ihren Dominus? Für jemanden wie Arwid war es nicht nachvollziehbar, wie man solche Gefühle für den Menschen empfinden konnte, der einem die Freiheit vorenthielt und als sein Eigentum betrachtete. Er tat es als typische weibliche Gefühlsduselei ab.
    Kurze Zeit später hatte Thula ihr Limit erreicht. Wenn er es recht überlegte, wollte er sich nun auch zurückziehen. Er hob sie auf und trug sie auf seinen Armen in seine Hütte. Hier konnte sie ihren Rausch ausschlafen.

    Der Germane hatte besseres zu tu, als im Laufe des Abends darauf zu achten, wieviel Thula bereits getrunken hatte. Die wenigen Schlucke Met, die sie gekostet hatte, machten sich bei ihr aber schon bemerkbar, wenn er sich nicht irrte. Sie schien ihm plötzlich recht redselig zu sein. Nach ihrer Ankunft hatte er sie zynisch, ja sogar schimpfend erlebt, später hinaus sogar höflich. Nun aber wirkte sie aufgekratzt. Das war auch gut so, denn das hatte er beabsichtigt. Nun war die Zeit gekommen, um einen neuen Versuch zu starten, um ein paar Informationen von ihr zu erhalten. Er hielt ihre Unterhaltung am Laufen, indem er einige belanglose Informationen einstreute und mit ihr plauderte. Arwid konnte nicht sagen, worauf das hinausführen würde. Womöglich wusste Thula ja auch gar nichts, was für ihn von Wert sein konnte. Notfalls konnten sie sie ihrem Eigentümer - gegen ein Lösegeld versteht sich – wieder aushändigen. Doch diese Gedankenspiele fanden nur in Arwids Kopf statt.


    Zunächst beantwortete er ihre Frage, ohne ihr dabei natürlich die wahren Hintergründe mitzuteilen. "Ach weißt du, sie sind sich uneins, was wir morgen machen wollen. Die einen würden gerne zur Jagd gehen und wieder andere wollen nette Freunde in der Gegend besuchen." Er hatte sich noch etwas Fleisch bringen lassen und kaute nun genüsslich daran. Das war eben auch ein Vorteil wenn man frei war, dachte er sich. Man war nicht darauf angewiesen, was vom Tisch seines Herrn übrig blieb. Und Thula sah nun wirklich ziemlich mager aus, was sicher nicht daran lag, dass sie auf ihre Linie achtete. "Aber sag mal, gibt dir dein Dominus, wie heißt er noch gleich, nichts Gutes zu essen? Und unser Met schmeckt dir? Ja, das ist gut! Hier hast du noch mehr!" Er schenkte ihr noch mehr vom Honigwein ein. "Wie lebt es sich eigentlich unter so vielen Legionären? Hast du da keine Angst, hhm?" Der Germane lächelte ihr zu und ermutigte sie, noch etwas mehr zu trinken. Dabei beobachtete er sie genau. "Sag mal stimmt es, was ich in der Stadt hörte? Der Legat sei verunglückt? Das ist aber nicht dein Dominus?"Nun trank auch der Germane einen Schluck Met.

    Am nächsten Morgen machten sich Thorbrand, Ismar und Tankrad zum nahegelegenen Dorf auf. Arwid und etwa fünfzehn seiner Männer verließen kurz darauf das Lager, um dem Schweinebauer, dessen Hof sich nicht weit weg von ihrem Lager befand, einen Besuch abzustatten. Der Rest blieb im Lager zurück.
    Arwid und Einar ritten voran. Die anderen Reiter folgten mit etwas Abstand. Es dauert nicht lange, bis sie das Gehöft erreichten. Es war keines wie die römischen Gutshöfe, die er schon früher gesehen hatte. Alles wirkte recht einfach gehalten. Ein Wohnhaus, an das sich unmittelbar die Ställe anschloss. Ansonsten standen dort noch einige wenige Nebengebäude. Hinter dem Gehöft eröffnete sich ein Eichenwald, indem die Tiere des Bauern tagsüber weideten und sich ihres Lebens erfreuten.


    Arwid brachte sein Pferd zum stehen und stieg ab. Einar tat es ihm gleich. Beide sahen sich um und hielten Ausschau nach dem Bauer, seiner Familie oder nach möglichen Bediensteten.