In gewisser Weise war es schon ein erhebendes Gefühl, nach so langer Zeit, endlich wieder einmal beachtet zu werden. Beachtung! Ja, diese brauchte und liebte Azita und in diesem Augenblick war es ihr ziemlich egal, dass die Leute (besser gesagt die Männer) sie wegen des freizügigen Kleides anstarrten und nicht deshalb, weil sie eine echte Prinzessin war. Ja das war sie, aber das interessierte hier niemanden denn die Zeit, als die Menschen in ihrer Heimat sie wegen ihrer Herkunft verehrten, war schon lange und unwiederbringlich vorbei. Aus, vorbei, verstoßen und vergessen … daran konnte Prinzessin nichts mehr ändern und so musste sie sich eben mit solch kurzweiligen Momenten begnügen, in denen sie im Mittelpunkt stehen konnte.
Na wenigstens hatte ihre Auftritt auch bei Lyciscus Wirkung gezeigt, nachdem Prinzessin ihn schon im Verdacht gehabt hatte, dass er sie mit dem Kleid nur hatte aufziehen wollen. Aber so wie er sie gerade anstarrte, hatte Lyciscus wohl nicht damit gerechnet, dass sie sich traute dieses durchsichtige Kleid in aller Öffentlichkeit zu präsentieren. Ein Bild für Götter! Azita musste schmunzeln und aus dem Schmunzeln wurde ein vergnügtes Kichern und Glucksen als er plötzlich auf sie zukam. Was sollte das jetzt werden? Azita blickte amüsiert und fragend zugleich zu dem Thraker auf als dieser sozusagen auf "Tuchfühlung" ging. Wohl um sie vor den Blicken der Anderen zu schützen, was ihm ja auch gelang, indem er sie sanft aber bestimmend zurück in den abgeschirmten Bereich des Standes drängte. Irgendwie süß, wie er sich augenscheinlich um ihre "Ehre" sorgte.
Nun war hier hinten nicht gerade viel Platz und so konnte Azita gar nicht anders, als sich weiterhin ganz eng an Lyciscus anzuschmiegen während sie seine Worte mit wachsendem Vergnügen zur Kenntnis nahm. "Du meinst wirklich, dass das Kleid mir nicht steht?", tat Prinzessin zunächst ganz unschuldig und da sie die Arme beim Zurückweichen etwas nach oben angewinkelt hatte, wusste sie ihre Hände nun nirgendwo anders abzulegen als auf seiner Brust. So nah waren sie sich noch nie gewesen, zumindest nicht in einer Situation, in der es nicht gerade um Leben und Tod gegangen war.
"Oder willst du mir damit sagen, dass ich nicht gut darin aussehe? … Bin ich etwa zu dick dafür? … Wieso ist es nicht das Richtige? Kann ich es wirklich nicht tragen?", hakte Azita sogleich unbarmherzig nach, da sie sich schon Gedanken machte was genau Lyciscus zu genau diesen Worten bewogen haben mochte: Also... Ich... ähm... denke, das Kleid ist vielleicht doch nicht das richtige!? …Nicht das Richtige? … wie viele Gründe konnte geben, weshalb das Kleid nicht "das Richtige" wäre, doch keiner erschien Prinzessin plausibel genug um zu glauben, dass Lyciscus es genau so gemeint hatte wie er es gesagt hatte. Eine verzwickte Sache, aber warum es den Männern leicht machen, wenn sie schon nicht im Stande waren zu verstehen was genau Frau von ihnen hören wollte?
Na? Erwartungsvoll - mit hochgezogener Augenbraue - blickte Azita zu Lyciscus auf und sie machte keine Anstalten sich von ihm zu lösen. Im Gegenteil empfand sie es durchaus schön, ihm in dieser Situation so nah zu sein. Warum nur? So genau wusste sie das auch nicht, aber zumindest fühlte sie sich bei ihm geborgen und warum nicht dieses schöne Gefühl genießen, welches sie schon viel zu lange vermisst hatte.