Beiträge von Ingwin

    Werlin schien mit der Antwort einigermaßen zufrieden zu sein, denn er nickte eifrig. “Ach so!“, gab er von sich, während Ingwins Miene noch immer ein wenig Skepsis zeigte. “In meinem Volk kann jeder Mann ein Krieger sein!“, stellte er fest. Dass gerade in seinem Volk die tapfersten und besten Männer lebten war etwas, was er tief verinnerlicht hatte und auch nicht so schnell aufgeben wollte. “Ja, ich bin Ingwin,“ sagte er. “Und das ist mein Bruder Werlin!“. Wieder nickte Werlin fest. Was der Offizier nun sagte gefiel Ingwin ungemein, denn schließlich wiedersprach dieser weder seinem eigenen Empfinden noch der Seherin. Auch als junger Mann konnte man führen, selbst wenn sein Vater meinte, dass dazu eine gewisse Lebenserfahrung gehörte. Doch man musste stark sein und genau das hatte sich Ingwin sich schon immer vorgenommen. Vielleicht würde er sogar eines Tages gegen die Römer kämpfen, von denen so mancher sagte, sie wären in ihr Land eingefallen, um ihnen allen die Freiheit und die Vergangenheit zu nehmen.


    Wären sie nicht bereits am Stand angekommen, so hätte Ingwin mit Sicherheit auch diesen Gedanken geäußert, doch nun war es an Wulf, den Römer zu begrüßen. “„Sei gegrüßt, Tribun!“, erklärte der Schmied, doch zeigten seine Gesichtszüge im ersten Moment die gleiche Skepsis wie die seines Sohnes. Dann allerdings begann er zu lächeln. “Die Torwache sagte mir, dass es vielleicht keine schlechte Idee war, meine Waren hier verkaufen zu wollen,“ erklärte er weiter, während er auf seine Auslage deutete. Mit zwei Schritten war er auch um den Stand herum getreten und förderte einen dort verwahrten Sack zutage, den er nun öffnete, damit der Tribun hineinschauen konnte. “Tretspitzen!“, erklärte er. “Auch Pfeilspitzen habe ich im Angebot. Man sagte, dass ein hier Verantwortlicher vielleicht großes Interesse an dieser Ware haben könnte.“ Auch Ingwin trat nun an den Stand heran, nachdem er die Hand seines Bruders losgelassen hatte und schaute Florus fest entgegen. Werlin unterdessen nutzte die Gelgenheit, zaghaft am Zipfel von Florus Tunika zu zupfen, um eine neuerliche Frage zu stellen. “Was ist ein Lati...clvinus?“, wollte er wissen und schaute den Römer dabei wieder mit großen Augen an. Wulf schnalzte mit der Zunge, jedoch ließ er seinen Jüngsten gewähren. “Sie waren noch nie in einem römischen Lager,“ erklärte er stattdessen. “Sie sind noch sehr jung!“

    Ingwin blickte während sie gingen zu dem Mann, der sich ihnen als Offizier vorgestellt hatte hinauf. Auch Werlin starrte hin geradezu unablässig an, bis er beinahe gestolpert wäre, hätte sein Bruder ihn nicht an der Hand gehalten. Dennoch hörten beide aufmerksam zu, während ein Seitenblick verriet, dass Wulf ihnen schon entgegen schaute. “Wie kann man denn Anführer sein, wenn man noch jung ist?“, wollte Ingwin wissen und wieder hatte sich etwas Skepsis in seinen Unterton geschlichten, auch wenn er gestehen musste, dass er nun doch ein wenig beeindruckt war. Er hatte schon gehört, dass die Römer viele Regeln hatten, die zu befolgen waren. “Was ist denn das...zivil?“, wollte Werlin unterdessen wissen, der offenbar den Offizier nun recht intressant fand. “Wenn ich groß bin, werde ich auch mal Anführer!“, stellte Ingwin für sich fest und man konnte ihm deutlich ansehen, dass er seine Worte sehr ernst meinte. “Die alte Seherin hat das auch gesagt!“ Bis zu Wulf waren es nur noch wenige Schritte. Noch hatte sich kein Interessent an seinem Stand eingefunden, doch waren sie auch gerade erst angekommen.

    Ingwins Stimme hatte in der Tat ein wenig trotzig geklungen, doch hatte er bereits gelernt, dass ein Germane niemals vor einem Römer zurück wich. Zwar war sein Vater jemand, der sich versuchte mit den Umständen in seiner Heimat zu arrangieren, doch gab es in ihrem Dorf auch andere, die die Römer nicht sonderlich gerne sahen. Als der Römer nun meinte, die Gegenstände, die der Schmied im Angebot hatte anschauen zu wollen, nickte Ingwin entschlossen. Dass der Mann ein Offizier war hätte er nicht vermutet, doch es beeindruckte ihn auch nicht sonderlich. Ganz im Gegensatz zu Werlin, dessen Augen sich nun weiteten. Der Jüngere schaute dem Römer erstaunt entgegen, als sich dieser nun vor ihn kniete. Werlin nickte hastig und griff nach Ingwins Hand, als würde er nun einen Halt suchen. “Ein richtig großer Offizier?“, wollte er dann wissen. Dann erschien ein neugieriges Lächeln auf seinen Lippen.


    Beide Jungen blickten dann zu dem Stand, zu dem der Römer deutete. In der Tat gab es dort soetwas wie eine Garküche, an der schon einige Leute anstanden, um von den Köstlichkeiten etwas zu kaufen. Doch Ingwin war nun nicht mehr nach essen. Viel lieber würde er dabei sein wollen, wenn der Mann zu seinem Vater ging, um die Waren zu begutachten. Auch Werlin machte nun nicht mehr den Eindruck, als wäre er versessen auf etwas zum Essen, denn er schien beschlosssen zu haben, dass das Ganze noch etwas Zeit hatte. “Was macht denn ein Offizier den ganzen Tag?“, wollte er wissen und im Gegensatz zu seiner vorherigen Scheu, sah er den Römer auch weiterhin offen an. Die Hand seines Bruder hielt er jedoch noch immer fest ergriffen. “Wir kommen mit!“, sagte Ingwin dann kurzentschlossen. “So viel Hunger haben wir gar nicht!“. Auch er sah den Mann an, jedoch noch immer unter einer Mischung aus Skepsis und Erwartung. “Mein Vater heißt Wulf und wir haben uns schon früh auf den Weg gemacht, um hierher zu kommen!“, ließ er dann noch folgen. Dann setzte er sich in Bewegung, um mit Werlin an der Hand neben dem Römer her zu gehen. Nicht dass der Offizier noch vom Wege abkam.

    Ingwin war noch ein wenig erschrocken, jedoch nicht so sehr wie sein kleiner Bruder, der nun entsetzt den Mann anstierte, der ihn ansprach und wieder auf die Beine hob. Ohne Gegenwehr ließ Werlin es geschehen, nur um sich dann wieder hinter seinem Bruder zu verstecken. Ingwin jedoch hatte sich schnell wieder gefangen und musterte den Mann, der nun fragte, ob sie ihrem Vater abgehauen waren.
    “Ist das ein echter Legionär?“, wollte Werlin etwas scheu wissen. Doch Ingwin selbst interessierte die Frage nicht sonderlich. “Wir wollen etwas zum Essen kaufen!“, stellte er fest. “Mein Vater hat seinen Stand dort drüben!“ Er deutete hin zu Wulf, der gerade mit einem Römer ins Gespräch gekommen war. “Mein Vater ist Schmied und macht viel bessere Eisenwaren als eure Schmiede!“ Ohne es zu bemerken hatte er sich ein wenig in die Brust geworfen. “Er hat Pfeil- und Tretspitzen dabei. Die solltest du ihm unbedingt abkaufen!“ Der junge Germane nickte entschlossen.

    Der Karren rumpelte über den Boden, während Ingwin und sein Vater neben dem Maultier herstapften. Werlin schaute sich aufmerksam um. Das Forum war gut besucht und ganz im Sinne von Wulf. Mit Sicherheit würde er hier seine Waren loswerden, welche eher für Soldaten, als für normale Kundschaft gedacht war und weshalb er nicht das Forum von Mogontiacum aufgesucht hatte. Langsam erreichten sie einen Ort, zwischen anderen Ständen. Der zur Rechten bot einige Leinenstoffe feil. Auch warme Kleidung für die kälteren Tage, mit welchen man in Germanien einfach fest rechnen musste. Der zur Linken bot Keramikerzeugnisse an. Schüsseln, Schalen und andere Dinge, welche man gut in einer Küche gebrauchen konnte. Wulf winkte Werlin zu, der nun vom Wagen stieg. Dann machte er sich mit der Hilfe eines Mannes vom Nachbarstand daran, den eigenen aufzubauen. Ingwin hielt es eigentlich nicht mehr an Ort und Stelle. Gerne hätte er sich ein wenig umgesehen und sich ohne die Aufsicht des Vaters bewegt. Doch auf dem Weg hierher hatte Wulf bereits deutlich gemacht, dass er in der Nähe bleiben sollte.


    “Ist das dort drüben einer von diesen Offizieren, die wir fragen sollen?“, wollte er dann wissen und deutete auf einen Mann, den er für einen solchen hielt. “Das kann gut sein, aber lass‘ mich erst einmal den Stand aufbauen, Ingwin!“, sagte sein Vater mahnend.
    “Ich habe Hunger!“, stellte Werlin unterdessen fest und Wulf seufzte schwer. Ihren Proviant hatten sie inzwischen aufgebraucht, als sie eine Pause auf dem Weg gemacht hatten. Mutter hatte ihnen auch versprochen, dass auf einem Markt sehr leckere Dinge gäbe, welche ihnen gut schmecken würden. Sowohl Ingwin, als auch Werlin, hatten zwei Münzen dabei, mit denen man gut und gerne etwas kaufen konnte. “Ich gehe mit Werlin etwas zum Essen kaufen!“, sagte Ingwin nun, nachdem er geholfen hatte, einige der Waren auf die Auslage des frisch aufgebauten, aber sehr einfachen Standes zu legen. Wulf nickte. “Bleib in der Nähe!“, mahnte er. Vielleicht dachte er, dass auf einem abgeschlossenen Areal wie in dieser Castra, nicht viel passieren konnte. Dennoch war er stets vorsichtig, was seine Kinder anbelangte. Ingwin fasste Werlin bei der Hand und zog ihn nun in die Richtung, von der er meinte, dass in ihr nach köstlichem Essen roch. Werlin folgte, denn er hatte keine Chance gegen das Drängen seines Bruders. “Nicht so schnell, Ingwin!“, maulte er. Ingwin drehte sich zu ihm herum, ging aber weiter. “Nun beeil dich schon, Werlin!“, sprach er vorwurfsvoll. “Wir wollen uns doch noch ein wenig umschauen!“ Sein Bruder stieß wieder einen jammerdnen Laut aus. “Ingwin, ich...“ Weiter kam Werlin nicht, denn in seiner Unaufmerksamkeit war Ingwin in einen Mann hinein gelaufen, der seinen Weg gekreuzt hatte und den er gar nicht gesehen hatte. “Oh...Verzeihung!“, entfuhr es ihm hastig. Erst dann schaute er an dem Mann empor und in dessen Gesicht.

    Noch war ein wenig Groll in Ingwin, weil sein Vater ihn hier vor den Leginären gemaßregelt hatte, doch die Aussicht schon bald den Markt zu sehen, ließ ihn das schnell vergessen. Wulf nickte auf die Worte des Wachmannes hin, der offenbar Verständnis für den Ausbruch seines Sohnes hatte. Doch es stimmte ja auch. Ingwin hatte nichts gesagt, was einen Römer in seinem Stolz hätte verletzen können. Überhaupt stammte Wulf aus einem Hause, das den Römern sehr wohlgesonnen war. “Dann werde ich einen solchen Offizier suchen!“, bestätigte er dann. Es wäre gut, die gesamte Ladung auf einmal loszuwerden und sicherlich auch recht lukrativ. “Vielen Dank!“, sagte er dann, als ihm mitgeteilt wurde, dass er passieren konnte. “Vale!“, sagte auch Ingwin und machte sich schon daran, das Lager zu betreten. Wulf setzte Werlin auf den Karren und trieb dann das Maultier an, um seinem Sohn zu folgen.

    Ingwin schenkte dem Wachhabenden, der sie so freundlich begrüßte einen skeptischen Blick, doch ließ er sich von seinem Vater ein wenig nach hinten schieben. Werlin trat an seine Seite und versteckte sich nun hinter ihm anstatt hinter Wulf, der nun seine längeren, blonden Haarsträhnen mit den bereits ergrauten Schläfen an die Seite schob und dem Römer zunickte. “Schaut nur nach!“, forderte er die Legionäre auf, von denen einer allerdings ein wenig zurück blieb. Alle drei schauten nun dabei zu, wie die Waren untersucht wurden, doch als der Mann auf die Säcke stieß und nachfragte, was darinnen sei, trat Wulf auf den Karren zu. Er zerrte einen der Säcke heran, öffnete ihn leicht und ließ den Wachhabenden hinein schauen. “Ich habe gehört, dass diese Dinge bei den Römern sehr beliebt sind,“ erklärte er. “Dies sind Speerspitzen mit Widerhaken und in dem anderen Sack befinden sich Tretspitzen, welche sich in die Hufe von Pferden bohren können.“ Er blickte den Römer fest entgegen.


    “Kein Mann kann so gut schmieden wie mein Vater!“, war es nun wieder Ingwin, der sich in das Gespräch mischte. Auch er trat nun wieder nach vorn, wobei ihm Werlin erschrocken entgegen sah, als ob er fürchtete, dass nun auch die Aufmerksamkeit auf ihn gezogen wurde. “Nicht einmal eure Schmiede!“, verkündete er selbstbewusst und warf sich ein wenig in die Brust. “INGWIN!“, herrsche Wulf ihn nun an und wendete sich dann gleich darauf an den Legionär. “Verzeih‘ die Worte meines Sohnes, doch er ist noch ein Kind!“ Ingwin hasste es, wenn sein Vater soetwas sagte. Er war immerhin schon ganze elf Jahre alt! Dennoch zog er es vor nun zu dem Thema zu schweigen. Wulf mochte ein gerechter Mann sein, doch eine Ohrfeige wollte er sich auch nicht einhandeln. Auf keinen Fall vor einem Römer!

    “Und die Legionäre haben das alles selbst gebaut?“, wollte Werlin wissen, als das Lager in Sicht kam.
    Wulf, der recht hochgewachsene und schwere Germane nickte bedächtig. Auch Ingwin hing an den Lippen seines Vaters, um alles über dieses römische Lager zu erfahren. Doch was ihn anbelangte, so waren die Römer ein Volk, welches er am liebsten von Weitem sah. Mutter hatte nie wirklich etwas Gutes erzählt und auch Wulf hielt sich mit seiner Freude über deren Anwesenheit sehr bedeckt. Dennoch hatte sich die kleine Familie aufgemacht, um die Schmiedewaren an diesem Tag im Lager feilzubieten. Nur Mutter und Venja waren daheim geblieben, in dem recht kleinen Dorf, aus dem sie alle stammten. Der schwere Karren, auf dem die Werkzeuge und auch Schmuckerzeugnisse aus der Schmiedekunst seines Vaters geladen waren, holperte über die spärlich bepflasterte Straße und wurde von Ralph, dem müden, alten Maultier gezogen.
    Am Tor schließlich hielten sie an, wobei Wulf die wachhabenden Soldaten freundlich grüßte. Werlin versteckte sich ein eingeschüchtert hinter ihm. Ingwin verstand das nur insofern, dass sein Bruder vier Jahre jünger war er selbst und vielleicht einmal ein Feigling aus ihm würde. Er selbst stand aufrecht und betrachtete sich die Männer aufmerksam. Viele Römer hatte er noch nicht aus der Nähe gesehen. Nur auf dem Markt von Mogontiacum, wo sie aber nur selten im Dienst waren.


    “Wir sind wegen dem Markttag hier!“, sprach Ingwin recht unerschrocken, doch wurde er von seinem Vater gebremst.
    “Wir haben Werkzeuge und Schmuck!“, erklärte Wulf, der seinem Sohn die Hand auf die Schulter legte, um ihn ein wenig in den Hintergrund zu schieben. “Ihr könnt gerne alles untersuchen!“

    Hiermit bittet folgende ID um Aufnahme:


    Name: Ingwin
    Wohnort: Mogontiacum
    Stand: Peregrinus


    Ihr ist zu Ohren gekommen, dass Florus ein wenig Arbeit braucht. :D