Beiträge von Titus Umbrenus Nero

    "Zum Wasser, Du wählst welches Sabaco. Eine poetische Ader - Danke. Das ich besser fischen kann als Du, liegt daran dass ich länger Fische als Du. Ich bin einige Jährchen älter Sabaco. Meine Schätze werden Dir hoffentlich auch zu Gute kommen. Du hast durch sie etwas zu schreiben und es ist durchaus möglich, dass Dir zu dem einen oder anderen auch etwas einfällt. Danke für die Blumen, ob ich so schlau bin weiß ich nicht. Immerhin dümpeln wir hier herum oder?", gab Nero zurück und verstaute den Rest der Schätze wieder in der Truhe um sie zu schließen.


    "Ob ich Kastraten heiß finde? Sabaco Du hast einen grausamen Humor, hat Dir das mal einer gesagt? Nun wohl wahr, aufstehen wollten wir beide nicht. Die Müdigkeit hatte uns fest im Griff, aber das Horn war unerbittlich. So wir machen also eine Begehung und wohin gehen wir?", fragte Nero und schob Sabaco aus dem Officium.


    "Vielleicht essen wir unterwegs einen Happen und trinken etwas bevor wir das Wasser überprüfen. Irgendeine Idee oder eine gute Taberna auf Lager die sich lohnt?", hakte Nero nach.

    Nero verschränkte die Arme vor der Brust und schmunzelte.


    "Vermeintlich? Es ist Dein Navigationsgerät, gleich was es tatsächlich ist. Aber Du hast Recht und hast den Wink korrekt verstanden. Was Du nicht verstanden hast, ist dass Du keine Angst haben musst. Es sei denn Du fürchtest Dich vor Dir selbst. Kommt gar nicht so selten vor, gerade dann wenn man weiß was sich unterhalb der Oberfläche verbirgt und jederzeit auftauchen könnte.


    Du bist vorsichtig Sabaco, jedes Raubtier ist vorsichtig. Du hast mir einen Teil Deiner Geschichte anvertraut, meine steht noch aus. Aber das ändern wir jetzt, Du wirst meine Geschichte hören und ich werde Deine Geschichte hören und wir beide werden mehr denn je wissen, dass wir aus dem gleichen Gewässer stammen, auch wenn wir woanders unsere Bahnen gezogen haben.


    Meinst Du ich wüsste nicht, was Du mir damit sagen wolltest auf der Straße groß geworden zu sein? Die Straße kennt keine Gnade, sie ist wie die See. Entweder hast Du die Stärke zu überleben oder Du gehst unter. Aber Du gehst nicht einfach, sondern Du versinkst im Vergessen. Aber Du bist nicht versunken, Dir sind mächtige Flossen gewachsen Seehund und Deine Sinne sind genauso scharf wie Deine Zähne. Wozu Du sie eingesetzt hast, wirst Du mir noch früh genug erzählen. Das Du es hast, ist unbestritten.


    Wer waren Deine Opfer Sabaco? Wen hast Du erbeutet oder aus Notwehr gerissen, durchgekaut und ausgespuckt?

    Du wirst es mir schon noch früh genug erzählen. Du hättest kein Wort darüber verlieren müssen, denn selbst mit Wein umnebelten Verstand wirst Du noch klar genug sein, zu wissen wann Du schweigen musst. Nur wann Du aufstehen solltest, dass weißt Du nicht", lachte Nero leise und machte eine wegwerfende Handbewegung.


    "Geschenkt, ich sagte doch Du wärst ein guter Tribun. Ich weiß nur nicht was Du Dir bei meinem Kommentar gedacht hast. Das ich auf Kastraten stehe? Eierlose Luschen, die weder Schneid noch Biss haben? Ich dachte ich hätte mich da klarer ausgedrückt. Wärst Du wirklich dass, was Du heuchelst Sabaco, hätte ich Dich nicht mal mit dem Arsch angeschaut. Lust auf einen Ausflug?", grinste Nero.

    Nero trat ganz nah an Sabaco heran, so nah dass sie sich fast berührten. Körperlich berührten, denn seelisch hatten sie es schon längst. Nero sah wer vor ihm stand und Sabaco sah es genauso.


    "Dann sag nichts", antwortete Nero, öffnete die Kiste und drückte Sabaco das Messegerät in die Hand.

    "Deine erste Muse. Persönliche Auszeichnung".

    "Du sagst ja nicht einmal Dir die Wahrheit über Dich Sabaco, wieso solltest Du sie dann mir sagen? Du magst die andere Seite nicht sehen? Seltsam, warum betrachtest Du sie dann so ausführlich? Ich biete Dir sogar noch mehr. Ein Gedanke von Dir und zwei von mir zurück. Meiner und Deiner. Es gab einst einen Hund, der lebte in einem Rudel, suchte die Wärme und war doch keiner von ihnen. Allein zog er umher, das Rudel war sein Schild, sein Zeitvertreib. Das Rudel war nicht das was er liebte, dass sagte sich dieser Hund.


    Viele wissen es nicht, aber es gibt nur zwei Formen von Liebe. Die eine Liebe nutzt eine andere Person, um aus ihr das eigene Glück zu ziehen. Die andere Form der Liebe, teilt das bereits vorhandene Glück mit der anderen Person. Dieser Hund behauptete, er wäre einer der ersten Sorte, jene die das Glück anderer abziehen, der sie erntet und der nicht das eigene Glück teilt. Bestenfalls waren die anderen Hunde nützlich, schlimmstenfalls waren es Feinde.


    Das war es, was der Hund sich erzählte, damit ihn die eigenen Schatten nicht fraßen. Er selbst konnte und wollte die Wahrheit nicht sehen, denn er missdeutete sie als Schwäche. Er traf auf ein anderes Tier, ein Tier dass in kein Rudel lebte, in keine Herde passte und in niemandes Schule Zuhause war. Es war fremd auf diesem Grund und Boden, gefühlt eine Unendlichkeit von seiner Heimat entfernt und dennoch war es hier gestrandet.


    Der Hund der keinen Blick auf sich selbst werfen konnte, sah dass dieses Wesen fror. Er besaß nur zwei wärmende Felle, mehr hatte er nicht zur Verfügung. Er wusste nicht, ob ihm dieses fremde Tier wohlgesonnen oder feindlich gesinnt war. Im Grunde wusste er nicht einmal, ob dieses Wesen ihn vielleicht sogar fressen würde. Alles was der Hund wusste war, dass dieses Wesen alleine war und fror. Und so teilte er seine Felle, reichte dem Wesen ein Fell ohne eine Gegenleistung zu verlangen.


    Kein Wunsch, keine Forderung, keine offene Rechnung kam über die Lippen des Hundes. Er gab und schaute nicht zurück. Er hatte etwas erblickt, dass ihm ähnlicher war, als ihm lieb gewesen wäre - denn er sah etwas das er am meisten fürchtete in den Augen jener Kreatur.


    Er sah sich selbst".

    Nero räumte gemeinsam mit Sabaco die Schätze zurück in ihre Truhe. Über die Worte von Sabaco freute sich Nero.

    "Das hast Du sehr gut ausgedrückt, Musen, ja so könnte man die kleinen Funde durchaus beschreiben. Sie beflügeln meine Gedanken und schicken sie auf Reisen. Manche sind abenteuerlich, manche sonderbar und manche sind finster. Aber eines waren sie bis jetzt immer und zwar interessant. Hätten sie nur von Glück, Liebe und der gleichen zu berichten, dann Sabaco wäre der Glanz meiner Musen längst verblasst. Andere mögen nichts als Krempel in meinen Schätzen sehen, aber das ist mir gleich.


    Bis jetzt warst Du Deine einzige Quelle, warum sollte es so bleiben? Du kannst doch jederzeit auch die Blickwinkel anderer aufgreifen. Stell Dir vor Du erzählst ein und die selbe Geschichte, aber jeweils aus der Sicht von einer anderen Person. Wem wäre wohl was wichtig? Wer würde was hervorheben? Schon allein dadurch würden sich zig andere Geschichten ergeben, auch wenn die Erfahrung ein und die selbe gewesen ist.


    Du kannst so viele meiner Geschichten festhalten wie Du magst. Sozusagen sind es selbst zusammengesponnene Mythen. Legenden die niemand außer ich kennt. Meinst Du die großen Schriftsteller schreiben ihre Werke anders als wir? Alles Sabaco fängt doch mit einer Muse und einem Gedanken an. Oder mit einem Wunsch. Teilen wir unsere Wünsche, Gedanken und Geschichten", bot Nero gut gelaunt an.

    "Dann soll er seinen Urlaub bekommen, wenn er ihn verdient hat. Sabaco, dass ist doch der Grund warum das Teil in der Schatzkiste liegt. Sobald ich weiß was es ist, wäre es ja nicht mehr so wertvoll. Ja Du hast Recht, es ist völlig kaputt, aber trotzdem hat es seine eigene Schönheit. Es könnte auch ein anderes Instrument sein, jemand kann es ins Wasser geworfen haben oder es wurde auf einem Schiff mitgeführt und ging verloren. Wir wissen es leider nicht.


    Manchmal betrachte ich meine Schätze, wähle ein Kleinod aus und stelle mir vor woher es kommt. Dann erzählt es mir sozusagen seine Geschichte. Seinen Lebensweg, was es erlebt hat, durch welche Hände es ging, bis es ins Meer fiel und an den Strand gespült wurde. Ich hob es auf und nun erzählt es mir von seiner Reise. Wer weiß welche Weiten diese Dinge schon gesehen haben? Möglich ist auch, dass es dort hineingeworfen wurde, wo ich es gefunden habe.


    Und ganz ehrlich Saba? Manchmal ist es gar nicht die wahre Geschichte der Fundstücke, sondern jene Geschichten, die mir dazu einfallen und meine Gedanken beflügeln. Sie nehmen mich mit auf eine Reise in ferne Länder, über die See und zeigen mir woher sie stammen. Jedenfalls in der Geschichte, die sie gerade zum Besten geben. Wofür andere Papier und Feder benötigen, dafür habe ich diese Dinge.


    Du hältst Deine Gedanken fest nicht wahr? Vielleicht sollte ich dies auch einmal versuchen. Oder Du könntest eine meiner Geschichten festhalten. Was sagst Du dazu?", fragte Nero.

    Nero schaute zu dem zappelnden Fisch und warf dann Sabaco einen Blick zu.


    "Wir benötigen noch einige für eine gute Mahlzeit. Wann und wo Du möchtest Saba. Allerdings an einem abgeschiedenen Ort, wo wir in Ruhe reden können. Wo wir ungestört sind und uns keine Gedanken um mögliche Lauscher oder Gaffer machen müssen. Wo man sich alles von der Seele reden kann. Du verstehst das besser als jeder andere. Ja ich kenne Stilo, ein aufrechter, geradliniger und guter Mann. Der Wahlbruder von Cimber und das ist ein Kompliment. Das Elysium auf Erden für einige, nicht für alle. Was soll ein Fisch in der Wüste, außer vertrocken? Ich bin dort verdorrt Sabaco. Das Land ist wunderschön, unendliche Weite, eine Landschaft wie Du sie Dir kaum vorstellen kannst voller wilder Schönheit. Dort läuft alles nach etwas anderen Regeln. Warst Du einmal dort?


    Ein Grundstück das ein Sumpf ist, ist ein schlechter Scherz. Der Mann muss sich verhöhnt gefühlt haben. Wobei ich glaube, wir beide kämen sogar im Sumpf zurecht. Vermutlich würden wir uns sogar wohlfühlen, da er lästige Besucher abhält. Ehe die einem ins Haus latschen, sind sie versunken", lachte Nero und brachte den Fisch an Land, um ihn neben ihrer Decke abzulegen.


    Dann watete er erneut ins Wasser, um den nächsten Fang aufzulauern.


    "Sicher wärst Du ein guter Tribun, dass würde nicht nur den anderen sondern vor allem Dir selbst gut tun. Und was nicht ist, kann ja noch werden. Auch bezogen auf das Grundstück. Du weißt nie was noch geschieht. Und falls nicht, bei mir hast Du es doch gut oder? Ich möchte keine Kritik hören. Sei so gut und knüppele mal unsere Mahlzeit tot, das hatte ich gerade vergessen", bat Nero freundlich.

    Nero nickte zustimmend und grinste ebenfallls.

    "Urlaub bekommen doch eigentlich nur Männer die auch gearbeitet haben. War das bei dem Kamerad denn der Fall?", fragte er leicht lauernd mit belustigtem Blitzen in den Augen.


    "Spaß beiseite, die Pläne betreffend hast Du Recht. Sind wir auf alle Eventualitäten direkt vorbereitet, haben wir eine Umplanung nicht nötig. Was uns Zeit und Nerven spart. Das ist ein sehr guter Grundgedanke, den wir auch zukünftig beibehalten sollten. Jetzt nicht nur um uns zu treffen und zu plaudern, sondern um wirklich die Dienstpläne messerscharf zu schleifen. Was nicht heißt, dass ich nicht gerne mit Dir plaudere. Das weißt Du.


    Für meine Schrottsammlung? Ehrlich? Nun dann will ich Dich nicht länger auf die Folter spannen und Dir meine wertlosen Schätze zeigen", erklärte Nero und stand auf.


    Er ging in die hinterste Ecke seines Büros und zerrte eine schwere Truhe hervor. Mit lautem Klappern öffnete er sie und legte einige der Stücke vorsichtig auf den Boden. Zum Vorschein kam eine zerbrochene Öllampe, einige Münzen die Sabaco und Nero nicht zuordnen konnten. Ein weiterer Fund sah aus wie ein Messinstrument, aber es schien ein Großteil von ihm zu fehlen. So ging es die ganze Zeit weiter. Die Schätze waren vermutlich wirklich nichts wert, außer die Freude die sie ihrem Besitzer bereiteten. Sie waren interessant, teilweise fremdartig ein Unikum.

    Nero stockte und schaute sich nach Sabaco um.

    "Stilo? Stilo... Sisenna Seius Stilo? Das ist der Wahlbruder von Appius Umbrenus Cimber , ich kenne den Mann! Ich stamme wie er aus Cappadocia. Dann kennst Du vermutlich auch Cinna, Cimbers Sohn und Madara, seine Schwester. Du hast einen weiten Weg hinter Dir Sabaco, dass was die tatsächliche Entfernung angeht und das Erlebte ebenso. Natürlich ist das eine Einladung. Warum ich Dir später davon erzähle ist leicht, im Moment habe ich gute Laune und meine Geschichte ist genauso verworren wie Deine. Wir beide haben genug Scheiße gefressen, was unser Leben angeht. Warum sollte ich uns damit jetzt die Laune verderben?


    Bei einer Amphore Wein, an einem Feuer und mit etwas Röstbrot lässt sich so etwas leichter erzählen, meiner Meinung nach. Du wärst vermutlich ein besserer Tribun, als Du Dir selbst zutraust. Was glaubst Du haben die gelangweilten Officium-Furzer für eine Qualifikation? Die wissen nicht wovon sie sprechen, die wissen nicht wie es ist, im Dreck zu liegen und um ihr Leben zu bangen. Sie sitzen in ihren Büros, hinter verschlossenen Türen, einem Dach über dem Kopf und einem wärmenden Feuer an ihren zarten Fesseln, während der Rest von einem Stuhl gestützt werden muss. Wie speckige, fette, dekadente Maden hocken sie da und entscheiden über das Leben guter Kameraden mit einem Federstrich. Das sind jene die sonst über unser Leben bestimmten Sabaco.


    Das sind jene die ins Haus laufen, wenn es windig wird, wo wir dem Sturm trotzen. Ich verachte solche Weichlinge zutiefst. Kannst Du einen Befehl von so einem Mann ernst nehmen? Nein? Ich auch nicht. Wir müssen es aber. Das ist der Lauf der Welt. Es mag der Tag kommen, wo wir andere Männer dort sitzen haben. Männer die ihren Posten durch Schweiß, Blut und Stahl errungen haben, aber bis dahin müssen wir mit dem Vorlieb nehmen, was dort hockt", grinste Nero und stieß mit dem Sperr nach einer Forelle.


    Mit dunklem Blick hob er das gepfählte Tier aus dem Wasser.


    "Eines Tages nicht wahr? Neptun liebt die seinen", grinste er gut gelaunt.

    Nero schaute von seinem Schreiben auf und starrte Sabaco an, ehe ein kurzes Grinsen aufblitzte.


    "Sabaco unter uns beiden, ich glaube wir haben die besten, effektivsten und geschliffensten Dienstpläne die Rom jemals gesehen hat. Nimm Platz und mach es Dir gemütlich. Also wie kann ich Dir helfen. Sucht Dein Blick etwas Bestimmtes?", fragte Nero und versuchte sich seine gute Laune nicht allzusehr anmerken zu lassen. Ob es ihm gelang, stand auf einem anderen Blatt.

    "Doch Sabaco, weil die Alternative noch beschissener aussehen würde. Was hast Du davon Dich die ganze Zeit zu ärgern, oder niedergeschlagen zu sein? Überhaupt nichts. Du kannst alles Schlechte aufzählen, wenn Du allein bist. Da kommt einiges zusammen. Du kannst Dir aber auch die guten Dinge vor Augen halten. Schon allein im Eigeninteresse um nicht irgendwann ein verbitterter, alter Kerl zu werden. Naja oder nicht noch verbitterter, ist auch gleich. Jeder muss da seinen eigenen Weg finden, etwas anderes bleibt einem gar nicht übrig.


    Den größten Teil meines Lebens war ich der einzige Fisch in meinem Schwarm. Nicht komplett oder dauerhaft, aber wie gesagt größtenteils. Da unterscheiden wir uns Saba. Tja im Grunde warst Du dann selbst im Schwarm allein, es waren nur Kurzstreckenbegleiter. Sie kamen und gingen, aber dass muss nichts Schlechtes sein. Wie heißt es so schön? Die einen machen Dich glücklich, wenn sie in Dein Leben treten, die anderen wenn sie Dich verlassen. Klingt fies was? Aber so ist es nicht gemeint. Wobei es gibt natürlich auch Personen, die man wirklich lieber von hinten sieht, weit weit weg oder sehr sehr tief weg", lachte Nero.


    "Oh damit wir uns nicht missverstehen, Du bist nicht damit gemeint. Also gehe nicht zu weit und nicht zu tief ins Wasser. Du bringst es auf den Punkt, irgendwie gehen dann doch alle. Aber lass uns unsere Zeit nicht mit trüben Gedanken verschwenden, sondern Wasser, Wind und Sonne genießen und am besten auch gleich einen Fisch.


    Was hat Dich in die Truppe verschlagen? Also wirklich und ich spreche nicht von Deinem Decknamen oder meinem. Was hat Dich hierher geführt? Mich so mancher Umweg, davon werde ich Dir mal bei Lust, Laune und einer guten Amphore berichten. Falls Du den Nerv drauf hast, Dir ein Ohr abkauen zu lassen. Siehst Du schon was? Ich glaube die Fische machen gerade Pause oder so", grübelte Nero und grinste dann breit.

    "Man hat nicht immer eine Wahl, ob man Freunde oder Kameraden hat Sabaco. Ob man Freude empfindet schon. Das eine ist ein Einfluss von außen, Deine Empfindung eine innere Angelegenheit. Du kannst Dich ärgern allein angeln zu gehen oder Du kannst Dich freuen allein angeln zu gehen. Es liegt bei Dir wie Du die Sache siehst und woran Du Deine Freude festmachst. Du wirst sagen, ein Fisch schmeckt besser in Gesellschaft. Aber Dein selbstgefangener Fisch, für den Du gegen Wind, Wasser und Wellen gekämpft hast, schmeckt allein ebenso wunderbar. Er schmeckt ein kleines bisschen nach Triumph. Nicht alle Fische da draußen sind Schwarmfische Sabaco und mancher Schwarmfisch hat keinen Schwarm.


    Wie groß war Dein Schwarm mit dem Du durch die Gegend gezogen bist?

    Meiner war überschaubar.


    Du kannst meine Sammlung gerne sehen. Erwarte nichts besonders, ich habe einfach das aufgehoben, was mir gefallen hat. Manches weil es seltsam aussieht, anderes weil es hübsch anzusehen ist in meinen Augen. Mal sehen was wir Schönes fangen", antwortete Nero und watete ins Wasser.


    Die Blicke von Sabaco störten ihn so wenig, wie Saba Anstoß an seinen genommen hatte. Sie waren schließlich keine prüden Barbaren, die aus Scheu und Scham sogar ihre Beine in Hosen wickelten, damit man bloß nicht zu viel Haut sah. Als Nero meinte eine gute Stelle gefunden zu haben, blieb er stehen und schaute ob vielleicht ein Fisch im seichten Wasser seine Bahnen zog. So manchere Fisch mochte es sich im wärmeren Wasser aufzuwärmen. Sollte sich einer blicken lassen, wäre er ihre Mahlzeit.

    "Auf einem Schiff hält man zusammen oder man geht gemeinsam unter. So oder so Sabaco ist ein Schiff Gemeinschaftswerk. Du musst Dir bewusst sein, dass Du den anderen brauchst, dass haben die meisten Landläufer nicht mehr in ihren Gedanken. Sie führen sich auf, als kämen sie völlig alleine klar. Aber dass das nicht so ist, wissen wir alle. Gerade jene die so tun, als würden sie nichts und niemanden benötigen, sind die ärmsten Seelen", antwortete Nero und betrachtete Sabaco einen Moment länger, als es nötig gewesen wäre, ehe er freundlich grinste.


    "Zeit Fische zu fangen!", verkündete Nero und wog den Speer in der Hand. Er stach ihn in den Sand, zog sich aus, ergriff die Waffe und machte sich langsam auf Richtung Wasser.


    "Nein zum Glück habe ich noch keine Feuerqualle ins Gesicht bekommen und ich kann auch drauf verzichten. Wertvolles an sich noch nicht, aber sehr viele interessante Dinge. Von manchen wusste ich nicht mal was sie sind. Ich glaube irgendein Schiff hatte sie verloren. Muscheln und vieles mehr habe ich auch schon gefunden. Steine die durch die Wellen zu ganz besonderen Mustern geschliffen wurden, mag ich besonders. Ich habe sogar einst eine Öllampe gefunden. Nicht mehr zu gebrauchen, aber gerade dadurch hat sie urig gewirkt.


    Am Brandungsangeln ist schlicht der Spaß der Unterschied. Die Herausforderung Sabaco. Es ist lange her, dass ich auf diese Art geangelt habe. Ein Rochen hat Dich um Deine Angel erleichtert? Na dann wird es Zeit, dass wir uns dafür etwas Fisch zurückholen, meinst Du nicht auch?", sagte Nero gut gelaunt und setzte seinen Weg fort.


    Sabaco sah, dass auch Nero kein dürres Gerippe war. Er war nicht annähernd so groß wie Sabaco, dafür war er kräftig. Er wirkte trainiert, fit, kompakt und hatte ein bisschen Bauch. Und gerade schien er blendende Laune zu haben. Je näher Nero dem Wasser war, je glücklicher schien der Mann zu sein.

    Nero setzte sich auf und rieb sich gähnend die Augen.


    "Ja das tun sie, wenn Du in sauberes Wasser schaust, siehst Du manchmal ihre Schnorchel herausschauen. Manche Muscheln liegen auch oben auf. Aber das sind die wenigsten. Du musst schon im Dreck wühlen, um eine Perle zu finden Sabaco. Auch im Meer gilt dass, was das tägliche Leben uns vorschreibt. Muschelernte ist eine harte Arbeit, aber so lange man es sich leisten kann, dies zum Spaß zu betreiben, ist das eine andere Sache.


    Am Strand habe ich schon einiges gefunden, vor allem nach einem Sturm. Schon erstaunlich was das Meer einem so alles vor die Füße spült. Nein weder am noch im Meer habe ich je schlechtes erlebt. Die meisten Landläufer sind es, die einem das Leben schwer machen. Halten sich für die Größten, meinen sie wären hart dabei hätte sich so mancher von denen eingeschissen, wenn sie nur eine leichte Brise erleben. Vom Sturm ganz zu schweigen. Aber was will man von weichen, wabbligen Officium Kerlen erwarten mit weichen Händedruck? Sie kennen nur ihr eigenes Leben, wobei das vermutlich ein eignes "Meer" ist und da sind ziemlich viele Haie unterwegs Sabaco. Haie mit extrem Biss aber dafür auch völlig unförmig", lachte Nero und dachte einen Moment lang nach.


    "Brandungsangeln schon mal versucht? Mein schönster und leckerster Fisch den ich schon öfter gefangen habe ist der Hornhecht. Mein größter Fisch war ein Zackenbarsch, groß, mit riesigem Maul und er hat gekämpft wie Neptun selbst. Wer derart um sein Leben kämpft, hat es sich verdient. Ich habe ihn zurück ins Meer geworfen. Was hast Du je so an Land gezogen?", fragte Nero und nahm einen der Speere zur Hand.

    Nero wälzte sich auf die Seite und schaute zu Sabaco hoch.

    "Muscheltauchen heißt im Dreck wühlen Sabaco. Du musst Dich auf Dein Gefühl verlassen. Leicht sind sie nicht zu finden, aber selbst ohne Perle lohnen sie als Beute. Muscheln schmecken ziemlich gut. Wir könnten sie kochen oder im Feuer rösten. Ich habe uns Speere geschnitzt, falls wir im seichten Wasser Fische jagen wollen. Ich dachte mir ich mache mich etwas nützlich, bevor ich es mir gemütlich mache. Netter Platz, ich liege sehr bequem", antwortete Nero leichthin und deutete auf die geschnitzten Speere.

    Nero hörte Sabaco zu, aber seine Gedanken schwirrten im seinem Kopf umher, wie ein Schwarm wütender Fliegen. Er hatte Sabaco auf den Boden geworfen? Dass wusste er gar nicht mehr so genau. Das Wort Morgengrauen hatte heute eine sehr wörtliche Bedeutung für ihn. Bei der Verabschiedung von Sabaco grinste er schief und nickte knapp und schon war der Suboptio verschwunden. Das Nicken war keine gute Idee gewesen. Aber es half alles nichts, Wein hin, Kopfschmerz her, auch er musste sich zum Dienst schleppen.

    Nero war Sabaco gefolgt, denn eines stand zweifelsfrei fest, dieser Mann hatte ein Händchen dafür sich in Schwierigkeiten zu bringen. Aber heute schien Sabaco anderes vorzuhaben, als sich mit einer Amphore Wein den Schädel zuzudröhnen. Er ging zu einer Bucht, zog sich aus und machte sich auf einen ersten Tauchgang. Nero hockte sich in die Nähe und beobachtete neugierig das Treiben des Suboptio. Scheinbar suchte er was, nur was?


    Nero schlenderte hinüber zu Sabacos Lager und machte es sich darauf bequem. Muscheln! Sie hatten von Muscheln gesprochen und er hatte Saba erklärt, dass es welche in guten Gewässern gab. Vielleicht war das Glück mit Sabaco und er fand nicht nur eine Muschel, sondern auch eine Perle darin. Neptun hatte manchmal einen seltsamen Humor, aber er war nicht ohne Gnade und Fürsorge für all jene die seine Gaben zu achten und zu schätzen wussten.


    Während der Wartezeit stand Nero noch einmal auf, schnitt von einigen Bäumen zwei gute, lange Äste und fertigte schöne Fischspieße. Im flachen Randgewässer waren sie ideal, wenn man einen Fisch erbeuten wollte. Ein gutes Auge und eine schnelle Hand waren Voraussetzung. Über beides verfügten sie. Als er mit seiner Arbeit fertig war, machte er sich lang auf der Decke.

    Nero spürte wie Sabaco aufwachte und dann genau den gleichen Trick anwandte wie er selbst. Das gab es doch nicht. Mittlerweile plärrte das Horn markerschütternd und Nero drehte sich in Zeitlupe zu Sabaco um. Je länger sie warteten, je peinlicher wurde das Ganze.


    "Sag mal, wie lange willst Du Dich noch schlafend stellen? Zudem war das meine Idee, um keine Peinlichkeiten aufkommen zu lassen! Gut eine Idee wie wir unauffällig noch pünktlich kommen, ohne dabei von der halben Castra gesehen zu werden? Vielleicht sollte ich Dich einfach vor die Tür setzen. Oder ich sollte so tun als wäre gar nichts geschehen. Als wäre dies das Normalste von der Welt. Du hat mich ganz schön in die Scheiße geritten, jetzt hilf mir gefälligst dabei, dass wieder gerade zu biegen. Wir haben einen Ruf zu verlieren, alle beide und wir haben lange daran gefeilt für ein Arschloch gehalten zu werden. Also ein bisschen mehr Mitarbeit Sabaco. Übrigens hast Du auf meinem Boden rumgelegen und mich fast zum Stolpern gebracht. Unschöner Zug von Dir", murrte Nero und setzte sich auf.


    "Kann dieses Horn nicht mal für fünf Minuten die Fresse halten?!?", bellte er ohrenbetäubend und raufte sich gerädert die Haare.

    Es war warm, gemütlich, weich und wohlig. Nero hatte so gut wie seit langem nicht mehr geschlafen. Den Bruchteil einer Sekunde später zuckten seine Augen zur Seite und erspähten Sabaco. Einen langen Moment beaugapfelte er den Schlafenden, ehe die Erkenntnis in seinen schlaftrunkenen Verstand sickerte. Sie hatten am Hafen zusammen getrunken, er hatte Sabaco in die Castra geschleppt. Dann war er fast über ihn gestolpert und hatte ihn ins Bett gewuchtet. Was würden die anderen denken, wenn Sabaco sein Zimmer verließ? Die Gedanken musste er sich doch nur machen, wenn er vor Sabaco wach war! Nero schloss breit grinsend wieder die Augen und stellte sich schlafend. Zeitgleich zuckten seine Mundwinkel nach unten, niemand schlief grinsend und er schon gar nicht.

    Mitten in der Nacht wachte Nero auf und glaubte jemand weiteren atmen zu hören. Jene Männer die einen zu festen Schlaf hatten, schliefen irgendwann für immer. Besonders in ihrem Beruf. Irritiert schaute er sich um, da war niemand. Gerade als er sich aus dem Bett rollte, machte er einen Satz über etwas auf dem Boden. SABACO! Bei Neptun, wieso lag der Kerl bei ihm auf dem Boden? Schoss es Nero durch den Kopf. Der Hafen! Richtig, der Hafen! Er hatte ihn in die Castra geschleppt und hier abgelegt, dämmerte es Nero. Aber scheinbar war Sabaco nicht mal in der Lage gewesen, sich selbst ins Bett zu wuchten. Das gab es doch nicht, stöhnte Umbrenus gedanklich. Erneut packte er Sabaco und schleppte ihn gefühlt zum hundersten Mal an diesem Tag. Er legte ihn im Bett ab und wälzte ihn direkt zur Seite, so dass er selbst auch noch Platz in seinem Bett fand.


    Nero quetschte sich dazu, zog die Decke über sie beide und beäugte Sabaco misstrauisch. Er rechnete jeden Moment damit, dass sein Gast zu schnarchen anfing. Die Stille blieb und Nero sank zurück ins Land der Träume.