"Verstehe... was natürlich nicht geschieht, wenn sie uns versenken", grinste Nero und schaute angriffslustig zu dem feindlichen Schiff herüber. Die Burschen hatten Nerven. Aber gut, sie würden sehen wer zuerst im Rhein landete und wer wusste sonst wo. Die Jungfernfahrt der Keto schien interessant zu werden. Ob das wirklich nur ein Stresstest war, würde sich bald erweisen. Gut möglich war ebenso, dass der Kerl auf dem anderen Schiff Sabaco auf den Grund des Flusses schicken wollte. Vielleicht hatten die beide noch eine Rechnung offen und heute war zufälligerweise.... Zahltag!
Beiträge von Titus Umbrenus Nero
-
-
Nero schaute sich das Schauspiel an, die Befehle von Sabaco waren gut. Sollten ihre Angreifer sehen, wen sie herausgefordert hatten. Nero warf einen Blick auf das Segel und auf ihre Angreifer.
"Befehl für die Schützen?", flüsterte Nero fragend und nickte minimal Richtung Segel.
-
Nero streckte sich gut gelaunt und schüttelte den Kopf.
"Ich glaube wir haben keinen einzigen Tropfen zu uns genommen. Aber das werden wir gleich ändern. In aller Ruhe und Abgeschiedenheit. Ach und ehe ich es vergesse Sabaco... Danke", sagte Nero freundlich und knuffte seinen Kumpel.
"Wir kaufen uns unterwegs noch ein bisschen was zu Essen und noch einige gute Amphoren. Damit lassen wir den Tag ausklingen. Zwar waren wir nicht baden, aber Wein ist ja auch kühles Nass", grinste Nero und gab beschwingt den Weg vor.
-
Nero nickte zustimmend zu Sabacos Beschreibung. Ja mit Freunden konnte man Lachen und noch vieles mehr. Man konnte sich die Wahrheit sagen, ohne dafür im Boden versinken oder sich rechtfertigen zu müssen. Er war schon lange nicht mehr so gut gelaunt gwesen, wie in diesem Moment. Nero fühlte sich befreit und beschwingt und die Aussicht auf einen Umtrunk, bei dem es kein Limit gab, erschien ihm mit einem Mal durchaus verlockend.
"Wieso sieht uns keiner? Du hast doch nicht vor mich in Einzelteilen zu tragen oder? Zu Dir oder zu mir? Zu Dir diesmal, ich möchte Deine Bude sehen und wie Du lebst. Also wohin gehen wir?", fragte Nero gut gelaunt, schnappte sich seine Kleidung und zog sich langsam wieder an.
-
Auf der Keto die langsam an Fahrt aufnahm und dann schneller wurde, wanderte Neros Blick nach seiner Inspektion direkt zum Himmel. Ein Gefühl als wäre er nie fort gewesen verschaffte ihm die Keto, oder als hieße sie ihn nach einer langen Ewigkeit der Abstinenz Zuhause willkommen. Nero las die Wolkenbilder wie ein Jahrtausend später Männer den Wetterbericht in einer Zeitung lesen würden. Wolken und ihre Formationen, wie sie dahingetrieben wurden, die Farbe des Himmels, der sich im Wasser spiegelte und von späterem Regen kündete. Aber noch nicht, noch war es nicht soweit.
Während seiner Rundumschau erläuerte ihm Sabaco die technischen Details der Keto. Nero hörte seinem Kameraden mit einem wohlwollenden Schmunzeln zu. Er wusste wie sich ein Schiff anfühlte, dass man sein eigen nennen durfte. Selbstverständlich interessierten ihn die Daten der Schiffsdame, aber mehr noch freute er sich darüber, wie begeistert der Subopitio sie heruntersang. Nur ein Mann der sein Schiff liebte, wusste es zu würdigen.
Sabaco wies auf die Ala hin, die sich das Gebiet mit der Classis teilte. Nun die Randbezirke, denn in der Ala ritt niemand ein Hippocampus. Aber Neptun liebte auch die landlaufenden Pferde und so hielt Nero Ausschau nach den berittenen Kollegen, er sah jedoch niemanden. Das war bedauerlich aber nicht weiter schlimm, denn heute konnte nichts seine Laune trüben. Liebevoll fuhr Neros Hand über das Holz der Keto.
"Wir Römer hatten zu Beginn des Krieges gegen Karthago keine Ahnung vom Schiffbau, von Kriegsschiffen wie die Keto noch weniger. Eine gestrandete Galeere unserer Feinde diente uns als Muster. In kürzester Zeit wurden 120 Galeeren gebaut. Benannt war jene Ahnen unserer Keto mit 300 Ruderern und 120 Soldaten.
Für diese Tat lächelte Neptun nun den Römern zu Sabaco. Durch den Einsatz von Enterbrücken gelang es uns, die Scheeschlacht von Mylae in eine des Schwertes zu verwandeln. Die Seemacht Karthago wurde in die Knie gezwungen und vernichtet. Die Zukunft lag in den Händen der Männer der See und den Schiffen die sie befehligten und so konnte sich das Imperium Roms zu dem entwickeln, was es ist. Zum Ruhm und Symbol dieser Vormachtsstellung bildete man ab dato auf den Rückseiten fast aller Kupfermünzen die Prora ab", sagte Nero.
Sein Platz befand sich Achtern wo sich auch der Schiffsführer befand und genau dort stand er mit Sabaco. Bedient wurden die Steuerruder jedoch nicht vom Gubernator selbst, sondern von ein oder zwei Rudergängern die aus den Ruderern ausgewählt wurden.
Ein Ruder konnte nur dann eine Steuerung herbeiführen, wenn es durch Fortbewegung des Schiffes von Wasser umströmt wird. Die Steuerwirkung war umso extremer, je mehr das Ruder quer zur Fahrtrichtung angestellt wurde, je größer seine wirksame Fläche war und je schneller sich das Schiff innerhalb des Wassers bewegt. Ohne Fahrt, keine Lenkung. Und Rudern oder gesetztes Segel, keine Fahrt. Die Keto wurde über das Steuerruder, die Ruderer selbst und auch durch die mögliche Segelsetzung gesteuert.
Er war gespannt welche Befehle Sabaco erteilen würde um die Hindernisse in Form von versunkenen Bäumen gekonnt zu umschiffen.
"Gewöhne Dir von Anfang an, die Keto mit Namen anzusprechen und sage bitte nicht das Schiff. Du sagst ja auch nicht der Gubernator oder ich der Suboptio. Du möchtest sie nicht gegen Dich aufbringen Sabaco, Du kannst Menschen und Männer belügen, aber niemand belügt oder beleidigt ein Schiff und die Keto ist Dein Schiff", antwortete Nero.
-
Nero kam gerade noch rechtzeitig um die Keto abzufangen. Das Schiff legte für ihn erneut an und nahm ihn an Bord und Nero atmete förmlich auf. Seine gesamte Existenz fühlte sich schlagartig an, als wäre er nach Hause gekommen. Die leichte Bewegung des Schiffes, der Boden unter seinen Füßen der dadurch in ständiger minimaler Bewegung war. Die Schiffsbewegung federte jeden seiner Schritt auf eine Weise ab, die fast einer Liebeserklärung gleich kam. Der Gang war auf den Planken leicht und unbeschwert, wog die Gelenke und müden Knochen zurück zur Bestform. Nero drehte sich mit Schwung um, während sein Blick in liebevoller Geste über das gesamte Schiff strich, wie die Hand eines Geliebten über seinen Schatz.
Das Schiff war in Bestform, die Mannschaft ebenso und Sabaco strahle wie kein anderer. Der Gruß war zackig und er salutierte ihm. Der Gubernator erwiderte den Gruß und schenkte seinem Freund und Suboptio eines seiner seltenen Lächeln, dass fast wie ein Zähnefletschen aussah.
Die Keto war ein Schiff nach seinem Geschmack, kein Schiff für Weicheier und Sesselfurzer die es ihrer Mannschaft bequem machte. Nein sie war ein Kriegsschiff, hier hatte Gemütlichkeit nichts zu suchen. Bequemlichkeit verführte zu Müßiggang. Auf einem Schiff hatte stets Wachsamkeit zu herrschen, gemütlich schlafen konnte man Zuhause im Bett oder im Officium bei passendem Posten. Sie hingegen waren Männer der See und dieses Schiff unterstrich vom Bug bis zum Heck wofür die Keto und die Mannschaft geschaffen worden war.
Nero suchte sich den hintersten Platz am Heck, von wo aus er das gesamte Schiff in seiner Gänze überblicken konnte. Sabaco verstand instinktiv worum es ging und wählte den gleichen Platz. Sabaco brachte ihn umgehend auf Ist-Stand und Nero lehnte sich dabei entspannt an die Reeling.
"Alles was zählt Suboptio, wir sind auf dem Wasser. Möge Neptun uns beistehen und stets eine Handbreit Wasser unter dem Rumpf dieses Schiffes", sagte Umbrenus glücklich.
-
Nero war gerührt von dem Befehl und dem Abschiedsgruß. Ehe er noch völlig sentimental wurde, wie ein Fisch auf dem Trockenen verabschiedete er sich lieber zackig und machte dass er schleunigst auf das Schiff kam. Mannschaft, Schiff und Sabaco warteten auf ihn. Und keinen davon wollte er unnötig warten lassen, am wenigsten sich selbst.
-
Nero grinste Sabaco gut gelaunt an.
"Das werde ich Dir nicht beantworten, denn Deine Fragen gefallen mir besser als meine Antworten die mir im Kopf herumgeistern Sabaco. Manchmal ist es gar nicht so leicht herauszufinden was man tatsächlich möchte. Aber dass auf Deiner Wunschliste steht mich besoffen zu sehen, damit hätte ich nicht gerechnet. Wieso Sabaco? Möchtest Du wissen was ich tue? Ob ich aggressiv werde, oder ein weinerlicher Jammerlappen? Weißt Du was? Auch das werde ich Dir nicht beantworten. Finde es doch einfach heraus und lade mich auf die eine oder andere Amphore ein.
Aber vorsichtig, diesmal bist Du dann dran mich sicher nach Hause zu schleppen, in die Castra zu schmuggeln und ins Bett zu wuchten. Sieh bitte zu, dass mir auf dem Heimweg keiner auf die Hände tritt oder sowas. Du hast echt Ideen, Du bist der Knaller", lachte Nero seine kratzige Lache.
-
Nero grüßte seinen Vorgesetzten und hörte aufmerksam zu. Na das war doch mal ein Befehl ganz nach seinem Geschmack. Seine Miene blieb freundlich ausdruckslos, auch wenn er am liebsten über beide Ohren vor Freude gegrinst hätte. Endlich wieder auf einem Schiff und dazu noch einem brandneuen. Was konnte es schöneres geben?
"Du kannst Dich auf mich verlassen, Schiff und Suboptio sind bei mir in guten Händen, ich werde auf beide ein Auge haben. Es wird weder dem Schiff, der Mannschaft noch dem Suboptio ein Leid geschehen. Er wird seine Chance bekommen sich zu beweisen, alles weitere wird sich zeigen. Zur Not greife ich ein, mache Dir keine Sorgen. Danke für den Befehl, es freut mich endlich wieder ein Schiff unter den Füßen zu haben. Ich breche umgehend auf, mit Deiner Erlaubnis", antwortete Nero gut gelaunt.
-
Nero wälzte sich auf die Seite und lächelte milde. Er wusste Sabaco meinte es gut, aber sie waren sich zu ähnlich, als dass bei einem von ihnen beiden der Tipp funktioniert hätte.
"Sabaco ich weiß Deinen Rat zu schätzen, allerdings weiß ich auch, dass er weder bei Dir noch bei mir funktioniert. Das was in mir brödelt, halte ich wie eine versiegelte Amphore sonst fest verschlossen. Öffne ich sie nur ein bisschen und kommt Frischluft daran, geht das Ganze hoch. Mit Dir kann ich darüber sprechen, weil ich weiß Du empfindest und denkst ähnlich. Aber tatsächlich beherrscht bin ich nicht. Es kommt mir hoch, verstehst Du? Mit den Erinnerungen kommen auch die Gefühle wieder hoch.
Nichts was ich im Alltag gebrauchen kann. Ich halte es gut versiegelt. Damit es nicht die falschen Leute trifft, ist es gut verschlossen und es wird auch keinen Falschen treffen. Dafür ist der Groll zu schade Sabaco. Es wäre doch ungerecht von mir, wenn ich dem Schuldigen nicht die volle Amphore einschenke, die er sich redlich verdient hat. Jeder Tropfen abgrundtiefer Hass aus diesem Gefäß ist allein für ihn bestimmt. Treffen wird es ihn und seine Brut, dass schwöre ich Dir. Aber Worte sind nur Worte, damit ist nichts erreicht. Taten sprechen mehr als Worte.
Ich rede gerne mit Dir und ja es tut mir gut. Weil Du zuhörst und nicht verurteilst, die meisten hätten sich schon abgewandt, hätten sie gewusst wie ich einst lebte unter vorgehaltener Hand. Danke für Dein Ohr und Dein Schweigen. Ehrensache dass dies auch für Dich gilt, falls Du über etwas reden magst, ich höre zu und von mir erfährt niemand etwas.
Nein ich bin kein Stadtmensch, merkt man das dermaßen?", grinste Nero und schaute aufs Wasser.
-
Nero entspannte sich und nickte zustimmend.
"Das stimmt Du hast mich eingeladen und ich habe die Einladung sehr gerne angenommen. Die Doppeldecke, was hat mehr Bedeutung als so eine Aussage? Du bist ein besserer Dichter, als Du Dir selbst eingestehen möchtest. Allein die Aussage das alles eine Bedeutung hat, dass alles etwas sagt, sogar jene Dinge die nicht ausgesprochen werden. Das zeugt von Tiefe Sabaco. Und es stimmt mich auch auf gewisse Art traurig. Manche Dinge sind zu groß, zu mächtig und zu tief, als das wir sie aussprechen könnten. Deshalb fehlt ihnen nicht die Bedeutung. Im Gegenteil wie Du schon sagst, sie haben Bedeutung und das wesentlich mehr als alle anderen.
Dinge über die man leichthin reden kann, sind auch leichte Kost. Dinge die einem die Sprache verschlagen haben eine Tiefe die einen erzittern lässt bis auf die Grundfeste unserer Seele.
Ich danke Dir für die Worte des Mitgefühls Sabaco. Du bist der erste Mensch dem ich davon erzähle. Viel zu lange habe ich es mit mir herumgeschleppt, denn auch bei mir haben Dinge Bedeutung die ich nicht ausspreche. In diesem Fall weil ich es nicht konnte. Es gab keinen Menschen der es wert war sie zu hören und es gab niemanden den es interessiert hätte. Geschweige denn jemand, der es auch nur im Ansatz verstanden hätte", antwortete Nero ehrlich.
-
Nero setzte sich langsam auf und starrte auf Sabaco herunter. Sein Blick war der eines weidwunden Tieres, so als hätte Sabaco ihn angeschossen. Für einen Augenblick wo keiner der beiden sprach, wo scheinbar selbst die Vögel verstummt waren und der Wind sich gelegt hatte, sah Sabaco Nero völlig ohne Panzer. Nero setzte an etwas zu sagen, aber kein Ton kam über seine Lippen. Er schloss den Mund wieder, machte eine hilflose, nicht zu deutende Geste und legte sich wieder auf die Decke und starrte gen Himmel.
"Ich schreibe keine Briefe... ich hätte Dir die Muschel hingelegt und meine Kiste vor Dein Bett gestellt. Manche Männer rühren keinen kleinen Finger. Manche Männer opfern keinen Finger. Manche Männer geben für einen ihr Leben Sabaco. Du hast Recht, ich lebe nicht mehr, aber für mich starb Thalatio. Er gab sein Leben für mich... er...", brach Nero ab und presste die Lippen so fest aufeinander, dass sein Kiefer knirschte.
"Zusammengenäht? Praktisch und symbolisch... Stilo blickt nicht unter die Oberfläche, geschweige denn unter die Wellen und er sieht keine Strömung Sabaco. Wir beide... wir sehen sie. Vielleicht lässt Du mich ja hier liegen und es ist... in Ordnung für Dich", sagte Nero fast zaghaft.
-
"Vielleicht ist das gar keine schlechte Sicht Sabaco, erwartet man nichts, dann wird man auch nicht enttäuscht. Ich weiß Du träumst von nichts und erhoffst Dir nichts Sabaco. Du nimmst das, was Dir der Tag oder das Schicksal vor die Füße wirft. Aber tust Du das wirklich? Verspürst Du innerlich nicht den Drang aufzustehen und Dich gegen all die Scheiße zu stemmen, die man Dir entgegen wirft? Sicher trägt das Wasser Dich Seehund, wenn Du Dich nur ruhig genug verhältst. Aber bedenke eines, wer nicht schwimmt, kommt auch nie an. Wohin willst Du noch im Leben? Soll das alles gewesen sein? Ist es das was Du Dir wünscht?
Wäre ich nur eine Mietklinge gewesen Sabaco. Wir haben dem einen dies und dem anderen das erzählt. Wir haben Gerüchte gestreut, Informationen. Und das bei zig Parteien. Wir haben dafür gesorgt, dass sich Leute gegenseitig an die Kehle gingen. Wir haben uns selten die Hände schmutzig gemacht. Wir haben mit Schlangenzungen gesprochen und das über zig Ecken. Wir haben oft unsere Ziele erreicht und zeitgleich die Schuldigen geliefert. Und falls ein Ende gekappt werden musste, dann haben wir statt der gespaltenen Zunge die Zähne benutzt. Ja so gesehen war ich dann auch eine Mietklinge. Alles was zählte war der Gewinn Sabaco, aber was nützen Dir Sesterzen, wenn Du niemanden mehr hast für den Du sie ausgeben kannst? Oder mit dem Du sie gemeinsam ausgibst? Alles was wir uns aufbauen wollten, ging unter an dem Tag als aus wir ein ich wurde.
Weißt Du was? Ich werde Dir beizeiten einmal etwas von uns erzählen. Aber nicht heute, nicht wo ich sonst in düsterte Stimmung gerate.
Dein Bruder ist ein anständiger Kerl Sabaco, er liebt Dich. Das hat Seltenheitswert, halte das fest. Aber vergiss nicht, dass Du nicht nur für Deinen Bruder und dessen Ruf lebst", sagte Nero freundlich.
-
Nero setzte sich auf und rieb sich mit einer Hand über die verschwitzte Glatze.
"Was unsere Familien von unserer Freundschaft gehalten haben? Nichts. Sie wussten nichts davon Sabaco. Das war eine Sache zwischen Thalatio und mir, sie hätten es nicht verstanden. Keiner hätte es verstanden, weder unsere Familien noch sonst jemand. Bestenfalls hätten sie uns für Spinner gehalten. Wobei sie wohl eher die Zugehörigkeit des jeweils anderen gestört hätte, was unsere Gentes angeht.
Zambascha ist nicht der einzige Grund der mich vertrieben hat Sabaco. Thalatio und ich waren giftiger, als es für uns gut gewesen wäre. Bevor mir alles vor die Füße gefallen wäre, bin ich gegangen. Ich denke nicht, dass meine Familie weiß, was ich getan habe oder wo und wie ich mir ein Zubrot verdient habe. Falls doch, wären sie tolleranter als ich es mir vorstellen kann.
So es fällt Dir auf dass ich einiges nicht beantworte? So ist es Seehund. Ich versuche Dich aus Deinem Schneckenhaus zu locken, damit Du mir ein paar Ideen vorträgst, dann beantworte ich Dir Deine Frage auch. Ich wollte hören, was Du zu sagen hast. In welchen Bahnen Du denkst, wie Du planst.
Stilo und Cimber haben Dich nicht belogen, die Tucci sind genau dass was ihr Ruf verspricht Sabaco. Aber was willst Du mit einer eier- und zahnlosen Lusche? Und Zambascha hat mehr Zähne als ihm gut zu Gesicht steht, das gebe ich zu. Genauso gestehe ich Dir, dass ich ihm jeden einzelnen Zahn ziehen werde.
Zurück zu uns, sonst verliere ich mich in meiner Wut. Abgemacht, verbringen wir die Pausen gemeinsam, dass hält uns von Dummheiten ab. Jedenfalls von solchen die nicht erträglich sind. Die anderen planen wir besser zu zweit, sonst haben wir irgendwann überall verbrannte Erde hinterlassen", schmunzelte Nero und schnippste die Muschel in die Luft um sie wieder aufzufangen.
"Erzähl mir von Deiner schwarzen Liste und lass Deine Ideen endlich hören Saba", bat Nero ruhig. Scheinbar war er von einer Last befreit, wo er seine düsteren Gedanken einmal hatte offen aussprechen können. Er wirkte nicht mehr so unter Anspannung, wie zuvor.
-
Nero nickte zustimmend und ob er die Liste hatte! Diese Liste hatte er sogar teilweise schon abgearbeitet, aber dann war ihm etwas dazwischen gekommen und zwar das Bedürfnis seine eigene Haut zu retten. Wer auf dem Vulkan tanzte, lebte gefährlich und jeder falsche Schritt konnte der letzte sein.
"Die Liste habe ich und kann nach Bedarf jederzeit angepasst werden, ich verwahre sie zwischen meinen Ohren. Nichts was derart wichtig ist Sabaco, solltest Du jemals verschriftlichen. Alles kann irgendwann gegen Dich verwendet werden, aber das was Du in Deinem Geist trägst, nimmt Dir niemand weg. Das ist nicht nur mit Wissen so, sondern das gilt auch für Erinnerungen. Sie sind letztendlich dass was uns bleibt.
Und genau aus diesem Grund werde ich diese cappadocische Wanze zerquetschen, aber erst wenn ich alle anderen Wanzen ausgeräuchert habe. So leicht wie ich es mir wünschen würde ist es nicht Sabaco. Schlangen sind nicht dumm, im Gegenteil sie sind schlau, gerissen, hinterhältig. Es erfordert schon einiges Geschick eine Schlange zu stellen und noch mehr um sie zu erledigen. Zambascha ist leider nicht der tumbe Trottel, den Du beschreibst. Einerseits ist das auch ein Kompliment, weißt Du? Stell Dir vor Thalatio wäre von so einem dummen Nuss rein zufällig niedergestreckt worden. Da wäre neben dem Schmerz des Verlustes, auch noch der der Schande zu ertragen. Nein Zambascha ist einiges, aber blöde ist der Drecksack nicht.
Es gibt auch Seeschlangen, die fressen auch Fisch. Wusstest Du das? Deine Einladung nehme ich gerne an. Vielleicht wird es Zeit wieder etwas Farbe zu bekommen. Sonst leuchte ich in der Nacht wie eine Öllampe aus der Ferne, wenn ich mich an wen anschleiche. Auch keine erbauliche Vorstellung", grinste Nero Sabaco an.
"Na wenn Du schon erwachsen bist, was hast Du denn geplant? Ich bin ganz Ohr", lachte Nero leise. Seine Lache klang eher wie ein Husten oder Bellen.
-
Nero stemmte sich auf die Ellenbogen und kroch in den Schatten, wie etwas das man gegen seinen Willen ans Licht gezerrt hatte und es mit jeder Faser seines Körpers verabscheute. Dort ließ er sich nieder, als hätte ihn schlagartig jede Kraft verlassen. Das dem nicht so war, sah Sabaco daran, wie er sich umdrehte. Langsam, dennoch behände und sich derart bewusst bewegend, wie es nur Raubtiere taten... tierische wie menschliche.
"Zambascha", zischte Nero zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, wie einen Fluch.
Das Wort ließ Nero einen Moment so stehen, nicht erläuernd was es damit auf sich hatte. Er benötigte einen Moment um sich zu fangen, dass sah Sabaco ihm an. Es mussten ein Meer von Gefühlen in Neros Geist toben, damit überhaupt etwas an der Oberfläche zu sehen war. Entsprechend finster war sein Blick, mit dem er Sabaco bedachte. Saba, der Seehund war kein Mann der sich fürchtete. Seine Seele war aus dem selben Holz geschnitzt, wie die von Nero, aber in dem Moment verspürte auch der hartgesottene Seehund den Sog des Abgrunds, der von Nero ausging.
Umbrenus blinzelte und Sabaco sah, wie das Leben regelrecht in die schwarzen unheilverheißenden Augen von Nero zurück sickerte. Was immer mit an die Oberfläche geschwemmt worden war, hatte er zurück in die Tiefen seines ureigenen Ozeans geschickt.
"Zambascha heißt der Mörder meines Mannes. Es wäre ein leichtes, nur diesen Mann zu holen. Nein... nein das ist nicht der Weg den ich gehen will und werde. Ich muss diese Kreatur völlig von der Erde tilgen Sabaco! Ich muss ihn völlig vernichten, so als hätte es ihn nie gegeben. Jeden Mann der ihm folgte, seine Freunde, Verwandte und Bekannte jeden der sich an ihn erinnert. Erst wenn niemand mehr da ist, der den Namen Zambascha mit Freude ausspricht, wird Zambascha all jenen folgen. Erst dann Sabaco, erst dann ist er wirklich tot....", knurrte Nero voller Hass.
"Jeder der im Schatten wandelt ist blass.... man wird nicht gerade braun im Abgrund, da scheint keine Sonne Sabaco. Schlangen sonnen sich und alleine sonnt es sich schlecht. Nun eigentlich sonne ich mich gerade...", grübelte Nero für einige Sekunden völlig verwirrt von der so einfachen Erkenntnis, was er gerade tat. Graue Wolken zogen über sein Gesicht, scheinbar fühlte er sich schuldig für etwas dass für Sabaco keinen Sinn ergab.
Plötzlich schlich sich ein Grinsen auf Neros Gesicht, dass sich wie eine klaffende Wunde öffnete.
"Natürlich reicht ein fester Wille für den Tribun aus. Bist Du Willens alles für den Tribun zu tun? Bist Du Willens, jemanden an die Wand zu nageln und Dir sogar ein Stück Land zu erpressen? Bist Du Willens einem Patron zu dienen? Oder dem Mann einen Nasenring zu suchen und durch den Rüssel zu ziehen? Bist Du bereit bis zu den Ellenbogen und noch tiefer in die Scheiße anderer zu greifen, um Dein Gold zu finden Sabaco? Beantworte das mit Ja und Dein Wille reicht aus", grinste Nero und schloss die Augen.
"Aus Dir forme ich auch noch einen Erwachsenen Saba, glaub es mir", schmunzelte Nero gut gelaunt.
-
Nero verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schaute zum Himmel auf. Die Worte von Sabaco, so finster sie auch waren, waren eine Wohltat. Das erste Mal nach einer gefühlten Ewigkeit fühlte sich Nero verstanden. Sie beide waren Ausgestoßene und das obwohl sie mitten unter allen anderen lebten und sogar in der Classis dienten.
Nero schloss die Augen und schmunzelte.
"Stilo wurde Dir vor die Füße gespült? Dann hat es Neptun wirklich sehr gut mit Dir gemeint Seehund. Du hast Recht, wir beide haben genug erlebt, dass es für viele Leben reicht. Wir beide wissen, dass man manchmal Dinge tun muss. Das man nicht immer eine Wahl hat, oder das es ab einem bestimmen Punkt schlicht keine Wahl mehr gibt. Manchmal kann man nur noch die Richtung halten in der Hoffnung es klart auf. Denn letztendlich kommt man auch nur an, wenn man die Richtung hält und nicht den Weg den man eingeschlagen hat zig mal ändert.
Aber vielleicht ist das ein Trugschluss von mir Sabaco, vielleicht hätte es mir gut getan einmal die Route zu überprüfen, ob wir noch auf Kurs sind oder ob wir schon längst Richtung Klippen steuern. Das Fahrwasser indem wir uns befunden haben war gefährlich, das war uns bewusst. Aber das es derart enden würde, nun damit habe ich nicht gerechnet", antwortete Nero und schaute danach Sabaco an.
"Hochverräter?", die Mundwinkel von Umbrenus verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen.
"Sabaco man kann solchen Männern wie uns viele Namen geben und das tun die meisten auch. Bist Du erfolgreich wie nennt man Dich da? Held? Mann der Stunde? Willensstark? Ein Anführer? Eine Führungspersönlichkeit? Es gibt so viele Namen. Versagst Du gibt es nur einen Namen für Dich - Verräter. Das ist der Preis für jene die sich durch Taten nach oben kämpfen wollen und nicht durch Kratzbuckeln und Speichellecken.
Glaubst Du allen Ernstes im Senat ginge es anders zu? Die Dolche die die Senatoren führen, tragen sie im Maul Sabaco. Ihre Zungen sind schärfer als unsere Schwerter. Die Wahl der Waffen obliegt jedem Mann selbst. Alles von Wert muss man sich erkämpfen Saba, da erzähle ich Dir nichts Neues oder?
Rückblickend sehe ich das Gleiche wie Du - Verlust. Ob es das wert war? Nein, dass war es nicht. Das war es wirklich nicht.
Ja Sabaco, Du hast es richtig erkannt, aus dem Grund bin ich hier. Ich habe Cappadocia den Rücken gekehrt, ich bin geflohen. Aber nicht vor dem Gesetz, sondern mehr vor mir. Wie sagtest Du? Bist du hier im Norden, weil der Wind in Cappadocia Deinen Namen heult und Dich daran erinnert, wer unter seinem Staub verdorrt? Besser hätte ich es nicht ausdrücken können. Thalatio verdorrt dort unter Staub und Stein.
Er hat sowenig die Weg gewechselt wie ich Sabaco und er hat dafür mit dem Leben bezahlt. Glaube mir, ich hätte Thalatio ebensowenig über die Klinge springen lassen. Im Grunde hat sein Mörder zwei Männer geholt Saba. Weder war es mir vergönnt seinen Mord zu verhindern, noch Rache zu nehmen. Aber irgendwann Sabaco.... irgendwann werde ich diesen Mann finden und stellen. Dann Sabaco wird dieser Mann Erfahrungen machen, die jenseits seiner Vorstellungskraft liegen und es ist keine einzige positive dabei.
Wir beide hangeln und von Tag zu Tag, von Mission zu Mission. Mein Traum und meine Hoffnung sind, dass ich irgendwann beides wiederfinde und dass ich ihn finde und ihm meine persönliche Botschaft ausrichten kann. Die Jagd ist noch lange nicht abgeblasen, nur weil ich nicht vor Ort bin", antwortete Nero, wuchtete sich hoch und hob die Muschelschale auf.
Sanft drehte er das zarte Gebilde zwischen den Fingern.
"Eine einzelne Schalenhälfte machte noch keine Muschel, um das weiche Innere zu schützen, benötigte sie beide Hälften ihres Panzers. Wir beide sind zwei harte Schalen nicht wahr? Unser Geheimnis ist gut gehütet zwischen uns. Sollte ich den Mann jemals finden, der meine Schlange tötete, bist Du zum Aufknüpfen eingeladen. Die Muschel wird einen Platz in meiner Schatztruhe finden.
Wir sollten zusehen, dass Du ein bisschen die Leiter erklimmst, findest Du nicht auch? Sonst wird das am Ende nichts mit dem Tribun, der sich hocharbeitete und weiß woher der Wind weht. Wir sollten uns einige Gedanken machen", grinste Nero, schnipste die Muschel in die Höhe und grabschte sie aus der Luft.
-
Nero kroch auf die Decke und ließ sich dann fallen. So lag es sich schon besser.
"Genau zwanzig Jahre jünger, Du bist ein Küken Sabaco. Sei froh um Dein volles Haar, viele Männer werden Dich darum beneiden. Grau zu sein ist keine Schande, kahl auch nicht. Bei Dir sieht man auch schon das erste Silber aufblitzen Saba. Aber es steht Dir. Die Tucci sind Schlangen, dass ist richtig. Alles hat mit Cappadocia zu tun Sabaco, ich stamme von dort und habe das Land verlassen. Cimbers ist mein Neffe, ich bin sein Onkel. Meine Schwester Umbrena Occia ist Stilos Mutter.
In Cappadocia regiert Rom nicht mit derart fester Hand wie es viele in Rom glauben. Die Tempelfürsten haben dort noch sehr viel Macht. Und mit Macht meine ich Macht. Die Schlangen sind gerissen Sabaco, sie wissen wie man sich winden muss, um im Schatten der Macht zu leben. Du kannst fast sagen Tempelfürsten, Rom und die Schlangen, so sieht dort die Aufteilung aus. Zu Rom zählen auch die Umbrena, diese drei Mächte sind dort in ständiger Wechselwirkung. Drei Mächte, wobei jede Waage nur zwei Waagschalen hat Sabaco.
Ich war ein Wanderer zwischen den Welten. Laut meiner Gens gehörte ich zu Rom. Mein Herz gehörte einer Schlange und gemeinsam haben wir versucht die Waagschale zur Seite der Tempelfürsten ausschlagen zu lassen. Wozu? Tja ich um sie am Ende nach Rom zurückzuführen, mit passender Macht und Münze in der Tasche. Aber soweit sollte es nie kommen. So hart und heftig Umbrena und Tucci einander bekriegen können Sabaco, so effektiv können diese beiden Kräfte gemeinsam agieren. Wir wollten ein großes Stück vom Kuchen, wir wollten Macht, wir wollten Reichtum und wir wollten unsere ureigene Freiheit. Manch einer war uns im Weg. Genau wie Du haben wir unsere Zähne eingesetzt. Die Schlange trug Giftzähne, der Hyppo Reißzähne.
Die Frage ist, was bist Du bereit für einen Traum zu opfern? Wie weit würdest Du gehen? Was setzt Du alles ein, was setzt Du aufs Spiel? Und wie hältst Du bei alle dem die Tarnung aufrecht? Der Balanceakt ist gewaltig Sabaco, das Deck eines Schiffes bei Sturm und hohem Seegang ist ein Spaziergang dagegen.
Nun eines Tages war es Zeit zu gehen, denn jedes Spiel findet irgendwann mal ein Ende. Vor allem dann, wenn der Einsatz zu hoch ist. Thalatio war der Name meiner Schlange", antwortete Nero leise.
-
Der Platz den Sabaco ausgesucht hatte, hätte nicht schöner sein können. Abgeschieden mitten in der Natur, waren sie nahe am Wasser und lagen dennoch im Grünen. Sand war ihr Lager und die Vögel waren ihre Wachen. Fast war es so, als wollte sie Neptun für ihre Treue belohnen. Sabaco war schnell, er lag bereits gemütlich im Sand und hatte sich seiner Kleidung entledigt. Umbrenus reichte Sabaco eine Flasche und nahm sich selbst ebenfalls ein Getränk.
Nero zog mit ihm gleich und zog sich aus. Auch er legte seine Kleidung ordentlich zusammen und machte es sich im Sand gemütlich. Kurz hob Nero die Flasche, prostete Sabaco zu und öffnete sie. Titus nahm einen Schluck, seufzte wohlig und ließ sich in den Sand sinken. Wind spielte im Schilf und ließ es ganz ähnlich in immer währenden Wellen wogen, wie den Rhenus selbst. Dessen Wasser schwappte ans Ufer und erzeugte mit allen anderen sie umgebenden Geräuschen ein Gemälde aus Klängen. Nero fühlte sich unheimlich wohl an diesem Platz, dieser kleine Fleck bot alles, was man sich für einen derartigen ruhigen Moment wünschte.
"Du hast sehr gut gewählt Sabaco. Das ist wirklich ein lauschiges Plätzchen, dass keine Wünsche offen lässt", freute sich Nero und streckte sich lang aus.
"Sagt Dir mein Name etwas? Sagt Dir der Name Tucci etwas? Was weißt Du generell über Cappadocia?", hakte Nero nach.
-
"So halten wir es, auf zur Taberna Pulchra Patria. Ach dafür hättest Du Dir keine gefangen, ich bin 47 Jahre alt Sabaco. Das ist jetzt kein Geheimnis. Weißt Du was witzig ist? Andere rasieren sich das Gesicht und hüten ihre Haare. Ich rasiere mir die Haare ab und lasse mir den Bart stehen. Rebellisch was? Naja ehrlich gesagt, finde ich es so ganz praktisch, es ist pflegeleicht und ich muss mir keine Gedanken machen, falls mein Haar schütter wird. Ich werde es nicht sehen. Wie alt bist Du? Manche Dinge bespricht man am besten ohne fremde Ohren", antwortete Nero gut gelaunt.