“Mein Sohn, du hast doch unsere Geschichte studiert. Dann musst du doch wissen, dass in einer solch außergewöhnlichen Situation wie dieser militärische Stärke immer über das Recht triumphiert.
Und außerdem: der Senat hat über die Nachfolge an der Spitze des Reiches nicht zu befinden. Er hat das Recht nicht auf seiner Seite. Es zählt einzig der Wille des Amtsträgers. Mein Bruder hat zu seinen Lebzeiten niemanden als seinen Nachfolger benannt. Ich habe immer darauf gehofft, er würde seinen Sohn zum Caesar ernennen und ihn proklamieren. Aber das ist nicht geschehen und heute muss ich erkennen, dass es auch nichts geändert hätte. Denn mein Neffe ist ebenso tot wie sein Vater.
Alles hängt also davon ab, ob er in seinem Testament jemanden nennt. Wenn nicht, dann beerbt ihn der nächste männliche Angehörige aus dem Hause Ulpia.“
Beiträge von Lucius Aelius Quarto
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Ich erhielt die erschütternde Mitteilung: Der Posteingang von Benutzer »Marcus Iulius Proximus« ist bereits voll. Oha!
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“Wer denn sonst? Wer hat den größten Nutzen? Wer reißt jetzt alles an sich? Ich kann hier nicht sitzen und mit ansehen, wie sich dieser Mörder wichtig macht. Zum Schluss wird er sich zum neuen Imperator Caesar Augustus ausrufen lassen und dann, ich sage es euch voraus, wird dies unser aller Verdammnis sein. Das Geschlecht der Aelier wird untergehen, wenn es soweit kommt. Ich bin alt und müde, aber ich muss etwas unternehmen!“
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“Ach, dieser Mensch ist zu jeder Lüge fähig! Mein Bruder wurde vergiftet und mit ihm seine Frau und sein Sohn. Wer solch einer Schandtat begeht, der schreckt vor nichts zurück! Gift! Etwas verderbteres gibt es nicht!“
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Angesichts dieser weisen Worte hob Quarto erstaunt die Brauen. Den Blick hatte er nicht bemerkt.
“Du hast recht. Es nützt nichts hier zu hocken und zu jammern, darauf wartend, dass die Soldaten auch an meine Tür hämmern um mich auf Befehl dieses machtgierigen Aufsteigers zu verhaften.“ -
“Trotzdem, ich dulde es nicht!“, donnerte Quarto noch einmal, um dann leiser fortzufahren: “Es lag nicht allein an ihm. Ich hätte ihm ein besserer Ratgeber sein müssen. Ich hätte ihn deutlicher warnen sollen. Ich habe versagt. Ja, ich hätte all dies verhindern müssen...“
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Quarto unterbrach ihn. Gereizt und erbost zischte er:
“Sprich nicht so abfällig! Er war mein Bruder und er war krank! Er war unser Augustus, über den zu lästern sich nicht schickt, schon gar nicht jetzt, wo er ein so trauriges Ende genommen hat. Über die Toten schlecht zu sprechen ist ungehörig!“ -
Nach der Ermordung seines kaiserlichen Bruders und der Rückkehr nach Rom, hatten Aelius Quarto, sein Sohn Aelius Paetus und sein Client Germanicus Corvus die vergangenen Tage wie Gefangene in der Domus Aeliana verbracht. Zumindest kam es Quarto so vor. Denn sein alter Widersacher Salinator hatte die Stadt mit einer Ausgangssperre belegt und Praetorianer bewachten den Eingang des Hauses und die Zugänge zum Palatin.
Hätte er nicht mit den Bewachern ausgemacht, dass seine Bediensteten das Haus verlassen durften um in der Stadt Essen zu besorgen, wären sie vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten gewesen. Aber so konnte die fette gallische Köchin den Palatin verlassen und einen ihr bekannten Händler in der Nähe der Porta Sanquaris aufsuchen. Sie wurde allerdings jedes mal von einem Gardisten begleitet, der sie, nach Lesart seines vorgesetzten Offiziers, davor bewahren sollte, aufgegriffen und inhaftiert zu werden, der nach Quartos Meinung allerdings ihre Schritte überwachte.
Viel zu verkaufen hatte ihr der Händler zwar nicht, aber die Keller und Vorratsräume der Domus Aeliana waren voll genug, damit sie über Wochen nicht wirklich darben mussten und der Weinkeller war so reich bestückt, dass sie auf Monate allabendliche Gelage hätten feiern können.
Nein, die fette Köchin stapfte nicht deshalb übellaunig und kurzatmig den Hügel hinab, über das Forum Romanum, an der Curia Iulia und dem Forum Augusti vorbei, um schließlich in einer Seitengasse ein paar Zwiebeln und schrumpelige Winteräpfel zu kaufen. Sie tat es, um Neuigkeiten aufzuschnappen und ihren Herrn anschließend, zumindest rudimentär, über die Entwicklung in der Stadt informieren zu können.
So erfuhren sie von etlichen Razzien in den Häusern prominenter Bürger, von diversen Verhaftungen und an diesem Morgen von Salinators neuestem Erlass, der es Senatoren verbot, die Stadt zu verlassen.Nun saßen sie im schlecht beheizen Tablinum zusammen und Quarto war finsterer Stimmung.
“Wir sitzen hier in der Falle, zur Untätigkeit verdammt, während Salinator draußen sein Unwesen treibt, ehrenwerte Männer verhaften lässt, den Senat einschüchtert und alles unter seine Kontrolle bringt, was sich nicht ohnehin schon unter seinem flagellum duckt. Es ist erbärmlich!“ -
“Ja, dass wäre alles und ich will euch nicht länger von euren Pflichten abhalten.“, antwortete Quarto recht kurz angebunden. Denn auch wenn ihn dieses Zugeständnis ein wenig beruhigte konnte er nicht wirklich zufrieden sein. Empfand er diese Bewachung doch keineswegs als Mittel zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in der Stadt, sondern einzig als Maßnahme im Sinne des Praefectus Urbi, der, da war er sich sicher, nach der absoluten Macht zu greifen trachtete.
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Noch einmal erschien der alte Senator im Torbogen seines Hauses.
“Und was ist mit Speisen und Wein? Ich werde meine Köchin oder einen meiner Sklaven losschicken müssen, damit wir hier nicht darben.“, wandte er ein.Darüber, dass sie erst im zweiten Anlauf in die Stadt gelangt waren und auch nur deshalb, weil Corvus einen alten Untergebenen aus seiner Zeit bei den Prätorianern wieder erkannt hatte, der sich mit einer nicht unerheblichen Summe hatte überreden lassen, sie zu übersehen, dass erzählte er natürlich nicht.
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So aus seinen düsteren Gedanken gerissen blickte dieser auf.
“..äh..ja..“
Er ergriff den starken Arm des Sklaven, stemmte sich seufzend aus der Sänfte und betrat sein lange verwaistes Haus. -
Vielen Dank der Stadtwache für ihre rasche Benachrichtigung.
Tatsächlich erkenne ich in diesem jungen Anwärter meinen und meiner Ehefrau Aelia Adria Sohn Gaius Aelius Paetus und als solchen nehme ich ihn in der gens Aelia auf. -
Ächzend trugen die Sklaven die schwarze Sänfte auf den Hügel und dann an sein nordwestliches Ende, wo die Domus Aeliana lag.
Im Inneren grübelte Aelius Quarto über das, was er bei seiner Ankunft gehört hatte. Lange war er fort gewesen, auf seinem Landsitz in Misenum, wo ihn eine schwere Krankheit aus der Welt und ihren Geschehnissen gerissen hatte. Vieles war in den vergangenen beinahe zwei Jahren geschehen, wovon er keine Kenntnis hatte. Alte Kontakte waren eingeschlafen, Freunde verstummt und das politische Leben war ohne ihn weiter gegangen.
Aber dann wurde sein Bruder, der Imperator, dessen Frau und auch deren gemeinsamer Sohn Maioranus getötet, offensichtlich vergiftet, bei einem gemeinsamen Mahl. Noch immer schwach hatte sich Quarto daraufhin auf die beschwerliche Reise begeben, wo er, in Rom angekommen, die Stadt mit einer Ausgangssperre belegt und den Palast abgeriegelt vorfand.
Der starke Mann in Rom war der Praefectus Urbi Potitus Vescularius Salinator und dieser Mann war sein Feind! Quarto war sich der Gefahr bewusst, die ihm selbst drohte, die er aber auch für das ganze Imperium Romanum fürchtete. Sie lag, angesichts der unklaren Nachfolge, offensichtlich auf der Hand. Sie war in den Straßen der Stadt fast körperlich spürbar und der einsam und verlassen wirkende Palasthügel kam ihm vor wie ein Friedhof. Die Krähen, die ihn auf dem Giebel seines Hauses sitzend, krächzend empfingen, verstärkten seine düsteren Gedanken und schlimmen Vorahnungen noch. -
Quarto machte ein säuerliches Gesicht. Die Aussicht, wie ein Gefangener in seinem eigenen Haus zu sitzen, bewacht von Prätorianern, die auf die Befehle seines alten Gegners hörten, abgeriegelt von der Außenwelt, weil Besucher und Boten es schwer haben würden hinaus, und vor allem hinein zu gelangen, schmeckte ihm offensichtlich nicht. Aber noch weniger behagte ihm der Gedanke, wie ein abgewiesener Hausierer unverrichteter Dinge wieder abziehen zu müssen. Er war alt und die Reise von Misenum nach Rom hatte an seinen ohnehin geschwundenen Kräften gezehrt.
Also nickte er mit grimmiger Miene und entgegnete ein knappes: “Also gut.“Zu seinen Männern sagte er lautl: “Man lässt uns herein! Die Garde wird uns zur Domus Aeliana geleiten. Es gibt keinen Grund einen Streit anzufangen und wir werden keinen liefern!“
Und zu seinem Sklaven gerichtet: “Nakhti, hilf mir!“, woraufhin er wieder zu seiner Sänfte schlurfte.
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Aelius Quarto machte eine Geste in Richtung seiner Männer, die sie wohl zurückhalten sollte.
Aber er zögerte noch. Misstrauisch fragte er: “Seit wann untersteht die Garde dem Praefectus Urbi? Was ist mit Appius Terentius Cyprianus? Warum befiehlt er euch nicht?"
Es war kaum ein Geheimnis, dass den Praefectus Urbi Vescularius Salinator und Aelius Quarto nichts außer tiefste Abneigung miteinander verband.
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Die Worte des Soldaten ließen die wehrhaft aussehenden Männer der Kolonne zusammenrücken und vortreten. Sie trugen weder Panzer noch Helme, aber unter ihren Reisemänteln blanke Waffen, die einige von ihnen nun nicht länger verbargen.
Einer von ihnen trat an die erste Sänfte und half einem Mann heraus. Der war alt, von langer Krankheit gebeugt und einem erst jüngst ereilten Schicksalsschlag gezeichnet.Doch als er vor die Wachen trat und zu sprechen begann, war seine Stimme zwar heiser, aber dennoch laut und erprobt:
“Ich bin Lucius Aelius Quarto, Senator von Rom, dreimaliger Konsul und Bruder des Mannes, dem du deinen Rang verdankst und dem du noch immer Gehorsam schuldest. Welche Worte und wessen Befehl könnten dich dazu veranlassen, mich von meinem Heim fern zu halten?“ -
Echt? Cool! Schön zu wissen, dass ich überflüssig bin.
Dann schreibe ich Dir jetzt aber auch nichts überflüssiges, damit er nicht gleich wieder voll ist. -
Mein Posteingang ist wieder leer.
ABER:
Marcus Aurelius Corvinus: Dein Posteingang ist voll! Hätte Dir gerne noch, wenn auch verspätet, die Setzdaten der Veneta geschickt. -
“Eure Unterstützung für den Sohn des Augustus werde ich euch gewiss nicht vergessen. Umso mehr, als das sie mit der Zusicherung eurer Loyalität verbunden ist und zugleich ihr Ergebnis darstellt. Ihr werdet die Früchte eures noblen Handelns ernten können, dass versichere ich euch.“, antwortete Aelius Quarto und war angesichts des bisherigen Gesprächsverlaufs dann doch ein wenig überrascht. Diese Zusage war zu diesem Zeitpunkt überraschend schnell und ohne eine schwer zu erfüllende Gegenforderung erfolgt.
Er wusste jedoch auch, dass seine nur wage Zusage nichts war, was nicht auch ein anderer versprechen konnte.
War das Versprechen, Maioranus zu unterstützen, am Ende vielleicht nur ein Lippenbekenntnis?
Um etwas dauerhaftes zu schmieden, war ein erstrebenswertes Ziel nötig, erstrebenswert für beide Seiten. Quarto ahnte das.Er nippte an seinem Wein, schien nachdenklich, und sagte dann:
“Ich weiß sehr wohl, dass viele Menschen, gute römische Bürger natürlich, dem alten flavischen Kaiserhaus eng verbunden waren. Manche von ihnen mögen bis heute die Verbundenheit in ihrem Herzen tragen und darüber ist nichts Schlechtes zu sagen und es wäre töricht, eine solche Treue verwerflich zu nennen.
Nein, dass ist es gewiss nicht.
Aber es muss für diese Leute schwer sein, in gleicher Weise dem Ulpia-Geschlecht zu dienen, und einem Kaiser, der einst als Aelier geboren wurde.
Ich weiß darum. Doch vielleicht können wir ihnen helfen und dabei zugleich auch uns und dem Staate Gutes tun.“Er stellte den Becher ab und sprach ganz ruhig, fast leise weiter. Doch es konnte keinen Zweifel geben, dass ihm wichtig und sehr ernst war, was er nun sagte:
“Wenn heute der Tag sein soll, an dem wir unsere alte Gegnerschaft begraben, und morgen der Tag, an dem wir Partner sein werden, aus gleichen Interessen, dann, vielleicht, und diese Hoffnung habe ich, werden wir uns Übermorgen Freunde nennen, auch wenn uns dies heute noch wunderlich erscheinen mag.
Es ist gute und bewährte Tradition und ein probates Mittel, solche Freundschaften zwischen römischen Geschlechtern durch Hochzeiten zu vertiefen.
Heute kann ich noch nichts versprechen. Dazu bin ich jetzt nicht berufen, auch ist es noch zu früh dafür und die Zukunft noch zu wage.Aber vorstellen könnte ich es mir: Eine Eheverbindung zwischen dem heutigen Kaisergeschlecht und dem einstigen!
Wäre das nicht eine Brücke, an der zu bauen sich lohnt und würde das den Menschen, von denen ich sprach, nicht viel bedeuten und auch die letzten Wunden der alten Zeit heilen?“ -
“Augur? Oh, nein, warum sollte ich dagegen sprechen? Wenn du dich dazu berufen fühlst, den Willen der Götter zu ergründen und fähig siehst, diese Erkenntnisse zu erlangen, und willens bist, sie zum Wohle Roms einzusetzen, dann will ich alles tun, um dir den Weg ins Collegium zu ebenen. Wenn ich es denn kann... mmmh....“
Er tippte sich nachdenklich ans Kinn.
“Allerdings amtieren Auguren ein Leben lang, solange sie das Amt nicht aus freien Stücken abgeben oder sich unehrenhaft verhalten und, was die Sache noch schwieriger macht, ist die Zahl der Auguren festgelegt und nur der Kaiser kann sie erhöhen.“