Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    “Achso.“, meinte Quarto nur.
    “Dann hoffe ich, dass der neue Mann... wie heißt er? Terentius Cyprianus? Na, ich hoffe doch, er ist ein treuer Anhänger des Kaisers und wird dafür sorgen, dass Rom immer genug aegyptisches Getreide bekommt und die Steuern dieses reichen Landes in der Kaiserlichen Kasse landen.“

    “Gut! Sehr schön! Ich freue mich darauf!“, sagte Quarto zufrieden.


    Inzwischen waren sie auf der Höhe des Porticus Neronis angekommen, der sich rechts von ihnen befand. Vor ihnen war der Tempel der Venus und der Roma und dahinter ragte das Flavische Amphitheater in den Himmel. Links war die Baustelle des Ulpianums.
    Nach dort wandte sich Quarto.


    “Wenn es einmal fertig ist, Quintus Germanicus, dann wird man dort auch deines Vaters gedenken.“, sagte er, den Blick auf die Baustelle gerichtet.

    “Gaius, dazu hat es niemals eine Alternative gegeben!“, wischte Quarto die erste Bemerkung des Kaisers fast schon ärgerlich beiseite, um dann nachzuhaken: “Und wenn ich alle Vorbereitungen getroffen habe, wirst du ihn dann zum Caesar ernennen?“

    “Nachforschungen? Weil ein Client für einige Zeit aus Rom fort geht und es versäumt hat mir mitzuteilen, wohin er geht?
    Ich bitte dich, dass würde dann wohl doch etwas zu weit führen, meinst du nicht?
    Titus Decimus Verus ist ein freier Römer. Er kann für sich selbst sorgen und tun was ihm beliebt.“

    Die Antwort war nicht sonderlich befriedigend.
    Aber Quartos Antwort würde es vermutlich auch nicht sein:
    “Um Ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht.
    Ich kann dir nicht sagen, wo er sich aufhält, denn er hat es mir nicht mitgeteilt.
    Einen Brief habe ich von ihm bekommen, nach der Wahl, die er verloren hat. Darin schrieb er mir, dass er Rom verlassen wolle. Seine Worte waren voller Enttäuschung. Doch wohin er gehen wollte, dass hat er nicht geschrieben und seit dem habe ich ihn auch nicht mehr gesehen.“

    Nachdem Iuno das stumme Flehen Axillas geflissentlich ignorierte, war es vielleicht Morpheus, der Gott des Schlafes, der eingriff. Oder hatte Necessitas ihre Hände im Spiel, die Göttin der Bestimmung, oder gar Cupido, der Gott der Liebe und des Begehrens?
    Doch wenn die Überirdischen sich in diesem Moment einmischten, dann ganz anders als von ihr erhofft.
    Es mag aber auch sein, dass sie gar nichts damit zu tun hatten, als Quarto plötzlich mit einem gurgelnden Laut aus seinem Schlaf erwachte. Eben hatte seine Hand noch in inniger Umarmung auf ihrer nackten Haut gelegen, jetzt zuckte sie zurück, als hätte sie etwas Heißes berührt. Erschrocken wich er von ihr zurück.
    “Was? Wer?“ 8o
    Die nächtliche Dunkelheit verhinderte aber, dass er sie sogleich erkannte.


    Nachdem der Kaiser seinen Praefectus Urbi bereits verteidigt hatte, wollte Quarto den Mann zum jetzigen Zeitpunkt nicht erneut angreifen und sehr viel schwerere Beschuldigungen erheben. Vor allem nicht solche, die er (noch) nicht beweisen konnte.


    Darum fiel seine Antwort auf die Frage der Gefahr sehr allgemein aus:
    “Die Vergangenheit lehrt uns und warnt uns, die Kaiserwürde nicht als gegeben anzusehen. Es wäre leichtfertig zu glauben, sie wäre nicht angreifbar, nicht ins Wanken zu bringen und leider müssen wir uns auch bewusst machen, dass es immer Männer geben wird, die sie für sich selbst begehren, ohne dabei die Interessen das Staates im Sinn zu haben.
    So wie Rom gegen äußere Feinde verteidigt werden muss, ist es auch notwendig, mit Geschick und Klugheit einen Kaiser und sein Regime gegen alle Angriffe aus dem Inneren zu verteidigen.
    Wir dürfen nicht zu sorglos sein: Natürlich gibt es Gefahren und deine Krankheit und Abwesenheit aus Rom macht dich angreifbar.“


    Das war schon deutlich genug.


    “Umso wichtiger ist es, ein Zeichen der Kontinuität zu setzen.
    Du bist der dritte Kaiser mit dem Namen Ulpius auf dem Thron. Wenn das Volk die Gewissheit hätte, dass nach dir ein vierter Ulpius folgen wird, dann wäre das ein solches Zeichen.
    Nein, dass würde man bestimmt nicht als Schwäche werten. Im Gegenteil, deine Anhänger erwarteten es sogar und es würde deine Stellung stärken und zur Stabilität der Regierung beitragen. Wie sieht die Zukunft aus? Diese Frage beunruhigt die Menschen immer. Gib ihnen eine Antwort und sie werden ruhiger Schlafen und es dir mit ihrer Treue danken.
    Außerdem, sollte doch der Tag kommen, dann hätten wir ausreichend Zeit, die Nachfolge sorgfältig vorzubereiten. Denn ich muss dir wohl kaum sagen, dass eine Thronfolge immer eine unsichere und gefährliche Phase ist, die man mit großem Ernst behandeln muss.“


    Er ließ sein fast schon leidenschaftliches Plädoyer kurz wirken, bevor er weiter sprach:
    “Natürlich müsste auch dies gut vorbereitet werden.
    Dein Sohn war lange nicht in Rom, da hast du recht.
    Man kennt ihn nicht gut und viele Senatoren haben ihn noch niemals leibhaftig gesehen.
    Auch wird er noch einiges zu lernen haben und vielleicht wird es jetzt Zeit dafür.


    Darum ist mein Vorschlag: Schicke ihn nach Rom. Vielleicht kann ihn seine Mutter begleiten, wenn du sie hier entbehren kannst.
    Er soll auf dem Palatin wohnen und ich werde ihn in meine Obhut nehmen und seine Ernennung zum Caesar vorbereiten.
    Die sollte dann nicht einfach als kaiserlicher Beschluss ausgehängt und verkündet werden.
    Nein, ich stelle es mir eher so vor, dass er dann selbst vor den Senat tritt und es dort öffentlich gemacht wird, vor den versammelten Senatoren, die ihm dann sogleich ihre Treue schwören können. Anschließend sollte dann ein Umzug durch die Stadt erfolgen, damit auch das gemeine Volk Gelegenheit zum Jubel hat.“

    “Vespa, meine liebe Nichte, wir danken dir sehr für diese freundliche Einladung.“, begrüßte Lucius Aelius Quarto seine Lieblingsnichte.
    “Ich weiß, dass sage ich immer, aber es ist schon wieder viel zu lange her, seit wir uns zuletzt gesehen haben.“


    Er zeigte das offene Lächeln, das nur für sie reserviert war.


    Dann stellte er seine Begleiter vor:
    “Erinnerst du dich an Caius Aelius Archias, den Enkel deines Urgroßonkels Sextus Aelius Tubero Nerva?
    Und die junge Dame ist seine Verlobte Decima Seiana.“

    Als der flavische Senator seinen Klienten der Inkompetenz bezichtigte, runzelte Aelius Quarto die Stirn.
    Etwas zu barsch schob er den inzwischen leeren Teller von sich weg, sagte aber nichts dazu.


    Als Flavius Furianus allerdings anmerkte, er wäre im vergangenen Jahr selbst in Aegyptus gewesen und Germanicus Corvus hätte sich damals 'unverfroren' benommen, wie der Senator sich ausdrückte, da schwieg er nicht länger.


    “Du warst also dort? In Alexandria? Du hast also meinen Klienten dort getroffen, und vielleicht auch diesen Terentius Cyprianus, der dort jetzt den Kaiser vertritt?“

    “Es gibt da noch eine Sache, die würde ich gerne nur mit dir alleine besprechen.“, begann Aelius Quarto vollkommen überflüssig, denn das er Archias genau deswegen hinaus geschickt hatte war allzu offensichtlich.


    “Ich bete jeden Tag zu den Göttern, Gaius. Ein einfacher Mann bin ich, und ebenso einfach sind meine Bitten an sie. Die wichtigste dieser einfachen Bitten ist schon seit Wochen und Monaten, dass sie dich gesund machen mögen.“
    Er sah seinem Bruder fest in die Augen.
    “Und auch wenn ich mir nichts mehr als das wünsche, als dein Bruder wünsche, der dich liebt und als Senator von Rom, so kann ich doch nicht die Augen davor verschließen, dass Vorsorge getroffen werden muss.
    Was passiert, wenn der Tag kommt den ich niemals erleben möchte? Was ist, wenn... du stirbst?
    Ein gewöhnlicher Mann kann es sich erlauben, diese Frage unbeantwortet zu lassen. Wer täte das nicht gerne?
    Aber dir ist das nicht gestattet. Rom verlangt dir eine Entscheidung ab und ich glaube es wäre gut, sie bald zu treffen.
    Man hat mich schon darauf angesprochen. In den politischen Kreisen Roms gibt es da eine gewisse Unruhe und das ist der Nährboden für Gerüchte und Spekulationen.“


    Quarto machte eine kurze Pause.
    Dann sagte er, fest entschlossen: “Du solltest deinen Sohn zum Caesar ernennen!“
    Erneut eine Pause, noch kürzer.
    “Ich weiß, er ist noch jung. Doch vorerst genügt der Titel und das die Leute wissen: Die Thronfolge ist geregelt und Publius Ulpius Maioranus wird eines Tages dein Erbe antreten.
    Ernenne ihn zum Caesar und zu deinem designierten Nachfolger, und ich werde alles tun was ich kann, um sein Erbe zu verteidigen.“

    Aber dem 'wildfremden Mann' schien es gut zu gefallen, eine zarte, warme und weiche junge Frau, nackt wie sie war, in seinem Bett zu haben. Die sanften Berührungen waren ihm waren ihm nicht unangenehm. Auch wenn er wohl tatsächlich schlief und ihre Anwesenheit vielleicht nur träumend wahrnahm.
    Als sie nämlich versuchte, sich aus der Umarmung zu befreien, da hielt er sie nur umso fester und folgte ihren Bewegungen. Wenn das so weiter ging, dann würde der Platz unweigerlich eng werden. Zuerst würde vermutlich sie aus dem Bett herauspurzeln und dann er selbst.

    “Vielleicht solltet ihr frühzeitig einen Termin festlegen und die Einladungen verschicken. Denn von Tarraco nach Rom ist es eine weite Reise.“, riet Quarto, auch wenn sein Rat diesbezüglich gar nicht erbeten worden war und er diese Reise persönlich noch niemals unternommen hatte.

    “Oh, du hast dich im Senat gut geschlagen und dir deine Wahl verdient. Dazu gratuliere ich dir.“, antwortete Quarto, hoffte dabei aber wohl tatsächlich, dass sich die Flavier an diese Hilfe eines Tages erinnern würden.


    “Mein Klient Decimus Verus? Aus welchem Grund erkundigst du dich nach ihm, wenn ich fragen darf?“

    Quarto machte gar nicht den Eindruck, als würde ihn die Vorstellung erschrecken: ein Präfekt Salinator, begraben unter einem eingestürzten Gemäuer, die Glieder zerquetscht und der Schädel zertrümmert.


    “Ähm... nein, dass... äh... natürlich nicht.“, antwortete er etwas zögerlich.


    Denn wechselte er abrupt das Thema:
    “Was ich dich eigentlich fragen wollte... weswegen ich dich angesprochen habe: ich würde dich gerne zu einem gemeinsamen Abendessen einladen, in meinem Haus. Dich und deinen Onkel Avarus, wenn du ihn dazu überreden kannst. Nichts Großes oder Aufwändiges, nur wir Drei.“

    Quarto wurde im Unterschied zu den Anhängern der Roten ganz still, als Tolimedes weit zurück und auf den letzten Platz fiel. Mehaf, der zweite Fahrer der Blauen, lag nur zwei Plätze davor.
    Nein, zum Jubeln war ihm nicht zumute. -.^
    Auch wenn er vorher gewusst hatte, dass sich seine Fahrer in diesem Feld schwer tun würden; etwas mehr erhofft hatte er sich dennoch.
    Immerhin waren noch drei Runden übrig. Genug Zeit also, um ihn doch noch etwas gnädiger zu stimmen.











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    PRINCEPS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Ob es nun so gemeint war, oder nicht; Quarto nahm Varus' Antwort als Bestätigung dafür, dass die Ernennungen so erfolgen würden wie er sie genannt hatte.


    Darum nickte er scheinbar zufrieden und sagte: “Gut! Einen Mann, der zur richtigen Zeit weiß was zu tun ist und mit sicherem Gespür die richtige Entscheidung zu treffen weiß, einen solchen Mann werde ich mir merken.“


    Er prostete dem Procurator zu und genehmigte sich einen Schluck.
    “Oh, einen guten Wein hast du hier. Leicht, aber mit Charakter.“

    Da betrat der Hausherr das Atrium.


    Er kam auf Flavius Piso zu, öffnete zwar nicht die Arme zum Gruß, wie er es vielleicht bei einem alten Weggefährten getan hätte, lächelte aber immerhin und sagte freundlich:
    “Salve und willkommen in meinem Haus, Aulus Flavius Piso!“

    Aelius Quarto ließ ein glucksendes Geräusch hören. War das eine Art Kichern?
    “Oh ja, dass wird er vermutlich so empfinden.“


    Er wurde wieder ernst und sprach erneut etwas leiser:
    “Aber noch entscheidet er nicht alles. Auf die militärischen Ernennungen hat er allerdings großen Einfluss, vor allem wenn es um Kommandoposten geht. Ich fürchte, je länger er diese Privilegien genießt, desto mehr seiner Gefolgsleute werden sich an den Spitzen der Legionen und der Auxiliareinheiten wiederfinden, auch solche, deren herausragendste Eigenschaft ist, ihm treu ergeben zu sein. Das erfüllt mich schon mit Sorge.“