Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    Quarto überlegte. Das Mädchen, das der Händler präsentierte, wirkte nicht nur exotische, sie schaute auch sehr verstockt drein, ja geradezu feindselig. Nun hatte er leider einen ausgeprägten Sinn für äußerst nutzlose oder widerborstige Sklaven, oder auch einfach nur dümmliche, wie sein Leibsklave bewies. Vielleicht war es aber auch einfach nur Ahnungslosigkeit beim Sklavenerwerb. Auf jeden Fall konnte er natürlich nicht nicht anders, als kurz entschlossen zu rufen:
    “Ich zahle 350, aber nur wenn sie Latein spricht!!“

    Quarto las das Angebot.
    “….mmh, germanisch…ich weiß ja nicht. Ungehobelt, wenig romanisiert, zwar winterfest, aber im Sommer zu nichts zu gebrauchen. Zuerst werden sie krebsrot und dann gehen sie einem ein, wenn man sie zu lange in der Sonne lässt.“, brummelte er.

    Quarto selbst schloss die Tür auf. Er war froh, endlich der engen und miefigen kleinen Kammer in der Basilika Iuliana entronnen zu sein und wieder sein altes, sehr viel schöneres Officium hier im Palast beziehen zu können.
    “Leg’ die Sachen einfach da auf den Tisch.“, sagte er zu seinem Sklaven, der die wenigen Habseligkeiten aus der Schreibstube des Aedilis Plebeii hierher getragen hatte.
    “Gut, du kannst gehen.“, schickte Quarto ihn dann fort.
    Er setzte sich auf seinen weich gepolsterten Lieblingsstuhl, lehnte sich zurück und atmete zufrieden tief durch.

    Quarto packte seine wenigen persönlichen Gegenstände zusammen, die er hierher mitgenommen hatte. Er lud alles seinem Sklaven auf und schaute sich nochmals um.
    “Gut, ich glaube das war alles. Lass uns gehen.“
    Er scheuchte Nakhti hinaus und folgte ihm dann. Quarto war froh, diese beengte, dunkle und muffige Schreibkammer wieder mit seinem geräumigen, schönen Officium im Palast tauschen zu können.

    “Mmh, eventuell hätte ich Arbeit für einen zuverlässigen Hausverwalter und Privatsekretär. Vielleicht bist du ja interessiert. Du kannst es dir ja einmal überlegen und mich dann in den nächsten Tagen in meinem bescheidenen Heim aufsuchen. Es ist leicht zu finden. Den Weg zum kaiserlichen Palast auf dem Palatin wird dir jeder in Rom zeigen können und wenn du dort bist, frage nach der Domus Aeliana. Dort lässt sich so etwas besser und angenehmer besprechen als hier auf der Straße.“

    “Du sprichst sehr gut Latein, dass ist schon einmal mehr als…“, er dachte an Nakhti, seinen nichtsnutzigen Leibsklaven, der die römische Sprache nur sehr unvollkommen beherrschte.
    “…ähm…kannst du lesen und schreiben?“

    Nachdem er seinen Vetter Aelius Hadrianus des Hauses verwiesen hatte, würde es hier sehr viel ruhiger werden. Vielleicht auch einsamer. Ohne Frage hatte dieser Raum jedoch seinen Zweck verloren.
    Diesen Gedanken hing Quarto nach, als er die Tür sorgfältig verschloss.

    “Sieht vielleicht jemand Möglichkeiten, die zivile Handelsschifffahrt in Ostia zu fördern? Welche Anreize könnte man schaffen, dass Kapitäne Ostia als ihren Heimathafen wählen, oder zumindest regelmäßig anlaufen?“

    “Bürger Roms! Bei den vorvergangenen Wahlen habt ihr mich mit dem Amt des Aedilis Plebeii betraut und ich habe es zwei Monate lang ausgeübt.
    Jetzt will ich euch sagen, was ich in dieser Zeit getan habe.


    Zu meinen wichtigsten Pflichten gehörte natürlich die Aufsicht über die Märkte und die Einhaltung der Marktregeln nach dem Lex Mercati. Erfreulicherweise musste ich in meiner Amtszeit keine groben Verstöße feststellen und keine Strafedikte erlassen.


    Als alleiniger Aedil dieser Amtszeit führte ich die Akten der zugelassenen Wirtschaftsbetriebe. Ich beurkundete etliche Neugründungen, Besitzerwechsel und Namensänderungen. Dazu gehörte auch die Übertragung des immobilen Nachlasses des verstorbenen Gaius Cornelius Decius.


    Ich nahm eine Revision der Akten vor. Dadurch konnten inzwischen überholte Eintragungen, insbesondere die von eingetragenen Besitzern, welche inzwischen einen geänderten Namen führen, korrigiert werden. Dazu konnte ich eine Liste mit verstorbenen oder als vermisst geltenden Betriebseignern erstellen.


    Ich war für die Organisation und Durchführung der Ludi Apollinares verantwortlich welche von PRIDIE NON IUL DCCCLV A.U.C. (6.7.855/102 n.Chr.) bis ANTE DIEM III ID IUL DCCCLV A.U.C. (13.7.855/102 n.Chr.) in Rom stattfanden.
    Es gab ein mehrtägiges Schauspiel zu Ehren des Apoll im Theater des Marcellus. Ein Festmahl für alle Bürger auf dem Marsfeld und natürlich die Wagenrennen im Circus Maximus.
    In diesem Zusammenhang danke ich dem Praetor Urbanus dieser Amtszeit, Senator Marcus Didius Falco, für die zeremonielle Leitung der Ludi. Ich danke allen Teilnehmern der Wagenrennen für ihren Mut und ihren großen Wettkampf auf der Rennbahn. Ganz besonders danke ich Manius Matinius Fuscus aus der Provinz Germanien, den ich mitsamt seiner Darstellertruppe für die Theaterspiele im Marcellustheater gewinnen konnte. Sie boten allen Zusehern große Kunst und ein unvergessliches Theatererlebnis.


    Weniger erfreulich als die Ludi, war ein Fall von verunreinigtem Wasser eines Brunnens, vorgefallen im Stadtteil Via Lata in Rom. Dieses Wasser hatte viele Anwohner krank gemacht. Vom Gesetz her auch für die Kontrolle der öffentlichen Brunnen zuständig, schalteten mich die Cohortes Urbanae in ihre Ermittlungen mit ein. Gemeinsam konnte die schreckliche Ursache für die Verschmutzung gefunden und beseitigt werden. Ich möchte mich bei allen Angehörigen der Cohortes Urbanae für die gute Zusammenarbeit bedanken, insbesondere bei dem kommandierenden Offizier, dem Princeps Praetorii Gaius Caecilius Crassus, dem Centurio Marcus Vinicius Lucianus und dem Miles Tiberius Octavius Dragonum.


    In Vertretung des Praefectus Annonae – dieses Amt war zu diesem Zeitpunkt unbesetzt – beaufsichtigte ich die Armenspeisungen gemäß des Lex Matinia Frumentaria und führte die entsprechende Frumentationsliste.
    Zu meiner großen Freude darf ich sagen, dass wir in herrlichen Zeiten leben in denen Armut und Hunger in unserer Stadt Rom fast unbekannt scheinen. Denn kaum ein Bürger meldete Bedarf an kostenloser Brotzuteilung an.
    Nachdem Quintus Decimus Mercator zum Praefectus Annonae berufen worden war, übergab ich diese Aufgabe an ihn, den nun Zuständigen.


    Das tat ich in meiner Zeit als Aedilis Plebeii und es war mir eine Freunde und eine Ehre, Rom dienen zu dürfen.“

    Quarto war auf dem Weg zum Forum Romanum, wo er auf der Rostra reden wollte. Ganz in Gedanken versunken ging er nochmals die Worte durch und rief sich in Erinnerung, was er vorbringen wollte. So übersah er den Mann, mit dem er fast zusammenstieß.
    “Oh, verzeihung!“