“Ja, der Kaiser weilt zusammen mit seinen engsten Beratern im fernen Hispania. Das der Aufstand in Asturia und Cantabria endgültig niedergeschlagen wurde, davon dürftest du gehört haben.“
Quarto schnipste mit den Fingern und machte eine schwer zu deutende Geste in Richtung eines Sklaven, der dienstbereit und vollkommen unauffällig in einer Ecke gestanden hatte. Der schien die Geste aber zu verstehen und verschwand daraufhin geräuschlos.
“Ach ja! Dein Widersacher auf den Feldern von Pincenta ist wieder aufgetaucht, erzählte man mir. Zumindest teilweise aufgetaucht… Er hatte sich wohl bis zu den Parthern durchgeschlagen, fand dort aber keine Freunde. Ihm wurde der Kopf abgeschlagen, heißt es und auch, dass König Oroes den Schädel zu Iulianus gesandt hätte.“
Der Sklave kehrte mit einem Tablett zurück. Darauf zwei Kannen, ein Gefäß zum mischen und zwei Becher. Das ganze stellte er auf einen kleinen Tisch, der geschwind von einem anderen Sklaven neben den beiden Brüdern aufgebaut worden war.
“Mmh… war war noch? Ach ja! Leider hat Rom einen großen Politiker und ehemaligen Konsul verloren. Cicero Octavius Anton ist im letzten Monat gestorben.
Dann war da noch der Triumphzug zu ehren des Siegers von Hispania, Decimus Meridius. Da gab es auch einen kleinen Eklat… ein aufsässiger Tribun oder so was.“
Inzwischen waren Wasser und Wein gemischt und eingeschenkt. Wortlos deute Quarto seinem Bruder, sich zu bedienen.
“Aber das wichtigste ist wohl, dass die Aufstände vorüber sind und das ulpische Kaiserhaus wieder fest im Sattel sitzt. Genau so gibt sich das alte Schlangennest Rom auch wieder. Man pflegt seine Eitelkeiten und verschiedene Lager bekriegen sich in kleinlichen Auseinandersetzungen um scheinbare Macht und Einfluss. Es ist wieder so, wie es immer war, wenn nicht gerade ein äußerer Feind die Existenz aller bedrohte.“
Er lächelte, kippte einen Schluck Wein als Opfergeste auf den Boden und trank.
Beiträge von Lucius Aelius Quarto
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Im Gefolge eines Miles, der wohl auf den schönen Namen Fiscus hörte, erreicht Quarto den besagten Brunnen in der Via Lata.
Man merkte sofort, dass hier etwas Besonderes im Gange war, denn man sah auffällig viele Angehörige der Cohortes Urbanae. In der aufgeregten Menge entdeckte er schließlich den Prätorianer, der sie befehligte.
“Caecilius Crassus…“, rief er und bahnte sich den Weg zu ihm. “Da bin ich. Welche Maßnahmen wurden ergriffen? Ist inzwischen sicher, dass das Wasser des Brunnens tatsächlich für die Erkrankungen verantwortlich ist?“ -
“Ja. Er hätte unseren Ahnen sicher Ehre gemacht. Sein früher Tod ist sehr bedauerlich.“
Er schwieg einen Moment lang, bevor in anderem Ton weiter sprach:
“Aber es gibt auch erfreuliche Neuigkeiten. Vor einiger Zeit erhielt ich Nachricht von unserem Bruder, dem kleinen Lucius, von dem wir so lange nicht wussten wo er geblieben war. Er ist wohl gar nicht mehr so klein und lebt jetzt in Germanien. Dort ist er inzwischen Duumvir von… ach, ich kann mir den Namen nie merken… irgendein Ort am großen Rhenus. Colonia Augusta... Agri... ach!“ Er machte eine lässige Handbewegung und lächelte. -
Schweigend sah Quarto mit an, wie die lodernden Flammen die sterblichen Überreste seines alten Freundes einhüllten und dann verzehrten. Der beißende Rauch stieg ihm in die Augen und ließen sie tränen. Oder war es die Gefühlsregung? Er wischte sie mit dem Handrücken trocken und bemühte sich, Haltung zu bewahren, wie es sich für einen Römer gehörte.
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Mit schwerem Herzen und verschwitzter Toga wohnte Quarto der Zeremonie bei. Er war tief in Gedanken versunken und dachte an seine Jugend zurück, als Lysias sein Lehrer gewesen war.
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Quarto überlegte kurz.
“Nein, momentan eigentlich nicht.“
Er erhob sich.
“Ich danke dir für deinen Besuch. Wir bleiben in Verbindung und wenn sich bezüglich der Getreideflotte etwas ergibt, werde ich mich an dich wenden. Du bist direkt in Misenum stationiert, nehme an?“ -
"VASSENIUS... LYSIAS...", fiel Quarto in die Klagerufe mit ein.
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“Ja, es ist richtig. Ich vertrete den Praefectus Annonae in seiner Funktion als Aufseher der Armenspeisungen.“
Er wühlte in den Wachstafeln, die seinen Schreibtisch bedeckten, bis er die richtige fand.
“Also… wenn ich bedenke, wie wenig Bürger sich in die aktuelle Frumentationsliste eingetragen haben… dann muss man wohl davon ausgehen das die Getreideversorgung in der Provinz Italia zurzeit hervorragend ist. Eine Intensivierung der Getreidelieferungen scheint momentan nicht nötig zu sein.“
Er legte die Tafel wieder weg.
“Gab es Probleme? Mir ist nichts davon bekannt.“ -
“Setz dich doch erst einmal.“
Er bot seinem Bruder einen der dunklen Stühle aus geöltem Zedernholz an.
“Ich kannte den jungen Mann ja kaum. Er kam erst kürzlich nach Rom und ich nahm ihn hier auf. Er fand auch rasch eine Anstellung im Officium des Magister Officiorum, hier im Palast. Aber vor ein paar Tagen, niemand hatte es kommen sehen, lag er plötzlich tot im Oecus. Allem Anschein nach war er dort einfach zusammengebrochen, ohne dass ihm jemand etwas zuleide getan hätte. Der Fährmann scheint ihn einfach von einem zum anderen Augenblick zu sich gerufen zu haben.“ -
Quarto war kein Jüngling mehr. Deshalb hatte er an dem Sarg mit dem Leichnam seines Vetters ziemlich zu schleppen und kam bald ins Schwitzen. Wer hätte gedacht, dass der schmächtige junge Mann so schwer gewesen war?
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“Aber bitte doch.“
Quarto bot seinem Besucher mit einer einladenden Geste den einzigen noch freien Stuhl an.
“Womit kann ich dir helfen, Nauarchus?“ -
“Gaius!“
Die beiden Brüder umarmten sich herzlich.
“Gut das du da bist! Vom Tod unseres jungen Vetters Aelius Vassenius hast du bereits gehört?“ -
Herzlich willkommen im Imperium Romanum!
Vielleicht hast Du ja auch Lust, der Gens Aelia beizutreten. -
Quarto, der gerade auf einer Bank etwas gedöst hatte, war sofort hellwach.
“Führe ihn zu mir, schnell!“ -
[Blockierte Grafik: http://www.sai.uni-heidelberg.de/~harm/ImperiumRomanum/Bilder/Grabmal_Aelia.gif]
Dies ist das
Familiengrab der Gens
A E L I A
Es liegt an der via Appia, südlich von
Rom, ein wenig außerhalb der Stadt.***
Folgende Inschriften sind hier zu lesen:
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HIER LIEGT BEGRABEN
FLAVUS AELIUS VASSENIUS
GESTORBEN ANTE DIEM VII ID IUN DCCCLV A.U.C.
(7.6.855/102 n. Chr.)
ER WAR VOLLER HOFFNUNG, EIN REGER GEIST,
MIT GROSSEM TATENDRANG. SEINEN AHNEN
HAETTE ER EHRE GEMACHT UND RUHM GEERNTET,
WENN DER TOD IHN NICHT VIEL ZU FRUEH VON
DIESER WELT GENOMMEN HAETTE.
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HIER LIEGT BEGRABEN
QUINTUS AELIUS TUBERO
GESTORBEN ANTE DIEM V ID OCT DCCCLV A.U.C.
(11.10.855/102 n.Chr.)
ER DIENTE ROM ALS QUAESTOR URBANUS, DOCH
VERLIESS ER DIESE WELT, IHRER UEBERDRUESSIG.
MAG ER IM TOTENREICH SEINEN FRIEDEN FINDEN.
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HIER LIEGT BEGRABEN
APPIUS AELIUS VARUS
GESTORBEN ANTE DIEM X KAL FEB DCCCLVI A.U.C.
(23.1.856/103 n.Chr.)
SEIN DIENST GALT ROM UND DEN GOETTERN, ALLEN
VORAN DEM APOLL, DER UNS DIE STRAHLEN DER
SONNE SCHENKT. MOEGE ER IHN AUCH IM REICH DER
TOTEN WAERMEN UND TROST BRINGEN.
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WIR GEDENKEN
LUCIUS AELIUS VALIDUS
GESTORBEN ANTE DIEM XIII KAL APR DCCCLVI A.U.C.
(20.3.856/103 n.Chr.)
SOHN DES GAIUS AELIUS MACCALUS, BRUDER
VON GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANUS UND
LUCIUS AELIUS QUARTO, DUUMVIR DER STADT
COLONIA CLAUDIA ARA AGRIPPINENSIUM IN DER
PROVINCIA GERMANIA INFERIOR. VON DEN SEINEN
HINFORT GERISSEN DURCH DIE MOERDERISCHEN
HAENDE EHRLOSER BARBAREN. WIR WERDEN
SEINER IMMERDA WOHL GEDENKEN.
MOEGEN DIE GOETTER IHM FRIEDEN SCHENKEN.
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DAS IST DAS GRAB VON
MARCUS AELIUS OPTATUS
GESTORBEN ANTE DIEM XII KAL MAI DCCCLVI A.U.C.
(20.4.856/103 n.Chr.)
SOHN DES QUINTUS AELIUS CERVIANUS.
MARS WAR SEIN PATRON UND DER MUT VERLIESS
IHN ZU KEINER STUNDE. ER DIENTE ROM IN DER
LEGIO I TRAIANA UND DER LEGIO II GERMANICA.
VIEL ZU FRUEH GING ER VON UNS, DOCH TROST GIBT
UNS DIE GEWISSHEIT, DASS DEN GOETTERN GEWISS
GEFALLEN WIRD, IHN WOHLMEINEND AUFZUNEHMEN.
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DU BLICKST AUF DAS GRAB VON
AELIA LEONTIA
GESTORBEN ANTE DIEM XIII KAL IUN DCCCLVI A.U.C.
(20.5.856/103 n.Chr.)
SIE WAR DIE TOCHTER UND DER
STOLZ VON QUINTUS AELIUS CERVIANUS UND
AELIA LIVIA OCELLINA – EIN LIEBLICHES UND
ANMUTIGES MAEDCHEN, SO SCHOEN, DASS DIE
GOETTER SIE FRUEH ZU SICH RIEFEN.
TRAUER ERFUELLT UNSERE HERZEN.
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HIER IST DAS GRAB VON
APPIUS AELIUS LABEO
GESTORBEN ANTE DIEM XIII KAL SEP DCCCLVI A.U.C.
(20.8.856/103 n.Chr.)
SEIN VATER WAR
GNAEUS AELIUS RUFUS UND SEINE MUTTER
AELIA CORNELIA AGRIPPINA. ER DIENTE ROM
IN DER LEGIO I TRAIANA, DOCH BEVOR ER DIE
GUNST ERHIELT, SEINEN NAMEN IN DER
SCHLACHT MIT RUHM ZU BEDECKEN, GEFIEL ES
DEN GOETTERN IHN VON UNS ZU NEHMEN. WIR
ABER WERDEN SEINER NICHT VERGESSEN.
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SEIT AN SEIT LIEGEN HIER BEGRABEN
LUCIUS AELIUS
CLAUDIANUS MARCELLUS
GESTORBEN ANTE DIEM XV KAL IUL DCCCLVIII A.U.C.
(17.6.2008/105 N.CHR.)
UND SEINE TOCHTER
AELIA CLAUDIANA DOLABELLA
GESTORBEN ANTE DIEM XIII KAL IUN DCCCLVIII A.U.C.
(20.5.2008/105 N.CHR.)
VATER UND TOCHTER, GEBOREN ALS CLAUDII,
IN LIEBE AUFGENOMMEN IN DEN KREIS DERER,
DIE STOLZ DEN NAMEN AELIA TRAGEN.
IHRE ZEIT IN DIESER WELT,
SIE WAR UNTERSCHIEDLICH LANG BEMESSEN.
DOCH DIE SIE ZURÜCKLASSEN SAGEN:
ES WAR BEIDERMASSEN ZU KURZ.
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ES LIEGT HIER BEGRABEN
PUBLIUS AELIUS PULCHER
GESTORBEN ANTE DIEM XII KAL DEC DCCCLVIII A.U.C.
(20.11.2008/105 n.Chr.)
ER, SOHN DES GNAEUS AELIUS RUFUS UND
DER AELIA CORNELIA AGRIPPINA, WAR SEINES
BRUDERS UNGLEICHES EBENBILD. ER WAR EIN
GELEHRTER, DER DIE WEISHEIT DER ALTEN
GRIECHISCHEN DENKER STUDIERTE UND ER
WAR DEN SCHÖNEN KÜNSTEN ZUGETAN. MÖGE
ER NUN DIE SCHÖNHEIT DES ELYSIUMS ERBLICKEN.
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DU ERBLICKST DAS GRAB VON
PUBLIUS AELIUS HADRIANUS
GESTORBEN ANTE DIEM XIII KAL IAN DCCCLX A.U.C.
(20.12.2009/106 n.Chr.)
ALS PUBLIUS AELIUS HADRIANUS AFERs UND
AELIA DOMITIA PAULINAs SOHN, UND ZÖGLING
DES LUCIUS ULPIUS IULIANUS, DER ÜBER ROM
HERRSCHTE, HATTEN DIE GÖTTER GROSSES FÜR
IHN BESTIMMT. DOCH VERWEIGERTE ER SICH DIESER
WELT, DIE IHM NIE GENUG WAR. WIR HOFFEN UND
BETEN, DASS IHM DIE ANDERE WELT, DIE DER TOTEN,
ALS DIE BESSERE ERSCHEINT UND ER DORT RUHE
UND SEINEN FRIEDEN FINDEN WIRD.
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DIES IST DAS GRAB VON
MARCUS AELIUS CALLIDUS
GESTORBEN ANTE DIEM XII KAL NOV DCCCLXI A.U.C.
(21.10.2011/108 n.Chr.)
SOHN DES GNAEUS AELIUS RUFUS
UND DER AELIA CORNELIA AGRIPPINA,
TREUER DIENER ROMS,
ZIERDE SEINES GESCHLECHTS,
MAG IHM DAS TOTENREICH
EINE FRIEDVOLLE HEIMSTATT SEIN.
----------------------------------------------------------------------Auf dem Grabgelände, etwas Abseits der Strasse,
findet der Wanderer einen weiteren Gedenkstein:
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IM GEDENKEN AN
LYSIAS VON ATHENE
GESTORBEN ANTE DIEM V ID IUN DCCCLV A.U.C. (9.6.855)
DESSEN ASCHE IN DIESER ERDE RUHT.
ER WAR PHILOSOPH UND MANN DER WEISHEIT,
LEHRER UND RATGEBER. OBSCHON GRIECHE, SO
DOCH EIN FREUND DER ROEMER UND BESONDERS
DER FAMILE AELIA. MOEGEN SEINE GOETTER IHN
GNAEDIG AUFNEHMEN.
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“Das ist ein höchst bedenklicher Vorfall. Es war richtig von dir, dass du deshalb zu mir gekommen bist. Die Aufsicht der öffentlichen Brunnen fällt in meine Zuständigkeit. Dem muss unbedingt nachgegangen werden.“
Er schielte durch die noch halboffene Tür und sah einen weiteren Mann, der allem Anschein nach auch zu ihm wollte.
“Bitte lass mir einen deiner Miles da. Ich werde noch kurz mit dem anderen Besucher reden und mich dann sofort zu dem besagten Brunnen führen lassen.“ -
“Brunnen?“
Quarto legte Wachstafel und Griffel beiseite.
“Berichte mir worum es genau geht.“ -
“Worum handelt es sich, Princeps Praetorii?“
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"Herrein!"