Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    Quarto stimmte sofort zu: “Sehr richtig, das müssen wir! Die Blauen sollen zusammenkommen und alle Römer sollen wissen, dass die Veneta die Zeiten überdauert, mögen sie auch voller Wirrnisse sein.“
    Er hob den zitternden Zeigefinger: “Und ich habe es dir ja schon gesagt, ich werde dann mein Amt als Princeps aufgeben.“
    Er machte eine kurze Pause.
    “In den nächsten Tagen werde ich allen Mitgliedern einen Brief schreiben und sie in die Domus der Factio einladen. Das Haus steht doch noch?“

    Der Entwurf, auf der Tabula von Paetus festgehalten, wurde einem schreibkundigen Sklaven gegeben. Der schrieb alles mit schöner Schrift ins Reine und kam damit bald zurück, so dass Quarto den Brief mit zittriger Hand unterzeichnen konnte.


    An den
    Praefectus Urbi
    Gaius Flaminius Cilo
    Castra Praetoria
    Roma


    Salve Gaius Flaminius Cilo!


    Marcus Iulius Proximus ist bereits seit vielen Jahren mein Klient und ein treuer Freund meiner Familie.
    Ich selbst war niemals ein Anhänger des verfluchten Usurpators Salinator. Bereits vor vielen Anderen, die sich heute mit ihrem Widerstand gegen seine Unrechtsherrschaft brüsten, habe ich stets gesagt was er war, nämlich ein Betrüger, Thronräuber und Verräter an den Idealen Roms, der sich in frevlerischem Ehrgeiz an einen Platz gestellt hat, für den er niemals bestimmt war.
    Iulius Proximus hat mir in dieser Ansicht niemals widersprochen.
    Ich selbst war zur Flucht gezwungen, als der Usurpator Rom zur Geisel nahm. Davor fand eine Unterredung in meinem Hause auf dem Palatin statt, an der außer Iulius Proximus und mir noch der Augur Lucius Iulius Centho, mein Klient Decius Germanicus Corvus und mein Sohn Gaius Aelius Paetus teilnahmen.
    Bei diesem Gespräch wurde beredet, wie ich und meine Familie sicher aus der Stadt gelangen sollten. Außerdem wurde vereinbart, dass Iulius Proximus in Rom bleiben und sich zum Schein dem Usurpator anschließen und ihm dienen würde. Er gelobte, mit diesem Opfer Schaden von Rom abwenden zu wollen. Weder wurden meine Pläne durch ihn verraten, noch hat er mir und meiner Familie jemals abgeschworen.
    Nach meiner Rückkehr hatte ich Gelegenheit mit ihm zu sprechen und er versicherte mir, wie vereinbart gehandelt zu haben. Ich habe keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln und bin davon überzeugt, dass er zum Wohle Roms gehandelt hat und sein Tun nicht darauf gerichtet war, die ungerechte Herrschaft des Usurpators Salinator zu stützen.


    Vale bene, Lucius Aelius Quarto



    ROMA - PRIDIE KAL SEP DCCCLXIII A.U.C.
    (31.8.2013/110 n.Chr.)


    Als das getan war und außerdem das Siegel der gens Aelia darunter gesetzt worden war, rief Quarto nach seinem Leibsklaven Nakhti.

    “Wir müssen diesem Gerede über unseren alten Freund ein Ende bereiten. Hol' dir etwas zu Schreiben. Ich will dir einen Brief diktieren.“, meinte Quarto nach kurzem Nachdenken.
    Während er auf Paetus wartete, wiederholte er das Gehörte brummelnd: “'Informationen bezüglich seiner politischen Zuverlässigkeit'. Pah! Er ist mein Klient! Was braucht es denn sonst noch?“

    Varenus' Worte über seine ungebrochene Bedeutung, dass der neue Kaiser Interesse an einer Verständigung mit ihm haben müsse und seiner Unterstützung bedurfte, ach, all dass gefiel dem alten Mann schon sehr gut und schmeichelte ihm sichtlich.


    “Wenn er mit mir reden will, dann werde ich mit ihm reden. Aber bisher, nein, bisher hat er das nicht gewollt.“, antwortete Quarto und öffnete dabei die Hände in einer Geste, die wohl seine Bereitschaft signalisieren sollte, aber auch seine Arglosigkeit.
    “Ich wüsste nichts, was ihn hindern könnte.“

    Quarto nahm das Schreiben entgegen und blickte kurz auf das Siegel. Aber das ließ keinerlei weitere Rückschlüsse zu.
    “Ja, es ist gut.“, meinte er in Richtung seines Sklaven und schickte ihn mit einer Handbewegung fort.


    Er wendete die Tabula hin und her und sagte dann zu Paetus, seinem Sohn: “Meine Augen haben nachgelassen und das Lesen fällt mir schwer.“
    Mit diesen Worten gab er die Tafel, noch immer ungeöffnet, weiter.

    Zitat

    Original von Titus Decimus Varenus
    [...]
    "Mein jüngster Sohn soll die Tradition meines Vaters folgen, doch dafür braucht er den Ritterstand. Solltest du Gelegenheit haben mit dem Augustus zu sprechen und die Situation dies zulassen, könntest du vielleicht seinen Namen erklingen lassen."
    [...]


    Der alte Consular schien sich nicht weiter daran zu stören, dass sein neuer Klient sofort eine Bitte an ihn herantrug. Dennoch runzelte er skeptisch die Stirn.
    “Das will ich gerne tun. Aber glaubst du denn, ich werde eher Gelegenheit dazu haben als du? Bisher hat mich Cornelius Palma ignoriert. Er scheint nicht sehr erpicht darauf zu sein, mit mir zu reden.“

    “Dann soll es so sein und es ist abgemacht. Als dein Patron werde ich für dich eintreten. Ich werde dir Schutz und Unterstützung gewähren und du wirst mir in Treue verbunden sein, so wie es römische Sitte und Brauch ist.“
    Mit diesen recht salbungsvollen Worten schloss Quarto die Übereinkunft mit Varenus und reichte ihm bekräftigend die Hand.

    Als Varenus sicher hüstelnd erneut ins Gespräch brachte, blieb dies vom alten Consular nicht unbemerkt. Er wandte sich ihm zu, hätte beinahe etwas zum Thema Domus Aeliana gesagt, oder besser gefordert, dass man ihm seine geliebten Oleanderbüsche herausgeben müsse, ließ es dann aber doch bleiben, weil der Primicerius sich im nächsten Moment als Quartos Klient anbot.
    Kurz ließ er das gesagte wirken. Dabei zog er die buschigen Augenbrauen hoch und in alter, fast schon vergessener Manier, fuhr er sich über den inzwischen gänzlich ergrauten Bart.


    “Mein Klient?“


    Die Frage lag einsam und schlicht in der warmen Luft, die vom aufgeheizten Pflaster des Vorplatzes an der Fassade der Curia aufstieg und sich in höheren Gefilden mit der sanften Brise vermischte, die vom schroffen Hang des Palatins herab wehte.
    Dann lächelte der alte Senator.


    “Aber natürlich, ja, warum nicht? Wenn du bei keinem Patron in der Pflicht stehst? Es wäre mir eine Ehre!“

    “Ich bin alt, mein Freund. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit in dieser Welt. Ich weiß, dass die Schicksalsgöttin Morta schon einen Tag für mein Ableben im Sinn hat. Meinem Sohn seinen Weg zu bereiten, dass ist alles, was mir noch zu tun bleibt. Viel mehr wird es nicht sein.“


    Der alte Mann sagte dies mit fester und entschlossener Stimme, in der nichts von Wehmut oder Trauer mitklang.

    Die Spannung in Quartos Miene löste sich und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    Noch immer Proximus' Hand fest im Griff: “Ich wusste es! Wie hättest du auch tun können, was man über dich sagt? Du hättest mich niemals verraten. Nichts anderes habe ich je geglaubt.“
    Endlich ließ er ihn los, vielleicht wirklich überzeugt, vielleicht aber auch fest entschlossen, seinem Klienten zu vertrauen, und vielleicht war dies auch ein und dasselbe.


    “Du siehst, noch lebe ich! Wir hatten Hilfe, damals. Gute und redliche Männer waren auf unserer Seite. Sie haben mir und meinem Sohn zur Flucht verholfen. Und Germanicus Corvus, hier an meiner Seite, er war auch dabei.“, er wies auf den ehemaligen Statthalter von Aegyptus. “Wir waren... in... nun, wir waren...“
    Er stockte. Einmal mehr ließ ihn sein Gedächtnis für einen peinlich langen Augenblick im Stich.
    “Ach... auf jeden Fall konnte uns der Mörder nicht fassen. Allzu viel haben wir zurückgelassen, aber nicht die Totenmasken meiner Vorväter. Sie sind in sicherer Verwahrung, im Haus treuer Freunde, der Germanii. Und dort wohne ich jetzt auch. Aber hoffentlich muss ich meinen Gastgebern nicht mehr lange zur Last fallen.“

    “Iulius Proximus, mein alter Freund!“, rief der alte Consular aus und ging auf seinen langjährigen Klienten schlurfenden Schrittes zu. Er griff nach dessen Hand und hielt sie überraschend kraftvoll fest. Bohrenden Blickes sah er ihm unverwandt in die Augen und sein Lächeln erstarb: “Man hört von dir die schlimmsten Dinge! Es heißt, du hättest diesem Mörder geholfen. Aber du hast dich ihm nur angedient, um schlimmeres zu verhüten, nicht wahr? So hast du es mir zugesagt, bevor ich Stadt verlassen musste. Ich erinnere mich daran! Mein Sohn hier, Paetus, er war auch dabei. Sage mir, dass es so war, dass man dir Unrecht antut und das du dich nicht des Verrats an Rom schuldig gemacht hast!“

    Während der wieder gefüllte Becher sein Interesse erneut weckte, hörte Quarto den Ausführungen des Kandidaten nebenbei zu. Als der geendet hatte, nickte er beiläufig.
    “Faule Magistrate sind eine Schande.“, pflichtete er ihm bei. “Damals, als Quaestor, ging es mir genauso. Meine halbe Amtszeit habe ich gebraucht, um nachzuholen, was was meine Vorgänger versäumt haben.“

    “Ich? Nein, nein, gewiss nicht.“
    Quarto hob abwehrend die Rechte.
    “Ich bin alt. Damit müssen sich jüngere Männer herumschlagen. Männer wie du.“
    So etwas wie ein Lächeln war auf seinem Gesicht erkennbar. Varenus war zwar deutlich jünger als er, aber 'jung' gewiss auch nicht mehr.
    “Außerdem kenne ich den Cornelier nicht gut, der sich jetzt Augustus nennt. Ähm... ich kenne ihn... natürlich. Er saß lange mit mir im Senat, wie ich, bei den Consularen. Aber hat er dort viel gesagt? Nein... nein, nein. Ein schweigsamer Senator und oft über Jahre weg, als Statthalter in... ach, was weiß ich wo...?“
    Er zuckte mit den Schultern.
    “Aber er wird jetzt auch merken, dass es zum Regieren eine funktionierende Kanzlei braucht. Mit Legionen allein kann man es eben nicht.“
    Das klang fast ein wenig spöttisch.

    Quarto ließ sich von dem allgemeinen Gemurmel nicht aus der Ruhe bringen. Vielleicht hörte er es auch gar nicht.
    “Ich danke für deine Anteilnahme. Es war ein großer Verlust, für uns und für Rom.“


    Er stockte kurz, als Meridius' Name fiel, ging dann aber darüber hinweg.
    “Das hier ist mein Sohn, Gaius Aelius Paetus. Und diese Herren sind meine Klienten Quintus Germanicus Sedulus und Decius Germanicus Corvus.“, stellte er die wichtigsten seiner Begleiter vor.


    Sich selbst vorzustellen schien offenkundig unnötig, nachdem Varenus ihn schon namentlich angesprochen hatte.