Beiträge von Lucius Aelius Quarto

    Lange war Aelius Quarto fort gewesen. Während der Herrschaft Salinators – den er selbst zumeist 'Mörder', bestenfalls 'Usurpator' nannte – hatte er die Stadt verlassen und sich im Norden, in Mantua verborgen. Nach seiner Rückkehr war er im Haus der befreundeten Senatoren Germanicus Avarus und Germanicus Sedulus untergekommen und hatte zwar Gäste empfangen, aber es nicht verlassen.
    Doch an diesem sonnigen Sommertag ließ er sich in einer Sänfte zum Forum Romanum bringen. Denn er hielt die Zeit für gekommen, sich wieder in der Öffentlichkeit zu zeigen.
    Auf seinen Sohn gestützt und in Begleitung einiger Klienten, begab sich der alte Consular zu dem engen Platz, der zwischen Rostra und Curia Iulia lag. Sein groß gewachsener, aegyptischer Leibsklave ging ihm voran.


    Vor den Stufen der Curia machte er halt und sah zum Eingang hinauf. Sein Blick wanderte über die schlichte Fassade.
    “Sie steht noch da, wie ich sie kenne.“, brummte er: “Wenigstens äußerlich, immerhin.“

    Endlich mit Wein versehen und so etwas milder gestimmt, hob Quarto seinen Becher, nachdem er vorher aber nicht vergessen hatte, einen kleinen Schluck, jedoch nicht mehr, vorsichtig auf den Boden zu schütten, als Opfer für die Götter.


    “Auf Frieden und bessere Zeiten!“, stimmte er in Sedulus' Trinkspruch mit ein.

    “Viel zu verdanken? Vespasianus? Was hat er uns denn gegeben? Eine überdimensionierte Arena und eine Steuer auf Pisse! Wir...“, er schlug sich mit der flachen, zittrigen Hand auf die Brust: “Wir Aelier, wir haben den Flaviern gar nichts zu danken! Wir haben unter ihnen nur Unrecht erfahren und mussten in Schimpf und Schande leben! Und jetzt? Jetzt ist Cornelius auf den Schultern seiner Soldaten hinauf zum Palatin getragen worden, genau so, wie der Flavier damals. Will man mir meinen Argwohn verdenken?“

    “Maioranus hätte den Thron erben sollen!“, platzte Quarto barsch dazwischen, einmal mehr die traurige Tatsache ignorierend, dass Valerianus' Sohn zusammen mit dem Vater gestorben war.
    “Ich selbst wollte es nie und habe es auch nie gefordert!“
    Finster sah er in die Runde.
    “Aber ob Cornelius Palmas Ansprüche besser sind, als die eines Flavius Vespasianus...?“

    “Du wirst in diesem Raum nur Gegner des Usurpators finden, an dessen faulendem Leib jetzt die Würmer nagen. Wenn du auch sein Feind warst, warum soll es dann einen Graben zwischen uns geben? Da muss nichts überwunden werden.“, antwortete Quarto und wies beim Wort 'Usurpator' mit der zitternden Rechten gen Boden, hin zu einem vermeintlichen Tartarus, wo er wohl die schwarze Seele des verachteten Mannes vermutete.

    “Ja doch, dass weiß ich!“, wehrte der seinen Sohn gereizt ab und wedelte mit der Linken.


    “Also, Senator Duccius Vala, warum wählen wir dich?“, wandte er sich erneut an den Wahlkämpfer, wobei er, diesmal mit dem Zeigefinger der leicht zitternden Rechten, auf ihn deutete.

    “Waren wir nicht zur Cena verabredet?“, brummte Quarto missmutig: “Warum habe ich keinen Wein?“


    Sein Blick traf Vala. Unter Stirnrunzeln: “Wer...?“. Ein Zögern bemächtigte sich seiner, ein Augenblick trüber Unsicherheit, dann: “Bestimmt kannst du uns sagen, weshalb du unsere Stimmen verdienst, Senator... ähm... mmh...“

    Beim Namen Decimus Meridius zuckte Quarto kurz zusammen. Ein lang vergessener Albtraum brach sich Bahn und drängte zurück in sein Bewusstsein.
    “Meridius' Enkel!“, stieß er hervor und schaute sich den jungen Mann ganz genau an, ob irgendwelche Ähnlichkeiten mit dem 'Stier von Taracco' auszumachen waren. Oder mit seiner eigenen Ehefrau, was aber, angesichts Aquilus' Alter, denn so jung war er dann doch nicht, eine recht abstruse Vorstellung war.

    Gebeugt und auf Paetus gestützt, betrat Quarto das Zimmer. Er blinzelte die beiden Gäste abschätzend an und brummte in einem desinteressiert klingenden Tonfall: “Salvete!“
    Als ob es ihm eben erst eingefallen wäre, fügte er hinzu: “Ich bin Lucius Aelius Quarto.“
    Er wies auf seinen Begleiter. “Und das ist Gaius Aelius Paetus, mein Sohn. Er wird bleiben, wenn ihr nichts dagegen habt.“

    “Na, er wird doch wohl den Cursus Honorum beschreiten! Was gäbe es für den Sohn eines Senators sonst?“, platzte Quarto dazwischen und bedachte seinen eigenen Sohn mit einem kurzen Seitenblick.
    “Natürlich hast du auch die Unterstützung des Hauses Aelia und ich werde all meinen Clienten sagen, sie sollen dich wählen.“

    “Vespa? Du meine Güte, die habe ich auch schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen? Geht es ihr gut, ja? Wo ist sie denn?“
    Sein Blick bekam einen leeren Ausdruck.


    Dann riss er sich erneut aus seiner Lethargie, und: “Bring' mir ein warmes, feuchtes Tuch, für mein Gesicht. Und einen Wein, einen gut gewürzten!“

    Zitat

    Original von Nakhti
    Nakhti betrat leise die Zimmerflucht, in der sein Herr untergebracht war.
    Er hatte ihn seit seiner Abreise aus Mantua nicht mehr gesehen, als er selbst mit der Herrin Vespa zurückbleiben musste, um später nachzukommen.
    Jetzt war er hier und wollte sich seinem Herrn zeigen, damit der wusste, dass er ihm wieder zu Diensten stand.


    Quarto hatte gedöst. Als Nakhti eintrat, bemerkte er es dennoch.
    Er blinzelte seinen Sklaven an und brummte: “Da bist du ja! Ich meinte schon, ich hätte dich seit Tagen nicht mehr gesehen.“

    Quarto betrat das Zimmer nach ihm und ergriff, als er stehen blieb, den Unterarm seines Sohnes.
    “Ja, vielen Dank. Wir schätzen uns glücklich.“
    Er begab sich leise schlurfend zum rechte Platz auf der mittleren Liege, dem locus consularis, von dem er annahm, dass dieser ihm zugedacht war. Und er stützte sich noch immer auf Paetus, als er sich zu Tisch legte.