“Ja, wir treffen uns in Mantua.“, sagte Quarto und fasste seinem Gegenüber am Unterarm.
“Ich danke dir, Matinius Agrippa! Die Götter mögen dich auf deinem Weg schützen!“
Er verabschiedete den Senatskollegen noch und brach kurz danach selbst auf.
“Ja, wir treffen uns in Mantua.“, sagte Quarto und fasste seinem Gegenüber am Unterarm.
“Ich danke dir, Matinius Agrippa! Die Götter mögen dich auf deinem Weg schützen!“
Er verabschiedete den Senatskollegen noch und brach kurz danach selbst auf.
Nach einer ganzen Weile des Schweigens und mit einem Gesichtsausdruck des Unbehagens, sprach nun auch Quarto wieder:
“Quintilius Valerian hat recht; wir können jetzt nichts für sie tun. Wir müssen uns gedulden und zu den Göttern beten, hoffend, dass sie noch leben, bis wir mit Macht zurückkehren und den Usurpator bezwingen.“
Für seine Verhältnisse abrupt stand er auf.
“Es gäbe noch vieles zu besprechen, manches zu beraten und gerne würde ich verweilen. Doch, Matinius Agrippa, du hast es gehört; Eile ist geboten. Darum wollen wir tun, was uns dieser treue, junge Mann geraten hat, in dessen Hände ich mein Schicksal lege. Ich muss sofort aufbrechen. Folge du mir morgen. Wir reisen getrennt, dass ist sicherer und fällt weniger auf. Mit dem Segen der Götter sehen wir uns bald wieder, in Mantua. Bist du einverstanden?“
So ernst die Worte Agrippas auch waren, sah Quarto ihn dennoch mit einer Mischung aus Erleichterung und Genugtuung an: “Dich an meiner Seite zu wissen erfüllt mich wahrhaft mit Freude!“
Was sein Gegenüber als nächstes ansprach, dass hatte er in seinem Tatendrang selbst noch gar nicht bedacht. Allerdings gab es da bisher auch nicht viel zu bedenken, denn: “Oh, ich muss gestehen... das... also... meine Mittel sind begrenzt. Dabei könnte Geld ein entscheidender Faktor sein, natürlich... Sollte sich erweisen, dass Überzeugungskraft und ein Appell an die Ehre allein nicht genügt, um der Loyalität auf die Sprünge zu helfen, dann wäre es... ja, sehr wichtig.“
Tatsächlich schaffte es Quarto, dies zu sagen und dabei das Wort 'Bestechung' nicht in den Mund zu nehmen.
“Außerdem werden wir beträchtliche Mittel benötigen, um Männer zu ernähren, Ausrüstungen zu stellen und dergleichen. Deine finanzielle Unterstützung wäre also mehr als willkommen. Wenn es uns nur gelänge, diese Truhen mitzunehmen..?“
Bei den letzten Worten galt sein fragender Blick Valerian.
“Also du siehst, Senator", wandte sich Quarto wieder Agrippa zu: "ich... ähm... also, hier in Rom kann ich nichts ausrichten. Hier kann ich nur mein Leben verlieren. Das wäre gewiss ehrenvoll, aber dem Staate ist damit nicht geholfen.
Also werde ich gehen, noch in dieser Stunde. Wie einem gemeinen Verbrecher droht mir Verhaftung und es ist mir, einem Senator Roms, verboten, wie ein freier Mann durch eines der Stadttore zu gehen. Also werde ich mich aus der Stadt meiner Väter schleichen müssen. Ich werde gehen und will an einem anderen Ort die Ehre und die Freiheit Roms aufrecht erhalten. Ich weiß, dass ich nicht alleine sein werde. Und wenn wir zurückkehren, gemeinsam und stark, dann wird diese Stadt wieder frei sein und der Mörder wird bestraft werden!“
“Ja, gewiss, ja... einen Moment noch.“, entgegnete Quarto unwillig. Er ließ sich nur ungern unterbrechen.
“Es ist wichtig, was ich Senator Matinius Agrippa zu sagen habe! Aber du; geh bereits und treffe alle nötigen Vorbereitungen. Du weißt was wir brauchen.“
Quarto nickte bei den Worten Agrippas bedächtig und fuhr sich dabei nachdenklich über den Bart.
Agrippa schien auf seiner Seite zu sein. Außerdem, selbst wenn er ihn betrog, konnte er etwas verlieren, wenn er offen aussprach was er dachte? Vermutlich nicht, denn hatte er nicht ohnehin vor, noch an diesem Tag die Stadt zu verlassen und sich offen gegen den Usurpator zu stellen?
Also tat er es: “Publius Matinius, wir kennen uns schon lange. Nicht das wir enge Freunde gewesen wären, aber Gegner waren wir einander auch nie. Wir haben uns immer geachtet und ich kenne dich als ehrbaren und aufrechten Mann. Also will ich dir nichts vorenthalten und dir offen sagen, wo ich stehe.
Ich halte Vescularius Salinator für den Mörder meines Bruders, für einen Kaisermörder. Er ist ein Aufsteiger, dem die traditionellen Werte unseres Staates nichts bedeuten, der die Götter nicht ehrt und sonst auch nichts. Er ist einer, der nur sich selbst und seinem maßlosen Ehrgeiz dient. Er ist niemand, der an der Spitze unseres Staates stehen darf!
Für den Augenblick hat er sich unser Rom, unsere geliebte Stadt zu eigen gemacht. Niemand der gegen ihn ist, kann sich jetzt noch sicher fühlen. Ich selbst habe erfahren, dass er meiner habhaft werden will...“
Quartos Blick streifte kurz Valerian.
“Ich werde mich gegen ihn und seine Machenschaften stellen. Ich bin alt, müde und gebeugt. Aber ich werde aufstehen und laut hinaus rufen, dass dieser Mann ein Feind Roms ist. Und damit wird er mein Feind sein...“
“Ähm... ja... ich danke dir sehr für deine Anteilnahme. Wie du dir sicherlich denken kannst, hat mich der Tod meines Bruders doppelt schwer getroffen und dass ich danach trachte, jene ihrer gerechten Strafe zuzuführen, die dafür verantwortlich sind.“, antwortete Quarto, ebenfalls noch unsicher, wie er die Worte Agrippas deuten sollte. War er auf ihrer Seite?
“Möchtest du dich nicht zu uns setzen?“
Es war nur noch ein Stuhl frei. Auf jenen wies er einladend. Die beiden anderen Männer stellte er nicht vor, wie es die Höflichkeit eigentlich erfordert hätte. Doch solange noch im Dunkeln lag, ob der andere Consular nicht vielleicht doch ein Mann Salinators war, wollte er ihr Namen nicht preis geben. Für den Fall, dass Agrippa sie nicht ohnehin kannte.
“Es scheint so, als würde vor allem eine Person von dieser Tragödie profitieren und die neue Situation weidlich ausnutzen.“, deutete er nun an.
“Und dieser Mann, dass muss ich sagen, war nie mein Freund.“
“Agrippa? Hier, bei mir?“
Das war allerdings ein erstaunlicher und unerwarteter Besucher! Der Mann war wie Quarto ein ehemaliger Consul, dazu Vorsteher der purpurnen Factio und Oberhaupt des alten römisch-sabinischen Geschlechts der Matinier. Das alles waren Dinge, die für Quarto von Bedeutung waren und so verflog sein Zorn rasch wie er aufgeflammt war.
“Ähm... hat er gesagt weshalb er hier ist...?“
Sein kurzer Blick galt den beiden Gesprächspartnern. Dann hob er beschwichtigend die Hand, als Geste, dass sie nicht beunruhigt sein mögen. Denn er entschied: “Nun, also, bitte ihn herein!“
“Sagte ich nicht, dass ich keine Störungen wünsche, solange ich mit diesen Männern zu reden habe?“, schnitt Quarto seinem Sklaven unwirsch das Wort ab.
Quarto wollte gerade etwas darauf erwidern, also sie unerwartet gestört wurden...
Quarto überflog die dürren Zeilen. Dann nickte er kurz, woraufhin der zweite Sklave den Wachs auf das Dokument träufelte.
Er drückte seinen Siegelring hinein, wartete kurz und übergab Proximus die Urkunde. Die Sklaven winkte er fort.
“Hier. Damit bist du der neue Eigentümer des Grundstücks, über das wir vorhin gesprochen haben.“
“Wenn das je bekannt wird, dann wird man auf ewig über mich lachen.“, brummte Quarto.
Doch dann besann er sich.
“Ja, ich weiß was ihr sagen wollt. Das die Lage ernst und bedrohlich ist und das sie besondere Schliche erfordert. Ja, ja, ich weiß. Also gut. Einverstanden.“
Der alte Mann seufze.
“Als Entrechteter soll ich mich aus der Stadt schleichen? Das ist erniedrigend!“
Quarto nickte. 'Verräter' – als solchen würden ihn seine Feinde hier in Rom gewiss bezeichnen.
“Meine Feinde werden meinen Namen besudeln und mich mit der schlimmsten Verachtung strafen, dass weiß ich. Doch ich zähle darauf, dass meine Freunde es besser wissen, es nicht vergessen und an meiner Seite stehen, wenn ich ihrer Freundschaft bedarf.“
Es folgte eine kurze Pause.
“Nun gut... ich hoffe, wir werden uns alle wiedersehen, wohl behalten und in der Gewissheit, dass die Dinge einen guten Verlauf nehmen.“
Er erhob sich, als Zeichen, dass alles besprochen und die Zeit des Abschieds gekommen war.
Quarto nickte und raunte: “Ich werde meinerseits einen verschwiegenen Schreiber damit beauftragen einen entsprechenden Vertrag aufzusetzen.“
Quarto wusste noch, was der dritte Absatz des Paragraphen 16 von einem angehenden Senator verlangte, auch wenn seine eigene Standeserhebung lange zurück lag. Zwar war es ein wenig paradox, dass sich Proximus in dieser Situation über solche Dinge Gedanken machte. Aber Quarto erkannte, dass er es tun musste, wollte er bis auf weiteres den Anschein eines gegenüber Salinator ergebenen Kandidaten erwecken. Außerdem hätte er seinem Klienten in normalen Zeiten auch geholfen. Also nickte er und antwortete ebenso leise:
“Ja, ich werde dir dabei helfen. Ich habe da noch achtzehn heredia [ca. 9 ha] Brache in der Nähe von Misenum. Die kann ich dir überschreiben. Ich gebe zu, dass Land ist trocken und taugt nicht viel, aber es dürfte für deine Zwecke genügen, oder? Nur musst du hoffen, dass sich niemand dafür interessiert, von wem und wie du es erworben hast.“
Er lächelte beinahe verschmitzt.
“Aber ganz umsonst gebe ich es dir nicht.“
Ja, ja, bei aller Fürsorgepflicht, die ein Patron wie Quarto seinen Klienten gegenüber empfand, trennte er sich dann doch nicht so ganz ohne Gegenleistung von seinem Besitz.
“Mmh...“, machte Quarto. An den Gedanken, sich in Verkleidung aus der Stadt stehlen zu sollen, musste er sich zunächst gewöhnen.
“Aber die Via Flaminia führt direkt an der Castra Urbana gegenüber der Ara Pacis vorbei. Könnte das ein Problem sein?“
Diese Frage galt Valerian, ebenso die zweite: “Und könntest du uns so ein Fuhrwerk beschaffen?“
Quarto quittierte es mit einem knappen Nicken.
Auf Proximus' letzte Frage wusste er eine einfache Antwort: “Ich hoffe, wir werden in der Castra der I. Legion eine Unterkunft finden.“
“Ich hatte gehofft, dass du es tust.“, antwortete Quarto zufrieden, wobei er in Wahrheit auch nichts anderes angenommen hatte.
“Und du wirst auch mitkommen, mein Sohn. Ich will dich an meiner Seite wissen und hier in Rom kannst du ohnehin nicht bleiben. Denn der Mörder wird auch nach deinem Blut trachten.“
Wie aus der Stadt heraus zu kommen war, das wusste Quarto zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht. Er konnte ja nicht ahnen, dass sich ihm sehr bald eine Gelegenheit in Person des Urbaner-Centurius Quintilius Valerian bieten sollte. Allerdings wollte er seine Ratlosigkeit in dieser Frage auch nicht offen eingestehen und deshalb sagte er nur:
“Es wird sich sicherlich eine Möglichkeit finden lassen, an den Posten vorbei aus der Stadt heraus zu gelangen. Rom ist zu groß, um es gänzlich abriegeln zu können.“
Dann hörte er sich Centhos Bitte hinsichtlich seines Verwandten an.
“Titus Iulius Italicus? Mmh, ich kenne ihn wohl noch nicht. Aber wenn du ihn mir empfehlen kannst, dann will ich ihn gerne unter meinen Klienten aufnehmen.“