Niemand schien sich um meine Frage bezüglich der weiteren Fortbewegung zu kümmern. Sollte ich nun aussteigen oder nicht? Die Langweile wuchs, während ich müßig im Sänfteninnern saß und die vorbei schleichenden Bäume zählte. Als ich bei dreihundert angelangt war, klopfte ich energisch an das Holz. Sofort blieben die Träger stehen.
„Ich steige jetzt aus, das wird mit zu langweilig und zu warm dort drinnen“, legte ich fest und erstickte jedweden Widerspruch meiner Begleiter im Keim, zumindest hoffte ich das. Ich zog mir die Palla heran, stützte mich mit der Hand am Rahmen ab und setzte vorsichtig einen Fuß auf den Waldboden. Man konnte ja nie wissen, womöglich war er matschig wie der bei der Herreise. Der Test fiel jedoch gut aus, das Moospolster gab zwar nach, aber es war kaum mit Wasser durchdrängt.
„Na bitte, wer sagt es denn?“ Ich grinste Assindius an, der bislang still geblieben war, winkte den Tragsklaven, damit sie in gewissem Abstand folgten, und schritt mutig aus. „Kein Lied, ich möchte die Natur genießen“, wies ich Aintzane und Assindius an. Allerdings blieb der Genuss auf die Ohren beschränkt, denn mit den Augen suchte ich annehmbare Trittstellen für meine feinen Ledersandalen. Einem großen Schritt folgten mehrere kleine, bis ich erneut einen Satz machen musste. Diese Art der Fortbewegung ermüdete schnell, wie ich bald darauf feststellte, aber der Stolz gebot, dies keinem zu erkennen zu geben.
„Soso, ein Kastell“, wiederholte ich Lokis Erklärung. „Die Nähe von Soldaten muss ich aber nicht unbedingt haben. Bleiben wir lieber abseits dieser Männerlager, in denen doch nur herumgeschrieen wird.“
Nachdem wir eine mir endlos erscheinende Zeit durch dichten Wald gegangen waren, tat sich das Dickicht auf und gab den Blick auf eine Wiese frei, deren frisches Gras wie ein nichtirdischer Farbtupfer inmitten dunklen Nadelwaldes wirkte.
„Ah, schaut nur. Die Götter haben auch Germanien mit Schönheit bedacht“, rief ich aus. Fügte aber in Gedanken hinzu, dass sie sich in ihrer Freigiebigkeit, was die Anzahl solcher Plätze betraf, reichlich zurückgehalten hatten. „Hier möchte ich ras….“ Das Wort blieb mir im Halse stecken, als in meinem Augenwinkel plötzlich ein massiver dunkler Fleck auftauchte, zu meinen Füßen kurz verhielt und unvermittelt auf einen gegenüber liegenden Busch zueilte.
„Da, das …“ Mit dem ausgestreckten Arm tippte ich mehrfach in Richtung des Busches, während die Augen abwechselnd das Gewächs und Assindius anstaunten. Ich schluckte zunächst, bevor ich weitere Versuche unternahm, mich mit meinen Begleitern zu verständigen.
„Da war was, ich hab’s gesehen“, formten meine Lippen lautlos und ich hoffte inständig, mein Sklave würde mich verstehen. Dass es unser Begleiter und Führer konnte, schloss ich aus, denn er war in Latein offensichtlich nicht sehr geübt.
„Aintzane, geh du doch mal nachschauen“, forderte ich meine Sklavin auf, deren Äußeres von allen am lieblichsten aussah und einen eventuellen Gott oder Geist vermutlich nicht erschrecken würde.