Beiträge von Claudia Aureliana Deandra

    Nachdem ich Cadior den Brief übergeben und in der Stadtverwaltung von Ostia nach dem Rechten gesehen hatte, begab ich mich zur Villa Pellacia. Mir war völlig unklar, wie ich alles nötige in nunmehr nur noch zweieinhalb Wochen schaffen sollte. Vor lauter Aufgaben und Verpflichtungen kam ich kaum noch zum Nachdenken – weder über Cadiors Unfall noch über Mias Schicksal und nicht einmal über Sophus und das vor allem sollte schon was heißen.


    Sicher, ich dachte an ihn, sogar täglich, aber die mir anhängenden Verpflichtungen ließen mir nicht die Zeit, mich wie früher in mein Schwimmbad zurückzuziehen und meinen Gedanken und Wünschen nachzuhängen. Die nächsten Wochen würden vermutlich noch turbulenter werden. Erst in Mantua würde ich zur Ruhe kommen – hoffte ich zumindest.


    Auch in Ostia gönnte ich mir nicht die Ruhe für einen ausgiebigen Entspannungstag. Ich scheute die Sklaven durch die Villa und ließ mir meine Sachen für die erneute Umsiedlung von Pferden aus meinem Gestüt zurechtpacken. Die georderten Helfen schickte ich derweil in die Gestütsanlage. Sie sollten die bereits zusammengestellte Herde übernehmen und mir ein Reitpferd mitbringen. Schneller als geplant warteten sie auch bereits vor der Villa.


    ‚Hoffentlich kommt nicht ausgerechnet jetzt Falco in die Stadtverwaltung, um mich zu sprechen’, dachte ich noch bei mir, als ich vor die Tür trat.



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    Ich nahm die Zügel des Rappen und warf sie ihm über den Kopf. Auf ein Kommando hin knickte der Hengst vorn ein, ich raffte meine Tunika und schwang mich auf den Rücken. Nach hinten gebeugt erleichterte ich dem Hengst das Aufstehen. Voller Tatendrang schüttelte der Hengst seinen Kopf als ich ihn noch zurückhielt. Im Gegensatz zu mir war er ausgeruht und wollte davonsprengen.


    "Wir nehmen den gleichen Weg, aber Vorsicht, in dieser Herde sind viele Jährlinge und Zweijährige. Wenn eines ausbricht, dann erwarte ich von euch, dass ihr euch absprecht und nicht alle auf einmal hinterher reitet. Die Sicherheit und Ordnung der Herde muss zu jedem Zeitpunkt gewährleistet bleiben, sonst bricht das absolute Chaos aus. Habt ihr das verstanden?"


    Ungewohnt streng klangen meine Worte, aber das musste sein. Allzu viel Zutrauen hatte ich nicht zu manchem dieser angeheuerten Helfer.

    "Sie hat, wobei ich sie nicht sonderlich ernst genommen habe."


    Bei dem Gekicher konnte man das auch nicht ernsthaft erwarten. Ich sah meine Briefe weiter durch, da fiel mir eine Nachricht aus Rom in die Hände. Die Vigilesstation in Ostia schien bewilligt zu sein. Das bedeutet, ich würde mich um die Einweihung kümmern müssen. Dazu noch mein Treffpunkt, der eigene Umzug nach Mantua, die geplante Straßenausbesserung ...


    Geschafft bließ ich Luft aus. Ein Stadtfest würde ich nun definitiv nicht mehr planen. So viel stand fest.

    "Du kannst meine Kutsche nehmen. Ich selbst werde noch nach Ostia reisen und mit weiten Pferden des Gestüts nachkommen.“


    Besorgt beobachtete ich die ersten Schritte von Cadior. Ob es wohl richtig war, dass er so zeitig sein Krankenlager verließ? Ich dankte Kassandra, versprach ihr eine kleine Spende und folgte Cadior.
    Bei der Kutsche angelangt, mahnte ich den Lenker besonders vorsichtig zu fahren. Durchaus besorgt sah ich dem Reisegefährt bei seiner Abfahrt hinterher.


    Anschließend machte ich mich auf den Weg nach Ostia. Zeit zum Ausruhen würde ich wohl die nächsten Wochen nicht mehr haben.

    „Der Legat Spurius Purgitius Macer erwartet dich am ANTE DIEM IV KAL MAI DCCCLV A.U.C. zu dem von dir vorgeschlagenen Gespräch in der Principia des Legionslagers.“


    Ich überreichte Cadior den Brief und fragte mich, wie er entscheiden würde

    Als wir die Stadtmauern von Rom passierten, rief ich dem Fahrer zu, er solle mich sofort Richtung Isla Tiberus bringen. Vermutlich konnte ich mich dort auch gleich auf ein Krankenbett legen, die Fahrt war wieder einmal grauenhaft gewesen.


    Ich hielt mir meinen Bauch, als ich endlich aussteigen konnte. Nie wieder, schwor ich mir und wusste im gleichen Moment, dass ich noch einmal mindestens eine solche Fahrt hinter mich bringen musste.

    Ich stürmte trotz des flauen Gefühls in der Magengegend von der entsetzlichen Kutschfahrt über Italiens Landstraßen in die Einrichtung und auf Cadior zu.


    "Du hast ein Problem", begann ich ohne Umschweife. Etwas verwundert stellte ich fest, dass Cadior ziemlich nass war.


    „Wieso bist du so nass?“, fragte ich auch sofort.

    Nachdem ich gebadet und frisch eingekleidet war, ließ ich mir von Samira noch die Haare neu legen. Schnell schob ich mir zwischendurch ein paar leckere Bissen in den Mund, dann standen auch schon die Kutschen vor der Villa zur Abreise bereit.


    Beim Gehen warf ich einen wehmütigen Blick auf die Villa. Ich hätte mir so gerne die Zeit genommen, sie genauer anzuschauen. Leider musste ich dringend nach Rom zurück.

    Nicht einmal zwei Stunden Ruhe gönnte ich mir in Mantua. Der Brief an Cadior machte einen längeren Aufenthalt unmöglich. Mit gemischten Gefühlen bestieg ich die Kutsche. Ich hasste förmlich diese Art von Gefährt. Sicher würde mir wieder schlecht werden.


    Ein letzter Blick noch auf das neue Anwesen, es war um einiges größer als meine Villa in Ostia, dann ruckte die Kutsche unsanft an. Offenbar verfügte der Kutscher auch nicht gerade über eine feine Leinenführung bei den Pferden. Meine „Begeisterung“ kannte keine Grenzen.

    Nach der langen und beschwerlichen Reise gönnte ich mir erst einmal ein Bad. Bald schon würde ich wieder aufbrechen müssen, doch jetzt wollte ich entspannen. Ich löste die Bänder meiner Tunika, ließ den feinen Stoff achtlos zu Boden fallen und stieg in das mit Duftölen durchsetzte Wasser.
    Eine Schale mit Früchten stand bereit. Ich schloss die Augen, griff hinein und versuchte zu erraten, welche Beere oder Frucht ich gerade per Zufall gewählt hatte. Ein nettes Spiel, ich genoss es.


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    "Hmhm. Gut, aber das muss warten. Geh und bereite mir ein Bad vor. Ich muss mich unbedingt erfrischen, wenn ich schon ohne Erholungspause gleich wieder abreisen muss. Dann brauche ich noch mehrere Kutschen - eine für mich und zwei weitere für die Helfer, die ebenfalls ihre Reitpferde gleich hier lassen. Dazu brauche ich noch Verpflegung und ein paar neue Sachen."


    Ich war durchaus wenig begeistert und die nächsten Wochen würde das wohl auch nicht besser werden. Erst nach meinem vollständigen Umzug und nach Abgabe des Magistratsposten in Ostia würde ich wieder aufatmen können. Ich sehnte förmlich diese Zeit herbei.

    Ich nahm den Brief entgegen, rollte das Pergament auf und las.


    An
    Tiberius Corvius Cadior


    Salve,


    zu dem von Dir vorgeschlagenen Gespräch erwarte ich Dich am ANTE DIEM IV KAL MAI DCCCLV A.U.C. (28.4.2005/102 n.Chr.) in der Principia des Legionslagers.


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    "Ach, du meine Güte! Cadior liegt auf dem Krankenlager in Rom. Was mache ich denn jetzt? Auf jeden Fall muss ich sofort wieder abreisen, um ihn diesen Brief zu bringen. Dabei habe ich gedacht, ich könnte mich hier erst mal ausruhen."


    Ein großer Seufzer rutschte mir heraus.


    "War sonst noch was?"

    Eines der Gebäude war bereits komplett fertig gestellt. Zum Glück, denn in der Herde befanden sich ein paar Stuten, deren Fohlen bereits in den nächsten Tagen erwartet wurden. Cadior fehlte mir auch hier an allen Ecken und Enden. Hoffentlich erwiesen sich die neuen Pfleger als zuverlässig und hoffentlich kamen die Versierten auch ohne Anleitung zurecht.


    Besagte Stuten wurden sogleich in die Ständer gebracht und mit gutem Futter versorgt.


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    Die Strecke von Ostia nach Mantua erschien mir ewig lang zu sein. Ich war es nicht gewöhnt, derartig lange im Sattel zu sitzen. Nach vielen Zwischenstopps, zur Erholung von Mensch und Tier, kamen wir endlich in Mantua an. Die Koppeln waren schon vorbeireitet und die Stutenherde sprengte übermütig auf die Weide. Offenbar waren die Tiere weniger erschöpft als ich.


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    Müde rutschte ich von meinem Hengst und übergab ihn einem Sklaven. Die Hengste wurden separat gehalten, sein Auslauf war ebenfalls schon vorbereitet. Nachdem ich den Anblick der Stuten noch eine Weile genossen hatte, ging ich zu den im Bau befindlichen Stallungen.

    Vielleicht hatten wir nur Glück, vielleicht lag es auch daran, dass die hoch tragenden Stuten wenig Interesse zeigten, eigene Wege zu gehen. Wir kamen gut voran und nach einigen Zwischenstopps lang der größte Teil der Strecke bereits hinter uns. Die Helfer säumten die Flanke der Stutenherde und lenkten mittels Peitschen die Leittiere in die gewünschte Richtung. Mit den Hengsten würden wir weniger leichtes Spiel haben. Sie mussten schon aus Sicherheitsgründen nach Mantua geritten werden.


    Aus diesem Grund würden meine Helfer und ich die Heimreise nach Ostia auch per Kutsche antreten müssen. Der Gedanke verursachte schon jetzt in mir ein leicht übles Gefühl in der Magengegend. Ich erinnerte mich noch sehr gut an meine erste Fahrt in einem solchen Gefährt. Nur knapp entging ich damals einer völligen Entleerung meines Mageninhaltes.

    Der geplante Umzug des Gestütes Aurelia von Ostia nach Mantua konnte nur schrittweise erfolgen. Zu viele Tiere wollten umgesetzt sein und auch die Bauarbeiten zu den neuen Stallungen machten trotz der fieberhaften Tätigkeit der Arbeiter nur begrenzt Fortschritte. Glücklicherweise stand der Sommer vor der Tür. Die Pferde konnten bei dieser Witterung auch Tag und Nacht draußen bleiben. Nur für die Stuten mit ihren Fohlen mussten die Ställe bezugsfertig sein.


    Um den Fohlen den langen Weg nach Mantua zu ersparen, wurden heute sämtliche tragenden Stuten auf den Weg nach Mantua gebracht. Etwa zehn Helfer standen bereit, die Stutenherde zu begleiten.


    Da Cadior durch seinen Unfall ausgefallen war, blieb mir nichts anderes übrig, als mich selbst mit der Herde auf den Weg nach Mantua zu machen. Außer ihm gab es einfach niemand, dem ich die wertvollen Tiere anvertraut hätte. Nicht mal Mia, die ebenfalls helfen sollte, stand mir zur Verfügung.



    Seufzend ließ ich mir meinen Hengst bringen.


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    Ich musste doch jetzt tatsächlich in aller Öffentlichkeit auf den Pferderücken steigen. Reichlich unschicklich für eine Patrizierin, aber egal, die Pferde waren mir wichtig und als Züchterin und Rennstallbesitzerin sollte der Anblick nicht allzu ungewöhnlich auf andere wirken.


    Ich ließ meinen Hengst vorn einknicken, damit ich mich ohne große Mühe auf seinen Rücken schwingen konnte. Die Zügel hielt ich in der einen Hand, mit der anderen führte ich meine tragende Lieblingsstute. Sie sollte mich als Handpferd begleiten und nicht wie die anderen freilaufend in der Herde. Sklaven machten die Tore der Weideumzäunung auf und trieben die Stutenherde auf die Landstraße.


    „Die Herde muss zusammenbleiben“, rief ich den Helfern zu. „Passt auf, dass keines der Tiere aus dem Verband ausbricht. Und jetzt los, westlich an Rom vorbei und dann weiter Richtung Nordwesten.“

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    Aurelia – Gestüt und Hengststation


    Ein Zuchtbetrieb mit Visionen




    Im Asil Club Aurelia werden die besten Stutenbestände von Rom mit dem Blut ägyptischer Vollblutpferden veredelt. Dadurch gewinnen sie an Ausdauer und Gesundheit bei gleichzeitiger Genügsamkeit. Als nicht unerwünschter Nebeneffekt stellt sich die äußerliche Aufwertung unserer ohnehin edlen Tier durch die unübertroffene Schönheit der ägyptischen Hengste ein. Kein Pferd Roms wird je den Rössern des Gestüts Aurelia an Schönheit gleichen, keines wird je anspruchsloser sein und dabei unübertroffene Ausdauer in Kriegseinsätzen, sowie größte Schnelligkeit bei Wagenrennen zeigen.




    "Gut, das will ich mir merken. Nicht Reiten, gerade Laufen und alle drei Tage die Binden erneuern lassen. Ich werde streng darauf achten.


    Meine Pflichten rufen mich nun wieder nach Ostia. Ich habe noch so vieles bis zum Ende meiner Amtszeit zu regeln. Hinzu kommt mein eigener Umzug. Ich kann unmöglich hier noch länger verweilen."


    Ich verabschiedete mich von Kassandra und ging noch einmal zu Cadior.


    "Ich möchte, dass du mir Bescheid gibst, wenn du diese Stätte verlässt, um nach Mantua zu reisen. Den Umzug plane ich nun allein. Ich nehme keinerlei Hilfe von dir an, nur um das schon mal klarzustellen. Achte auf deine Gesundheit und handele wenigstens einmal in deinem Leben vernünftig."


    Ich verabschiedete mich und verließ die Einrichtung.

    Deandra nicht minder erwartungsvoll, hoffend, dass kein Schwächeanfall die Mitglieder in ein erneutes Koma fallen ließe.


    Doch für diesen Fall hatte ich heute vorgesorgt. Eine große eiserne Glocke lag auf meinem Schoß und in der Hand hielt ich einen eisernen Schlegel. Sobald hier jemand wegnicken würde, bekäme er den Klang dieses handwerklichen Meisterstückes zu hören. Für den absoluten Notfall behielt ich mir vor, den Schlegel zweckentfremdet zu benutzen. :D


    „Die Verbindungsstraße zwischen Rom und Ostia ist ebenso reparaturbedürftig wie diverse Straßen rund um den Markt. Zwar bin ich Laie, aber ich nehme an, dass angefangen vom Unterbau alles erneuert werden müsste und ich habe keine Ahnung wo sich in der Nähe von Ostia ein Steinbruch befindet. Mit Sicherheit kann das alte Material nur noch als Fundament dienen und für die Pflasterung sind neue Steine vonnöten.“