Jahreszeitenwechsel: Aus der feuchten Erde traten Dunstwolken hervor, Tau tropfte von den Blättern und vorwitzige Lichtstrahlen suchten einen Weg, unter das dichte Blätterdach einer Baumgruppe zu finden. Ein von den Anstrengungen erhitzter Körper krampfte sich in immer kürzer werdenden Abständen zusammen. Kaum hörbares, gepresstes Atmen drang über die samtigen Lippen jener Ricke, als sie in einem letzten angestrengten Akt, einem Kälbchen das Leben schenkte. Selbst noch geschwächt, zittrig in den Gliedern, wandte sie sofort ihren Kopf und begann Haut und Schleim von dem zarten Wesen zu schlecken. Mit sanftem Stupsen forderte sie Atmung und Überlebenswille des Kleinen.
Wolken hetzten am Himmel dahin, Tageslicht wurde von Dunkelheit abgelöst, aus Knospen wurden Blätter, das eisige Wasser erwärmte sich.
Da stand sie wieder, die Rehkuh. Sie zupfte saftige Blätter und kaute anschließend bedächtig das frisch gesprossene Gras. In ihrem Rücken das Kitz – bereits sicher auf den Beinen und mit allerhand Unsinn im Kopf. Ein friedlicher Anblick, doch was beide nicht wussten: Längst hatte ein Bär das junge Leben als Mahlzeit ins Auge gefasst. Gäbe es Wind an diesem Ort, hätte die Ricke den auf leisen Sohlen schleichenden Feind bemerkt. So aber graste sie bis zu jenem Moment, als der Angreifer mittels kurzem Spurt aus den Bäumen brach, das Kalb in ihrem Rücken anvisierte und sprang.
Erschrocken brach die Ricke zur Seite aus, aber ihr Kitz besaß noch nicht jene lebensnotwendige Schnelligkeit. Hilfloses Entsetzen sprang aus ihren Augen, als mächtige Krallen nach ihrem Kälbchen griffen, es rissen und gelbe Zähle in den schlanken Hals eindrangen.