Ohne Zweifel – es war eine anspruchsvolle Konversation, die vor mir lag und so setzte ich mich bequem zurecht, da die Unterhaltung sicher etwas länger dauern würde.
„Zunächst ein paar Worte zu deinen letzten Bemerkungen. Inhaltlich bin ich fast immer mit dir konform gegangen, aber oft hat mich die Art, wie du deine unzweifelhaft richtigen Ansichten bekannt machen und durchsetzen wolltest, abgestoßen. Ich stimme dir zu, dass die Entwicklung des Staates nicht nur meine ureigenen Auffassungen über die ewige Stadt mit den Füßen tritt, sondern vor allem – wie du bereits sagst – das göttliche Althergebrachte unserer Ahnen. Doch habe ich durchaus die Hoffnung, dass im Elysium bekannt ist, wer sich mit diesem System arrangiert und wer es angeprangert hat. Seit ich Einblicke in Regierung und Politik erhalten habe, setze ich mich vehement für eine traditionellere Lebensweise und Staatführung ein. Erfolge sehe ich keine – gar keine, wohl aber Verluste an Mitstreitern, was mich traurig stimmt.“
Noch vor einem Jahr war ich voller Hoffnung, aber die Entscheidungen des Kaisers, an den ich trotz allem noch bis vor einer Woche geglaubt hatte, machten sie zunichte. Eine Frau als Consul – das stellte doch nun alles auf den Kopf. Statt dem Treiben Einhalt zu gebieten, setzte er dem Wahnsinn noch einen oben drauf. Es gab nichts mehr, woran ich glauben konnte. Einzig meine Familie gab mir Halt.
„Was jetzt Curio betrifft, unterliegst du einem Irrtum, wenn du annimmst, er wäre mit Flavia befreundet gewesen – im Gegenteil. Seine Abneigung ihr gegenüber war ein Bindeglied zwischen mir und ihm gewesen. Ich denke, es war weit über die Stadtgrenzen bekannt, welche Position ich dieser Messalina gegenüber eingenommen habe.“
Ich schmunzelte.
„Meine Position dem Tiberius Vibullius gegenüber ist vielleicht nur einzelnen bekannt und ich weiß nicht, ob du zu jenen gehörst. Um die Vorgänge in Ostia wissen allerdings mehrere einschließlich mir Bescheid, ich habe derzeit in Ostia gelebt und Aurelius Antoninus ist mein Bruder ... gewesen. Meine gesamte Familie ist konservativ eingestellt. Leider hat auch Antoninus nicht den klügeren Weg für seine richtigen Überzeugungen gefunden und ist über den Styx gegangen. Ich wünschte, wir hätten nicht so hohe Verluste.“
Kurzzeitig wanderten meine Gedanken zurück. Es war so unglaublich viel im letzten Jahr passiert. Schließlich blickte ich den Aelier wieder an.
„Zurück zu Curio – er hat sich in unzähligen Gesprächen mit Senatoren aufgerieben. Sein Bestreben galt einem Senat, in dem keine Frau sitzt. Unserer Sprache kennt ja auch nur männliche Senatoren.“
Ich zwinkerte Hadrianus zu.
„Vor allem an zwei Senatoren ist sein Vorstoß gescheitert. Sie besitzen so viel Macht, dass ich mich mitunter frage, wer eigentlich das Reich regiert. Kannst du dir denken welche?“