„Ich erinnere dich an Caesar?“ Überrascht schaute ich meinen Onkel an. „Das ist ehrenvoll, wenn ich an seine Fähigkeiten denke, aber durchaus wenig schmeichelhaft, weil er ja ein Mann ist.“
Ich versteckte mein lachendes Gesicht und bemühte mich, geräuschlos zu bleiben, bis Titus das Thema wechselte.
„Ich hüte meine Zunge überall, aber mit Ausnahme bei den Menschen – es mögen nicht viele, sondern auserwählte sein, denen ich bedingungslos vertrauen kann. Das ist eine Angebot und eine Auszeichnung für dich gleichermaßen.“
Diesmal zeigte ich das Lächeln auf meinem Gesicht. Gespannt folgte ich anschließend dem Bild, das er malte. Dabei blickte ich ihn nicht an, sondern versuchte mir seine Skizierung vorzustellen. Als er geendet hatte, versuchte ich meine Gedanken in Worte zu fassen.
„Ich kann alles nachvollziehen, was du gesagt hast. Regen bringt Fruchtbarkeit, er ist für jedes Geschöpf, jede Pflanze wichtig. Er kann niederprasseln oder als feiner Sprühregen fallen. Je nach der Laune des Windes fällt der Regen mal gerade, mal schräg oder wechselt die Richtung. Mir kommt zusätzlich der Gedanke, dass viele Menschen depressiv auf Regenwetter reagieren. Kannst du dieses Phänomen ebenfalls auf deine Person, die du mit dem Regen verglichen hast, beziehen?“
Sehr gespannt wartete ich auf die Antwort.
„Auf jeden Fall beeinflusst mich weder Regen noch Sonnenschein in meiner Stimmung. Ich fühle mich fast durchgängig heiter und einzuschätzen bin ich ebenfalls leicht. Du nicht, sagst du zumindest …“ Meine Stirn kräuselte sich, so unberechenbar kam mir mein Onkel gar nicht vor, wenngleich ich mit dem Geldbeutel nun gar nicht gerechnet hatte. „Das ist lieb von dir! Ach, wenn wir doch schon einen guten Lenker in Aussicht hätten.“ Ich seufzte vernehmlich. „Darf ich dich in dieser Angelegenheit bitten, unser Anliegen bei den Verantwortlichen der Praesina noch einmal in Erinnerung zu rufen? Bitte, Onkel! Du bist im Verhandeln bestimmt erfolgreicher als ich.“
Um ihn zu überzeugen und als Dankeschön für das Geld, stand ich flugs auf, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und setzte mich wieder.
„Und um noch einmal auf das vorherige Thema zu kommen … Der Unberechenbare ist interessant“, sagte ich schmunzelnd, „aber es muss im Rahmen bleiben. Nähert sich dieses Verhalten dem Wankelmut, verliert derjenige seine Vertrauenswürdigkeit. Einen berechenbaren Menschen, der beständig in seinem Handeln ist, finde ich nicht zwangsläufig manipulierbar.“ Ich sann kurz nach. „Nein, im Grunde überhaupt nicht. Nach meiner Ansicht ist die Festigkeit des Charakters das Ausschlaggebende. Wieso bist du der Überzeugung, dass ein beständiger Mensch manipulierbar ist?“