Zitat
Original von Aurelia Verina
"Ich zweifle deine Worte nicht an. Sicher verstehst du aber, wenn ich mir, bevor ich eine Entscheidung treffe, auch die Ansicht meines Bruders anhören werde."
[...]
"Auf eine Äußerung von Sophus würde ich ungern verzichten. Ich frage schließlich auch meinen Bruder und würde die Aussagen gern miteinander abgleichen."
Sogleich wandte ich mich Verina zu. Ich nickte verständnisvoll zu ihren Worten.
„Es ist dein gutes Recht, beide Seiten zu hören. Mach das ruhig. Ich befürworte diesen Schritt sogar, denn es wird an dem von mir aufgezeigten Bild nichts ändern. Diesbezüglich ist es auch absolut nicht notwendig, dass du Sophus direkt sprichst. Die Vorgänge wurden von Schreibern aufgezeichnet bzw. mir liegen die Briefe vor. Warte, ich hole dir die Dokumente.“
Diesen Weg wollte ich selbst machen. Erstens war es mir ein Bedürfnis und zweitens wussten die Sklaven nicht, an welcher Stelle in unserem Schreibzimmer die Dokumente verwahrt waren. Mit einem Bündel Wachstafeln und einigen Papyrusrollen kehrte ich zurück. Ich nahm unmittelbar neben Verina Platz und reichte ihr das erste Dokument.
"Lies einfach. Und gern kann sich das auch jeder andere hier anschauen.
Das sind Aufzeichnungen von einem Treffen, das trotz der bereits erfolgten Machtteilung harmonisch begann, dann aber durch mir zu Ohren gekommene hinterhältige Handlungen von Seiten Commodus’ jäh gekippt ist.
Ursprünglich durfte er nur die Patria Potestas über ein Mitglied der Aurelia haben. Sein Vergehen bestand weniger in der Tatsache, dass er nun der halben Gens vorsteht, sonder dass er – obwohl Sophus in nur deswegen emanzipiert hat, weil er politisch neutral bleiben wollte – dies den ihm anvertrauten Mitgliedern ebenfalls aufzwingen wollte, die ihm ja noch nicht einmal zustanden. Beim Wechsel meines Bruders Regulus, der in die politisch aktive Familie Sophus’ übertrat, kam nicht nur Commodus Machtgier zutage, sondern er trat außerdem der Veneta bei, was ebenfalls ein Bruch der Absprachen bei der erfolgten Teilung bedeutete.
Ach ja, hier könnt ihr außerdem Commodus einmal eindrucksvoll in Aktion erleben.“
Ein zweites Dokument hielt ich in den Händen.
"Von nun an gab es nur noch Briefkontakt zwischen den Familien. Hier ist Sophus' Schreiben, in dem er Commodus zur Einhaltung der vereinbarten Regelung innerhalb der Gens aufforderte."
Ein nächster Brief lag als Abschrift in meinen Händen.
"Ehemalige Familienmitglieder, über die Commodus verfügte, haben sich wie ich für eine Vereinigung der gespaltenen Gens eingesetzt. Verus gehörte dazu. Hier sein Brief.
Das nächste Dokument, was mir vorliegt, ist Commodus' Antwort auf Sophus' Brief.
Dieses Antwortschreiben, was Sophus noch verfasst hat, ist das letzte. Seither wurde weder ein Wort gewechselt noch gab es etwas zu sagen. Ich für meinen Fall, werde die Handlungsweise des Commodus' nie verzeihen, im Gegenteil - ich werde dagegen vorgehen, bis aus Unrecht wieder Recht geworden ist. Ich möchte irgendwann erleben, dass er zur Verantwortung gezogen werden kann. Die aktuellen Gesetze erlauben das nicht. Ich hoffe darauf, dass sie sich bald ändern. Erleben würde ich auch gern, dass die Gens wieder zueinander findet und Commodus' giftige Saat nicht weiter aufgeht", fügte ich leise an.
Eine kurze Pause folgte, bevor ich noch eine Erklärung abgab.
"Commodus wirft mir eine "Schuld" an seiner Handlungsweise vor. Ich möchte erklären, worin meine "Schuld" bestand. Ich war naiv genug zu glauben, dass es gleichgültig war, wo ein Familienmitglied stand, ob bei Soph oder bei Commodus. Ich half meinem Bruder Regulus auf dessen Wunsch in eine Partei, die ihm bei der geplante politische Karriere unterstützen würde. Commodus war und wollte ja politisch neutral bleiben. Tja, keine von ihm geäußerte Zusage hat er je eingehalten. Die Ironie an der ganzen Geschichte ist die, dass er nie Pater familias geworden wäre, wenn bekannt gewesen wäre, dass er Mitglieder der Aurelia in eine andere Partei als die der Hauptgens führt"