Beiträge von Marcus Valerius Mercurinus

    Bereits am Boden, keuchend und schnaufend wie ein altes Walross, die Linke in die Tunika über seinem Herzen gekrallt, starrte der zugegebenermaßen etwas beleibtere Scipio hinauf zu Stella. Ein paarmal schnappte er nach Luft, Tür stand offen, papperlappap, Afer hatte sie geschlossen, wie er es immer tat, wenn er jemanden vorbei brachte, und überhaupt, frech, frech war die Jugend, immer machten sie alles nur noch schlimmer als es ohnehin schon war, das Alter merkte man dann umso mehr... "...'ft... L..ft...." röchelte Scipio und versuchte aberwitzigerweise mit der freien Hand nach Varus zu greifen - selbst jetzt schien ihm die Frau an seiner Seite unmöglich. Verlobte, pah, wenn er hätte lachen können, hätte er es getan. Nichts war eingetragen, damit war auch nichts rechtskräftig, und sie allein war schuld daran, dass er nicht atmen konnte....


    ....allmählich ging das Rot ins Bläuliche über. Scipio dachte an die fesche Jocasta und seine Frau. Jahrelang hatte er es nicht übers Herz bringen können, ihr davon zu erzählen. Und jetzt... Wenn er nur noch ein paar Minuten hätte! Alles um ihn herum wurde so klebrig, dunkel, schwarzgemasert... Scipio schnaufte. "Luf'..."

    "Komm dann am besten wieder direkt zu mir", bestätigte der Beamte mit dem allzu weichen Herz. Im Übrigen ärgerte er sich bereits wieder darüber, so schnell zugesagt zu haben. Und noch mehr ärgerte er sich, als eine gewisse junge Frau ganz plötzlich mitten in seinem Büro stand - ohne anzuklopfen! Eine steile Falte erwuchs auf seinem Gesicht, und am liebsten hätte er jetzt doch wieder auf diesen ominösen Furius Helios verwiesen, nur damit der jungen Dame eine Lehre erteilt wurde. Einfach reinzupoltern ohne anzuklopfen, ja wo gab es denn sowas! Er hätte schließlich auch gerade mit der feschen Jocasta aus dem Nebenzimmer...


    "Ja, wahrhaftig gibt es die", entgegnete der Beamte nun unfreundlich. Wenn er eines nicht mochte, so war das die Missachtung seines Hohheitsgebietes. Und wenn das schon nicht zu Hause war, sondern hier, dann sollte gefälligst auch kein Weib ungeladen einen Fuß hier hineinsetzen und ihn so mir nichts, dir nichts von der Seite her ansprechen. Scipio stand auf. Sein unbequemer Stuhl scharrte über den blank gewienerten Boden. "Ich weiß zwar nicht, woher du kommst, aber dort müssen ziemlich schlechte Sitten herrschen, mein Fräulein, wenn man unaufgefordert ein Büro betritt und nicht einmal die Güte hat, sich vorzustellen. Gut, das mag nicht nötig sein, ich sehe ja, was....dass dich etwas mit Annaeus Varus verbindet. Aber das hier ist mein Büro, meins ganz allein, und wenn man nicht klopft, muss man draußen warten! Also, hinaus!" Mit Scipio gingen gerade sämtliche Pferde durch. Er hatte ein hochrotes Gesicht und pumpte Luft wie der Hinterleib einer Hornisse.


    Und dann...keuchte er, griff sich ans Herz und stürzte.

    Nachdem sich die Staubnebel wieder einigermaßen gelichtet hatten, war aus dem Annaeer ein trauriger Tropf geworden. Bei aller Härte und Unnachgiebigkeit, die er sonst an den Tag legte, schlug der junge Mann damit eine Saite in ihm an, die er schon längst vergessen geglaubt hatte - was auch kein Wunder war bei dem alten Reff, das er zu Hause sitzen hatte. Scipio räusperte sich. "J....hrm." Ein weiterer Blick zum Annaeus hin, dann rutschte er ungeduldig auf seinem Stuhl herum. "Na. Ja. Also, wenn du vielleicht mit dieser Furie....FuriA wiederkommen könntest, damit sie einfach bestätigt, dass ihr Bruder eure Verbindung genehmigt hat...." brummte er dann und sah dabei das Eheregister an, nicht den Gesprächspartner. Anschließend zuckte er mit den Schultern. "Dann sollte es auch so gehen. Aber bei der Eheschließung dann, da solltet ihr dann dran denken!"

    Jetzt war der Beamte ein wenig überfordert. Er sah von seinem Buch zu Varus und wieder zurück, dann ließ er vom Blättern ab und nahm sich der Unterlagen an. Wenigstens an etwas hatte der junge Mann gedacht. "Ah", machte Scipio. "Woll'n doch mal seh'n..." Woraufhin er wieder blätterte, diesmal allerdings in den Unterlagen statt im Eheregister.


    "HAH", machte er dann und deutete triumphierend mit dem Zeigefinger auf eine bestimmte Stelle im Stammbaum. "Wie es aussieht, lebt dieser Helios noch. Dann brauche ich seine Zustimmung. Sonst wird hier nichts eingetragen!" Und der Schreiber klappte den Wälzer wieder zu. Mit einem endgültigen Wumpf hüllte er das kleine Büro in eine monströse Staubwolke.

    "Ah", machte der Beamte und nickte kurz, um drei Seiten weiter zu blättern. An die hundert standen ihm noch bevor. "Hat sie einen Tutor? Brüder?" fragte er den Annaeer. Immerhin oblag es einem Vormund dann, zuzustimmen. Und wenn testamentarisch kein Vormund bestimmt worden war, so fiel diese Aufgabe dem ältesten ihrer Brüder zu, sofern sie denn welche hatte. Der Schreiber seufzte. Warum auch war der Annaeus allein gekommen und hatte nicht seine Baldige mitgebracht? Dann wär das alles einfacher gewesen. Er ärgerte sich, dass er immer und immer wieder die Schicht mit den schwierigen Fällen erwischte. Afer, der erzählte immer klasse Sachen von der Arbeit. Er bekam immer nur die Leute ab, die am nervenaufreibendsten waren....

    "Hm-hm", machte der Beamte und erhob sich, damit er eine dicke Akte aus dem Regal nehmen konnte. EHEREGISTER DER STADT ROM stand in recht mitgenommenen, goldenen Lettern vorn auf dem Einband. Der Schreiber wuchtete das Buch auf den Tisch und schlug es auf. Dort waren die Ehen und Verlobungen seit der Stadtgründung eingetragen. Er begann bei der ersten Seite, befeuchtete den Zeigefinger und blätterte sie herum. Danach folgte Seite auf Seite - und es waren derer viele. Damit es dem Bittsuchenden nicht langweilig wurde, hob der Beamte die Brauen und betrachtete ihn dann und wann, bis er ihm schließlich eine Frage stellte. "Hat der Vater deiner Auserkorenen dieser Verbindung zugestimmt?"

    Mit Varus im Schlepptau hatte sich der unendlich erleichterte Schreiber aufgemacht, um dem Annaeus den richtigen Weg zu weisen. Er klopfte kurz an und lud ihn dann bei seinem Kollegen in dem winzigen Räumchen ab. "Da wären wir. Alles frisch bei dir, Scipio? Hab dir wen mitgebracht, das ist Annaeus Varus, er möchte eine Verlobung eintragen lassen. So, man sieht sich!"


    Der Kollege namens Scipio nickte seinem Kumpanen zu und widmete sich dann mittel fragendem Blick dem Annaeus. Es war sehr offensichtlich, dass er kein Freund vieler Worte war.

    Schlagartig hatte der Schreiber nun Mitgefühl für den Annaeer übrig. Klar, das war eben so, wenn man plötzlich verheiratet wurde. Da konnte es schon mal sein, dass man absolut durch den Wind war. Versöhnlich lächelte der Beamte seinen Amtskollegen an und stand auf. "Kein Problem. Für einen Moment dachte ich zwar schon... Aber egal, ist nicht so wichtig. Verlobungen werden im Eheregister eingetragen. Das findest du, wenn..." Er verstummte und winkte dann ab. "Ach, ich bring dich einfach hin."

    Zitat

    Original von Decimus Annaeus Varus
    "Ich wollte deine Verlobung eintragen lassen. Bin ich da hier richtig?"


    Der Schreiber, eben noch gelassen, starrte den Mann nun entsetzt an. "Meine...?" echote er schrill, Panik in den Augen. Schon ward ihm angst und bang. Er hatte noch nie sonderlich gut mit seinem Vater gestanden, aber dass dieser ihn einfach überging bei einer so wichtigen Frage, das war...das... Es musste ein Fehler sein!


    Sim-Off:

    :D :P

    Der Schreiber musterte seine Besucherin überrascht. So kriegerisch wirkte sie gar nicht. Aber es war nicht an ihm, das zu beurteilen. So lächelte er, nachdem er erst etwas überrascht geschaut hatte. "Hast du dir das gut überlegt?" fragte er und sprach gleich weiter, denn das Mädchen wäre sicher nicht hier, wenn das nicht der Fall gewesen wäre. "...dann solltest du gleich zu septemvir Aurelius gehen. Er wird sich bestimmt freuen, dass wir wieder Nachwuchs haben." Der Schreiberling beschrieb der Decima noch den Weg. Es gab noch viele Fragen, die sie würde beantworten müssen, aber das war dann nicht mehr sein Part.

    Die junge Dame hatte Glück und musste fast gar nicht warten. Der Schreiber war ohnehin gerade auf dem Weg zurück in sein Büro gewesen, und dass nun eine hübsche junge Dame davorstand und wartete, war ihm sehr recht. Er wollte noch frühstücken, und das Auge aß ja bekanntlich mit.


    "Salve!" grüßte er freundlich. "Möchtest du zu mir? Dann komm doch bitte mit rein." Er führte die junge Dame in sein Allerheiligstes und setzte sich hinter den Schreibtisch. "Was darf ich denn für dich tun?"

    "Gut, ich werde das eintragen."


    meinte er und ihm wurde erst jetzt bewusst, dass es sich hierbei um den berühmten Consular Vinicius Hungaricus handelte. Und er war der erste in seinem Freundeskreis, der davon erfahren hatte! Das würde heute abend in der Taberna für Gesprächsstoff sorgen! Hochzeiten in der High Society waren eben doch beliebt!

    Beinahe hätte der Scriba den Fremden wieder hinausgeworfen. Was war denn das für ein seltsamer Gruß? Der klang ja in höchstem Maße barbarisch und anstößig! Hatte man diesem Burschen keine Manieren beigebracht?


    "Um die Einstellung von Sacerdotes kümmern sich die Septemviri. Ich sehe nach, wer heute zuständig ist..."


    Obschon er ahnte, dass es sich um Aurelius Corvinus handelte, sah er sicherheitshalber noch einmal ausgiebig in seinen Unterlagen nach, stand auf, ging zu einem Regal und hob ein Wachstäfelchen auf.


    "Aurelius. Vor der Tür du rechts, dann hinten links. Da die Treppe hoch, dann links und da die letzte Tür rechts."


    Er setzte sich wieder.


    "Vale! Und ich empfehle dir einen römischeren Gruß vor dem ehrenwerten Septemvir Aurelius!"


    sprach er noch hinterher und widmete sich wieder seiner Lektüre zu...

    Der Scriba sah leicht genervt auf. Es war ein alter, missmutiger Angestellter, dem es besonders viel Spaß machte, unbedarfte Zivilisten zu trietzen, wenn sie ihn in seiner wohlverdienten Ruhe störten. Daher ärgerte er sich als der Duccier anklopfte, rief aber als korrekter Angestellter dennoch


    "Herein!"


    Als Verus dann eintrat, fragte er sofort ohne Gruß unwirsch


    "Was willst du?"