Marcus Decimus Livianus
Casa Decima
Roma
Mein lieber Livianus!
Erst einmal lass mich dir mitteilen, wie unglaublich groß meine Freude war als ich von deiner Rückkehr erfahren habe! Natürlich habe ich nie daran gezweifelt, denn ein Decimus lässt sich nicht unterkriegen, trotzdem war ich sehr erleichtert, dich gesund und unversehrt wieder in Rom zu wissen! Auch möchte ich dir zu deiner Wahl gratulieren, obwohl ich auch an diesem Erfolg keinen Zweifel hatte! Sicherlich hast du von den anderen schon gehört, dass ich mit meinem Sohn in Hispania bin. Wir genießen den Sommer in hispanischer Lebensart und Unbeschwertheit, und wenn du - vielleicht nach deiner Amtszeit - mal ein wenig Abwechslung brauchst, dann würden wir uns freuen, wenn du uns einmal besuchst. Caius hat schon viel von dir gehört, denn auch wenn ich versuche zu vermeiden, dass er allzu sehr für die militärischen Karrieren seiner Onkel schwärmt, ist er doch fasziniert von dem Feldzug in ferne Länder hinter die Grenzen des Imperiums, den du an der Seite des Kaisers unternommen hast. In seiner Reiselust kommt er ganz nach mir, wenn es nach ihm ginge, könnten wir jeden Monat eine andere Provinz bereisen. Vielen andere Eigenheiten hat er von Seiten der Germanica, so dass er das beste aus beiden Familien in sich vereint.
Ich habe wirklich geglaubt, Caius könnte in beiden Familien aufwachsen, könnte in beiden Häusern ein und ausgehen. Momentan könnten wir wohl nicht einmal nach Rom zu Besuch kommen, denn wo sollten wir wohnen - in der Casa Germanica, wo der Name seiner Mutter durch den Schmutz gezogen wird, oder in der Casa Decima, wo der Name seines Vaters, wo sein eigener Name durch den Schmutz gezogen wird? Es ist eine Schande, die ich versuchen will, von meinem armen Sohn fern zu halten! Ich habe nie verstanden, was Meridius mit diesem Zwist versucht hat zu erreichen, und ich habe nie verstanden, was Avarus und sein Bruder mit diesem Zwist versucht haben zu erreichen, doch ich habe geglaubt, dieser Zwist wäre endlich ad acta gelegt, nachem Traianus Sedulus - möge er seinen Frieden gefunden haben - nicht mehr auf dieser Welt weilt, und Meridius und Avarus als Schwager sich anständig benehmen müssen. Schämen solltet ihr euch, alle beide, du und Quintus Sedulus, dass ihr nun wieder mit diesen Kindereien anfangt - und nein, ich will gar nicht wissen, wer angefangen hat und wer nur zurück schlägt! Den Namen unser beider Familien zieht ihr durch den Dreck, zum Gespött des Imperium macht ihr uns, und ich weiß nicht, wofür ich mich mehr schämen soll, dass ich eine Decima bin oder mein Sohn ein Germanicus!
Tragt ihr euren Ringkampf vor Gericht aus, wälzt euch im Dreck, den ihr über euch ausgrabt, wie der Pöbel das von Senatoren erwartet - doch Livianus, halte deinen Neffen Faustus Serapio aus diesem Spiel! Er ist noch viel zu jung und er hat mit diesen kindischen Zwistigkeiten nichts zu tun! Er hat noch eine große Karriere vor sich, und ich werde nicht zulassen, dass ihn irgendwelche Verleumdungen, irgendwelche Nötigungen - ganz egal von welcher Seite aus sie kommen - aus dem Gleichgewicht bringen! Denn Faustus ist nicht nur mein Neffe, sondern auch mein Klient und damit indirekt Klient von Vinicius Hungaricus. Wenn sein Name genannt wird, dann auch unsere, und wenn sein Ansehen beschmutzt wird, dann auch das unsere! Möget ihr vielleicht auch nicht den Zorn des Hungaricus fürchten, vor dem meinen solltet ihr zittern - denn gerade ihr solltet wissen, was der Zorn einer Decima bedeutet!
Sorge also dafür, dass die Anklage Serapios Namen nicht anführt, dass die Anklage ihn nicht vor Gericht zitiert, ganz egal um durch seine Aussage was auch immer zu beweisen - zu seinem Wohl, zu deinem Wohl und zum Wohl dieser Familie!
Passe auf dich auf, lass dich nicht aus der Ruhe bringen und handle überlegt. Denke daran, du bist jetzt der Decimus, der im Bühnenlicht steht, und deine Handlungen und Entscheidungen werden auf die gesamte Familie zurück fallen.
Deine Cousine Lucilla